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Herkules-Aufgabe am Sonntag: Dezimierte Zebraherde zu Gast in Magdeburg

Bundesliga

Herkules-Aufgabe am Sonntag: Dezimierte Zebraherde zu Gast in Magdeburg

Der THW Kiel ist am Sonntag zu Gast beim derzeitigen Liga-Primus: Das Auswärtsspiel beim deutschen Meister und DHB-Pokalsieger SC Magdeburg gehört unter normalen Umständen schon zu einer der größten Herausforderungen der Saison. Angesichts der Verletzungs-Misere bei den Zebras wird die Partie in der ausverkauften Getec-Arena, die um 18 Uhr angepfiffen und live vom Handball-Streamingkanal Dyn übertragen wird, allerdings zur Herkules-Aufgabe. "Im Heimspiel gegen Göppingen haben wir uns auch mit unserer Rumpftruppe keine Blöße gegeben, aber jetzt kommt ein anderer Brocken auf uns zu", sagt THW-Trainer Filip Jicha. "Wir haben viele Jahre einen Status genießen können, den sich Magdeburg jetzt erarbeitet hat: in jedem Spiel die Favoritenrolle zu haben. Wir wollen Sonntag unsere Sache gut machen und den SCM vor Aufgaben stellen. Unser Ziel ist es, uns die Möglichkeit herauszuspielen, die Magdeburger zu Hause ärgern und nerven zu können."   

Leider wenig Bewegung im Kieler Lazarett

Jicha freut sich trotz der Personallage auf die Partie in Magdeburg: "Wenn wir von Beginn an mutig sind, können wir sie auch in ihrer Halle ärgern. Wir wollen mit Zusammenhalt und Emotionen etwas bewegen. Auch wenn wir aktuell Pech auf entscheidenden Positionen im Rückraum haben." Im "Lazarett" des THW Kiel geht es nur mit kleinen Schritten in Richtung Besserung. Harald Reinkind, Tomas Mrkva, Nikola Bilyk und Elias Ellefsen á Skipagötu werden auf jeden Fall nicht mit in den Mannschaftsbus "KI-EL 1" steigen. Bei Karl Wallinius gibt es zumindest einen winzigen Funken Hoffnung auf die Mitreise und einen Kurzeinsatz, wenngleich der Schwede nach seinem Muskelfaserriss bisher kaum gemeinsam mit seinen verbliebenen Teamkollegen trainiert hat. Wahrscheinlich ist deshalb, dass THW-Trainer Filip Jicha wie zuletzt beim Heim-Erfolg gegen Göppingen auch am Sonntag beim SC Magdeburg nur drei etablierte Rückraumspieler wird einsetzen können.  

Zwei kurzfristige Nachverpflichtungen

Magdeburgs Top-Star: Gisli Kristjansson

Und das ausgerechnet vor dem Spiel beim SC Magdeburg. Die Sachsen-Anhaltiner um ihre Top-Stars Gisli Kristjansson und Omar Ingi Magnusson sind als Titelverteidiger auch in dieser Spielzeit einer der Top-Favoriten auf den Spitzenplatz in der stärksten Liga der Welt. Sie haben in der Breite und der Spitze einen 19-köpfigen Kader, der auch auf europäischer Ebene wieder ein gewichtiges Wort mitreden wird. Und das trotz der personellen Sorgen, die auch den SCM-Trainer Bennet Wiegert umtreiben. Beim 32:26-Erfolg in Hamburg am vergangenen Sonntag trat bei Nationalspieler Philipp Weber eine muskuläre Verletzung auf, die einen Einsatz am Sonntag zumindest gefährdet. Und mit Tim Hornke und Felix Claar hat auch der Deutsche Meister nach den olympischen Spielen, für die der SCM wie der THW Kiel insgesamt neun Spieler abstellte, zwei Langzeitverletzte zu beklagen. Allerdings konnte Wiegert auf der Suche nach kurzfristiger Unterstützung auch wirtschaftlich aus den Vollen schöpfen. Und so verpflichtete man erst den vereinslosen Isaak Persson (zuletzt Bergischer HC) für die Rechtsaußen-Position.

Magdeburg holt Liga-Torschützenkönig

Torschützenkönig 2024: Manuel Zehnder

Und als deutlich wurde, dass auch Claar länger fehlen würde, holte man sich mit Manuel Zehnder keinen geringeren als den letztjährigen Torschützenkönig der DAIKIN Handball-Bundesliga. Die von Zehnders Stammclub HC Erlangen geforderte Ablösesumme war für den ThSV Eisenach, für den der Schweizer per Leihe im vergangenen Jahr auflief und 277 Mal traf, Medienberichten zufolge nicht zu stemmen, in der Börde unterschrieb der Rückraumspieler einen Zwei-Jahresvertrag und ersetzt auch Janus Samarason, der sich dem ungarischen Spitzenclub Pick Szeged anschloss. Neben den kurzfristigen Nach-Olympia-Transfers von Persson und Zehnder haben sich die Magdeburger zum Vorbereitungsstart mit einem weiteren Spieler verstärkt: Aus Elverum kam der 25-jährige spanische Nationalspieler Antonio Serradilla Cuenca. 

SCM profitierte von Kaderbreite

Antonio Serradilla Cuenca kam aus Elverum

"In der vergangenen Saison haben wir sehr von unserer Kaderbreite profitiert, die maßgeblich zu den jüngsten Erfolgen beigetragen hat. Insofern haben wir jetzt noch die Gelegenheit genutzt, uns auch für die kommende Saison breiter aufzustellen", kommentierte Wiegert, der beim SCM nicht nur Cheftrainer, sondern auch Geschäftsführer Sport ist, im Juli die Verpflichtung, und ergänzte: "Mit Antonio bekommen wir besonders in unserem Deckungsverbund eine wichtige Option dazu, um die Belastungen besser verteilen zu können." Der Rückraum-Rechtshänder soll in der Abwehr die Lücke schließen, die das Karriereende von Piotr Chrapkowski hinterließ. Zudem kehrte mit Tim Zechel ein Mann vom HC Erlangen zurück, der in der Jugend bereits drei Jahre für den SCM spielte. Mit dem 11-maligen Nationalspieler Zechel, dem dänischen Olympiasieger Magnus Saugstrup und dem Schweden Oscar Bergendahl, der gegen Kolstad nach einer Verletzungspause sein Comeback feierte, haben die Magdeburger wieder drei Kreisläufer im Kader, nachdem Lucas Meister sich in Richtung Schaffhausen verabschiedet hatte. 

Schwieriges Auswärtsspiel

Neuzugang aus Erlangen: Tim Zechel

Der Saisonstart verlief gemessen an den hohen Erwartungen und eigenen Ansprüchen ein wenig holprig: Im Supercup unterlag man den Füchsen Berlin, und zum Auftakt der EHF Champions League verlor der SCM in Szeged mit 29:31. In der Liga hielt sich der Titelverteidiger indes schadlos: Zum Start gab es ein 35:28 gegen Wetzlar, zuletzt den Sechs-Tore-Sieg in Hamburg. Für das Duell mit der dezimierten Zebraherde haben sich die Magdeburger am Donnerstagabend warmgeworfen, als man in der Königsklasse Kolstad mit einem klaren 33:25-Erfolg auf die Heimreise schickte. Die Kieler stehen mit kleiner Besetzung also wahrlich vor einer Herkules-Aufgabe am Sonntag. Das unterstreicht auch ein Blick in die Statistik: Von den letzten zehn Bundesliga-Partien in Magdeburg seit 2015 gewannen die Zebras lediglich drei (siehe auch Gegnerstatistik im THW-Archiv). Beim bisher letzten Aufeinandertreffen jubelten allerdings die damals in Bestbesetzung angetretenen Zebras: Im Juni gewann der THW Kiel das Bronzematch der EHF Champions League in Köln mit 32:28 (siehe Spielbericht).   

Infos zum Spiel 

Ein Spiel, das auch Patrick Wiencek im Gedächtnis hat, wenn er sagt: "Das Eins-gegen-Eins der Magdeburger stellt jede Mannschaft der Welt vor Probleme. Wir haben das manchmal gut verteidigt, manchmal aber auch nicht so gut." Man habe gegen Kolstad gesehen, so der Kieler Kapitän weiter, "welche enorme Qualität die Magdeburger haben. Wir wissen also im Großen und Ganzen, was auf uns zu kommt." Die Zebras reisen am Samstag nach dem Abschlusstraining in die Börde. Dort erwartet sie am Sonntag nicht nur einer der Titelfavoriten, sondern natürlich auch eine ausverkaufte Getec-Arena, in der die Zuschauer wieder viel Druck auf das Schiedsrichter-Gespann ausüben werden. Geleitet wird die Begegnung von Marcus Hurst und Mirko Krag. Anwurf ist um 18 Uhr, der Handball-Streamingkanal Dyn überträgt live aus Sachsen-Anhalt. Wiencek: "Wir fahren nach Magdeburg und wollen dort ein gutes Spiel machen. Trotzdem sind wir sicherlich nicht der Top-Favorit. An guten Tagen können wir aber auch mit unserem dezimierten Kader gegen jedes Team mithalten." Auf geht's nach Magdeburg, Kiel! 

Fotos: Sascha Klahn / Katja Müller