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Spielbericht Szeged Heimspiel

Champions League

Spielbericht Szeged Heimspiel

Der THW Kiel hat im Achtelfinal-Hinspiel der VELUX EHF Champions League vorgelegt: Gegen den ungarischen Vizemeister gewannen die "Zebras" am Mittwochabend dank einer ganz starken zweiten Halbzeit mit 29:22 (14:14). Die Kieler bogen mit der Unterstützung von 8.500 heißblütigen Fans in der Sparkassen-Arena und einem 6:0-Lauf zwischen der 42. und 50. Minute auf die Siegerstraße ein. Mitentscheidend in einer geschlossen leidenschaftlich auftretenden "Zebraherde" waren Niklas Landin, der vor allem im zweiten Durchgang überragend hielt, und der achtfache Torschütze Marko Vujin. Nach dem Schlusspfiff wurden die Schwarz-Weißen von ihren Fans gefeiert und nehmen jetzt einen Sieben-Tore-Vorsprung mit in das Rückspiel, das am Ostersonntag in Ungarn stattfinden wird.

Nilsson muss kurzfristig passen

Die Rückkehr des berühmten Hexenkessels beflügelte die Zebras

Einmal mehr war THW-Trainer Alfred Gislason noch vor dem Anpfiff dieses wichtigen Spiels, um das es im Vorfeld eine Terminierungs-Farce gegeben hatte, zum Umplanen gezwungen: Neben Rene Toft Hansen und Rune Dahmke, die beide von einer Schambein-Entzündung geplagt sind, musste sich nach dem Aufwärmen auch Lukas Nilsson abmelden, der mit Grippe-Symptomen nach dem Wechsel nicht einmal mehr auf die Bank zurückkehrte. Und doch war allen Kielern die Entschlossenheit ins Gesicht geschrieben, aus dem Nachteil des erzwungenen Heimrecht-Tauschs das Beste zu machen - den Spielern und auch den Fans in der "weißen Wand", die schon bei der Begrüßung deutlich machten, dass es auch auf den Rängen ein besonderer Abend werden sollte: 8.500 sorgten angeführt von den Fanclub-Trommlern für die Rückkehr des echten, berühmten, berüchtigten Kieler Hexenkessels früherer Jahre. 

Offenes Rennen zur Pause

Starker Auftritt: Miha Zarabec erzielte fünf Tore

Auch die THW-Spieler trugen mit ihrer Körpersprache dazu bei, dass von Beginn an Betriebstemperatur im weiten Rund herrschte. Vor allem Linkshänder Vujin spielte wie entfesselt auf, erzielte die ersten drei Kieler Tore, bis Nikola Bilyk mit einem feinen Anspiel auf Patrick Wiencek die Erweiterung der Torschützenliste einleitete. Wienceks wuchtiger Wurf zum 4:4 ließ der ebenfalls stark auftrumpfende Miha Zarabec eine Stand-Fackel zum 5:4 folgen. Doch absetzten konnten sich die "Zebras" nicht, weil sie in der Defensive den quirligen slowenischen Spielmacher Stas Skube nicht in den Griff bekamen. Entweder, die "20" traf selbst - wie zum 6:6 - oder sie fand Kreisläufer Bence Bahidi, der mit der Wucht von 110 Kilogramm Körpergewicht und 2,04 Meter Größe selbst von einem Wiencek kaum zu stoppen war. Da Szegeds Coach Juan Carlos Pastor zudem Torhüter Jose Sierra durch den wesentlich agileren Marin Sego ersetzte, der in 13 Minuten bis zum Seitenwechsel allein sechs Bälle hielt, gingen die Ungarn sogar wieder in Führung: Källmann traf per Gegenstoß zum 12:11, Sigurmannsson mit einem Siebenmeter durch die Beine von Landin zum 13:12, und Sego mit einem Wurf ins leere Tor zum 14:13 für die Gäste. Zarabec stellte aber mit seinem vierten Tor im ersten Durchgang noch vor dem Wechsel den Ausgleich sicher.

Drei Tore vor und wieder Ausgleich

Musste einiges einstecken: Marko Vujin

.Mit sehr viel Schwung - aber ohne Nilsson - kehrten die "Zebras" zurück aus der Kabine: Christian Dissinger traf nach feinem Solo mit einem noch feineren Dreher zum 16:15, und nach Dos Santos' Ausgleich ging es erstmals richtig rund auf dem Parkett - und auf den Rängen. Einige umstrittene Pfiffe des serbischen Schiedsrichtergespanns und einige harte Aktionen der Szegediner brachten den Kessel so richtig zum Kochen. Gislason holte sich den Gelben Karton ab - und blies damit zur Attacke: Landin hielt gegen Bodo, Dissinger traf zum 17:16. Keine 20 Sekunden später ließ es Dissinger erneut in Segos Kasten klingeln, hinten tippte der Rückraumspieler einen Passversuch der Gäste zu Ole Rahmel, und Wiencek riss mit seinem Gegenstoß zum 19:16 die Fans von den Sitzen. Bodo reagierte mit einem glücklichen Innenpfosten-Treffer, und irgendwie wollten die "Zebras" jetzt - angestachelt von ihren Fans - zu schnell zu viel: Vujin setzte einen Wurf über das Tor, emil Frend Öfors stand bei einem Pass im Aus, Sego hielt einen Wiencek-Konter, während Banhidi zum 18:19 traf und Duvnjak noch eine Zwei-Minuten-Strafe kassierte. Per Kempa sorgte Alvarez für den neuerlichen Ausgleich der Gäste (42.), die sich als der erwartet schwere Gegner erwiesen.

Magie der Arena wirkt

Überragende zweite Hälfte: Niklas Landin

Langsam, Schritt für Schritt begann die Magie der Sparkassen-Arena aber zu wirken. Szeged agierte zunehmend verunsicherter, leistete sich Fehlpässe, während die "Zebras" mit jeder gelungenen Aktion und mit dem Feuer ihrer Fans selbstbewusster wurden. Mit einem Vujin-Pass auf Wiencek begann die stärkste Phase der Kieler, die sich nun in einen lange nicht mehr erlebten Rausch spielten: Duvnjak fand erneut Wiencek am Kreis, und Niklas Landin brannte sich mit etlichen Paraden gegen frei vor ihm auftauchende Ungarn in deren Gedächtnis ein. Emil Frend Öfors traf zum 22:19, Rahmel klaute einen Ball und fand Duvnjak, der zum 23:19 einnetzte. Längst hielt es da die Fans nicht mehr auf ihren Sitzen, Vujin spitzelte einen Pass der Gäste aus deren Kontrolle - Frend Öfors jagte den Gegenstoß zum 24:19 in die Maschen. Juan Carlos Pastor war zur Auszeit gezwungen - den Lauf der "Zebras" hielt er damit aber nicht auf. Vujin jagte den Ball bei angedrohtem Zeitspiel zum 25:19 ins Netz. Acht Minuten lang hatte der THW kein Gegentor kassiert. Acht Minuten, in denen die Schwarz-Weißen mit einem 6:0-Lauf und zum Teil begeisterndem Express-Handball die Weichen auf Sieg stellten.

Zebras wie im Rausch

Die Zebras bedankten sich für die frenetische Unterstützung

Die Arena kochte - erst recht, als Vujin mit einem tollen Bodenpass auf Zarabec das 27:21 einläutete, Landin einmal mehr gegen Bodo die Oberhand behielt und Duvnjak sich in die gegnerische Abwehr stürzte: Der Kapitän, noch lange nicht wieder im Vollbesitz seiner Kräfte, ging voran, holte einen Siebenmeter heraus, den Ekberg zum 28:21 verwandelte. Und wieder war es Landin, der dieses Mal auch gegen Banhidi die besseren Argumente auf seiner Seite hatte, was Vujin mit dem 29:21 - seinem achten Treffer - veredelte. Die Fans feierten, jubelten, feuerten an - und ließen sich auch durch Wienceks vergebene Möglichkeit und Källmanns 22:29 kurz vor dem Abpfiff nicht mehr davon abbringen: Gemeinsam hatte Kiel hart für den Sieg gearbeitet, gemeinsam hatten Fans und Zebras leidenschaftlich einen zur Pause kaum für möglich gehaltenen Vorsprung für das Rückspiel herausgeworfen. Die Rückkehr des Hexenkessels früherer Jahre - sie könnte für den THW Kiel auch in den nächsten schweren Heimspielen zu einem Faktor werden. 

Samstag gegen den Tabellenführer

Die nächste schwere Aufgabe im Blick: Niclas Ekberg

Denn weiter geht es für den THW Kiel am kommenden Sonnabend mit einem weiteren Höhepunkt der Saison: Die Rhein-Neckar Löwen sind ab 18:10 Uhr zu Gast in der Sparkassen-Arena. Der Titelverteidiger und aktuelle Tabellenführer der DKB Handball-Bundesliga schickt sich an, zum dritten Mal in Folge den Titel in der "stärksten Liga der Welt" zu gewinnen. Ein Erfolg in Kiel würde die Mannheimer diesem Ziel einen großen Schritt weiterbringen, weshalb die "Löwen" der Partie an der Förde oberste Priorität eingeräumt haben. Dafür schicken sie zum Königsklassen-Achtelfinale in Kielce, das am Sonnabend um 16 Uhr angepfiffen wird, ihre zweite Mannschaft. Die Möglichkeit eines Heimrechts-Tauschs wie beim THW Kiel hatte der Tabellenführer abgelehnt, da nur am Donnerstag die SAP-Arena zur Verfügung gestanden hätte und damit die Vorbereitungszeit auf das Spiel in Kiel deutlich verkürzt worden wäre. So treffen die "Zebras" am Samstag auf ausgeruhte "Löwen", die durch die Rückkehr von Kim Ekdahl du Rietz ihren Kader noch einmal für den Endspurt verstärkt haben. Die Partie in der seit Monaten ausverkauften Sparkassen-Arena wird live im Free-TV von der ARD sowie - wie gewohnt - von Sky übertragen. Auf geht's in die Top-Partie, weiße Wand! 

Statistik: VELUX EHF Champions League, Achtelfinal-Hinspiel: THW Kiel - MOL-Pick Szeged: 29:22 (14:14)

THW Kiel: Landin (1.-60., 14 Paraden), Wolff (1 Siebenmeter, keine Parade); Duvnjak (1), Firnhaber, Weinhold, Dissinger (4), Wiencek (4), Ekberg (4/2), Frend Öfors (2), Rahmel (1), Zarabec (5), Vujin (8), Bilyk, Nilsson (n.e.), Santos; Trainer: Gislason

MOL-Pick Szeged: Sierra (1.-17., 2 Paraden), Sego (17.-60., 12/1 Paraden, 1 Tor); Srsen (1), Källmann (3), Bodo (3), Sigurmannsson (3/3), Gorbok, dos Santos (1), Zubai, Balogh, Skube (2), Blazevic, Sostaric (1), Alvarez (2), Banhidi (5), Zhitnikov; Trainer: Pastor

Schiedsrichter: Nenad Nikolic / Dusan Stojkovic (SRB)
Zeitstrafen: THW: 4 (Zarabec (5.), Wiencek (28.), Duvnjak (39.), Rahmel (48.)) / Szeged: 3 (Skube (25.), Bodo (44.), Banhidi (55.))
Siebenmeter: THW: 3/2 (Sego hält Vujin (25.)) / Szeged: 3/3
Spielfilm: 1:0, 1:2 (4.), 3:4 (9.), 5:4 (13.), 7:6 (16.), 8:8 (19.), 10:8 (20.), 10:10 (22.), 11:10., 11:12 (24.), 13:14 (30.), 14:14;
15:14 (31.), 16:16 (33.), 19:16 (36.), 19:19 (42.), 25:19 (49.), 26:20, 27:21 (53.), 29:21 (58.), 29:22.
Zuschauer: 8.500 (Sparkassen-Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason: Wir wussten, dass es heute sehr schwierig werden würde. In der ersten Halbzeit hatten wir in der Deckung Probleme mit dem Kreisläufer und einigen Taktiken. Da fehlte uns ein bisschen die Aggressivität, und wir haben Szeged zu Gegenstößen eingeladen. In der zweiten Hälfte sind wir gut gestartet, haben dann aber nach dem 19:16 zu viel gewollt und zu viele Fehler gemacht. Dann hat die Abwehr wieder klasse gearbeitet und Bälle gewonnen. Und natürlich hat Niklas Landin uns extrem geholfen, er hat in der zweiten Halbzeit allein sechs oder sieben freie Würfe gehalten. Das war sehr wichtig für uns und hat das Spiel gedreht. Es ist ein gutes Resultat. Aber ich kenne Szeged, ich kenne die Halle, und ich kenne diese erfahrene Mannschaft. Sieben Tore sind besser als ein Tor Vorsprung, aber sie sind auch nichts im Handball. Wir müssen im Rückspiel noch besser als heute sein, um in die nächste Runde zu kommen.

Szegeds Coach Juan Carlos Pastor: Wir haben mit sieben Toren verloren und nur 22 eigene Treffer geworfen. Trotzdem werden wir natürlich alles dafür geben, um dieses Achtelfinale im Rückspiel zu drehen. Wir hatten die Partie heute 40 Minuten lang unter Kontrolle, dann haben wir ab dem 19:19 zu viele Fehler gemacht. Und natürlich hat Niklas Landin super gehalten. So haben wir in den letzten 18 Minuten noch einen Sieben-Tore-Rückstand kassiert.

Szegeds Außen Stefan Sigurmannsson: Wir haben 30 Minuten lang gut gespielt, dann aber gegen Landin viele Bälle verworfen und Konter kassiert. Das ist in Kiel tödlich. Die sieben Tore Rückstand sind hart zu verdauen, aber wir haben jetzt ein paar Tage Zeit, uns auf das Rückspiel vorzubereiten. Und wir haben noch eine Chance, ins Viertelfinale einzuziehen.

THW-Torhüter Niklas Landin: Es war insgesamt ein gutes Match, vor allem die zweite Halbzeit war richtig gut von uns. Da haben wir in der Abwehr viel besser attackiert und so die einfachen Tore machen können. Das war der Schlüssel zu diesem Spiel. Es ist lange her, dass wir in unserer Halle von solch einer Atmosphäre gepusht worden sind. Unsere Fans haben einen großartigen Job gemacht und waren eine Riesen-Hilfe.

THW-Kreisläufer Patrick Wiencek: Die Unterstützung unserer Fans war heute großartig. Man hat gesehen, dass der Gegner Fehler macht, wenn wir als Mannschaft und unsere Zuschauer Druck auf ihn ausüben. Genau so hatten wir uns die Atmosphäre erhofft.