Hochspannung beim 27:25 gegen Hamburg: Zebras drehen in der Schlussphase noch das Spiel

Bundesliga

Hochspannung beim 27:25 gegen Hamburg: Zebras drehen in der Schlussphase noch das Spiel

60 Minuten Tempo, Kampf bis zum Umfallen und Spannung pur: Das "kleine Nordderby" zwischen dem THW Kiel und dem Handball Sport Verein Hamburg bot am Sonnabendabend vor 10104 Fans in der nahezu ausverkauften Wunderino Arena alles, was das Handball-Herz verzückt. Am Ende hatten die Zebras verdient die Nase vorn, mussten für die zwei Punkte aber alles aus sich herausholen: Angetrieben von ihren Fans drehten die Zebras einen Zwei-Tore-Rückstand in den letzten sieben Minuten der Partie und gewannen im Kieler Tollhaus mit 27:25 (16:14). Herausragender Kieler Akteur war der wendige, kaum zu bremsende Elias Ellefsen á Skipagötu, der elf Tore erzielte - so viel wie bisher noch nie im THW-Trikot. In der DAIKIN Handball-Bundesliga bleiben die Zebras neben dem SC Magdeburg die einzige Mannschaft ohne Punktverlust.

"Sieg ist gut für unsere Köpfe"

Domagoj Duvnjak schüttelte auf dem Gang in die Kabine ungläubig seinen Kopf. "Ein verrückstes Spiel", sagte der THW-Kapitän. "Andy Wolff hat uns in der Schlussphase gerettet. In der Vergangenheit hätten wir so ein Spiel wohl verloren, aber unsere neue Mannschaft hat an sich geglaubt, das Spiel noch umgebogen." Der Sieg sei etwas glücklich ausgefallen, analysierte Duvnjak, "aber letztlich war er wohl verdient. Das ist gut für unsere Köpfe mit Blick in die Zukunft."

Kieler auf der Suche nach dem Rhythmus

Ein Handballspieler in einem weißen Trikot springt, um den Ball zu schießen, während ein Verteidiger in einem roten Trikot versucht, ihn zu blockieren. Im Hintergrund sieht man eine unscharfe Zuschauermenge, die das Spiel verfolgt.Die zehn Tage erzwungener Pause hatten den angeschlagenen Zebras mental gut getan, allerdings benötigten sie viel Zeit, um ihren Rhythmus wiederzufinden. Dennoch startete der THW gut in die Partie: Andreas Wolff war zweimal zur Stelle, hielt großartig gegen Sauter und Kofler, vorne nutzten Emil Madsen und Elias Ellefsen á Skipagötu ihre Chancen, der THW lag schnell mit 2:0 Toren vorn. Magaard verkürzte, im Gegenzug traf Eric Johansson zum 3:1. Im Tor der Hamburger stand mit Robin Haug aber ebenfalls ein Könner seines Fachs: Seine Paraden nutzten Kofler und Andersen (Siebenmeter) zum 3:3. Nach der ersten - sehr harten - Zeitstrafe der Partie gegen Magnus Landin legten die Gäste durch Lassen und Jörgensens verwandelten Strafwurf ihre erste Führung vor. 5:4 stand es nach zwölf Minuten für die von nur wenigen Fans begleiteten südlichen Nachbarn.

Á Skipagötu zündet den Turbo

Ein Handballspieler in einem weiß-schwarzen Trikot versucht im Fallen zu schießen, während zwei Gegner in roten Trikots versuchen, ihn während eines intensiven Spiels zu blocken, mit einer jubelnden Menge im Hintergrund.Gut für die Kieler, dass Elias Ellefsen á Skipagötu jetzt den Turbo zündete: Er bediente Lukas Laube am Kreis, tankte sich selbst zweimal in Folge gegen die HSV-Abwehr durch. Der 3:0-Lauf bescherte dem THW die 7:5-Führung nach 16 Minuten. Ruhe kehrte allerdings nicht ins Kieler Spiel ein - auch, weil der HSVH seine letzten guten Ergebnisse in der DAIKIN Handball-Bundesliga mit guten Aktionen bestätigte. Da Johansson zweimal scheiterte und Robin Haug auch gegen Madsen parierte, war der HSV schnell wieder dran. 7:7 hieß es nach 18 Minuten. THW-Trainer Filip Jicha drückte auf den Buzzer, versammelte seine Männer zur Auszeit, sprach die Fehler an, hoffte auf bessere Chancenverwertung. Á Skipagötu hatte verstanden. Er war weiterhin der Motor des THW-Spiels, auch im Abschluss zündete der Färinger: Mit seinem siebten Treffer brachte der 23-Jährige seine Farben in der 23. Minute mit 12:10 in Front, erzielte wenig später auch die 14:11-Führung. Die Halle tobte, HSV-Trainer Toto Jansen setzte auf die Auszeit, um wieder Zugriff aufs Spiel zu bekommen. 

HSVH kommt besser aus der Kabine

Drei männliche Handballspieler liefern sich einen intensiven Wettkampf; einer im roten Trikot (Nummer 6) versucht zu schießen, während zwei Spieler in schwarz-weißen Trikots ihn abblocken, während sich ein gelber Ball in der Luft befindet und das Publikum im Hintergrund verschwommen ist.Es klappte. Lukas Zerbe scheiterte zwar zunächst mit seinem Strafwurf an der Latte, brachte aber den Nachwurf nach spektakulärem Flug-Rebound im HSV-Tor unter. 15:12. Doch der HSV konterte, Andersen netzte zweimal ein, 15:14. Dann war Haug gegen Harald Reinkind zur Stelle, der HSV stand vor dem Remis. Gut für die Kieler, dass Veron Nacinovic seine Chance am Kreis bekam und auch wahrnahm. Der Kroate feierte nach seiner Verletzung im Supercup nicht nur die Premiere in seiner neuen Handball-Heimat Wunderino-Arena sondern auch sein erstes Bundesliga-Tor für die Zebras. Nacinovic packte nach Zuspiel von Nikola Bilyk entschlossen zu, jagte den Ball vom Kreis in die HSV-Maschen. 16:14 Halbzeitpfiff, Gang in die Kabinen. Und aus denen kamen die Gäste mit viel Selbstvertrauen heraus. Sie standen zunächst gut in der Abwehr, durften sich vor allem aber auf Torhüter Mohamed El-Tayar verlassen, der dreimal in Folge stark parierte. Andersen und Lassen nutzten vorne ihre Chancen, glichen nach 36 Minuten zum 16:16 aus. 

Enges Rennen nach Kieler Torflaute

Ein männlicher Handballspieler in einem weißen Trikot springt und bereitet sich darauf vor, während eines Spiels einen gelben Ball zu werfen, während andere Spieler in roten und weißen Trikots und eine verschwommene Menschenmenge im Hintergrund zu sehen sind.Jetzt ging es hin und her, vor allem zeichneten sich die Torhüter auf beiden Seiten aus. Wolff ließ Magaard verzweifeln, El-Tayar parierte gegen die glücklosen Johansson und Madsen. Satte sieben Minuten dauerte die Torflaute an, und der bis dato letzte Schütze eines Kieler Tores sollte auch der erste nach Wiederanpfiff sein: Veron Nacinovic traf in der 38. Minute zum 17:16. Lukas Zerbe erhöhte per Strafwurf. und á Skipagötu schmetterte den Ball zum 19:16 in die Hamburger Maschen. Absetzen konnten sich die Zebras dennoch nicht. Die Hamburger kämpften sich zurück, hatten vor allem durch Neuzugang Nicolaj Jörgensen starke Momente. Weller glich in der 48. Minute zum 21:21 aus, und nach 50 Minuten hatte der HSV die Nase wieder vorn: Mortensen, der in der ersten Halbzeit einen Siebenmeter per "Sprungwurf" verwandelt hatte, düpierte die THW-Abwehr zum 22:23, nach 54 Minuten traf Jörgensen gar zum 25:23 für die Hansestädter. 

Abwehrschlacht nach Hamburger Zwei-Tore-Führung

Drei männliche Handballspieler sind während eines Spiels in Aktion. Der Spieler in der Mitte, der ein weißes Trikot trägt, wird von zwei Spielern in roten Trikots verteidigt, von denen sich einer das weiße Trikot schnappt.Filip Jicha handelte, wechselte seine Linkshänder aus, brachte Bence Imre und Harald Reinkind. Und die THW-Abwehr? Mutierte, angeführt von Kapitän Duvnjak, zu einer unüberwindlichen Mauer, in der der starke Petter Överby und Nacinovic zudem im Mittelblock Schwerstarbeit gegen Jacob Lassen & Co. leisteten. Und dahinter drehte Andreas Wolff auf, der nacheinander gegen Mortensen, Lassen und Kofler parierte. Aber auch das erzwungene Zeitspiel von Jörgensen und Ballgewinne der aufmerksamen Kieler Defensive halfen. Auf der anderen Seite landeten die Bälle jetzt endlich wieder im HSVH-Netz. Á Skpiagötu traf zum 24:25, wenig später war der Färinger nur mit einem Foul zu bremsen: Den Siebenmeter verwandelte Bence Imre nervenstark zum 25:25. 

Zebras jubeln in ihrer Heimfestung

Ein Handballspieler in einem weiß-schwarzen Trikot springt, um den Ball in Richtung Tor zu werfen, während ein Torwart in Gelb und gegnerische Spieler in roten Trikots verteidigen. Im Hintergrund schaut eine große Menschenmenge aufmerksam zu.Der Krimi war an Spannung nun nicht mehr zu überbieten. Die Hamburger zeigten Nerven, produzierten einen technischen Fehler, Petter Överby war mit aller Konsequenz zur Stelle: 26:25! Außerdem kassierte Kofler eine Zeitstrafe, zwei Minuten vor dem Abpfiff. Doch Madsen scheiterte am Pfosen, der HSVH hatte noch einmal Ballbesitz. Die THW-Deckung blockte, Duvnjak sicherte reaktionsschnell den Ball. 14 Sekunden vor dem Abpfiff: THW-Auszeit. Anpfiff, Harald Reinkind tankte sich auf der rechten Seite durch, traf von Außen (!) mit einem Knickwurf zum 27:25 und zum Sieg. Riesen-Jubel auf den Rängen, Jubelkreis auf dem Parkett - sieben Minuten ohne Gegentor und ein eigener 4:0-Lauf sorgten für einen Sieg, bei dem die Zebras schon mit dem Rücken zur Wand standen.

Zebras jetzt zweimal auswärts gefordert

Der Spielplan der Zebras nimmt nun richtig Fahrt auf: In der kommenden Woche ist der THW Kiel gleich zweimal auswärts gefordert. Am Donnerstag (19 Uhr) wollen die Kieler bei der ambitionierten TSV Hannover-Burgdorf die Auswärtspunkte drei und vier der noch jungen Saison einfahren, am Sonntag wartet dann der SC DHfK Leipzig auf die Zebras. Diese Partie wird um 18 Uhr angepfiffen, beide Spiele überträgt der Handball-Streamingdienst Dyn wie gewohnt live. Das nächste Mal mit seiner„weißen Wand“ im Rücken spielt der THW Kiel dann am Donnerstag, 25. September. Für das Heimspiel gegen GWD Minden gibt es noch auch Eintrittskarten unter www.thw-tickets.de, bei CITTI und in der THW-FANWELT. Weiter geht’s in Hannover, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

DAIKIN HBL, 4. Spieltag: THW Kiel – Handball Sport Verein Hamburg: 27:25 (16:14)

THW Kiel: Nowottny (n.e.), Wolff (1.-60., 11 Paraden); Duvnjak (2), Reinkind (2), Landin, Överby (1), Laube (1), Johansson (1), Ankermann, Dahmke, Zerbe (4/3), Madsen (3), Bilyk, á Skipagötu (11), Imre (1/1), Nacinovic (2); Trainer: Jicha
HSV Hamburg: El-Tayar (31.-60., 9 Paraden), Haug (1.-30., 6 Paraden); Gadza, Magaard (2), Norlyk (1), Kofler (1), Lassen (4), Jörgensen (6/2), Weller (2), Geenen, Andersen (6/2), Olafsson, Sauter, Mortensen (2/1); Trainer: Jansen

Schiedsrichter: Frederic Linker / Sascha Schmidt
Zeitstrafen: THW: 3 (Överby (10.), 2x á Skipagötu (25., 42.)) /HSVH: 3 (Andersen (24.), Olafsson (41.), Kofler (59.))
Siebenmeter: THW: 5/4 (Zerbe an die Latte (26., verwandelt Nachwurf)) /HSVH: 5/5
Spielfilm: 2:0 (2.), 3:1, 3:3 (8.), 4:5 (12.), 7:5 (14.), 7:7, 9:9 (20.), 11:9, 12:11 (24.), 14:11 (25.), 15:14 (28.), 16:14;
2. Hz.: 16:16 (35.), 19:16 (42.), 21:18 (45.), 21:21 (48.), 22:23 (50.), 23:23, 23:25 (53.), 27:25.
Zuschauer: 10104 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Es war das Spiel, das wir genauso erwartet hatten. Der HSVH kommt in einer unglaublichen Verfassung zu uns, in der die Schlüsselspieler alle performen. Ich bin daher froh, dass wir uns für nach der Arbeitswoche mit zwei Punkten belohnen konnten. Ich bin sehr zufrieden mit unserer Abwehrarbeit, wie wir agiert haben, wie wir Situationen angenommen haben. Nur 25 Gegentore sprechen die klare Sprache einer Abwehrschlacht. Herausheben möchte ich Veron, der gestern ein wenig mit uns mittrainiert hat. Ich sage bewusst mittrainiert, es war gestern nicht abzusehen, dass er heute so eine Leistung im Eins-gegen-Eins zeigt. Er hat uns sehr geholfen. Insgesamt war die erste Hälfte in Ordnung, in der zweiten Halbzeit hatten wir das Problem, dass wir unsere Möglichkeiten nicht in Tore umgemünzt haben. Wir haben sieben Minuten gebraucht, um überhaupt nach Wiederanpfiff ein Tor zu erzielen. Dann wurde es das Kampfspiel, bei dem es um jeden Zentimeter geht, dann kommen die Emotionen. Herausheben möchte ich zwei weitere Punkte: Zum einen unsere Fans, die ein Gespür dafür hatten, wann die Mannschaft sie richtig braucht und sofort da waren und mein Team gepusht haben. Zum anderen gibt’s ein Sonderlob für Elias, der immer Gefahr ausgestrahlt und das Spiel an sich gerissen hat. Das war heute unglaublich wichtig.

HSVH-Trainer Torsten Jansen: Ich schwanke nach dem Spiel noch zwischen „Schade“ und „Stolz“ auf meine Mannschaft, wie sie das gegen den THW Kiel gemacht hat. Heute hätten wir mehr verdient gehabt, das ist bitter. Ich habe uns in den letzten fünf Minuten etwas benachteiligt gesehen, das habe ich den Schiedsrichtern auch schon im persönlichen Gespräch mitgeteilt. Aber der Ärger darüber soll den gesamten Auftritt nicht schmälern. Es war ein super Spiel, spannend, hart umkämpft – und trotzdem bin ich traurig, dass wir nichts mitgenommen haben.

THW-Top-Torschütze Elias Ellefsen á Skipagötu: Wir haben gut gespielt, verwerfen in der zweiten Halbzeit aber zu viel, weil wir vielleicht zu oft aus größerer Distanz geworfen haben und El-Tayar sehr gut gehalten hat. Am Ende war unsere Abwehr richtig gut und wir das aber ganz schlau gelöst, es tut uns allen sehr gut, so ein Spiel dann noch einmal zu drehen. Da haben wir Stärke gezeigt, und unser Fans haben uns riesig unterstützt. Wir haben uns vorgenommen, am Anfang der Saison keine Punkte zu verlieren. Das haben wir bisher gut umgesetzt.