Zebras holen im Kieler Hexenkessel zwei wichtige Punkte gegen Hannover-Burgdorf

Bundesliga

Zebras holen im Kieler Hexenkessel zwei wichtige Punkte gegen Hannover-Burgdorf

Sieben Endspiele standen nach dem wichtigen Auswärtssieg bei den Rhein-Neckar Löwen auf dem THW-Programm in der stärksten Liga der Welt. Das erste "Finale" gewannen die Zebras am Sonntag im Hexenkessel  Wunderino Arena gegen die TSV Hannover-Burgdorf nach hart umkämpften Anfangsminuten am Ende hoch mit 33:23 (20:14) Toren. Die Kieler begeisterten ihre Fans und festigten durch den Erfolg ihre Tabellenführung in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. Beste THW-Torschützen waren Niclas Ekberg und Sander Sagosen mit jeweils sieben Treffern. Einziger Wermutstropfen: Eric Johansson schied mit einer Handverletzung aus.

Souveräner Erfolg gegen einen unbequemen Gegner

Sander Sagosen erzielte sieben Tore

Bis zur 24 Minute war Hannover der erwartet unbequeme und schwere Gegner. Dann stellte THW-Trainer Filip Jicha seine Abwehr um und setzte im Angriff gegen die bis dato extrem bewegliche und harte TSV-Abwehr auf den siebten Feldspieler. Die Konsequenz: Hannover biss sich fortan die Zähne an der aggressiven und beweglichen THW-Hinterreihe aus und blieb letztlich ohne Chance gegen souveräne Kieler. Die wurden von 10285 Fans in der "weißen Wand" erst frenetisch angefeuert, dann gefeiert. Still war es nur in der 35. Minute: Eric Johansson fiel auf seine linke Hand, musste mit großen Schmerzen ausgewechselt werden, ging mit den Teamärzten in die Kabine und kam später mit der bandagierten Hand zurück auf die Bank. Schwere der Verletzung sollten weitere Untersuchungen ergeben. Im Tor von Hannover machte Kiels Ex-Torhüter Dario Quenstedt lange Zeit eine gute Figur, ehe auch der 33-Jährige keine Mittel mehr gegen die THW-Angriffswucht fand, in der 40. Minute Platz machen musste für den starken Domenico Ebner. "Ich habe drei Jahre in Kiel gespielt, es war schön, wieder in dieser Arena zu sein", sagte Quenstedt. "Wir haben zu hoch verloren, waren keine zehn Tore schlechter, haben aber in bestimmten Phasen einfach zu viele Fehler gemacht."

Zarabec macht Druck und Tempo

Erzielte fünf Treffer: Miha Zarabec

THW-Trainer Filip Jicha musste neben seinen Langzeitverletzten Sven Ehrig und Steffen Weinhold kurzfristig auch auf Nikola Bilyk verzichten: Der Österreicher fiel mit  Adduktorenproblemen aus. Wiedersehensfreude gab es dagegen mit Karl Wallinius, der nach einer Knieoperation im Januar erstmals wieder in der Wunderino Arena auflief. Kurz vor der Halbzeitpause hatte er seinen ersten Ballkontakt bei einem Freiwurf, scheiterte mit dem direkten Wurf aber knapp an Quenstedt -  gefeiert wurde Wallinius' Comeback von den Fans trotzdem. Die Gäste erwiesen sich bis zur 25. Minute als der erwartet schwierige Gegner. Die Mannschaft von Ex-Bundestrainer Christian Prokop unterstrich in Kiel, dass sie auf dem Weg zu einem Spitzenteam in der besten Liga der Welt sind. In der Angriffsmitte setzte Jicha auf Miha Zarabec, der das Vertrauen seines Trainers rechtfertigte. Zarabec machte Tempo und Druck, erzielte zudem fünf sehenswerte Tore. Im Kieler Tor stand zunächst Tomas Mrkva, der ordentlich spielte, in der 20. Minute aber Platz machte für Niklas Landin.

Umkämpfte Anfangsphase

Linkshänder Harald Reinkind eröffnete den Torreigen beim ersten THW-Angriff wuchtig zur schnellen Kieler 1:0-Führung, doch Hannover konterte, glich durch Fischer aus und ging durch den starken Steinhauser selbst mit 2:1 in Front. Kiels Antwort waren schnelle Tore von Sander Sagosen und Miha Zarabec, Steinhauser und Vujovic drehten den Spieß dann erneut um, Steinhauser und Kulesh ließen die Gäste dann jeweils um zwei Tore davonziehen, 6:8 stand es nach zwölf Minuten aus Kieler Sicht. In der Folge wechselte die Führung mehrfach, die Kieler kämpften, aber Hannover hielt dagegen. 

Vorentscheidende Minuten im Tollhaus

Die Kieler Abwehr um Petter Överby legte den Grundstein zum Sieg

Kurz vor der Pause folgten die entscheidenden Minuten der Partie: Sander Sagosen feuerte den Ball mit Urgewalt zum 14:13 in die TSV-Maschen, Linksaußen Feise konterte völlig frei zum 14:14. Es sollte der letzte Gleichstand dieser Partie bleiben. Fortan waren die Zebras eindeutig die Herren im eigenen Haus, setzten die TSV mit ihrer Abwehr unter Druck und erzwangen so Fehler der Hannoveraner. Auch Gästecoach Prokop setzte im Angriffsspiel auf die Sieben-gegen Sechs-Variante und musste dabei zusehen, wie seine Akteure Bälle und die Übersicht verloren. Gnadenlos wurden die defensiven THW-Vorlagen in eigene Torerfolge umgewandelt, und mit einem 6:0-Lauf machten sich die Zebras im Tollhaus Wunderino Arena auf und davon. Zweimal Sander Sagosen, Miha Zarabec, Petter Överby, Domagoj Duvnjak und Yannick Fraatz waren jeweils zur Stelle. So hieß es nach 30 Minuten 20:14 für die Zebras, in nur sechs Minuten waren sie davongaloppiert.

Mit Spielfreude zum Zehn-Tore-Sieg

Freud und Leid: Top-Torschütze Niclas Ekberg und Eric Johansson

Die zweiten 30 Minuten standen dann weiterhin im Zeichen Kieler Abwehrstärke mit einem starken Niklas Landin zwischen den Pfosten. Ein Sonderlob verdiente sich einmal mehr der unermüdlich um jeden Ball fightende Domagoj Duvnjak, der seine Teamkameraden auch nach Johanssons Verletzung mitriss. Unfassbar der Gegenstoß-Pass im Fallen auf Hendrik Pekeler zum 22:15. Hannover mühte sich, brachte den Kieler Erfolg aber nie mehr ernsthaft in Gefahr. Spektakulär waren Landins Paraden gegen Feise oder Steinhauser, großartig der Reflex von Tomas Mrkva, der einen Strafwurf von Steinhauser parierte. Bejubelt wurde die Kieler Spielfreude in der Schlussphase, die sich unter anderem in einem Kempa-Tor von Sander Sagosen nach Ekberg-Anspiel äußerte. Der schwedische Rechtsaußen Ekberg war es dann, der in den letzten Minuten noch etwas für das Torverhältnis tat: Er erzielte die letzten drei Kieler Treffer. Zweimal klaute er selbst den Ball, bevor ihn Ekberg per Tempogegenstoß im Hannoveraner Gehäuse versenkte. Den Schlusspunkt setzte dann Niklas Landin, als er in der letzten Sekunde den gut gemeinten Dreher von Martin Hanne souverän stoppte und so den Zehn-Tore-Sieg über einen schweren, unbequemen Gegner perfekt machte. "Wir haben die Taktik in der Abwehr geändert, das hat Hannover verunsichert und aus dem Rhythmus gebracht", analysierte Sander Sagosen das Geschehen. "Jetzt sind es nur noch sechs Spiele. Wir wollen den Club, die Stadt, unsere Fans und uns glücklich machen."

Mittwoch Königsklassen-Viertelfinale gegen Paris

Weiter geht’s gegen Paris!

Der nächste Handball-Kracher in Kiel lässt nicht lange auf sich warten: Am Mittwoch kommt es in der Wunderino Arena zum großen Viertelfinal-Showdown in der Machineseeker EHF Champions League zwischen dem THW Kiel und der französischen Millionentruppe von Paris Saint-Germain um Superstar Nikola Karabatic, die sich seit Samstag auf die Partie an der Förde vorbereiten kann. Für die Begegnung gibt es in der THW-FANWELT, an allen bekannten Vorverkaufsstellen, bei CITTI, famila und online unter www.thw-tickets.de noch Eintrittskarten, die Zebras würden sich riesig über eine wirklich komplett in Weiß hinter ihnen stehende „weiße Wand“ freuen. Anwurf zum Viertelfinal-Klassiker in der Königsklasse ist um 20:45 Uhr. Weiter geht’s gegen Paris, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

LIQUI MOLY HBL, 29. Spieltag: THW Kiel – TSV Hannover-Burgdorf 33:23 (20:14)

THW Kiel: N. Landin (20.-60., 13 Paraden), Mrkva (1.-20. und ein Siebenmeter, 4/1 Paraden); Duvnjak (2), Sagosen (7), Reinkind (4), M. Landin (1), Øverby (2), Wiencek, Ekberg (7/1), Fraatz (1), Johansson, Dahmke (3), Zarabec (5), Schwormstede (n.e.), Wallinius, Pekeler (1); Trainer: Jicha
TSV Hannover-Burgdorf: Ebner (40.-60., und 1 Siebenmeter, 10/1 Paraden), Quenstedt (1.-40., 6 Paraden); Vujovic (1), Mävers (3), Pevnov, Steinhauser (6/1), Michalczik, Kulesh (2), Gautzsch, Gerbl, Hanne (2), Brozovic, Fischer (3), Feise (6), Ayar; Trainer: Prokop

Schiedsrichter: Marcus Hurst und Mirko Krag
Zeitstrafen: THW: 4 (2x Wiencek (14., 24.), M. Landin (18.), Reinkind (47.)) / TSV: 4 (Fischer (13.), Steinhauser (21.), Michalczik (35.), Hanne (50.))
Siebenmeter: THW: 2/1 (Ebner hält Ekberg (17.)) / TSV: 2/1 (Mrkva hält Steinhauser (47.))
Spielverlauf:1:0, 1:2 (2.), 4:3 (7.), 5:5, 5:7 (10.), 6:8, 9:8 (15.), 9:10, 12:13 (21.), 14:14 (24.), 20:14;
22:15 (37.), 24:17 (40.). 26:19 (45.), 27:21 (50.), 30:21 (54.), 30:23 (57.), 33:23.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha:Wir waren sehr gewarnt und hatten einen Riesen-Respekt vor Hannover. Auch wenn man das häufig von uns hört, so verkörpern wir das doch. Meine Aufgabe war es, dem Team zu vermitteln, geduldig zu bleiben, bis die Möglichkeit kommen wird. Wir haben dann bei 14:14 die Abwehr umgestellt und Hannover vor ein paar neue Aufgaben gestellt. Dass daraus ein 6:0-Lauf werden würde, hätte ich mir nicht im Traum vorstellen können. Nach dem 14:14 kassieren wir nur noch neun Gegentore, auch das kann man gegen solch eine starke Mannschaft nicht erwarten. In der Auszeit in der 47. Minute habe ich meine Jungs daran erinnert, dass der Arbeitstag noch nicht zu Ende ist: Wir kämpfen um jedes Tor! Das waren heute superwichtige zwei Punkte, und wir haben sogar noch etwas für das Torverhältnis tun können. Es bleiben noch sechs Spiele. Jetzt spielen wir aber am Mittwoch erst einmal um unseren Traum, das Halbfinale in der Königsklasse zu erreichen. Wir werden alles tun, um Paris Paroli zu bieten und uns den Traum zu erfüllen. Dafür brauchen wir nicht weniger als eine Riesen-Atmosphäre unserer „weißen Wand“ am Mittwoch und zwei perfekte Spiele.

TSV-Trainer Christian Prokop:
Das war alles andere als schön anzusehen aus unserer Sicht. Wir wussten um die starke Leistung der Kieler in Mannheim und das Thema Meisterschaft. Trotzdem wussten wir, dass wenn wir dranbleiben und es schaffen, hartnäckig zu sein, wir hier für etwas in Frage kommen. Das hat 20 Minuten auch sehr gut funktioniert, wir haben den THW Kiel zu Fehlern gezwungen und hatten ein gutes Tempospiel. Vier technische Fehler im Angriff waren dann der Bruch im Spiel, gegen den siebten Feldspieler bekommen wir dann einen 0:6-Lauf, der uns den Stecker gezogen hat. Da war dann kein Aufbäumen mehr, keine Klarheit mehr in unserem Spiel, das zum Teil naiv wirkte. So verlieren wir überdeutlich mit zehn Toren Unterschied – das ist bitter und nicht die Leistung, zu der wir eigentlich in der Lage sein sollten. Das war ein naiver und zu ergebener Auftritt.