THW Kiel gewinnt mit einer überragenden Abwehr deutlich bei den Rhein-Neckar Löwen
Die aktuelle Handballsaison ist noch jung, aber der THW Kiel und die Rhein-Neckar Löwen trafen bereits zum zweiten Mal aufeinander. Spiel eins, den Supercup, entschieden die Zebras im September nach Siebenmeterwerfen für sich. In der mit 13.200 Zuschauern erstmals in diesem Jahr komplett ausverkauften SAP Arena erlebten die Fans am Sonntagnachmittag über weite Strecken erneut einen Kampf auf Biegen und Brechen. Am Ende feierte der lautstarke Kieler Anhang, denn die Zebras hatten erneut die Nase vorn: Sie setzten sich klar mit 31:25 (14:9) durch, glänzten mit viel Kampf, Einsatzbereitschaft und mannschaftlicher Geschlossenheit sowie einer bärenstarken Abwehr. Die sorgte mit vielen Ballgewinnen für Sicherheit. Vorn trafen die Zebras immer dann besonders gut, wenn die Löwen wieder zurück ins Spiel zu kommen drohten.
Bilyk: "Haben als Mannschaft zusammengestanden"
Erfolgreichster Torschütze in Reihen des Siegers war Linksaußen Magnus Landin, der siebenmal ins Löwen-Tor traf und per Kempa den schönsten Treffer des Tages erziele. Nikola Bilyk netzte fünf, Hendrik Pekeler viermal für die Zebras ein. Bei den Rhein-Neckar Löwen traf Juri Knorr am besten, der Mannheimer Regisseur war siebenmal erfolgreich. Auffälligster Spieler in Reihen der Löwen aber war Torhüter David Späth, der insgesamt 19 Bälle aufhielt, die Niederlage seiner Mannschaft gegen einen cool auftretenden THW Kiel aber auch nicht vermeiden konnte. "Wir durchleben gerade eine schwierige Phase", analysierte THW-Rückraum-Ass Nikola Bilyk, "das können wir auch nicht wegreden. Aber wir haben in diesem Spiel alles hineingeworfen. Es war ein Spiel und ein Sieg für die Weiterentwicklung unserer Mannschaft. Wir haben ein Team mit guter Besetzung, aber jetzt zählt nur das Miteinander. Bis zum Abpfiff haben wir als Mannschaft zusammengestanden. Das war enorm wichtig."
Löwen erwischen den besseren Start
THW-Trainer Filip Jicha hatte bis auf seine Langzeitverletzten Vincent Gerard und Steffen Weinhold alle Mann an Bord, Löwen-Trainer Sebastian Hinze musste neben Gensheimer, Ahouansou und Grupe kurzfristig auch auf Rechtsaußen Patrick Groetzki verzichten. Dennoch kamen die Löwen vor der eigenen erwartungsfrohen Traumkulisse gut in die Partie, Kreisläufer Jannik Kohlbacher markierte nach Knorr-Anspiel die 1:0-Führung. Der Nationalspieler war auch in der Folgezeit die größte Bedrohung für das von Tomas Mrkva gehütete THW-Tor. Per Doppelschlag durch Eric Johansson und Patrick Wiencek legten dann die Kieler auf 2:1 vor, erhöhten in der 6. Minute nach glänzendem Johansson-Pass durch Pekeler auf 3:1. Dann entpuppte sich Jung-Nationalspieler David Späth erstmals in dieser Partie zum Schreckgespenst der THW-Angreifer. Mannheims Torhüter nagelte seinen Kasten nacheinander gegen Petter Överby, Niclas Ekberg und Landin zu, zeigte fünf Glanzparaden am Stück und sorgte für jenen 3:0-Lauf, der die Löwen nach elf Minuten mit 4:3 in Front brachte. Die Arena feierte ihren Torhüter und die eigene Mannschaft, hoffte "im Spiel des Jahres" gegen den Rekordmeister auf eine Gala-Vorstellung der eigenen Mannschaft und natürlich auf einen Sieg.
Zebras setzten sich ab
Der THW aber glaubte an sich, feilte an seinem Abwehrriegel, der dann auch viele Fehler der Löwen provozierte. Außerdem konnten sich die Zebras auf Torhüter Tomas Mrkva verlassen. Das Zusammenspiel der Kieler Abwehr mit ihrem Schlussmann klappte, Magnus Landin nutzte eine daraus resultierende Chance, glich zum 4:4 aus. Wenig später landete der Ball bei Petter Överby, der ins leere Löwen-Tor traf: 5:4, Kiel lag nach 13 Minuten wieder vorn. Schefvert glich in der 16. Minute zwar noch einmal aus, aber das 6:6 sollte der letzte Gleichstand in dieser Partie bleiben. Per Doppelschlag brachten Nikola Bilyk und Landin die Gäste auf 8:6 nach vorn. Kohlbacher verkürzte noch einmal auf 7:8, ehe ein blitzschneller Kieler 4:0-Lauf die Lautstärke in der SAP-Arena nahezu auf null drosselte und man nur noch die Kieler Fans hörte: Pekeler warf ins leere Tor, Harald Reinkind schmetterte den Ball in den Löwen-Torgiebel, Bilyk behielt in Zeitnot die Ruhe, traf vorbei an Späth. Und als der glänzend disponierte Magnus Landin eine großartige Kieler Ballstafette erfolgreich abschloss, hatten sich die Zebras nach 25 Minuten auf 12:7 davongemacht. Gut für den THW, dass der bis dahin so treffsichere Jannik Kohlbacher gute Chancen ausließ, einmal am prächtig reagierenden Mrkva scheiterte und später weit übers Kieler Tor warf.
Kieler Halbzeitführung schmilzt nach Wiederanpfiff
Karl Wallinius, nach 23 Minuten von Filip Jicha für Johansson aufs Spielfeld beordert, machte es besser, schleuderte das Spielgerät wuchtig zum 13:8 in die Löwen-Maschen und war nach Kirkelökkes 9:13 wenig später auch zum 14:9 für Kiel erfolgreich. Eine verdiente Kieler Halbzeitführung. "Unsere Abwehr steht sehr, sehr stark", erkannte Niclas Ekberg, "das ist die Grundlage für unseren Vorsprung." Eine klare Kieler Führung, die gleich nach dem Wechsel schrumpfte. Wieder war es David Späth, der Kiels Angreifer nervte, erneut einige Würfe glänzend abwehrte. So erzielte Kohlbacher sein fünftes Tor, Zacharias traf wenig später mit der zweiten Welle zum 11:14 - die Fans in der Arena witterten Morgenluft, wurden laut, hofften auf die Wende. Doch in dieser Phase war es Patrick Wiencek, der aus nahezu aussichtsloser Position vom Kreis das 15:11 erzielte, den Späth tunnelte und jubelnd die Faust Richtung schwarz-weißen Fanblock streckte. Magnus Landin trifft wenig später zum 16:12, und dann krönt Domagoj Duvnjak seine großartige Abwehrleistung, setzt per Ballklau zum Tempogegenstoß an und jagt das Spielgerät zum 17:12 ins Netz der Löwen.
Starke Kieler machen alles klar
Einmal noch schnupperten die Gastgeber an der Wende: Zacharias und zweimal Juri Knorr wandelten Späth-Paraden in Zählbares um, brachten die Löwen in der 43. Minute auf 15:17 heran. Kiel aber konterte erneut: Reinkind gelang ein Traumanspiel auf Wiencek, der Kieler Kreisläufer verwandelte sicher. Als Nikola Bilyk mit einer fantastischen Drehung und einem Solo ein wichtiger Doppelschlag zum 21:17 glückte, rief Hinze zur Auszeit, wirkte emotional auf seine Mannschaft ein. Doch der THW Kiel war nicht mehr aufzuhalten, profitierte auch von der Hereinnahme von Elias Ellefsen á Skipagötu, der mit Tempo und großartigen Anspielen neuen Esprit ins Kieler Spiel brachte. Großartig auch der Kempa-Trick, angestoßen von Ekberg, zum 25:18 in der 50. Minute - vollendet von Magnus Landin. Eine Vorentscheidung war gefallen, die Spielfreude der Zebras spiegelte sich wider in schnellen und sehenswerten Torerfolgen. Als Hendrik Pekeler in der 54. Minute mit einem gekonnten Dreher zum 29:20 einnetzte, war die Messe gelesen, die Partie entschieden. Unter Schmerzen übrigens für Bilyk, der sich den kleinen Finger ausrenkte, aber mit einem Lächeln zur Bank trottete, sich den Finger einrenken ließ und sich dann mit seinen Mitspielern zum Siegertanz und der La Ola mit den mitgereisten Fans zusammenschloss.
Am Donnerstag endlich wieder ein Heimspiel
Nach dem sechsten Auswärtsspiel innerhalb eines Monats kehren die Zebras am Donnerstag endlich wieder in die heimische Wunderino Arena zurück: Um 18:45 Uhr gastiert dann der dänische Titel-Aspirant Aalborg Handbold zum Topspiel der Machineseeker EHF Champions League in Kiel. Karten für die Partie gegen die Mannschaft von Superstar Mikkel Hansen, zuletzt unter anderem mit den beiden ehemaligen Kielern Niklas Landin und Lukas Nilsson verstärkt, gibt es in der THW-FANWELT, bei CITTI und online unter www.thw-tickets.de. Die Dänen werden von gut 300 Fans nach Kiel begleitet, Dyn überträgt für alle, die es nicht in die Arena schaffen, live. Weiter geht’s gegen Aalborg, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Rhein-Neckar Löwen
LIQUI MOLY HBL, 3. Spieltag: Rhein-Neckar Löwen – THW Kiel 25:31 (9:14)
Rhein-Neckar Löwen: Appelgren (n.e.), Späth (11.-60., 19/1 Paraden), Birlehm (n.e.); Kirkelökke (5), Jacobsen, Knorr (7/1), Oskarsson, Moré, Holst Jensen, Davidsson, Forsell Schefvert (1), Gislason, Lindenchrone (2), Jaganjac, Zacharias (5), Kohlbacher (5) Trainer: Hinze
THW Kiel: Mrkva (1.-50., 7 Paraden), Bellahcene (50.-60., 1 Parade); Ehrig (1), Duvnjak (1), Reinkind (2, Landin (7), Øverby (2), Wiencek (4), Ekberg (1), Johansson (1), Dahmke (n.e.), Gurbindo, Wallinius (3), Bilyk (5), Pekeler 4), á Skipagøtu; Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Hanspeter Brodbeck / Simon Reich
Siebenmeter: RNL: 2/1 (Kirkelökke an die Latte (36.)) / THW: 1/0 (Späth hält Ekberg (60.))
Zeitstrafen: RNL: 2 (Kohlbacher (11.), Gislason (20.)) / THW: 2 (Reinkind (7.), Wiencek (17.))
Spielfilm: 1:0, 1:3 (5.), 4:3 (11.), 4:5 (13.), 6:6 (16.), 6:8 (18.), 7:8, 7:12 (25.), 8:13 (27.), 9:14;
2. Hz.11:14 (33.), 12:15 (38.), 12:17 (40.), 14:17, 17:19 (45.), 17:23 (47.), 19:25, 19:28 (53.), 21:30, 24:30 (58.),25:31.
Zuschauer: 13.200 (ausverkauft) (SAP Arena, Mannheim)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha:Ich bin sehr froh darüber, welche Reaktion meine Mannschaft heute hier gezeigt hat. Das ist für uns ein Wechselbad der Gefühle. Wir sind stolz und überglücklich, hier solch eine Leistung abgeliefert zu haben. Und ich bin glücklich, dass meine Mannschaft immer weitergemacht hat. Egal, wie es steht. Egal, ob die Aktion vorher gelungen war oder nicht. Das hat uns die Energie und die Freude am Spiel gegeben.
Sebastian Hinze: Das war ein verdienter Kieler Sieg. In der Abwehr und im Rückzug haben wir einen guten Job gemacht, die Jungs waren zu einhundert Prozent da und haben sich an den Matchplan gehalten. Wir haben auch Emotionen über die Abwehr aufgebaut. Trotzdem wird es deutlich, weil wir zu wenig Profit gezogen haben aus dem Tempospiel. Kiel wurde dann deutlich effektiver im Angriff, und wir haben Chancen liegengelassen. Kiel setzt sich dann ab und wir bekommen Stress mit den offensiven Halbverteidigern. Dann kommen wir zurück, aber unsere Fehlerquote war zu hoch. 17 technische Fehler sind zu viel, um solch ein Spiel zu gewinnen.