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KN: Schützenfest mit Startschwierigkeiten

Bundesliga

KN: Schützenfest mit Startschwierigkeiten

Kiel. In etwa so wird sich Viktor Szilagyi, Sportlicher Leiter des THW Kiel, seinen 40. Geburtstag vorgestellt haben. Es dauert zwar ein wenig, doch am Ende gerät das 34:20 (13:10, siehe THW-Spielbericht) gegen Aufsteiger SG BBM Bietigheim zum Schützenfest. Nikola Bilyk (10 Tore) und Rechtsaußen Ole Rahmel (9) überragen gegen einen unbequemen Gegner, der bis zur Pause eigentlich alles richtig macht.

Klarer Erfolg nach zäher erster Halbzeit

Die Zebras haben jetzt bis zum nächsten Heimspiel am 27. September jede Menge Zeit, um eine kleine Grippewelle in der Mannschaft auszukurieren. So fehlen Christian Dissinger und Marko Vujin am Sonntag ganz. Ausgerechnet der Serbe, der bisher kein einziges Pflichtspiel bei den Zebras - seit 2012! - verpasst hat und auf 340 Einsätze mit 1518 Toren blickt. Andere wie Kapitän Domagoj Duvnjak gehen angeschlagen in die Partie. Im Tor beginnt wieder Andreas Wolff, einzige Überraschung in der Startformation ist Ole Rahmel auf Rechtsaußen.

Da der Tabellenletzte ebenfalls dezimiert in Kiel angereist ist, sind die Vorzeichen klar. Als Hendrik Pekeler jedoch frei an Domenico Ebner im Tor der Schwaben scheitert, der flinke Linkshänder Christian Schäfer im Gegenzug den 6:7-Anschlusstreffer erzielt (16.), können sich die Kieler von Vorzeichen auch nichts kaufen. Zu statisch ist das Positionsspiel des deutschen Rekordmeisters, zu schlecht vorbereitet sind die Wurfabschlüsse, zu aussichtslos die finalen Wurfpositionen. Harald Reinkind trifft nur die Latte (24.), Rahmel im Gegenstoß nur den Ebner (24.), ebenso wie der halbherzige Lukas Nilsson (28.). Die SG indes tut, was sie kann, die Spieler von Coach Ralf Bader setzen den Matchplan diszipliniert um, halten den Ball lange in ihren Reihen, "kratzen" stets am Zeitspiel, haben das Glück (des Tüchtigen) bei Abprallern, lassen die Kieler so nicht in ihr Tempospiel. "Das war ein Zwischenziel von uns", sagt Bader und lobt später seine Mannschaft. Die sucht ihr Heil allzu oft in Schlagwürfen, reüssiert hier und da über den Kreis und hat mit dem schnellen und treffsicheren und ein bisschen erfahrenen Schäfer ihren stärksten Mann.

Schon Mitte der ersten 30 Minuten stellt Alfred Gislason die Deckung auf eine 3:2:1-Formation - zunächst mit Duvnjak als Speerspitze - um. "Damit haben wir den Gegner zu Fehlern gezwungen", sagt Rückraumspieler Steffen Weinhold. Jetzt jagt ein Ballgewinn den nächsten. Legt Bilyk seinen Abschluss beim Tempogegenstoß zunächst noch zu lässig an den Pfosten (34.), klappt es fortan auch mit der Trefferquote, schraubt sich der junge Österreicher zu seiner formidablen Zehn-Tore-Bilanz. 18:12 (36.), 21:13 (40.), 24:14 (42.) - die Zebras spielen den Aufsteiger schwindelig, schütteln sich den Frust der Niederlagen in Flensburg und Magdeburg aus den Kleidern. Fast scheint es, als würde erst Bilyks schön herausgespieltes 19:13 (37.) den Knoten auch im bis dato lahmen Positionsspiel zum Platzen bringen. Alles wird nun breiter angelegt, dynamischer, und trotzdem erweisen sich zumindest die 25 mitgereisten Bietigheimer Fans als erstklassige Stimmungsmacher.

Für die letzten 20 Minuten dürfen Rune Dahmke, Steffen Weinhold, Miha Zarabec mitmischen. Christian Schäfer allerdings ab der 42. nicht mehr. Bei seinem sechsten Siebenmeter trifft er Niklas Landin unglücklich im Gesicht und sieht die Rote Karte. Muss man nicht geben. Unsportlich tritt Schäfer, tritt die SG in Kiel nun wirklich nicht auf. Bilyk bleibt wertvoll, jetzt als Assistgeber auf Patrick Wiencek. Treffer auf das leere Tor der längst geschlagenen Gäste (31:19/55.; 32:19/56.) sorgen für ein Raunen auf den Rängen, das THW-Debüt des 19-jährigen Gisli Kristjánsson als Spielmacher für warmen, herzlichen Applaus. Der Isländer darf sich sogar noch in die Torschützenliste eintragen (33:19/58.), dann sind fast alle ziemlich glücklich. "Ich bin zufrieden, wie die Mannschaft das durchgezogen und etwas für unser Torverhältnis getan hat", sagt Alfred Gislason.

(Von Tamo Schwarz und Merle Schaack, aus den Kieler Nachrichten vom 17.09.2018, Foto: Sascha Klahn/Nick Jürgensen)

Stimmen zum Spiel in den Kieler Nachrichten

Alfred Gislason, THW-Trainer, in den KN: Die Umstellung auf eine 3:2:1-Deckung war wichtig. Wir haben Bietigheim dann zu mehr Risiko gezwungen. Vorher war es ein geduldiger Gegner, wir haben oft sehr lange in der Abwehr gestanden und vorne dann freistehend verworfen. Ole Rahmel und Nikola Bilyk waren stark. Woher die momentane Abschlussschwäche kommt, ist schwer zu sagen.

Ralf Bader, Bietigheims Trainer, in den KN: Die Niederlage ist verdient, auch in der Höhe. Wir hatten uns ein paar Dinge vorgenommen, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Einiges ist gelungen, aber gegen die 3:2:1 des THW Kiel haben wir leider zu viele Bälle abgegeben. Wir wollten aus der Abwehr heraus mit Gegenstößen und schneller Mitte Akzente setzen, was uns allerdings nicht gelungen ist.

Gisli Kristjansson THW-Debütant, in den KN:  Für mich ist heute ein Traum wahr geworden, als Alfred mich aufs Feld schickte. Im Spiel lief es besser als erwartet, ich bin wunschlos glücklich. Die Mannschaftskameraden sind großartig, haben mir in der Zeit meiner Verletzung sehr geholfen. Jetzt bin ich noch nicht wieder ganz bei 100 Prozent, aber die Wurfkraft kommt jeden Tag ein bisschen mehr zurück.

Domagoj Duvnjak, THW-Spielmacher, in den KN: Wir haben gut gespielt. Das war in dieser Situation sehr wichtig. Bietigheim hat lange Angriffe gespielt. Deshalb kamen wir in der ersten Halbzeit auch nicht so oft in den Angriff. Vorne haben wir drei, vier Bälle zu viel verworfen, sonst wären wir früher weggezogen. Die zehn Tage Pause brauchen wir zur Erholung. Ich bin auch noch nicht wieder ganz fit.

Jonas Link, SG-Rückraumspieler, in den KN: Das war mal wieder schade für uns. Wir haben uns in der ersten Halbzeit gut präsentiert, diszipliniert im Angriff gespielt. Zu Beginn der zweiten Hälfte schmeißen wir dann drei Bälle unnötig an den Kreis und haben einen Leistungsabfall. Den wollten wir eigentlich vermeiden. Aber an einen Sieg zu glauben, wäre auch dann vermessen gewesen.