THW Kiel kassiert verdiente Niederlage gegen den Tabellenführer aus Melsungen

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THW Kiel kassiert verdiente Niederlage gegen den Tabellenführer aus Melsungen

Zweite Enttäuschung innerhalb von vier Tagen: Nach der unglücklichen Niederlage vom Donnerstag im Nordderby bei der SG Flensburg-Handewitt stolperte der THW Kiel am Sonntagnachmittag in der Wunderino Arena auch gegen den Tabellenführer MT Melsungen. Die Zebras kassierten nach guter erster Halbzeit eine letztlich klare 30:35 (13:13)-Niederlage sind in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga nunmehr in der Rolle des Verfolgers. Die Nordhessen, die in Elvar Örn Jönsson (9) ihren besten Torschützen hatten, führen hingegen die Tabelle weiterhin ungeschlagen an. Bester Kieler Torschütze war Nikola Bilyk, der sieben Treffer erzielte.

Wiencek: "Melsungen hat unsere Fehler gnadenlos bestraft"

Erneut riss der spielerische Faden bei den Kielern zu Beginn der zweiten Halbzeit, als Domagoj Duvnjak & Co. einen 0:6-Lauf gegen die Hessen kassierten und in der 46. Minute gar einem Neun-Tore-Rückstand hinterherliefen. Die furiose und atemberaubende Aufholjagd der Zebras bis zum 28:30 riss die Fans von den Sitzen, wurde dann aber durch die clever und abgezockt spielenden Melsunger gestoppt. Zahlreiche fragwürdige Schiedsrichterentscheidungen des Gespanns Blümel/Loppaschewski, die unter anderem acht Siebenmeter der MT zusprachen, trugen sicher auch zur THW-Tristesse bei, doch entscheidend für die Niederlage war die Abschlussschwäche und eine nicht ausreichende Leistung auf einigen Positionen. THW-Kreisläufer Patrick Wiencek war maßlos enttäuscht, brachte das Geschehen nach dem Abpfiff auf den Punkt: "In der zweiten Halbzeit haben wir leider viel zu viele Bälle verschossen, fanden aber auch in der Abwehr nicht den entsprechenden Zugriff. Melsungen hat unsere Schwächen gnadenlos bestraft, hat heute verdient gewonnen."

Selbstbewusste MT

Melsungen reiste als ungeschlagener Tabellenführer der noch jungen Spielzeit an. Entsprechend selbstbewusst starteten die Hessen in die Partie, legten durch ihren nur 168 Zentimeter messenden Spanier Erik Balenciaga und Elvar Jönsson gleich ein 2:0 vor. Doch die Kieler antworteten unverzüglich. Eric Johansson traf per Doppelschlag aus dem Rückraum zum Ausgleich. Petter Överby, glänzend von Rune Dahmke freigespielt, traf zur ersten Kieler Führung, und Eric Johansson erhöhte in der sechsten Minute auf 4:2. Zwischenzeitlich hatte Melsungens Timo Kastening einen Siebenmeter übers THW-Tor gesetzt. Jönsson und Kristopans brachten MT dennoch zurück, glichen zum 4:4 aus. Die Kieler Abwehr tat sich sich schwer gegen den flinken Balenciaga und den 2,15-Meter-Riesen Kristopans, der immer wieder Freiwürfe für seine Mannschaft herausholte und die Kreisläufer in Szene setzte. 

Zebras nutzten starke erste Hälfte nicht zur Pausenführung

Allerdings: Die Zebras behielten das Heft zunächst in der Hand, waren jedoch nicht in der Lage, sich abzusetzen. Nikola Bilyk und Patrick Wiencek sorgten für die erneute Zwei-Tore-Führung, Rune Dahmke warf die Kieler nach Tempogegenstoß in der zwölften Minute gar auf 7:4 nach vorn. Sicherheit gab der Vorsprung trotzdem nicht. Nach 19 Minuten glich Martinovic zum 8:8 aus, fortan spielten beide Teams auf Augenhöhe, die Kieler legten vor, Melsungen glich aus. So auch nach dem 13:11 durch das fünfte Tor von Nikola Bilyk: Bis zum Pausenpfiff zogen die Gäste durch Tore von Kristopans und Martinovic gleich. Ungleich waren allerdings die Siebenmeterpfiffe: Hatten Blümel/Loppaschewski zugunsten von der MT bis zu diesem Zeitpunkt bereits fünfmal auf die Strafwurflinie gezeigt, so musste der THW bis zur 32. Minute nach Foul an Bilyk auf den ersten und einzigen Strafwurf warten. Niclas Ekberg verwandelt eiskalt, der THW lag 14:13 vorn. 

Melsungen dreht die Partie

Eric Johansson drosch den Ball wenig später erneut ins Melsunger Tor, traf zum 15:14. Es sollte die letzte Kieler Führung in dieser Partie sein. Abspielfehler, technische Pannen, Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Gehäuse: Die Kieler machten es ihrem Gegner in dieser Phase leicht, zu Torerfolgen zu kommen. Aus dem 14:15 zauberten Kristopans & Co. in nur fünf Minuten einen eigenen 20:15- Vorsprung aus dem Hut. Die Zebras waren konsterniert, suchten vergeblich nach ihrem verlorenen Faden, kassierten weiter Tor um Tor. Keeper Tomas Mrkva, zuletzt ein großartiger Rückhalt seines Teams, wurde von der eigenen Abwehr nicht hinreichend unterstützt, blieb oft im Duell eins gegen eins nur zweiter Sieger.

MT pariert furiose Kieler Aufholjagd

Nach Jönssons 26:17 in der 46. Minute schien die Vorentscheidung dann gefallen. Doch die Zebras rissen sich zusammen. Sie bliesen zu einem beachtlichen Schlussspurt, profitierten auch von einer Doppel-Zeitstrafe gegen Kristopans und Jönsson, fanden zurück zu gewohnter Torgefahr. So pirschten sich die Zebras Treffer um Treffer heran. Zwei 3:0-Läufe in Folge durch die Tore von Magnus Landin, Nikola Bilyk und Rune Dahmke zum 25:29 und Harald Reinkind, Karl Wallinius sowie Niclas Ekberg zum 28:30 in der 56. Minute brachten die Hoffnung auf Zählbares zurück. Die Fans waren aus dem Häuschen, die Wunderino Arena wurde kurzfristig zum Tollhaus. Doch MT Melsungen ist nicht mehr die strauchelnde Einheit vergangener Jahre. Das Team von Trainer Roberto Parrondo behielt die Ruhe, Jönsson und Arnesson machten per Doppelschlag alles klar. Die MT Melsungen führte zwei Minuten vor dem Abpfiff mit 33:29, die Entscheidung war gefallen. Und die LIQUI MOLY Handball-Bundesliga war um eine Erkenntnis reicher: Im Kampf um die deutsche Meisterschaft muss mit diesen bärenstarken Hessen fest gerechnet werden.

Zebras starten jetzt in die Königsklasse

Nach zuletzt sechs Spielen in 18 Tagen und zwei Wettbewerben greift der THW Kiel nun in den nächsten Wettbewerb ein: Am Donnerstag starten die Zebras mit der Partie bei Kroatiens Nummer ein, RK PPD Zagreb, in die Machineseeker EHF Champions League. Das erste "Match of the week" der neuen Saison wird ab 18:45 Uhr live bei DAZN und Dyn übertragen. Eine Woche später ist dann Ungarns Topclub Pick Szeged zu Gast in Kiel. Tickets gibt es unter www.thw-tickets.de , in der THW-FANWELT und bei CITTI. Weiter geht’s in Zagreb, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

LIQUI MOLY HBL; 4. Spieltag: THW Kiel – MT Melsungen 30:35 (13:13)

THW Kiel: Bierfreund (n.e.), Mrkva (1.-60., 7/1 Paraden); Duvnjak (1), Reinkind (5), Landin (1), Battermann (n.e.), Øverby (1), Wiencek (2), Ekberg (3/1), Faust (n.e.), Johansson (5), Dahmke (4), Gurbindo, Wallinius (1), Bilyk (7), á Skipagøtu; Trainer: Jicha
MT Melsungen: Morawski (31.-53., 3 Paraden), Simic (1.-30., 53.-60., 7 Paraden); Kühn, Balenciaga (4), Mandic (3), Sipos (1), Kristopans (3), Ignatow, Moraes, Drosten, Jönsson (9) Arnasson (3), Martinovic (8/5), Kastening (4/1), Pavlovic; Trainer: Parrondo

Schiedsrichter: Nils Blümel / Jörg Loppaschewski
Siebenmeter: THW: 1/1 / MT: 8/6 (Kastening überweg (3.), Mrkva hält Kastening (27.))
Zeitstrafen: THW: 3 (Gurbindo (16.), Dahmke (48.), Wiencek (59.)) / MT: 5 (Sipos (23.), 2x Kristopans (49., 58.), Kühn (50.), Jönsson (50.))
Spielfilm: 0:2 (2.), 4:2 (6.), 4:4, 7:4 (12.), 7:6 (14.), 8:8, 11:11 (24.), 13:11 (27.), 13:13;
2. Hz.: 15:14 (34.), 15:20 (39.), 17:22 (42.), 17:26 (45.), 20:28 (49.), 25:29 (51.), 28:30 (56.), 28:32 (57.), 29:34, 30:35.
Zuschauer: 10109 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Glückwunsch an die MT zu verdienten zwei Punkten, nach dieser zweiten Halbzeit sogar sehr verdienten zwei Punkten. Mein Fazit fällt leicht, weil wir auf gewissen Positionen unsere Leistung nicht bringen konnten. Dafür ist die Liga zu stark, als dass du dann was mitnehmen kannst. Gegen eine MT, die in Top-Form anreist, braucht man eine starke bis Weltklasse-Leistung, um zu gewinnen. Das haben wir heute nicht hinbekommen. Vom Gefühl her hätten wir mehr als ein 13:13 mit in die Pause nehmen müssen, in der ersten Halbzeit hatten wir das Momentum auf unserer Seite. Doch auch da hatten wir technische Fehler. Diese habe die Niederlage nicht ausgelöst, sondern die Niederlage beschleunigt. Ausschlaggebend war unsere nicht ausreichende Leistung auf gewissen Positionen. Melsungen hat das dann clever gemacht, wir sind dann noch einmal All-in gegangen, aber am Ende war das ein verdienter Sieg für Melsungen. Wir müssen daran arbeiten, in jedem Spiel unsere Leistung zu bringen. Das ist eine Situation, die wir nicht wollten, der wir uns nun aber stellen werden.

MT-Trainer Roberto Garcia Parrondo: Ich bin natürlich sehr zufrieden mit den zwei Punkten gegen eine Top-Top-Mannschaft. Ich werde deshalb nicht über Taktik oder ähnliches sprechen, sondern möchte nur meiner Mannschaft gratulieren. Ich bin sehr stolz. Und ich hoffe, dass wir weiter auf diesem Niveau spielen können.