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Spielbericht Vardar Hinspiel

Champions League

Spielbericht Vardar Hinspiel

Für die "Zebras" ist der Weg nach Köln noch steiniger als zuvor geworden: Am Sonntagabend verlor der THW Kiel das Hinspiel im Viertelfinale der VELUX EHF Champions League gegen den HC Vardar unglücklich mit 28:29 (12:14). In einem von beiden Seiten hart und mit viel Leidenschaft geführten K.o.-Match verpassten es die Kieler, sich für ihren couragierten Auftritt und die Leistungssteigerung im zweiten Durchgang zu belohnen. Ein starker Niklas Landin, der 13 Würfe abwehrte, und die je viermal erfolgreichen Niclas Ekberg, Marko Vujin und Nikola Bilyk reichten nicht für einen Sieg: Die Gäste bejubelten nach einem Kieler Fangfehler in den Schlusssekunden und dem folgenden Wurf auf das leere THW-Tor ihren Erfolg, zu dem Ex-Zebra Rogerio Ferreira, Kapitän Stojanche Stoilov (je 5) und Ivan Cupic mit fünf verwandelten Siebenmetern die meisten Treffer beisteuerten. Die Entscheidung über das Weiterkommen fällt in einer Woche in der mazedonischen Hauptstadt Skopje.

Körperlich robuste Gangart der Gäste

Bis zu seiner Verletzung erzielte Steffen Weinhold zwei Tore

Das letzte Heimspiel der "VELUX EHF Champions League"-Saison bot 9.800 Fans einmal mehr alles, was die Königsklasse ausmacht: Eine Riesen-Stimmung der "weißen Wand", eine packende Partie und hart geführte Zweikämpfe. Stoilov übertrieb es nach sieben Minuten aber deutlich, langte mit beiden Händen ins Gesicht von Steffen Weinhold. Die beiden französischen Unparteiischen Pichon/Reveret berieten sich kurz, drückten beide Augen zu und beließen es nur bei einer Zwei-Minuten-Strafe. Dies zeigte Wirkung: Die körperlich mehr als kompakt agierenden Mazedonier langten offensiv wie defensiv kräftig zu und beeindruckten so die "Zebras". Die kamen zunächst überhaupt nicht in die Partie, lagen früh mit drei Treffern in Rückstand. Auch, weil der THW offensiv Fehler machte: Einige Male wurden unvorbereitete Abschlüsse zu einer leichten Beute für Arpad Sterbik, mehrere Pässe landeten direkt beim Gegner, der sich mit Gegenstoß-Treffern bedankte. Zudem gelang es der THW-Abwehr über die gesamte Spielzeit nicht, Anspiele auf Stoilov und Ferreira am Kreis wirksam zu unterbinden. Auf der anderen Seite mussten die Schwarz-Weißen richtig ackern, um zum Torerfolg zu kommen, musste Weinhold ein ums andere Mal die Brechstande auspacken, um Zählbares auf die Anzeigetafel zu bringen.

Zwei Tore Rückstand

Kaum in den Griff zu bekommen: Rogerio Ferreira

Nach Stoilovs 8:5 kam Nikola Bilyk für Christian Dissinger - und mit dem Österreicher stieg die Tor-Gefahr. Weil nun auch Landin einige wichtige Paraden verzeichnete, gelang den Zebras durch einen Bilyk-Doppelpack und Patrick Wienceks fantastischen Heber der 8:8-Ausgleich (18.). Eine Führung sollte dem THW Kiel aber nicht gelingen - Vardar räumte mit grenzwertigen Offensiv-Sperren die Kieler Abwehr auseinander, und Ferreira traf. Nach einem erneuten Fehlpass war es Dibirov, der auf 10:8 erhöhte. Der THW zog nach: Lukas Nilsson und Bilyk gelang erneut der Ausgleich - die nächsten Minuten gehörten aber den Gästen. Cupic per Strafwurf, Sterbik mit Paraden gegen Vujin und Bilyk, ein fragwürdiges Stürmerfoul von Weinhold und der folgende Gegenstoß-treffer von Maqueda bedeuteten die erneute Drei-Tore-Führung für den Titelverteidiger. Immerhin: Bis zum Seitenwechsel konnte der THW von diesem Vorsprung noch einen Treffer abknabbern: Mit einem 12:14-Rückstand für die Gastgeber wurden die Seiten gewechselt.

Zwei freche Tore direkt nach Wiederanpfiff: Emil Frend Öfors

Die zweite Halbzeit begann, wie es in der ersten Halbzeit oft passierte: Mit einem Treffer vom Kreis durch Rogerio Ferreira. Auf der gegenüberliegenden Seite war es nun Emil Frend Öfors, der die Schwarz-Weißen in der Partie hielt: Bei drohendem Zeitspiel jagte er den Ball an Sterbik zum 13:15 vorbei, um die Torwart-Legende dann wenig später mit einem frechen Dreher zum 14:16 zu narren. Aber wieder ließen die "Zebras" ihre Möglichkeiten verstreichen, den Gästen dichter auf den Pelz zu rücken. Ein Gegenstoß wurde unkonzentriert zu Ende gelaufen, und Borozan traf vom Kreis zum 17:14. Dann aber kamen die Kieler langsam aber sicher auf Betriebstemperatur: Landin fing einen Gegenstoß-Pass ab und Ole Rahmel traf per Dreher zum 15:17, Landin hielt gegen den frei vor ihm auftauchenden Dibirov, und Vujin erzielte kompromisslos das 16:17. Noch einmal legte Vardar zwei Tore vor - dann begann die Leidenschaft der "Zebras" und ihrer Fans zu wirken: In Unterzahl fand Miha Zarabec Niclas Ekberg, der zum 17:18 einnetzte. Landin ließ sich von Shishkarev nicht bezwingen, auf der anderen Seite tankte sich Zarabec durch die Wand der Zwei-Meter-Riesen hindurch und erzielte den Ausgleich. Der THW war am Drücker, die Fans hielt es nicht mehr auf den Sitzen.

Landin startet Kieler Lauf

Seine Paraden brachten den THW im Spiel: Niklas Landin

Es folgte die stärkste Phase des THW Kiel in dieser Begegnung: Vujin, für den mit einer Muskel-Verletzung am Oberschenkel ausgeschiedenen Weinhold gekommen, fand Wiencek am Kreis zum 19:19, jagte den Ball wenig später zum 20:20 ins Netz. Jetzt war der Hexenkessel richtig entfacht, zumal Vujin bei drohendem Zeitspiel beim 21:20 die erste Kieler Führung überhaupt erzielten konnte - und kurz darauf in der Abwehr den Ball klaute, den startenden Nikola Bilyk fand, der zum 22:20 einnetzte. Vardar reagierte direkt mit der letztmöglichen Auszeit, doch die Schwarz-Weißen machten weiter: Domagoj Duvnjak stiebitzte einen Ball, und Vujin veredelte die Aktion seines Kapitäns mit dem 23:20 (47.). Es schien, als wenn sich Zebras und ihre Fans gegenseitig in Ekstase bringen wollten. Zum berühmten Kieler Spiel-Rausch kam es jedoch nicht, weil die "Zebras" nun überhitzten. Sterbik hielt gegen Frend Öfors, Ferreira stoppte den THW-Lauf. Nilsson jagte einen Strich in die Maschen, Ferreira holte einen Siebenmeter heraus, den Cupic verwandelte. Auf der Gegenseite schloss Bilyk einen Moment zu früh ab, Canellas traf in das aufgrund einer Zeitstrafe von Rahmel verwaiste Kieler Tor.

Unglückliche Schlussphase

Leidenschaftlich kämpften die "Zebras" auf und neben der Platte

Nun wurde es immer packender: Der THW legte in Person von Zarabec zweimal vor, Vadar konterte durch Maqueda und Stoilov. Firnhaber erhöhte mit einem Konter auf 28:26 - vier Minuten vor dem Ende war ein Sieg zum Greifen nah. Doch Cindric läutete die Entscheidung zugunsten der Gäste ein: Mit unerlaubt vielen Schritten zog er an Wiencek vorbei und traf zum 27:28, der Kieler Kreisläufer kassierte zudem eine viel zu harte Zeitstrafe. Die letzten zwei Minuten musste der THW also ohne seinen "Turm in der Schlacht" auskommen. Nilsson blieb im Block hängen, Dibirov markierte den Ausgleich. Doch den "Zebras" blieben 30 Sekunden, um doch noch einen knappen Erfolg zu holen. Allerdings passierte Nilsson ein Fangfehler, den Maqueda mit einem Einwurf ins leere Kieler Tor bestrafte. Der THW Kiel hatte die Partie, die im zweiten Durchgang durchaus hätte kippen können, doch noch verloren und hat nun im Rückspiel im bereits ausverkauften Hexenkessel in Vardar eine Herkulesaufgabe vor sich.

Vor dem Rückspiel noch nach Leipzig

Enttäuschung: Die Zebras bedankten sich nach ihrem letzten Königsklassen-Heimspiel der Saison bei ihren großartigen Fans

Die endgültige Entscheidung, welche der beiden Mannschaften am 26. und 27. Mai beim "VELUX EHF Final4" in Köln antreten darf, fällt am kommenden Sonntag, 29. April, um 17 Uhr im Hexenkessel Jane-Sandanski-Arena in Skopje. Sky überträgt dieses "alles oder nichts"-Spiel natürlich live. Während sich Vardar sieben Tage lang intensiv auf die Entscheidung vorbereiten kann, haben die "Zebras" noch eine schwere Aufgabe in der DKB Handball-Bundesliga vor sich: Am Donnerstag fordert der SC DHfK die Kieler zum Liga-Duell in der ausverkauften Arena Leipzig. Für den THW stehen zwei vorentscheidende Zähler im Kampf um die internationalen Startplätze auf dem Spiel. Im vergangenen Jahr kassierten die Zebras in Leipzig eine 25:34-Schlappe - die bisher einzige Niederlage gegen die Sachsen in bisher sieben Begegnungen (siehe auch Gegnerstatistik im THW-Archiv). Anwurf ist um 19 Uhr, Sky überträgt live. "Wir müssen den Fokus jetzt voll auf Leipzig richten, diese Partie ist für uns extrem wichtig", sagt THW-Kapitän Domagoj Duvnjak. Weiter gehts, THW Kiel!  

Statistik: VELUX EHF Champions League, Viertelfinal-Hinspiel: THW Kiel - HC Vardar: 28:29 (12:14)

THW Kiel: Landin (1.-60., 13 Paraden), Wolff (2 Siebenmeter, keine Parade); Duvnjak, Firnhaber (1), Weinhold (2), Dissinger, Wiencek (3), Ekberg (4/1), Frend Öfors (3), Rahmel (1), Zarabec (3), Vujin (4), Bilyk (4), Nilsson (3), Santos (n.e.); Trainer: Gislason

HC Vardar: Sterbik (1.-60., 12 Paraden), Milic (n.e.); Stoilov (5), Kristopans, Ferreira (5), Maqueda (3), Karacic (1), Abutovic, Canellas (1), Cindric (2), Cupic (5/5), Dibirov (4), Shishkarev (1), Borozan (2), Vojvodic, Marsenic; Trainer: Gonzales Gutierrez

Schiedsrichter: Stevann Pichon / Laurent Reveret (FRA)
Zeitstrafen: THW: 4 (2x Wiencek (7., 58.), 2x Rahmel (38., 50.)) / Vardar: 3 (Stoilov (17.), Ferreira (21.), Borozan (40.))
Siebenmeter: THW: 1/1 / Vardar: 5/5
Spielfilm: 0:1, 1:1, 1:3 (5.), 3:3 (7.), 3:5, 4:7 (13.), 5:8, 8:8 (18.), 8:10 (20.), 10:10 (23.), 10:13 (27.), 11:14 (29.), 12:14;
12:15 (31.), 13:16, 14:17, 16:18 (37.), 18:18 (40.), 19:20 (42.), 23:20 (47.), 24:21 (49.), 24:23 (52.), 26:25 (55.), 28:26 (57.), 28:28 (58.), 28:29.
Zuschauer: 9.800 (Sparkassen-Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason: Glückwunsch an Vardar zum Sieg, wir wussten, dass es gegen diese Mannschaft, neben Paris das stärkste Team der Königsklasse, sehr schwer werden würde. Wir hatten das ganze Spiel über Probleme - besonders in der ersten Halbzeit. Was richtig geschmerzt hat, waren die Gegenstöße im ersten Durchgang, da haben wir Vardar die Bälle in die Hand geworfen. Der Zwei-Tore-Rückstand zur Pause war da schon ein bisschen glücklich. In der zweiten Halbzeit war es dann besser, auch Niklas Landin hat sich gesteigert, und im Angriff haben wir uns besser bewegt. Dann haben wir es aber versäumt, gegen Ende zu treffen. Das lag zum einen an der Qualität von Vardar, zum anderen aber auch an der Zeitstrafe für Patrick Wiencek und dummen Fehlern. Da haben wir den Sieg weggeworfen, und darüber bin ich enttäuscht. Mit einem Tor Rückstand wird es nun noch schwerer, wir reisen jetzt als kompletter Außenseiter nach Skopje. Zudem hat sich Steffen Weinhold am Oberschenkel verletzt. Wir müssen uns jetzt auf das Bundesliga-Spiel in Leipzig konzentrieren, das wird ebenfalls sehr schwer - und wir brauchen diese beiden Punkte.

Vardars Coach Raul Gonzales: Wir sind glücklich über diesen Sieg, denn es ist sehr schwer, hier zu spielen. Der THW hat einen guten Coach und gute Spieler - aber wir haben sehr gut begonnen. Die Abwehr in der ersten Halbzeit war nahezu perfekt, die Gegenstöße haben uns sehr geholfen. In der zweiten Halbzeit hatten wir dann auch ein wenig Glück. Aber: Das heute war nur die erste Halbzeit, Kiel hat die Qualität, auch auswärts zu gewinnen.

Vardars Rückraumspieler Joan Canellas: Ich bin sehr glücklich mit diesem Erfolg, in der ersten Halbzeit haben wir einen guten Job gemacht. In der zweiten Hälfte hatten wir dann große Probleme im Angriff und Kiel hatte die Möglichkeit, das Spiel zu drehen. Wir haben es aber geschafft, in der Partie zu bleiben. Das war wichtig in diesem schweren Match, denn auch in Skopje kann alles passieren. Wir sind jetzt aufgrund des Sieges nicht mehr Favorit als zuvor.

THW-Linksaußen Emil Frend Öfors: Wir hatten keine gute erste Halbzeit, sind dann aber besser aus der Kabine zurück gekommen. Wir haben mehr Bälle abgefangen und waren gut drauf. Allerdings hatten wir nicht die Nerven, um den Sack zuzumachen. Das ist ärgerlich. Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf Leipzig, und dann freue ich mich auf das Rückspiel in Skopje.

THW-Regisseur Miha Zarabec in den Kieler Nachrichten: Die letzte Aktion war unglücklich, ein Missverständnis. Insgesamt war heute das Glück nicht auf unserer Seite. Wenn du gegen Vardar gewinnen willst, brauchst du einen perfekten Tag. Es ist sehr schwer gegen diese Deckung, sie waren auch sehr gut auf uns eingestellt, hatten wohl viel Video geguckt. Wir können es im Rückspiel schaffen.

THW-Kreisläufer Patrick Wiencek in den Kieler Nachrichten: Am Anfang waren wir etwas nervös, wir wussten auch, was auf dem Spiel steht. In der zweiten Hälfte haben wir viel weniger technische Fehler gemacht, waren konzentrierter, auch leidenschaftlicher. Die Ausgangslage für das Rückspiel ist mit der Niederlage jetzt natürlich schwieriger. Aber auch wenn wir mit einem Tor gewonnen hätten, wäre es in Skopje extrem schwer geworden.

THW-Rechtsaußen Ole Rahmel in den Kieler Nachrichten: Die Intensität war wahnsinnig, internationale Härte trifft es wirklich. Ãœber lange Zeit hatten die Schiedsrichter das gut im Griff, aber in den letzten Minuten sind wir benachteiligt worden. Und dann ist es sehr schwer, die Schlussphase positiv zu gestalten. Aber am Ende des Tages ist jetzt erst Halbzeit, im Rückspiel sind wir nicht der Favorit, das kann auch gut sein.