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KN: Schon wieder Wetzlar

Bundesliga

KN: Schon wieder Wetzlar

Wetzlar. Krise: Der THW Kiel hat am Donnerstagabend bei der HSG Wetzlar bereits sein drittes Spiel in der Handball-Bundesliga in dieser Saison verloren. Die Art und Weise, mit der sich das Abschluss-Dilemma fortsetzte, ist besorgniserregend. Am Ende verlieren die Zebras völlig den Kopf und schließlich das Spiel deutlich und demoralisierend mit 22:30 (13:14). Es ist der schlechteste Saisonstart seit 15 Jahren.

Der THW verliert in Mittelhessen völlig den Kopf

Damals, in der Saison 2002/2003, standen nach sechs Begegnungen 2:10 Punkte auf dem Kieler Konto. Im tristen September 2017 sind es nun 6:6 Zähler. Vor dem Spiel undenkbar für die Zebras, auch wenn es in der mit 4421 Zuschauern ausverkauften Rittal-Arena gehörig brutzelt. Die Menge feiert und ist so richtig aus dem Häuschen, als vor dem Anpfiff verkündet wird, dass Rechtsaußen Kristian Bjørnsen bis 2021 verlängert hat. In den folgenden 60 Minuten wird der Norweger mit acht Toren zum entscheidenden Mann der HSG. Die geht schnell mit 4:1 in Führung, trumpft frech auf. „Wir hatten keinen Druck, die mentalen Probleme der letzten Wochen waren auf einmal weg. Denn da gegenüber stand ja der THW“, analysiert Wetzlars Coach Kai Wandschneider später. Beim THW fängt der ehemalige Wetzlarer Andreas Wolff zwischen den Pfosten an. Es vergehen keine fünf Minuten, da häufen sich schon wieder Kieler Fehlversuche: Miha Zarabec, Rune Dahmke an den Pfosten, Niclas Ekberg, Nikola Bilyk. So geht es munter weiter: Niclas Ekberg verschießt beim Gegenstoß, Dahmke scheitert wieder am starken Benjamin Buric (20 Paraden), Patrick Wiencek an die Latte. Zwölf Fehlwürfe (THW-Trainer Alfred Gislason: "Und vor allem richtig klare Chancen") summieren sich bis zur Pause.

Nach einer Viertelstunde krempelt Gislason um. Muss er auch. Wiencek muss schon zum zweiten Mal per Zeitstrafe auf die Bank, Christian Dissinger (stark!) und Sebastian Firnhaber stellen jetzt den Innenblock. Dissinger macht halbzeitübergreifend zwischen der 25. und 36. Minute fünf von sechs Kieler Toren, leistet sich insgesamt aber auch einige Fahrkarten. Wetzlar spielt seine Spielzüge konzentriert runter. Bjørnsen ist der Mann fürs Schnelle - er und Rückraumspieler Alexander Hermann sorgen für einen imposanten Zwischenspurt vom 16:17 (38.) zum 21:17 (44.) einer Mannschaft, die konzentriert und solide ihrer Arbeit nachgeht und mit Buric sowie dem Mittelblock mit Stefan Kneer und Anton Lindskog einen fantastischen Rückhalt hat. Joao Ferraz kommt rein und setzt wertvolle Impulse. Und beim THW? Wo sind die Leader? "Die fehlten heute", sagt Gislason nach dem Abpfiff enttäuscht, angegriffen. "Aber ich stehe zu meinen Spielern und zu unserer Arbeit, auch wenn die momentan nicht besonders erfolgreich ist."

Der Isländer krempelt wieder alles um, bringt Niklas Landin im Tor nach Wiederanpfiff, Emil Frend Öfors auf Linksaußen, versucht es ab der 40. Minute mit Lukas Nilsson und Marko Vujin im Rückraum an der Seite von Zarabec. Doch von den Halbpositionen kommt einfach - zu wenig? Nichts? Verunsicherung? Zehn Minuten vor dem Ende - Wetzlar läuft und läuft seine Gegenstöße, drückt in der zweiten Welle nach, ist bissig bei Abprallern – bricht der große THW in der Rittal-Arena völlig auseinander. Dissinger trifft die Latte (51.), Zeitz knallt den Ball am Tor vorbei (56.). Rumms! Das ist die Bande, nicht das Tornetz. Jetzt ist es jedem klar: Der THW geht an diesem Donnerstag unter und weckt Erinnerungen an die schmerzhafte Vorsaison. Zeitz stellt sich nach diesem katastrophalen Auftritt, findet nach einer endlos lang scheinenden Kabinenbesprechung gute, richtige Worte: "Der Zug deutsche Meisterschaft ist abgefahren. Jetzt geht es darum, die Ehre des THW Kiel zu retten."

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 22.09.2017, Foto: Archiv/Sascha Klahn)