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Der Kapitän ist zurück auf der Brücke
Drei Monate lang musste das Flaggschiff des deutschen Handballs auf seinen Kapitän verzichten. Jetzt ist Filip Jicha zurück auf der Brücke der "MS THW Kiel". Und auch wenn noch nicht wieder jedes Kommando sitzt, ist das Signal des Tschechen eindeutig: Er hat richtig Lust aufs Lenken, will spätestens nach der WM wieder richtig angreifen.
Ohrenbetäubender Jubel
Die Begrüßung war ohrenbetäubend. Obwohl der Kapitän noch nicht wieder auf dem Feld stand. Als Arenashow-Moderator Torben Pöhls beim Heimspiel gegen Hannover die Rückkehr von Filip Jicha ankündigte, entfachten 10.285 Zuschauer auf den Rängen einen Jubel-Orkan. Ein Moment kündigte sich an, auf den Filip Jicha und die THW-Fans 81 Tage lang hingefiebert hatten: das Comeback. Endlich wieder Handball!
Doppel-Jubel als Signal
Die Begrüßung durch seine Fans machte es selbst dem erfahrenen Tschechen schwer, cool zu blieben. "Ich habe es versucht. Es ging aber nicht. Das war sehr berührend." Als er dann nach fast drei Monaten Pause wieder seine Mannschaft in die Arena führte, breitete Jicha seine Arme aus und ballte die Fäuste - das Signal war eindeutig: Der Kapitän ist zurück! 24 Minuten später erlebten die Fans die gleiche Pose noch einmal. Jicha war hochgestiegen und hatte den Ball mit Wucht zum 12:9 in die Maschen gehämmert. Sein erstes Tor nach 100 Tagen. Zum letzten Mal hatten die Kieler Fans ihren Kapitän am 5. September in Wetzlar treffen sehen. Da war die Entscheidung, den nach der Verletzung aus der Vorsaison lädierten linken Fuß zu operieren, bereits gefallen. "Ich wollte meiner Mannschaft helfen, konnte es aber nicht", blickt Jicha heute zurück. "Das war kein gutes Gefühl. Es musste etwas passieren."
Knorpelschaden behoben
Jicha hatte gehofft, dass sich das Sprunggelenk nach dem kraftraubenden Endspurt der vergangenen Saison in der Sommerpause erholen würde. Tat es aber nicht. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, das Gelenk immer unbeweglicher. "Ich habe einen Preis für diese tolle Meisterschaft gezahlt", sagte Jicha am Tag vor der Operation. Sechs Wochen Pause standen damals im Raum. Als der 32-Jährige aus der Narkose aufwachte, waren es drei Monate. Bei der Operation hatte Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries neben freien Gelenkkörperchen auch einen Knorpelschaden festgestellt und ihn behoben.
Neue Reha-Wege
Für die Reha-Maßnahmen ging der Kieler Kapitän neue Wege. Das medizinische Betreuungsteam des THW riet ihm, sich für die Reha ein neues Umfeld zu suchen. "Auch, um den Kopf wieder frei zu kriegen", wie Jicha es beschreibt. Uwe Brandenburg nutzte den kurzen Draht zu Klaus Eder, Physiotherapeut der Fußball-Nationalmannschaft, und brachte den Kieler Kapitän in dessen Klinik im bayerischen Donaustauf unter. In jener Klinik hatte sich auch Sami Khedira nach seinem Kreuzbandriss wieder in WM-Form gebracht. "Ich habe während meiner Reha dort viele Sportler getroffen, mich mit ihnen austauschen und beinahe völlig vom Handball abschalten können." Beinahe, weil Jicha natürlich die Spiele seine Mannschaft verfolgte. Live in der Arena – wie beim 29:28 in Mannheim. Oder vor dem Fernseher. "Die Jungs haben das gut gelöst, so konnte ich mich ganz ohne Druck auf mein Comeback vorbereiten."
Besuch bei den Eltern
Und nebenbei auch mal wieder in der Heimat vorbeischauen. Denn Donaustauf ist nur rund 160 Kilometer von Filip Jichas Elternhaus entfernt. "Ich weiß gar nicht mehr, wann ich zuletzt meine Eltern so häufig gesehen habe. Ich bin beinahe jedes Wochenende zu ihnen gefahren. Auch das hat mir geholfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen." Noch etwas hat Jicha fasziniert. "Wenn ich in Donaustauf und der Region unterwegs war, habe ich viele THW-Fans getroffen, die mir gute Besserung gewünscht und mir Mut zugesprochen haben. Das war beeindruckend, hat es mir doch gezeigt, dass der THW Kiel überall bekannt und beliebt ist."
"Mir geht es super"
Jetzt ist die lange Zeit der harten Trainingsarbeit für sein Comeback vorbei. Die Zeit der stundenlangen Schufterei im Kraftraum. Die Zeit des Einzeltrainings in Wellsee. "Mir geht es super", strahlte Jicha nach dem Hannover-Spiel. "Ich möchte mich bei den Ärzten und Physiotherapeuten bedanken. Und natürlich bei unseren Fans. Der Start war noch ein wenig holprig. Ich hoffe, der Mannschaft nach der WM wieder so helfen zu können, wie ich es selbst von mir erwarte." Und dann sagt er den Satz, auf den er viele Monate warten musste: "Es war ein tolles Gefühl, endlich einmal wieder schmerzfrei spielen zu können." Willkommen zurück auf der Brücke, Kapitän!