KN: Rekordmeister unter Druck

Bundesliga

KN: Rekordmeister unter Druck

Kiel/Leipzig. Der nächste Flensburg-Bezwinger steht vor der Tür: Heute (19 Uhr, Sparkassen-Arena) empfängt der THW Kiel in der Handball-Bundesliga den SC DHfK Leipzig. Der Druck beim Rekordmeister an der Förde ist - und das nach nur vier Spieltagen - nach zwei Niederlagen in Folge ins Unermessliche gestiegen. "Der Druck, gegen Leipzig gewinnen zu müssen, ist schon sehr groß", sagt THW-Coach Alfred Gislason. "Aber das gehört zum Job dazu. Ich weiß, dass ich an Ergebnissen gemessen werde."

Gislason: "Werde an Ergebnissen gemessen"

Magdeburg, Hannover, Melsungen, Leipzig - das sind die vier Emporkömmlinge, die sich momentan an der Spitze der Liga eingenistet haben. Leipzig ist der Vierte in dieser Riege, mit dem sich die Zebras auseinandersetzen müssen. Was gegen Magdeburg noch gerade so klappte, ging gegen Hannover und in Melsungen gehörig schief. "Darum dürfen wir", so Gislason weiter, "nicht so gehemmt wie in Melsungen auftreten. Dort war der Druck für einige scheinbar zu groß." Bei der mentalen Ursachenforschung stößt allerdings auch der isländische Chefcoach an seine Grenzen: "Die Stimmung in der Mannschaft ist gut, die Trainingseindrücke sind wirklich überragend. Was die Spieler jetzt brauchen, ist die nötige Lockerheit im Spiel." Der Kieler Kader ist - abgesehen von den Langzeitverletzten Domagoj Duvnjak und Raul Santos - komplett. Für Christian Dissinger könnte sich nach überstandenen Ellenbogen-Problemen auch die Tür zu seiner Angriffs-Stammposition im halblinken Rückraum wieder öffnen. Gislason: "Es sieht ganz gut aus für ihn."

Leipzig heute, Paris in der Champions League am Sonntag - wie ein Damoklesschwert schwebt die drohende Fehlstart-Katastrophe über der Sparkassen-Arena, und beim Gedanken an den Leipziger Kontrahenten, der seinen Saisonetat noch einmal um 800 000 Euro auf 4,3 Millionen aufstockte, kommen gemischte Gefühle auf. Behielten die Zebras im Pokal-Halbfinale in Hamburg mit 35:32 die Oberhand, erlebten sie in der Punktrunde in Sachsen ein 25:34-Desaster. "Wir haben da noch eine Rechnung offen", sagt Schweden-Youngster Lukas Nilsson. In der Vorsaison saß noch Bundestrainer Christian Prokop beim SC auf der Bank, der nach der Frauen-Weltmeisterschaft im Dezember endgültig von Frauen-Nationaltrainer Michael Biegler beerbt werden soll. Oder etwa doch nicht? Mit Interims-Lösung André Haber (31) rocken die Leipziger wieder die Liga, so dass sich Biegler nach dem 25:22-Sieg gegen Flensburg-Handewitt vor laufenden Fernseh-Kameras zu der Aussage hinreißen ließ: "Ich habe sehr viel Respekt vor der Arbeit von André Haber. Gegebenenfalls werden wir uns noch einmal neu zusammensetzen. Eine Lokomotive, die läuft, muss man nicht aufhalten."

Beim SC DHfK, der auf Linksaußen Lukas Binder (Innen- und Außenbandriss) verzichten muss, ist die Trainerdiskussion also neu entbrannt. Doch die Mannschaft, in der Alfred Gislason besonders den Rückkehrer und Torschützenkönig der vergangenen Saison, Philipp Weber, als "wichtigen Faktor" sieht, wird sich davon kaum beeinflussen lassen. "Die treten als echte Einheit auf, spielen guten Handball, extrem aggressiv in der Deckung und vorne schnell, aber diszipliniert. Und gegen Flensburg war Milos Putera im Tor überragend", hat Gislason beobachtet. Keine leichte Aufgabe in einem Kieler Druckszenario.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 14.09.2017, Foto: Sascha Klahn)