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KN: Kieler Befürchtungen bestätigt

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KN: Kieler Befürchtungen bestätigt

Zagreb/Split. Eine Nation hält den Atem an, und die schlimmsten Befürchtungen des Handball-Rekordmeisters THW Kiel haben sich bewahrheitet: Domagoj Duvnjak, kroatischer Kapitän der Zebras und Leitfigur des Gastgebers, hat sich bei der Europameisterschaft verletzt. Auch der Serbe Marko Vujin vom THW könnte für den Rest der Titelkämpfe ausfallen. Entwarnung gibt es indes beim deutschen Torwart Andreas Wolff, dessen Einsatz heute im Spiel gegen Slowenien aufgrund einer leichten Prellung am Fuß nicht gefährdet ist.

THW-Kapitän Domagoj Duvnjak verletzt sich im ersten Spiel

Zuerst Schockstarre, dann brach das Gewitter los. Kroatische Medien überschlugen sich am Wochenende, übten scharfe Kritik an Nationaltrainer Lino Cervar, weil dieser seinen Kapitän beim 32:22-Auftaktsieg gegen Serbien am Freitag in Split in der Schlussphase bei einem Zehn-Tore-Vorsprung nicht vom Feld genommen hatte. In der 57. Minute war Duvnjak mit schmerzverzerrtem Gesicht liegengeblieben, hatte das Feld nur gestützt von Mitspielern verlassen können. Die Diagnose am Sonnabend ergab einen - nach Informationen unserer Zeitung massiven - Muskelfaserriss in der rechten Wade. Der Kieler werde, wie Cheftrainer Cervar mitteilte, definitiv für die Vorrunde ausfallen. Auch ein Einsatz in der anschließenden Hauptrunde erscheint kaum denkbar.

Duvnjak hatte nach einer Patellasehnen-Operation und monatelangem Ausfall erst im Dezember sein Comeback in der Bundesliga für den THW gegeben. THW-Coach Alfred Gislason hatte deshalb von einer Teilnahme an der EM abgeraten, sieht sich nun bestätigt und fürchtet schlimmere Folgen, sollte sein Spielmacher in einem möglichen EM-Halbfinale entgegen aller Vernunft zum Einsatz kommen. "Ich kann nicht verstehen, dass Dule drei Minuten vor Schluss bei zehn Toren Vorsprung auf dem Feld stand. Da muss man sagen, dass jemand nicht verstanden hat, dass er einfach noch nicht so weit war. Wir müssen jetzt sehen, wie schwer die Verletzung ist. Aber drei Wochen Pause sind es in einem solchen Fall normalerweise mindestens. Wenn die Kroaten jetzt mit aller Macht versuchen, dass er bei der EM noch spielen kann, sind wir wieder die großen Verlierer des Turniers." Ähnlich äußerte sich THW-Geschäftsführer Thorsten Storm: "Dass ein Spieler mit der Verletzungshistorie von Domagoj Duvnjak kurz vor Schluss bei einem Zehn-Tore-Vorsprung noch auf dem Feld stand, war ein hohes Risiko. Das wirkt nicht überlegt, das finde ich nicht gut. Wir lassen Dule bei der Mannschaft, dort ist er gut aufgehoben."

Duvnjak gilt in Kroatien als Nationalheld. Er sei der "Maestro unseres Teams und große Anführer", schrieb die Zeitung "Vecernji list". Im eigenen Land zählt für die Kroaten nur der EM-Titel, seit Monaten und während der Reha ging es auch für Duvnjak nur darum, dass er rechtzeitig für dieses Turnier wieder fit wird. Dementsprechend groß ist besonders bei den THW-Kollegen das Mitgefühl. "Dass er als Kapitän und Symbolfigur des kroatischen Handballs an der Heim-EM teilnehmen will, ist sein gutes Recht", sagte Deutschlands Torhüter Andreas Wolff. "Es ist einfach nur unglaubliches Pech, dass er sich wieder verletzt hat." Auch Steffen Weinhold ("Er tut mir so unglaublich leid") und Patrick Wiencek ("Ich hoffe, er fällt nicht zu lange aus. Ohne ihn fehlt den Kroaten das Herz") fühlen mit. Duvnjaks slowenischer Zebra-Kollege Miha Zarabec richtete eine Botschaft an seinen Kieler Positionskollegen: "Ich weiß, was in seinem Kopf vorgeht. Wenn er etwas braucht - wir sind da!"

Knapp eine Woche nach der EM steht für den THW in der Champions League das Spiel gegen Ungarns Topklub Telekom Veszprém auf dem Programm. Wahrscheinlich dann ohne Duvnjak. Und womöglich auch ohne Marko Vujin. Auch der serbische Nationalspieler verletzte sich im Auftaktspiel, wird aufgrund einer Blessur am hinteren Oberschenkel den Rest der Vorrunde verpassen und sich in den kommenden acht, neun Tagen im Kreis der Nationalmannschaft behandeln lassen. In Kiel wird der Linkshänder voraussichtlich schon am 22. Januar zurückerwartet. "Erst einmal bleibt Marko vor Ort. Dort ist er gut aufgehoben", sagte Thorsten Storm. Das Abenteuer EM ist für Vujin offenbar jedoch nach 8:18 Minuten Spielzeit und einem Tor schon wieder beendet.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 15.01.2017, Foto: Archiv/Sascha Klahn)