fbpx

KN: Gislasons letztes Aufgebot

Champions League

KN: Gislasons letztes Aufgebot

Kiel. Es ist die "Mutter aller Champions-League-Duelle". Im Viertelfinal-Hinspiel der Königsklasse trifft der THW Kiel auf Titelverteidiger FC Barcelona (Sonntag, 19.30 Uhr), und vor diesem Spiel der Spiele reißen die Probleme von Zebra-Coach Alfred Gislason nicht ab, der vielleicht sogar ohne Rechtsaußen ins Spiel gehen muss. "Wir sind krasser Außenseiter - milde ausgedrückt", sagt der Isländer im Interview mit Tamo Schwarz von den Kieler Nachrichten.

Ãœber Viertelfinal-Gegner Barcelona, Verletzungspech und Perspektiven

KN: Herr Gislason, haben Sie schon ein Wort für diese Saison gefunden? Katastrophen-Saison, Seuchenjahr, ... Alfred Gislason: In diesem Ausmaß habe ich Verletzungspech noch nicht erlebt. Den Grund würde ich gern herausfinden. Klar ist aber: Wir haben so viele Spiele, dass regeneratives Training kaum möglich ist. Irgendwann muss die Belastung weniger werden. Wir reden seit zehn Jahren davon, aber es passiert immer das Gegenteil. Was war der Grund für die unerwarteten Punktverluste in Hannover und Balingen? Natürlich kann man dort mehr von uns erwarten. Aber unerwartet? Lackovic ging angeschlagen ins Spiel, Cañellas hat nur Luft für 20 Minuten, Weinhold spielt nur Abwehr, Landin hat mit Dänemark zuletzt drei Spiele in drei Tagen gemacht - wir haben keine Breite, keine zweite Besetzung. Und Balingen hat auch keine schlechte Mannschaft mit vielen Nationalspielern. Wir können unsere Verluste nicht endlos auffangen. Aber 15 Minuten ohne Tor sind bei einer Spitzenmannschaft ein seltenes Phänomen ... Stimmt. Wir sind in der Phase schlecht mit unseren Chancen umgegangen, haben zwei Siebenmeter vergeben. Hinzu kamen drei deutliche Fehlentscheidungen der Schiedsrichter. Und: Ich muss mich auch drauf verlassen können, dass meine Führungsspieler mehr Verantwortung übernehmen. Cañellas hat das getan. Und jetzt sehen Sie die Chancen gegen Barcelona bei null? Wir sind krasser Außenseiter - milde ausgedrückt. Aber wir sind der THW und werden mit allem, was wir aufbieten können, alles geben. Was können Sie aufbieten? So wie es jetzt aussieht: Jaanimaa auf Rechtsaußen, Ekberg ist raus, Sprenger hat seit zwei Wochen nicht trainiert. Auch hinter Wiencek steht ein Fragezeichen. Im Rückraum bleiben mir nur Duvnjak, Cañellas, Vujin und vielleicht Mamelund - auch Williams ist angeschlagen. Ein Not-Aufgebot vor der letzten Titelchance Champions League ... Man muss sich jede Titelchance verdienen, und wir haben weder die Bundesliga noch die Champions League aufgegeben. Aber gegen Barcelona muss wirklich alles klappen: eine richtig gute Abwehr, zwei starke Torhüter. Nur volles Rohr Tempo können wir nicht gehen. Dafür haben wir nicht die Bank. Barcelona hingegen bereitet sich seit drei Wochen nur auf uns vor, hat eine super Mannschaft. Filip Jicha ist dort wieder zum Führungsspieler geworden. Er ist seit ewiger Zeit mal wieder schmerzfrei. Haben Sie Angst vor der ersten titellosen Saison seit 2003? Nein! All diese Verluste, die neuen Spieler brauchen Zeit, um reinzukommen. Und dass so viel schiefläuft, ist nicht normal. Außerdem kann man sich in der Vergangenheit suhlen, wie man will, aber wir sind ein normaler Klub ohne zig Millionen im Rücken, wir können nicht nach Paris gehen und Mikkel Hansen wegkaufen. Das ist die Realität. Wie sieht die Perspektive für die neue Saison aus? Sie wollen mit 16 Profis und vier Perspektivspielern starten. Ist der Nachwuchs ein Schlüssel zum Erfolg? Entscheidend ist die Qualität. Und wenn es um jedes Tor geht, kann ich auch nicht unbegrenzt jungen Spielern eine Chance geben. Aber dieser Schritt ist das einzig Richtige, der 16-Mann-Kader ist zudem ein Muss. Jicha und Palmarsson zu verlieren, war nicht meine Wunschvorstellung. Aber auf lange Sicht haben wir jetzt mit Nilsson, Dissinger, Santos, Bilyk und Wolff eine Qualität im Kader, die wir in den letzten Jahren nicht halten konnten. (Das Interview führte Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 23.04.2016, Foto: Archiv/Sascha Klahn)