KN: Kieler Freude und Mannheimer Frust

Bundesliga

KN: Kieler Freude und Mannheimer Frust

Kiel. Für die einen war es Balsam für die Seele, für die anderen ein Wochenende zum Vergessen: Während der THW Kiel nach dem hochverdienten 27:22 (17:9, siehe Spielbericht) gegen die Rhein-Neckar Löwen vor Selbstvertrauen und Glückseligkeit nur so strotzte, haderten die Mannheimer mit sich und der Handballwelt. 

Der THW verhagelt den Löwen das Doppelspiel-Wochenende

"Ein geiler Kampf von der ersten bis zur letzten Minute", befand THW-Abwehrrecke Sebastian Firnhaber, der schon am Sonnabend ein Extra-Lob seines Trainers Alfred Gislason ausgesprochen bekommen hatte. Und es prompt zurückgab: "Alfred hat uns super eingestellt. Wir wollten von Anfang an hart spielen, die Angreifer früh angehen. Das ist uns gelungen. Es ist ein gutes Gefühl, den Tabellenführer geschlagen zu haben." Ein noch besseres Gefühl vermittelte die Art und Weise des Sieges. Die Zebras dominierten die Löwen in der ersten Hälfte nach Belieben und kontrollierten die Partie mit wenigen Abstrichen in der zweiten. Die Kieler Brust ist breit. "Wir wissen, dass wir zu Hause jeden schlagen können", sagte der starke Zebra-Keeper Niklas Landin.

Auf der anderen Seite fasste Löwen-Kapitän Andy Schmid den völlig verkorksten Sonnabend in einem drastischen Dreiklang zusammen. "Das war ein Scheiß-Tag für uns, ein Scheiß-Tag für den Verein und ein Scheiß-Tag für den Handball", meinte der Schweizer. Zwei Stunden vor der herben Pleite in Kiel steckte die Löwen-Reserve in der Champions League eine 17:41-Klatsche bei Vive Kielce ein. Der Terminstreit zwischen EHF und HBL machte aus dem deutschen Meister einen Doppel-Verlierer und ließ den Handball (wieder mal) in einem zweifelhaften Licht erscheinen. "Niemand ist glücklich heute, auch wir nicht, selbst wenn wir gewonnen haben", sagte Kielces Trainer Talant Dujshebaev.

"Es war eine ganz komische Stimmung am Wochenende", sagte Löwen-Linkshänder Harald Reinkind. "Es wurde viel über die Champions League geredet, über den Streit zwischen den Verbänden. Das machte es für uns in Kiel nicht leichter." Der Norweger blickte am Montag zurück auf "ein hartes Wochenende", suchte die Schuld aber zunächst in der eigenen Leistung. "Wir haben einfach zu viele Tore kassiert und zu wenige geschossen", sagte der 25-Jährige. "Kiel hat sehr gut gespielt. Wir sind auch gut reingekommen. Dann verschießen wir zu viel, und alles geht ganz schnell." Eine Diskussion über Sinn und Unsinn der Entscheidung, mit den Stars in Kiel anzutreten und die Drittliga-Amateure nach Polen zu schicken, hält Reinkind für müßig. "Hinterher kann man immer sagen, man hätte es anders machen können."

Die Mannschaft habe vor dem eigenen Spiel den Auftritt der Zweiten in Kielce verfolgt, "aber versucht, den Fokus nur auf uns zu legen", so Reinkind. "Es war ja zu erwarten, dass es mit minus 20 oder mehr ausgeht." In der Champions League wird für die Löwen damit Schluss sein. "An einem überragenden Tag können wir Kielce vielleicht mit zehn schlagen. Aber 24 Tore - das ist unmöglich", sagt Reinkind. "Ich weiß nicht, was das Rückspiel für ein Spiel wird. Wir haben noch nicht darüber gesprochen. Erst mal haben wir Hüttenberg vor der Brust, dann sehen wir weiter."

So aussichtslos die Situation in der Königsklasse ist, so gut stehen die Mannheimer trotz der Niederlage in der Liga da. "Wir haben in den direkten Duellen gegen die Top-Teams alles in der eigenen Hand", sagt Reinkind. Das denkt auch THW-Trainer Alfred Gislason. "Jetzt sieht es sehr gut aus für die Löwen - vor allem, wenn wir noch alle Heimspiele gewinnen", sagte der Isländer mit Blick auf die ausstehenden Kieler Duelle gegen die ärgsten Löwen-Verfolger Füchse Berlin (19. April) und SG Flensburg-Handewitt (10. Mai), in denen der sechstplatzierte THW den Löwen Schützenhilfe leisten könnte.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 27.03.2018, Foto: Sascha Klahn)