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KN: THW lässt in Berlin eindrucksvoll die Muskeln spielen

Bundesliga

KN: THW lässt in Berlin eindrucksvoll die Muskeln spielen

Berlin. Goldener Oktober, grausamer Oktober. Ein Monat, der dem THW Kiel neun Spiele wie unaufhörlich fallendes Laub vor die Füße wirft: viermal Handball-Bundesliga, viermal Champions League, dazu ein Pokal-Achtelfinale in Magdeburg. Terminhatz, alles wie immer im Herbst. Nichtsdestotrotz ist dieser Oktober ein besonderer, in dem irgendwie alles anders ist als vor einem Jahr. Bestandsaufnahme beim neuen Bundesliga-Tabellenführer.

Goldener Oktober

Das Gefühl vor genau einem Jahr war ein anderes. Niederlagen in Flensburg, Göppingen, bei den Löwen drückten aufs Gemüt. Es war früh in der Saison, und dennoch ging so manches Zebra am Stock. Nicht erst seit dem 26:18 in Berlin am Mittwochabend ist alles anders, neu, frisch, dynamisch. Der Rekordmeister hat den Emporkömmling aus der Hauptstadt eindrucksvoll in die Schranken gewiesen, seine Muskeln spielen lassen. Zugegeben, ohne die Berliner Kent Robin Tønnesen und Fabian Wiede auf Halbrechts war die Aufgabe für den THW leichter als auf dem Papier, auf dem die Füchse ungeschlagen mit 12:0 an der Spitze thronten. Das wussten alle. Aber spielerisch gelang Schwergewichten wie Paul Drux, Petar Nenadic, Steffen Fäth wenig gegen eine formidable Kieler Deckung, die dem Gegner in seinem eigenen Wohnzimmer magere 18 Treffer gestattete. "Die Art und Weise unseres Sieges macht mich sehr zufrieden", sagt THW-Trainer Alfred Gislason. "Aber es ist noch ein weiter Weg." Wohin eigentlich? Es waren Kleinigkeiten, die den Isländer wurmten: waghalsige Ausflüge von Raul Santos, Absprache- und Abspielfehler. "Luft nach oben" sieht Gislason. Kieler Understatement, während THW-Geschäftsführer Thorsten Storm andere Töne anstimmt: "Ich bin froh, dass wir nach kurzer Zeit mit dieser jungen Mannschaft - die jüngste des THW aller Zeiten - schon so auftreten wie in Berlin. Aber wir können auch noch besser." Kieler Understatement meets Kieler Selbstverständnis à la: Jetzt sind wir wieder da oben, und übrigens gehören wir da auch hin. Dieses Selbstvertrauen hat den Zebras zuletzt gefehlt. "Wir haben das Spiel weiter dominiert, uns nicht beirren lassen. Das war aber in Barcelona nicht unbedingt so", so Linkshänder Steffen Weinhold. "Heute war die Abwehr sehr gut, dahinter hat Landin glänzend gehalten, später auch Wolff. Das hat uns Selbstvertrauen gegeben." Im Oktober 2016 hat der THW mit Weinhold und Kapitän Domagoj Duvnjak zwei überragende Spielgestalter. In Berlin zeigte der deutsche Nationalspieler ein exaktes Maß aus Auge und Aggressivität. Der Kroate brachte mit seiner Mischung aus Intuition und individueller Klasse alles in ein Gleichgewicht. Aber der THW hat auch Shooter wie Nikola Bilyk und Lukas Nilsson, hat fantastische Außen, einen Abwehr-Mittelblock, der ebenso wie das Torhüter-Duo seinesgleichen sucht. Alles anders als vor einem Jahr. "Letzte Saison waren wir nicht so breit aufgestellt", lautet Alfred Gislasons Antwort auf die Frage nach dem Unterschied. Seine Spieler wissen: Noch ist nichts gewonnen. "Wir haben noch schwere Aufgaben vor uns, haben noch nicht gegen Flensburg, die Löwen oder Melsungen gespielt", weiß Torwart Niklas Landin. Gislasons Wechseloptionen sind ein großer Teil des Erfolgsrezeptes: "Ich fühle mich sehr fit. Es ist wichtig, dass wir so viel wechseln können. Wenn Lackovic in Berlin sechs, sieben Minuten reinkommt, ist es für das eine Spiel vielleicht nicht auffällig, aber macht auf Dauer viel aus", so Weinhold. Auch Kapitän Duvnjak weiß das zu schätzen: "Es freut mich sehr, dass ich mehr Pausen als in der letzten Saison bekomme", sagt der 28-jährige. In Silkeborg am Sonntag werde und müsse der Regisseur, so Gislason, "wieder eine Pause bekommen". Ganz genau hat Duvnjak den Unterschied zur Vorsaison noch nicht ausmachen können: "Wir trainieren auf jeden Fall richtig gut, werden mit jedem Training und jedem Spiel besser und besser", sagt der Spielmacher. Es passe eben einfach. So einfach ist das manchmal. Die Neuen seien als Spieler und Menschen überragend. Duvnjak: "Wir müssen auf dem Boden bleiben, auch wenn wir da oben bleiben, deutscher Meister werden wollen. Dass wir das können, haben wir in Berlin gezeigt." Der THW Kiel im Oktober 2016. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 07.10.2016, Foto: Archiv/Sascha Klahn)