Der THW Kiel feiert mit Fokus und Spielspaß einen klaren Erfolg gegen Lübbecke
Die sensationelle Hinspiel-Niederlage im Oktober bei Aufsteiger TuS N-Lübbecke ist den Zebras noch immer als ein Schockmoment im Gedächtnis. Am Himmelfahrtstag folgte vor 9751 Zuschauern in der Kieler Wunderino Arena die Revanche. Mit einem großen Fokus und viel Spielspaß setzten sich die Zebras in einer einseitigen Partie in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga souverän mit 32:23 (13:7) Toren durch. Damit festigten die Kieler Tabellenrang zwei und machten einen weiteren Schritt Richtung Qualifikation für die kommende EHF Champions League-Saison. Für die Gäste indes dürfte die Niederlage in Kiel angesichts von jetzt sechs Punkten Rückstand auf den rettenden Platz 16 und dem deutlich schlechteren Torverhältnis gegenüber dem Kontrahenten aus Minden den direkten Abstieg bedeuten.
Jicha muss improvisieren
Beste Torschützen in Reihen des Siegers waren Sander Sagosen, der neunmal traf, und Patrick Wiencek, der sechsmal für den THW Kiel erfolgreich war. Im Team von Trainer Kurtagic taten sich Peter Strosack und Florian Baumgärtner mit jeweils fünf Treffern hervor. THW-Trainer Filip Jicha musste früh improvisieren in diesem Spiel: Er musste auf seinen Langzeitverletzten Hendrik Pekeler (Achillessehne) ganz verzichten, ließ den angeschlagenen Rune Dahmke aus Sicherheitsgründen ebenfalls pausieren. Im Spiel meldeten sich dann Niclas Ekberg und Nikola Bilyk frühzeitig ab, die sich leichte Blessuren zuzogen und ebenfalls geschont werden mussten. Ab der 25. Minute mussten die Zebras auch ohne Magnus Landin auskommen. Der Kieler Linksaußen sah eine viel zu harte Rote Karte, nachdem er TuS-Torhüter Aljosa Rezar per Siebenmeter am Kopf touchiert hatte. Landin verstand die Handball-Welt nicht mehr, von der THW-Bank hagelte es ebenfalls Proteste. Grund: Rezar hatte seinen Kopf in die Wurfbahn bewegt. Die Regel schreibt Rot nur vor, wenn der Torwart sich nicht Richtung Ball orientiert.
Horak erzielt zwei Tore
Wegen der Ausfälle mussten erst Miha Zarabec und später auch Kapitän Domagoj Duvnjak auf Linksaußen aushelfen. Und Kiels 39-jähriger Abwehr-Koloss Pavel Horak musste fast die gesamten 60 Minuten schuften. Der Tscheche tat es mit Bravour, erzielte obendrein zwei Tore - den Treffer zum 19:10 sogar mit einem Heber. "Wenn ich die Gelegenheit bekomme, treffe ich auch - meistens", freute sich Horak im Sky-Interview. Und analysierte: „Wir wollten es nicht zulassen, uns wieder zu blamieren. 45 Minuten lang haben wir gut gespielt, standen sicher in der Abwehr und haben nur wenig zugelassen.“
Zebras zwingen den TuS in eine frühe Auszeit
Der TuS N-Lübbecke war mit der Last von 16 Niederlagen in Folge angereist. Entsprechend verunsichert starteten die Gäste gegen einen THW, der sich zuletzt in Glanzform gezeigt hatte und von Beginn an auf die Express-Schiene einbog. Schon den ersten TuS-Angriff pfiffen die Unparteiischen wegen Zeitspiels ab, Patrick Wiencek nutzte den Ballbesitz per Tempogegenstoß zur 1:0-Führung, Kiels Abwehr baute sich weiterhin als Festung auf, Steffen Weinhold traf zum 2:0. Lübbeckes erster Torschütze war dann Peter Strosack zum 2:1, Sicherheit gab dieses Tor dem Tabellenschlusslicht nicht. Sander Sagosen, Nikola Bilyk und Pavel Horak nutzen ihre Chancen eiskalt, brachten die Zebras nach sechs Minuten mit 5:1 in Front. TuS-Trainer Emir Kurtagic griff früh zur Grünen Karte, nahm seine erste Auszeit. "Warum so ängstlich?", schimpfte der TuS-Trainer mit seinen Schützlingen, "lasst uns unser Spiel spielen, wir wollen hier vor dieser Kulisse Spaß haben."
Kieler haben Spaß
Den hatten zunächst weiterhin nur die Gastgeber, Patrick Wiencek und Sander Sagosen erhöhten bis zur zehnten Minute auf 7:2, mit verwandeltem Strafwurf traf Magnus Landin in der 17. Minute zum 9:3, ehe der Schwede in der 25. Minute erneut zur Siebenmeterlinie schritt – und mit Rot vom Feld geschickt wurde. Da lagen die Kieler mit 12:6 vorne, Trainer Jicha hatte seinen Kader angesichts der frühen Führung bereits munter durchgemischt, ließ Youngster Leon Ciudad ran, stellte Dario Quenstedt nach 20 Minuten für den guten Niklas Landin zwischen die Pfosten. Quenstedt dankte für das entgegengebrachte Vertrauen mit sieben Paraden in der Restspielzeit, machte eine gute Partie. Sander Sagosen stellte mit seinem verwandelten Siebenmeter zum 13:7 schließlich den Halbzeitstand her.
Kieler haben Spaß
Couragiert kehrten die Kieler aus den Kabinen zurück aus Spielfeld. Als Domagoj Duvnjak in der 36. Minute das 18:9 mit seinem 100. (!) Saisontor erzielte, zog Kurtagic erneut die Grüne Karte. Allein, seine Beschwörungen blieben ungehört: Der THW-Express rauschte weiter. So klaute Miha Zarabec, wegen Landins Platzverweis auf die ungewohnte Linksaußenposition verrückt, in Unterzahl einen Ball, erzielte per Tempogegenstoß das 22:12 und die erste Kieler Zehn-Tore-Führung (42.). Der Rest geriet dann zu einer besseren THW-Trainingseinheit unter Wettbewerbsbedingungen, in der die Kieler mehrfach mit elf Toren führten, die Fans unter anderem über ein grandioses Tor von Duvnjak jubelten, der von Linksaußen fulminant in den rechten oberen TuS-Winkel traf. Kiels Kapitän war es auch, der den jungen Leon Ciudad kurz vor dem Abpfiff mustergültig bediente, dem 19-Jährigen so das 31:21 ermöglichte. Die Fans auf den Tribünen feierten, hatten sie doch einen tollen Handballabend am Feiertag mit ihrer Mannschaft verbracht, über den sich auch Trainer Filip Jicha freute: "Ich habe meine Mannschaft nach zuletzt drei äußerst intensiven Spielen sehr fokussiert, mit viel Energie und mit großem Spielspaß gesehen."
Weiter geht's gegen Hamburg
Jicha gab den Spielern des THW Kiel nach den intensiven letzten Wochen ein paar Tage zum Durchschnaufen, ehe in der kommenden Woche die Vorbereitung auf den Endspurt in der LIQUI MOLY HBL und in der EHF Champions League startet. Die nächste Partie bestreiten die Kieler am Sonntag, 5. Juni: Dann steht das kleine Nordderby gegen den Handball Sport Verein Hamburg auf dem Programm. Für das Heimspiel gegen den HSV, das um 14 Uhr angepfiffen wird, gibt es noch einige wenige Tickets in der THW-FANWELT und online unter www.thw-tickets.de. Weiter geht's, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, 30. Spieltag: THW Kiel – TuS N-Lübbecke: 32:23 (13:7)
THW Kiel: N. Landin (1.-20., 4 Paraden) Quenstedt (20.-60., 7 Paraden); Ehrig (2), Duvnjak (3), Sagosen (9/3), Reinkind, M. Landin (2/2), Weinhold (2), Wiencek (6), Ekberg, Ciudad (1), Dahmke (n.e.), Zarabec (4/1), Horak (2), Bilyk (1); Trainer: Jicha
TuS N-Lübbecke: Asheim (31.-60. und 2 Siebenmeter, 4 Paraden), Rezar (1.-30. und 2 Siebenmeter, 6/4 Paraden); Tokuda, Gernus (1), Baumgärtner (5), Petreikis (4/1), Strosack (5), Mundus (3), Dräger, Kontrec (2), Mrakovcic, Nissen (3), Petrovsky, Skroblien; Trainer: Kurtagic
Schiedsrichter: Thomas Kern / Thorsten Kuschel
Zeitstrafen: THW: 2 (Weinhold (10.), Ehrig (42.)) / TuS: 1 (Skroblien (13.))
Disqualifikation: M. Landin (Kopftreffer (26.))
Siebenmeter: THW: 10/6 (Rezar hält 2x Landin (13., 26.), Sagosen (44.), Zarabec (51.)) / TuS: 1/1
Spielfilm: 2:1 (4.), 5:1 (6.), 7:2 (10.), 9:3, 12:5 (25.), 12:7 (27.), 13:7;
16:8 (34.), 18:9 (36.), 20:12, 23:12 (43.), 23:15, 25:17 (49.), 28:17 (51.), 30:19 (55.), 30:21 (58.), 32:23
Zuschauer: 9751 (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich habe meine Mannschaft nach zuletzt drei äußerst intensiven Spielen sehr fokussiert, mit viel Energie und mit großem Spielspaß gesehen. Bei Rune war vorher schon klar, dass er nicht wird spielen können. Dann mussten wir schnell auch noch auf Eki und Niko verzichten. Bei allen ist es nichts Gravierendes, wir brauchen in den kommenden Wochen aber alle Mann und wollten deshalb nichts riskieren. aber als Magnus dann auch noch die Rote Karte gesehen hatte, mussten wir schon ein bisschen improvisieren. Jetzt haben wir noch drei Wochen vor uns, und die Jungs haben sich eine kurze Pause zum Durchschnaufen verdient: Ab nächster Woche starten wir dann in den Endspurt.
TuS-Trainer Emir Kurtagic: Glückwunsch an den THW Kiel. Das war heute von Anfang sehr eindeutig. Der THW Kiel hat von Anfang an mit sehr hoher Energie und Leidenschaft kein Türchen für uns offen gelassen, um im Spiel zu bleiben. Wir wollten versuchen, den THW Kiel zu ärgern – aber das ging heute nicht.
THW-Abwehrmann Pavel Horak bei Sky: Wir wollten es nicht zulassen, uns wieder zu blamieren. Die ersten 45 Minuten waren gut, die letzten 15 waren durchwachsen. Wir haben gut zusammengespielt und standen in der Defensive stabil, das hat es am Ende ausgemacht. Im Gegensatz zum Hinspiel haben wir uns nicht überraschen lassen. Mal sehen, wie es bei mir in der kommenden Saison weitergeht: Ich habe noch Bock zu spielen, aber was der Plan für die nächste Saison ist, weiß ich selbst noch nicht.