THW Kiel erkämpft sich zwei wichtige Heim-Punkte

Bundesliga

THW Kiel erkämpft sich zwei wichtige Heim-Punkte

Vor dem Viertelfinal-Rückspiel in der EHF Champions League am kommenden Mittwoch bei Paris Saint-Germain servierte die LIQUI MOLY Handball-Bundesliga dem THW Kiel die „Gallier von der Alb“. Die Zebras hatten mehr Mühe als ihnen lieb war, kämpften aber letztlich einen bis in die Schlussphase kräftig dagegenhaltenden Gegner nieder und feierten gegen den HBW Balingen-Weilstetten einen 38:34 (21:19)-Erfolg. Es war der 24. THW-Sieg im 27. Spiel zwischen beiden Teams, schon das nachgeholte Hinrundenspiel vor vier Wochen in Balingen hatte Kiel mit 33:22 für sich entschieden. Herausragender Torschütze am Sonnabend war Hendrik Pekeler mit sieben Treffern, für HBW traf Linksaußen Tim Nothdurft (8) am besten.  

Sander Sagosen ist zurück

Sander Sagosen erzielte bei seiner Rückkehr vier Tore

THW-Trainer Filip Jicha musste verletzungsbedingt weiterhin auf Nikola Bilyk (Kreuzband) und seit dem Hinspiel vom Mittwoch gegen Paris (31:29) auch auf  Patrick Wiencek (Wadenbeinbruch) verzichten. Die gute Nachricht: Nach 14-tägiger Krankheit ist Rückraum-Ass Sander Sagosen ins Team zurückgekehrt, drückte körperlich geschwächt zunächst die Bank, bevor er in der 21. Minute sein Comeback auf der Platte feierte und wenig später auch wieder ins Tor traf. Insgesamt krönte der Norweger seine Rückkehr mit vier Toren. Als er gebraucht wurde, war er zur Stelle.

Balingen mit nahezu perfekter erster Hälfte

Hinten wie vorne im Dauer-Einsatz: Hendrik Pekeler

Balingen-Weilstetten hatte am 8. Mai mit dem 28:26 beim Tabellendritten SC Magdeburg ein beachtliches Ausrufezeichen gesetzt, danach einen Punkt gegen Minden erkämpft. In Kiel zeigte der Tabellen-16., der zuletzt mit drei Partien ohne Niederlage ordentlich Selbstbewusstsein getankt hatte, ebenfalls eine bärenstarke Leistung, obwohl Trainer Jens Bürkle verletzungsbedingt kurzfristig auf sechs Stammkräfte verzichten musste, darunter seinen Haupttorschützen Vladan Lipovina. So absolvierten die Schwaben ihre 800-Kilometer-Anreise mit einem Rumpfteam, das den Kieler aber schnell den Spaß am Handball rauben sollte. Mit einem nahezu perfekt vorgetragenen Sieben-gegen-Sechs, langen Angriffen, wenig technischen Fehlern und guten Abschlüssen nervten die Baden-Württemberger ihren Gegner. 

Filip Jicha lässt rotieren

Sechs Tore, einige schöne Vorlagen: Oskar Sunnefeldt

Filip Jichas Vorhaben, seine zuletzt arg strapazierten Stammkräfte durch Rotation Kräfte schonend einzusetzen, wurde durch den engen Spielverlauf torpediert. Zwar startete der THW Kiel in ungewohnter Formation mit Sven Ehrig, Oskar Sunnefeldt, Malte Voigt und Dario Quenstedt im Tor, später sollten aber alle Stammkräfte zum Einsatz kommen müssen, weil Balingen einfach nicht in den Griff zu bekommen war. Nothdurft und Zobel legten eine 2:0-Führung vor, beim 5:5 glich Hendrik Pekeler in der achten Minute erstmals aus. Als Steffen Weinhold und Oskar Sunnefeldt den THW nach 17 Minuten mit Krachern aus dem Rückraum dann auf 12:9 nach vorne brachten, schien das Spiel den erwarteten Verlauf zu nehmen.

Balingen lässt sich nicht abschütteln

Steffen Weinhold konnte wieder im Angriff eingesetzt werden und erzielte drei Treffer

Doch Balingen meldete sich zurück, legte selbst einen 4:0-Lauf hin und lag nach 20 Minuten erneut mit 13:12 vorn. Wechselnde Führungen folgten, die Hereinnahme von Sagosen stabilisierte dann die Kieler Angriffsbemühungen, und mit seinem dritten Treffer sorgte Hendrik Pekeler für den 21:19-Halbzeitstand. "Wir sind durch die vielen Spiele ein wenig müde und die Balinger haben starke Kämpfer", analysierte Harald Reinkind später. "Außerdem haben sie mit sieben Angreifern gut gespielt", so der Norweger, "aber vielleicht haben wir erst zu spät zu unserer Aggressivität in der Abwehr gefunden."

Zweite Halbzeit wird zum Krimi

Dario Quenstedt zeigte nach dem Wechsel einige starke Paraden

So geriet auch die zweite Halbzeit lange Zeit zu einem Krimi. Die Kieler schafften es nicht, sich abzusetzen, obwohl sich Dario Quenstedt sich nach der Pause steigerte, sechs schwere Bälle unschädlich machte. Da auch das Schiedsrichtergespann unglückliche Entscheidungen gegen den THW fällte und Balingen lange Angriffe spielen ließ, blieb es eng. Der HBW schnupperte an der Sensation und leistete weiterhin enormen Widerstand, glich knappe Führungen der Kieler aus, lag beim 25:24 durch Zobel in der 38. Minute sogar erneut in Führung, doch der 30:30-Ausgleich von Saueressig in der 50. Minute bedeutete dann das letzte Aufbäumen der Gäste.

THW macht die Punkte klar

Mit viel Einsatz und Leidenschaft holte sich der THW im Schlussspurt die Punkte

In der Schlussphase setzte Filip Jicha komplett auf seine erste Sieben: In der Abwehr verschob die 6-0-Formation, dass es eine Freude war. Balingen wurde unter Druck gesetzt, Niklas Landin hielt zwei wichtige Bälle, Harald Reinkind, Rune Dahmke, Niclas Ekberg, Hendrik Pekeler und Domagoj Duvnjak nutzten ihre Torchancen konsequent. Und nach dem 36:32 durch Rechtsaußen Ekberg war das Kieler Zittern genauso beendet wie die Balinger Hoffnungen auf eine Sensation. "Mir fehlen ein wenig die Worte", kommentierte HBW-Linksaußen Nothdurft nach dem Spiel, "50 Minuten machen wir ein wirklich gutes Spiel, und dann werden unsere Fehler am Ende gnadenlos bestraft." Gemischte Gefühle vor der langen Busreise zurück ins Schwäbische - während sich der THW Kiel über zwei wichtige Zähler freute. Aber nur kurz durften die Zebras verschnaufen, denn direkt nach der Begegnung lud Filip Jicha seine Mannschaft noch zu einem Krafttraining auf dem Feld. Die Belohnung dafür: Ein freier Sonntag mit den Familien.

Mittwoch gegen Paris und 800 PSG-Fans

Mit der Partie gegen Balingen starteten die Kieler den Mai-Endspurt mit satten sechs Spielen in nur 15 Tagen. Das nächste ist bereits wie ein Finale: Am kommenden Mittwoch geht es für die Zebras bei Paris Saint-Germain um den Einzug ins EHF Final4. Aus dem Hinspiel nimmt der THW Kiel nach dem 31:29-Erfolg einen hauchdünnen Vorsprung mit an die Seine - aber auch die Hypothek, in dieser Partie Patrick Wiencek mit einem Wadenbeinbruch verloren zu haben. Am Dienstag machen sich die Kieler auf die Reise in die französische Hauptstadt, in der sie beim zweiten Teil des "Kampfes der Giganten" nicht nur eine der stärksten Mannschaften Europas erwartet, sondern zum ersten Mal seit Oktober auch eine echte Auswärts-Atmosphäre: Rund 800 Fans dürfen PSG am Mittwoch (18:45 Uhr, live bei DAZN) gegen den THW Kiel unterstützen. Weiter geht's in Paris, Kiel! 

Fotos: Sascha Klahn

LIQUI MOLY HBL, 30. Spieltag: THW Kiel - HBW Balingen-Weilstetten: 38:34 (21:19)

THW Kiel: N. Landin (47.-60., 2 Paraden), Quenstedt (1.-47., 7 Paraden); Ehrig, Duvnjak (4), Sagosen (4), Reinkind (3), M. Landin (1), Sunnefeldt (6), Weinhold (3), Ekberg (6/4), Ciudad (n.e.), Wäger (n.e.), Dahmke (2), Zarabec (1), Voigt (1), Horak, Pekeler (7); Trainer: Jicha
HBW Balingen-Weilstetten: Ruminsky (13.-60., 5/1 Paraden)), Jensen (1.-13 und ein Siebenmeter, keine Parade); Zobel (6), Kirveliavicius, Nothdurft (8), Wiederstein (3), Gretarsson (4/4), Diebel (1), Beciri (2), Zintel (3), Saueressig (2), Heinzelmann (1), Strohsack (4); Trainer: Bürkle

Schiedsrichter: Marcus Hurst / Mirko Krag
Zeitstrafen: THW: 3 (Sunnefeldt (13.), M. Landin (47.), Weinhold (47.)) / Balingen: 5 (2x Beciri (30., 50.), 2x Wiederstein (38., 44.), Kirveliavicius (46.))
Siebenmeter:  THW: 5/4 (Ruminsky hält Ekberg (51.)) / Balingen: 4/4
Spielfilm: 0:2 (2,), 3:5 (6.), 5:5 (8.), 7:6 (10.), 10:9 (15.), 12:9 (16.), 12:13 (19.), 13:15, 15:15 (23.), 17:16, 19:17 (28.), 21:19;
22:20, 23:21 (33.), 24:23, 24:25, 27:25 (43.), 29:27 (46.), 29:29 (48.), 30:30, 32:20 (52.), 33:32 (53.), 37:32 (59.), 38:34 .
Zuschauer: keine (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr froh, gewonnen zu haben. Das war kein leichtes Spiel für uns, meine Jungs gehen auf dem Zahnfleisch. Deshalb habe ich versucht, so zu rotieren, wie es unser Kader hergibt. Ganz viele meiner Spieler haben viel in den Knochen, und Balingen hat dann heute schlau gegen uns gespielt. Entgegen kam ihnen, dass sie lange Angriffe spielen durften. Sie haben das enorm clever gemacht und uns so keine Chance gegeben, den Ball zu bekommen. Damit hat der HBW zuletzt unglaubliche Spiele gemacht, wir waren also gewarnt. Unsere Reise geht weiter, wir haben jetzt vier Tage bis zum Viertelfinal-Rückspiel. Das ist bei unserem Programm beinahe schon eine komfortable Situation. Deshalb lasse ich heute meine Jungs noch eine Krafteinheit einlegen. Dies ist absolut notwendig, weil wir als Trainerteam die Aufgabe haben, unsere Jungs nicht nur erfolgreich, sondern auch gesund durch die Saison zu bringen. Im Gegenzug für das Training heute nach dem Spiel können die Spieler am Sonntag ein bisschen bei ihren Familien sein. 

HBW-Trainer Jens Bürkle: Glückwunsch an den THW Kiel zum wahrscheinlich dann doch verdienten Sieg. Sie waren am Ende einfach cleverer und haben ihre Chancen konsequent genutzt. Aber ein Riesen-Kompliment geht an meine Mannschaft: Was wir heute im Angriff gespielt haben, war einfach geil. In der ersten Halbzeit haben wir nur einen technischen Fehler gemacht, haben den Ball und den Gegner laufen lassen und schießen 19 Tore in der ersten Halbzeit. Auch nach dem Wechsel waren wir bis zum 30:30 auf Augenhöhe, deshalb bin ich sehr zufrieden.