KN: Schwarz-weiße Befreiungsschläge

Bundesliga

KN: Schwarz-weiße Befreiungsschläge

Kiel. Befreiungsschläge auf dem blauen Kieler Handball-Parkett. Der THW Kiel hat am Donnerstagabend in der Handball-Bundesliga mit einem 29:26 (15:14) gegen den SC DHfK Leipzig den ersten Schritt aus der Mini-Krise gemacht. Prägende Figuren eines hart erkämpften Sieges waren dabei Steffen Weinhold (7 Tore) und Regisseur Miha Zarabec (6).

Gislason: "Wir sind erleichtert"

Die Zebras sind nach zwei Niederlagen in der Bundesliga in Folge zum Siegen verdammt. Trainer Alfred Gislason verändert seine Startformation, schenkt Christian Dissinger das Vertrauen im halblinken Rückraum. In der Deckung schwingen Patrick Wiencek und René Toft Hansen ihr Weltklasse-Zepter, und endlich klappt es auch im Zusammenspiel mit dem Keeper. Zwischen den Kieler Pfosten steht von Beginn an Niklas Landin. Sechste Minute, der dänische Olympiasieger pariert einen Tempogegenstoß von Leipzigs Balingen-Import Yves Kunkel. Es ist seine fünfte Parade, es werden elf allein bis zur Pause, fantastische 19 ingesamt - der lang ersehnte Befreiungsschlag.

Das sieht alles nicht runderneuert, aber mental explosiver als zuletzt aus, was die Zebras da zeigen. "Die letzten zehn Prozent haben in den letzten Spielen vielleicht gefehlt, aber das heute war ein Riesenkampf von uns", sagt Toft Hansen erschöpft nach 60 Minuten. Andreas Wolff quittiert jede Aktion seiner Deckung von der Bank aus mit einem Emotionsfeuerwerk, Dissinger bedient Wiencek (2:1/7.), Steffen Weinhold gibt unentwegt weiter diesen leichtfüßigen handballerischen Gentleman (4:2/12.), Dissinger verschafft seinem Selbstbewusstsein eine Vitaminspritze (6:4/13.) und unterstreicht zugleich seine derzeit kaum entbehrlichen Defensivqualitäten. Noch so ein Befreiungsschlag? Ja und nein: Vier Tore in Folge bringen die Deutsche Hochschule für Körperkultur mit 8:6 in Führung (17.), die Kieler agieren vorne zu ungestüm, verheddern sich in Missverständnissen, Christian Dissinger wirkt zuweilen noch fremd in den Abläufen mit Spielmacher Zarabec, bringt seinen Coach zum Kochen und der Lukas Nilsson ins Spiel.

Jetzt entwickeln die Zebras mehr Druck, auch wenn die Leipziger mit ihrem Kreisläuferspiel allzu simpel reüssieren. Dennoch: Landins Treffer aufs verwaiste Gegnergehäuse (12:11/24.) und Nilssons tolle Traumtore der Kategorie Bizeps sind auch so temporäre Befreiungsschläge. Es bleibt aber eng. Weil die Kieler noch immer zu viele Chancen liegenlassen bis zum 19:21 (40.). Jetzt avanciert Wiencek zum echten Leader, peitscht die Fans an, greifen seine Nebenleute noch kompromissloser zu. Das sind die wichtigen, die leichten Bälle: Tempogegenstoß Rune Dahmke zum 23:22 (48.). Diese Führung gibt der Rekordmeister nicht mehr her. "Wir hatten uns vorgenommen, voll dagegenzuhalten", sagt DHfK-Coach André Haber. "Das ist uns nur bis zur 42. Minute gut gelungen. Danach war unsere Angriffseffektivität zu gering. Das ist schade, wir hatten es in der eigenen Hand."

Landin hält weiter auf Spitzenniveau, Wiencek muss nach seiner dritten Zeitstrafe auf die Tribüne (52.) - kein Nachteil! Denn Toft reißt jetzt vorne am Kreis die Lücken für Zarabec. Der kleine, quirlige Mittelmann befreit sich aus Nervosität und Anspannung der Vorwochen, trifft einmal mit 104 km/h, zweimal, dreimal, tankt sich durch zum 29:24 (57.). Alles entschieden, riesige Steine fallen von Kieler Herzen. "Es fühlte sich heute alles sehr gut an", sagt Toft und strahlt. "Die Verunsicherung war in der ersten Halbzeit spürbar", so Alfred Gislason. "Wir sind erleichtert."

(Von Tamo Schwarz und Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 15.09.2017, Foto: Sascha Klahn)