fbpx

Viva Colonia! Zebras und ihre Fans schaffen das Wunder in der Wunderino Arena

Champions League

Viva Colonia! Zebras und ihre Fans schaffen das Wunder in der Wunderino Arena

"Wunder gibt es immer wieder". Auch im Handball. Aber Wunder sind eben auch extrem selten. Am Donnerstagabend wurden 8513 Fans in der Wunderino Arena Zeuge einer magischen Nacht in Kiel. Die Zebras machten das Undenkbare wahr. Nach der 30:39-Hinspiel-Niederlage vor Wochenfrist in Frankreich erfüllten sich die Kieler mit der unfassbaren Unterstützung der "weissen Wand" einen wunderbaren Traum. Mit dem 31:21 (17:12)-Triumph über Montpellier HB zogen sie ins TruckScout24 EHF Final4 ein, das am 8./9. Juni in der Kölner Lanxess-Arena steigt. Der Krimi von Kiel war ab der ersten Minute geprägt von schwarz-weißer Leidenschaft, enormen Willen und dem unbedingtem Glauben an das Wunder. Nach der finalen Parade des starken Tomas Mrkva war die Wunderino Arena minutenlang ein Jubel-Tollhaus: Viva Colonia!

Reinkind: "So eine Atmosphäre habe ich noch nie erlebt"

Die "weiße Wand" war an diesem wunderbar sonnigen Donnerstagabend richtig weiß: Fast jeder Fan in der Halle zeigte damit die Verbundenheit zu den Zebras, gemeinsam wollte man das Wunder schaffen. Die Fans auf den Rängen - sie hatten großen Anteil an diesem Handball-Wunder, gaben ihren Helden lautstark den wichtigen Rückhalt. "So eine Atmosphäre habe ich noch nie erlebt, das war einfach unbeschreiblich und großartig", schnaufte THW-Rückraum-Ass Harald Reinkind nach dieser denkwürdigen Handball-Partie. Reinkind hatte trotz unglaublicher Schmerzen einmal mehr auf die Zähne gebissen und seine Farben mit sechs Treffern in die Sieges-Spur gebracht. Die Emotionen nach dem Schlusspfiff - unbeschreiblich. Patrick Wiencek war nicht der einzige Kieler, der Freudentränen in den Augen hatte.

Eric Johansson bester Torschütze

Noch viele Minuten nach dem Abpfiff fasste sich auch Rechtsaußen Niclas Ekberg immer wieder an den Kopf, konnte das soeben Erlebte kaum glauben. Mit dem Tempogegenstoß zum 29:21 hatte der Schwede die erfolgreiche Schlussoffensive der Zebras eingeleitet, zum Königsklassen-Abschluss seiner 13-jährigen Zeit im THW-Trikot machte Ekberg sich mit der Teilnahme am FEHF Final4 der besten vier europäischen Mannschaften damit selbst das schönste Geschenk. Die besten Kieler Torschützen kamen allesamt aus dem Rückraum, Eric Johansson traf achtmal, Nikola Bilyk war siebenmal erfolgreich. Eine starke Leistung bot zudem Tomas Mrkva, der die französischen Angreifer gerade am Ende der Partie mit Glanzparaden verunsicherte und seinen Teil dazu beitrug, dass der THW Kiel in den letzten zehn Minuten keinen (!) Gegentreffer mehr kassierte.

Personalprobleme und entschlossen zupackende Zebras

Dabei hatten Personalprobleme das Unterfangen Aufholjagd schwierig für den deutschen Rekordmeister gestaltet. Neben Magnus Landin (Handbruch) musste THW-Trainer Filip Jicha auch auf die angeschlagenen Steffen Weinhold und Elias Ellefsen á Skipagötu verzichten. Aber die Zebras ließen sich nicht beirren, zeigten von Beginn an, wer Herr in eigener Arena ist. Auch mit einer gewissen Härte, einer Gangart, die die Zebras im Hinspiel hatten vermissen lassen. Patrick Wiencek riss Bryan Monte dos Santos gleich nach dem Anpfiff zu Boden, Kapitän Domagoj Duvnjak wurde bereits in der ersten Spielminute mit einer Zeitstrafe vom Feld geschickt. So zeigten die Zebras von Beginn an, dass sie Großes vorhatten. Und die "weiße Wand" half, empfing die Gäste schon vor dem Anpfiff mit lauten, entschlossenen THW-Gesängen - und packte auch mal den einen oder anderen Pfiff aus. Die Wunderino-Aren kochte von der ersten Sekunde an, die 8513 standen wie ein Mann hinter ihrer Mannschaft.

Montpellier erwischt besseren Start

Den besseren Start erwischte indes Montpellier, die Franzosen gingen durch Porte und Nacinovic mit 2:0 in Front. Johansson antwortete zum 1:2 und Reinkind schmetterte den Ball wenig später zum 2:2 in die gegnerischen Maschen. Lemme brachte Montpellier erneut in Führung, doch auch nach dem verworfenen Strafwurf von Niclas Ekberg war von Zweifel in Kieler Reihen nichts zu spüren. In Unterzahl - Johansson kassierte eine Zeitstrafe - glichen die Zebras durch Reinkind aus. Die erste Kieler Führung erzielte dann der zunächst wie aufgedreht durch die MHB-Abwehr pflügende Johansson mit einem Triple nach 15 Minuten zum 7:5, in der Arena wurde es noch lauter. Tomas Mrkva hatte mittlerweile den Platz im Tor von Samir Bellahcene übernommen, zeigte erste Glanztaten. Patrick Wiencek traf nach glänzendem Johansson-Anspiel zum 8:5. Die Fans hofften auf mehr, doch die Gäste fanden ins Spiel zurück, hielten den Abstand auf zwei, drei Tore.

Kieler halten sich an den Matchplan

Alle zwölf Minuten zwei Tore mehr als der Gegner: Mit dieser Maxime waren die Kieler in die Partie gegangen. Und die Zebras hielten sich an den Matchplan: Der THW gab weiter Gas, in der Abwehr stand der Mittelblock um Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek felsenfest. Vorn mischte auch Nikola Bilyk mit Riesen-Elan die gegnerische Defensive auf, traf beim 14:10 und 15:11 zur Vier-Tore-Führung für die Gastgeber. Und als Pekeler mit überragendem Dreher in der 29. Minute das 16:11 erzielte, schnupperten Spieler und ihr Anhang erstmals am möglichen Wunder. 28 Minuten waren gespielt, fast mit dem Halbzeitpfiff brachte Bilyk seine Farben erneut auf fünf Treffer voran, erzielte die 17:12-Halbzeitführung, die hinten leidenschaftlich verteidigt wurde.

Franzosen haben viele Antworten

Der Beginn der zweiten Halbzeit glich einer Kopie der ersten. Montpellier-Torhüter Bolzinger parierte, Wiencek kassierte eine Zeitstrafe, und Pellas verkürzte auf 13:17. Ein schwieriger Start in die zweiten 30 Minuten, aber die Zebras ließen nicht locker. Bilyk wurde zum Dreh- und Angelpunkt, traf zum 18:13. Sechs Tore lagen die Kieler dann nach 35 Minuten vorn: Hendrik Pekeler war mit einem Doppelschlag erfolgreich, bescherte Pellas zudem eine Zeitstrafe. Absetzen konnten sich die Zebras allerdings noch nicht, die Gäste kämpften sich zurück, Pellas verkürzte in der 44. Minute auf 19:23, Simonet wenig später auf 20:24. Alle Hoffnungen auf die Sensation also vergeblich?

Arena wird zum Tollhaus

Von wegen. Der THW machte jetzt erst recht Druck, kämpfte unverdrossen um jeden Zentimeter Hallenboden, jeden Ball. Wiencek und Duvnjak nahmen das Publikum mit. Und Johansson, Reinkind sowie Pekeler sorgten mit ihren Toren und dem 3:0-Lauf bis zur 49. Minute für die 27:20-Führung. Die Partie bog ihre atemberaubende Schlussphase ein. Valentin Porte ließ den Montpellier-Anhang mit dem 21:27 (50.) kurz auf ein Happy-End hoffen, doch jetzt war es der THW, der die Antworten fand. Bilyk traf vom Kreis, Pellas traf den Pfosten. Niclas Ekberg versenkte den Ball nach Tempogegenstoß in die gegnerischen Maschen, die Wunderino Arena war da längst zum Tollhaus geworden. Eine ohrenbetäubende, elektrisierende Kulisse.

Arena wird zum Tollhaus

Von wegen. Der THW machte jetzt erst recht Druck, kämpfte unverdrossen um jeden Zentimeter Hallenboden, jeden Ball. Wiencek und Duvnjak nahmen das Publikum mit. Und Johansson, Reinkind sowie Pekeler sorgten mit ihren Toren und dem 3:0-Lauf bis zur 49. Minute für die 27:20-Führung. Die Partie bog ihre atemberaubende Schlussphase ein. Valentin Porte ließ den Montpellier-Anhang mit dem 21:27 (50.) kurz auf ein Happy-End hoffen, doch jetzt war es der THW, der die Antworten fand. Bilyk traf vom Kreis, Pellas traf den Pfosten. Niclas Ekberg versenkte den Ball nach Tempogegenstoß in die gegnerischen Maschen, die Wunderino Arena war da längst zum Tollhaus geworden. Eine ohrenbetäubende, elektrisierende Kulisse.

Viva Colonia!

Die letzten Minuten wurden dann zu den Minuten von Tomas Mrkva, der sein Gehäuse schlichtweg zunagelte. Das berühmte Momentum, das im Hinspiel 60 Minuten lang die Franzosen auf ihrer Seite hatten, kippte mit jedem Fan, den es aus den Sitzen riss, mehr auf die Seite der Zebras: Nikola Bilyk hämmerte den Ball zum 30:21 ins Montpellier-Tor, Simonet warf über den THW-Kasten. 2:37 Minuten vor dem Ende war es soweit: Johansson traf mit seinem achten Treffer zum 31:21, erstmals stand der THW Kiel virtuell im Truckscout24 EHF Final4. Das Wunder nahm Gestalt an, und die Zebras mobilisierten noch einmal alle Kräfte für eine denkwürdige Abwehrschlacht. Mrkva hielt gegen Simonet, die Gäste blieben am Ball. Mrkva parierte gegen Porte, Ekberg machte im Gegenzug einen Schrittfehler. 14 Sekunden vor Schluss nahm Canayer die Auszeit, aber als Tomas Mrkva den letzten Wurf von Stube aufhielt, standen die Kieler mit beiden Beinen im Final4. Die Party in der Wunderino Arena - auch sie gehörte zur magischen Nacht, die die Kieler in den vergangenen Tagen sooft beschworen hatten. Und jetzt Wort gehalten hatten.

Infos zur Ticketvergabe folgen am Freitag

Für das Truckscout EHF Final4 in Köln, das am 8. und 9. Juni in der Lanxess Arena ausgetragen wird, erhält der THW Kiel von der Europäischen Handball Föderation EHF rund 500 Tickets. Informationen über das Ticket-Vergabeverfahren für die "weiße Wand" in Köln folgen am Freitag, Vorbestellungen werden aktuell noch nicht entgegengenommen. Die Zebras konnten ihren Triumph am Donnerstagabend nicht lange feiern, denn die nächste unbequeme Aufgabe steht ihnen bereits am Sonntag bevor: Am Samstag machen sie sich auf den gut 600 Kilometer langen Weg nach Mittelhessen. Denn bereits am Sonntag wartet dort die unangenehme Aufgabe bei der HSG Wetzlar. Anpfiff in der Buderus Arena ist um 16:30 Uhr, Dyn überträgt die Partie live. Weiter geht’s in Wetzlar, Kiel! 

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

Machineseeker EHF Champions League, Viertelfinal-Rückspiel: THW Kiel - Montpellier HB 31:21 (17:12)

THW Kiel: Mrkva (9.-60., 12/1 Paraden), Bellahcene (1.-9., 1 Parade); Duvnjak, Reinkind (6), Øverby, Wiencek (4), Ekberg (2), Faust, Johansson (8/1), Dahmke, Szilagyi (n.e.), Gurbindo, Wallinius, Bilyk (7), Pekeler (4), á Skipagötu (n.e.); Trainer: Jicha
Montpellier HB: Bolzinger (18.-49., 6 Paraden), Desbonnet (1.-18., 49.-60., 3 Paraden); Karlsson, Simonet, Pellas (6), Fernandez, Panic, A. Lenne (3), Skube (1), Prat, Konan, Cornette, Monte dos Santos (1), Porte (4), Y. Lenne (4), Nacinovic (1); Trainer: Canayer

Schiedsrichter: Lars Jorum / Havard Kleven (NOR)
Siebenmeter: THW: 2/1 (Ekberg überweg (6.)) / MHB: 3/0 (Pellas vorbei (7.), Mrkva hält Fernandez (26.), Pellas an den Pfosten (44.))
Zeitstrafen: THW: 4 (Duvnjak (1.), Johansson (7.), Wallinius (23.), Wiencek (32.) / MHB: 7 (Panic (9.), Porte (12.), 2x Monte dos Santos (14., 45.), 2x Pellas (35., 47.), Y. Lenne (56.))
Rote Karte: Överby (grobes Foulspiel (11.))
Spielfilm: 1. Hz.: 0:2 2:2 (5.), 4:5 (11.), 8:5 (16.), 10:7 (19.), 12:10 (25.), 14:10 (26.), 16:11 (30.), 17:12;
2. Hz.: 18:13 (33.), 18:14, 20:14 (35.), 22:18 (41.), 24:20 (45.), 27:20 (49.), 27:21 (50.), 31:21.
Zuschauer: 8513 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Danke an Patrice für seine Glückwünsche. Ich kann fühlen, wie hart es in dieser Situation für ihn ist. Ich fühle mit Patrice, er ist ein großes Idol für mich als Coach. Glückwunsch an ihn für alles, was er in seiner einzigartigen Karriere erreicht hat.
Wir haben heute unser Herz in unsere Hände genommen. Wir haben unseren Fans in dieser Kult-Arena, wir haben uns selbst gezeigt, dass wir eine Mannschaft sind, die bis zum Ende kämpfen kann. Ich bin so stolz auf meine Spieler. Es war nicht die einfachste Woche für mich und meine Spieler, aber wir hatten den Glauben daran, es schaffen zu können. Am Ende zahlt sich harte Arbeit aus. In den ersten Minuten waren wir on fire, aber MOntpellier ist trotzdem in Führung gegangen. Wir sind trotzdem ruhig geblieben. Danke an meine Spieler, danke aber auch an unsere Fans, die an uns geglaubt haben. Es war eine magische Nacht in Kiel, und das, obwohl Skippy und Steffen nicht spielen konnten. Aber wir hatten diesen starken Glauben. Trotzdem fühle ich mit Patrice, a ist ein großes Idol für mich als Coach. Glückwunsch an ihn für alles, was er in seiner einzigartigen Karriere erreicht hat.

Montpelliers Trainer Patrice Canayer: Es war für uns heute möglich, zu verlieren und uns trotzdem für Köln zu qualifizieren. Leider haben wir das nicht geschafft. Kiel war physisch und mental stärker als wir, ging besser mit dem Druck um. Am Ende von 120 Minuten entscheiden die letzten beiden über das Weiterkommen. Leider sind wir heute geschwächt ins SPiel gegangen, weil Diego Simonet verletzt war. Wir hatten Probleme, Lösungen im Angriff zu finden. Die Abwehr war in Ordnung, wir haben vor einer Woche 30, heute 31 Tore kassiert. Aber 21 Tore in Kiel zu werfen, ist zu wenig. Uns hat der Mut im Umschaltspiel gefehlt, wir haben mit angezogener Handbremse gespielt. Und das ist in Kiel definitiv ein Fehler.

Montpelliers Karl Konan: Wir sind sehr traurig. Kiel hat stark gespielt und uns eine Menge mitgegeben. Aber wir haben zu viele Fehler gemacht, waren nicht aggressiv genug und haben nicht gut getroffen. Es ist schwierig, diese Niederlage, das Ausscheiden zu akzeptieren. Aber ich habe einen großen Respekt vor der Leistung der Kieler, und wir müssen das beste aus dieser Lehrstunde mit nach Hause nehmen.

THW-Toptorschütze Eric Johansson: Das Training in dieser Woche war unglaublich, unglaublich hart. Aber es hat sich ausgezahlt. Danke an unsere Fans, dass sie in jeder Phase des Spiels an uns geglaubt haben. Ich bedanke mich bei jedem einzelnen Zuschauer, dass er diese magische Nacht in Kiel möglich gemacht hat. Das war unser Wunder in der Wunderino Arena!