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Starker THW überrennt Füchse im eigenen Bau

Bundesliga

Starker THW überrennt Füchse im eigenen Bau

Was für eine Energieleistung des deutschen Rekordmeisters: Keine 45 Stunden nach dem anstrengenden 25:24-Erfolg in der Champions League bei Meshkov Brest riefen die "Zebras" am Sonnabendnachmittag ihre bislang beste Saisonleistung ab. Bei den Füchsen Berlin siegte der THW Kiel auch in der Höhe verdient mit 38:27 (18:12) und untermauerte damit seinen zweiten Platz in der DKB Handball-Bundesliga. Vor 9.000 Zuschauern in der ausverkauften Max-Schmeling-Halle ragten der neunfache Torschütze Domagoj Duvnjak, der unermüdlich kämpfende Dominik Klein sowie Johan Sjöstrand mit 14 Paraden aus einer geschlossenen Mannschaftsleistung heraus.

Ausgeruhte Füchse gegen vermeintlich müde „Zebras“

Im ausverkauften Fuchsbau erwarteten Handballexperten und -fans – unter ihnen rund 600 mitgereiste Kiel – gleichermaßen ein spannendes Duell zwischen dem amtierenden Pokalsieger und dem amtierenden Meister. Auf der einen Seite die Füchse, die nicht nur aufgrund der Verletzungen der Schlüsselspieler Bartlomiej Jaszka und Denis Spojaric einen holprigen Start hingelegt hatten, sich aber zehn Tage lang auf den Showdown gegen den THW vorbereiten konnten. Auf der anderen Seite die „Zebras“, bei denen bislang ebenfalls Leistungen und Ergebnisse nicht zufrieden stimmten, und die noch 60 harte Champions-League-Minuten vom Donnerstag in den Knochen hatten. Doch von Müdigkeit war bei den Gästen gar nichts zu spüren. Von Beginn an stellten die Kieler den Füchsen um Goalgetter Petar Nenadic und die Jungnationalspieler Fabian Wiede und Paul Drux eine aufmerksame 3:2:1-Deckung entgegen. Diese war nicht nur schnell auf den Beinen, sondern packte auch kompromisslos zu. Ein wenig zu kompromisslos in den Augen der Unparteiischen Schulze/Tönnies, die allein in den ersten zehn Minuten schon drei Strafzeiten gegen den THW aussprachen. Steffen Weinhold, der auf halblinks den Vorzug gegenüber Marko Vujin erhalten hatte, traf es sogar gleich zweimal.

THW trotzt Unterzahl-Situationen

Indes: Der THW Kiel, der auch in Berlin auf seine verletzten Rückraumspieler Filip Jicha und Rasmus Lauge verzichten musste, ließ sich von diesen kurzen personellen Nackenschlägen nicht aus dem Konzept bringen. Vielmehr wuchs das Selbstvertrauen der „Zebras“ durch starke Aktionen in Unterzahl immer weiter an; so traf Dominik Klein nach einem Ballverlust Wiedes per Gegenstoß zum Kieler 2:1; so setzte sich Weinhold auf außen durch und düpierte Heinevetter zum 4:2. Die Füchse Berlin taten sich – obwohl sie die Hälfte der Zeit in Überzahl agierten – von Minute zu Minute schwerer gegen die zwangsläufig zwischen einer 3:2:1- und einer 5:0-Formation wechselnde Kieler Deckung. Nur zwei Treffer sollten den Bundeshauptstädtern in dieser Zeit gelingen – auch weil Johan Sjöstrand ebenfalls einen starken Start erwischte und die Würfe von Fredrik Petersen, Jesper Nielsen und Konstantin Igropulo entschärfte. Da Aron Palmarsson, Domagoj Duvnjak und Joan Cañellas Lücken in der 6:0-Formation der Berliner mit den beiden Nielsens im Mittelblock fanden und Marko Vujin einen von Niclas Ekberg herausgeholten Strafwurf verwandelte, führten die Kieler nach diesen zwölf Minuten mit 6:2. Und die Führung hätte sogar noch höher ausfallen können, wenn Duvnjak und Klein nicht noch jeweils einen Gegenstoß liegen gelassen hätten. In der Max-Schmeling-Halle war es bereits ein wenig ruhiger geworden, doch als der für Drux gekommene Kapitän Iker Romero zum 3:6 anschloss traf, hofften die Berliner Fans auf eine Trendwende. Doch weit gefehlt: Palmarsson traf per Sprungwurf zum 7:3, Sjöstrand lenkte einen verdeckten Wurf Nenadics noch um den Pfosten, und als dann Jonas Thümmler die erste Zeitstrafe für die Füchse abbrummen musste, legten die „Zebras“ durch Ekberg und Weinhold zum 9:3 nach.

Berlin findet mit siebtem Feldspieler in die Partie

Berlins Trainer Dagur Sigurdsson hatte es bereits mit zwei Kreisläufern versucht, die Kieler Deckung aus den Angeln zu heben. Jetzt versuchte er es mit einer riskanten Taktik: Er ersetzte im Angriff seinen Torhüter durch einen siebten Feldspieler. Von dem Schachzug ließ sich der Isländer auch nicht abbringen, als Sjöstrand im ersten Berliner Überzahl-Angriff gegen Nielsen parierte, René Toft Hansen den Abpraller Duvnjak in die Hand drückte und dieser den Ball vom eigenen Kreis zum 10:3 ins verwaiste Tor warf. Tatsächlich tat Sigurdsson aber gut daran: Denn im Spiel Sieben gegen Sechs fanden die Füchse endlich Zugang zum Spiel und konnten die meisten ihrer folgenden Angriffe erfolgreich abschließen.

Entfesselter THW verteidigt Vorsprung

Den Rückstand auf den THW verkürzen konnten die Gastgeber aber nicht, da den nun vor Selbstvertrauen strotzenden Kielern im Angriff sehr viel mehr gelang als in den Spielen zuvor. Die mitgereisten schwarz-weißen Fans wurden verwöhnt von ihrer Mannschaft, nicht nur durch einen akrobatischen Treffer Kleins zum 12:5, ein tolles Tor Ekbergs vom Kreis zum 13:6 oder den ansatzlosen Stemmwurf Duvnjaks zum 14:7. Auch die Art und Weise, wie die „Zebras“ um jeden Zentimeter auf dem Parkett kämpften, imponierte. Die Umstellung in der Füchse-Abwehr auf eine 5+1-Variante – Petersen und Zachrisson engten abwechselnd die Wege von Palmarsson und Duvnjak ein – machte den Kielern ebenfalls nichts aus, so dass den Berlinern spätestens nach Vujins Treffer zum 16:9, Sjöstrands bereits achter Parade gegen Landsmann Petersen und Kleins postwendendem 17:9 ein Debakel drohte. Die Gastgeber konnten sich aber beim nach 20 Minuten für den enttäuschenden Heinevetter gekommenen Petr Stochl bedanken, dass sie durch zwei Treffer ihrer schwedischen Flügelzange mit „nur“ sechs Toren Rückstand in die Kabinen gingen.

THW sorgt für frühe Entscheidung

Nach Wiederanpfiff hofften die Berliner Fans daher auch noch einmal, als Patrick Wiencek früh eine Zeitstrafe kassierte, Cañellas mit einem Wurf aus der eigenen Hälfte das leere Füchse-Tor knapp verfehlte und die im ersten Durchgang enttäuschenden Drux und Nenadic zweimal auf fünf Treffer verkürzten. Doch die „Zebras“ hatten stets eine Antwort parat, und als Sjöstrand dann eine fantastische Doppelparade gegen Nenadic zeigte, der Serbe im Leibchen dann keine Zeit zum Wechseln bekam und auf der Gegenseite beim 22:15 durch Landsmann Vujin dem Ball nur noch hinterher schauen konnte, gaben sich zumindest die Berliner Zuschauer bereits geschlagen. Die Max-Schmeling-Halle war fortan endgültig ganz in der Hand der Kieler Schlachtenbummler, und diese sahen wenig später nach zwei weiteren Gegenstoßtreffern Ekbergs und Kleins zum 25:16, dass Sigurdsson das rote Leibchen nach 40 Minuten endgültig einmottete – das Spiel war entschieden.

Duvnjak nicht mehr zu stoppen

Immerhin: In der Schlussphase berappelten sich die Gastgeber wieder, insbesondere die ehemaligen Barcelona-Spieler Igropulo und Romero warfen sich den Frust von der Seele. Verkürzen konnten die Füchse dennoch nicht, weil der THW die Konzentration hoch hielt. Domagoj Duvnjak war gar nicht mehr zu stoppen, ohne technische Fehler und Fehlwürfe steuerte der Kroate im zweiten Durchgang fünf weitere Treffer zum Sieg bei. Da am Ende auch der für Sjöstrand gekommene Andreas Palicka einige tolle Paraden zeigen konnte, der für den bärenstarken Klein gekommene Rune Dahmke einen von Cañellas eingeleiteten Gegenstoß beherzt abschloss und auch Weinhold nach seinen zwei frühen Zeitstrafen noch eine Menge Spielzeit erhielt und diese auch nutzte, stand am Ende ein klares 38:27 für den THW auf der Anzeigetafel.

Am Mittwoch kommt Lübbecke

Die „Zebras“ feierten ihren Befreiungsschlag nach dem Schlusspfiff überschwänglich auf dem Spielfeld, und auch Trainer Alfred Gislason wirkte ein wenig gelöst. Der THW scheint langsam in der Saison angekommen zu sein und bekommt bereits am kommenden Mittwoch die Gelegenheit nachzulegen. Dann nämlich ist die ostwestfälische Wundertüte des TuS N-Lübbecke in der Sparkassen-Arena zu Gast.