KN-Interview mit Bob Hanning: Kiel im Tal der Tränen

Bundesliga

KN-Interview mit Bob Hanning: Kiel im Tal der Tränen

Berlin. Bob Hanning, Geschäftsführer der Füchse Berlin und Vizepräsident des Deutschen Handballbundes, schwebt auf Wolke sieben. Lange Zeit waren die Füchse in der Bundesliga ungeschlagen, stehen momentan hinter den Rhein-Neckar Löwen auf Rang zwei. Und auf die erste Saisonniederlage gegen Hannover-Burgdorf hatten die Berliner sofort die passende Antwort parat, warfen die SG Flensburg-Handewitt aus dem DHB-Pokal. Um seine Mannschaft zu motivieren, greift der 49-Jährige auch schon mal zu ganz besonderen Methoden.

Bob Hanning über das "Spiel der großen Möglichkeiten"

Herr Hanning, haben Sie für einen Sieg gegen den THW Kiel eine besondere Prämie ausgelobt?
Bob Hanning: Nein [lacht], das haben meine Spieler mit der Niederlage gegen Hannover verzockt. Nachdem wir 10:0 Punkte hatten, habe ich für jeden weiteren Sieg 5000 Euro in die Mannschaftskasse bezahlt. Es wurden durch die Erfolge gegen Leipzig, Lemgo und Erlangen insgesamt 15 000 Euro. Aber dann wurde die Siegesserie in Hannover gestoppt. Ausgegeben ist das Geld allerdings noch nicht.

Und nach Hannover kam sofort die passende Reaktion mit dem Pokalsieg gegen die SG Flensburg-Handewitt, ...
... die ich – ganz ehrlich – nicht erwartet hätte. Aber Silvio Heinevetter hat an dem Tag ganz hervorragend gehalten. Das war entscheidend. Gegen Hannover hatten wir diese Performance im Tor nicht. Bis jetzt spielen wir eine sehr ordentliche Saison, waren in den wichtigen Spielen gegen Leipzig oder Magdeburg sehr präsent, haben bewiesen, dass wir oben mitspielen können. Aber bei manchen Spielen hatte ich auch den Eindruck, wir sammeln Punkte gegen den Klassenerhalt.

Wie ist dieses Hoch Ihrer Meinung nach zu erklären?
Steffen Fäth hat sich deutlich verbessert. Ein zusätzlicher Rückraumspieler tut uns gut. Petar Nenadic hat sich in der Steuerung des Spiels gut entwickelt. Aber wir sind noch nicht am Ende, wenn man bedenkt, dass Marko Kopljar seit sieben Wochen verletzt ist.

Apropos Petar Nenadic: Bei Telekom Veszprém gibt es große Begehrlichkeiten. Die Ungarn wollen Nenadic am liebsten schon im Januar zu sich lotsen. Ist ein verfrühter Wechsel ausgeschlossen?
Von den Begehrlichkeiten habe ich auch gehört. Und ich sage nie „nie“. Aber dem massiven Druck aus Veszprém haben wir auch schon vor der Saison standgehalten. Und ich finde, dass Verträge dazu da sind, damit sich die Leute dran halten. So bin ich in den letzten zwölf Jahren auch mit meinen Spielern verfahren. Ich bin tiefenentspannt. Wir haben Veszprém angeboten, Nenadic gegen Aron Palmarsson zu tauschen. Aber daraus ist nichts geworden.

Für den THW geht es in der Max-Schmeling-Halle um "alles oder nichts". Was für ein Spiel ist es für die Füchse?
Wenn wir gewinnen, haben wir die Chance, oben dranzubleiben und am Ende vor dem THW Kiel in die Champions League einzuziehen. Also ist es für uns ein Spiel der großen Möglichkeiten.

War es nie so leicht wie jetzt, den THW zu schlagen?
Es wird genauso leicht oder schwer wie in den vergangenen sieben Jahren, in denen wir es nie geschafft haben, Kiel zu schlagen. Aber ich sage ausdrücklich: Es ist nicht unmöglich, dieses Spiel wird ein Spiel auf Augenhöhe. Und ich sage ausdrücklich nicht das, was ich sonst immer gesagt habe, nämlich dass der THW Kiel das Ergebnis bestimmen wird. Trotzdem muss bei uns alles passen, wenn wir dieses Mal gewinnen wollen.

Wie nehmen Sie die Kieler Krise von außen wahr?
Aus Kieler Sicht kann ich die Hektik und Nervosität natürlich verstehen. Aber wenn man etwas Großes aufbauen will, muss man auch mal durch das Tal der Tränen gehen. Und da sind die Kieler jetzt gerade. Die gegnerischen Mannschaften haben plötzlich das Gefühl: Wir können Kiel schlagen. Und die Kieler haben plötzlich das Gefühl: Wir können verlieren. Das war früher anders.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 21.10.2017, Foto: Sascha Klahn)