29:26 in Hannover: Zebras holen fünften Sieg auf ihrer langen Auswärtstournee
Mit fünf Auswärtsspielen in Serie startete der THW Kiel in das Jahr 2022, spulte dabei rund 4700 Reise-Kilometer ab und hatte nebenbei noch mit den Turbulenzen von zahlreichen Corona-Infektionen zu kämpfen. Von all dem ließen sich die Zebras aber nicht unterkriegen und holten drei Tage nach dem kraftraubenden 31:30 bei Elverum Handball in Norwegen auch in der niedersächsischen Landeshauptstadt beide Punkte: Beim 29:26 (18:10)-Erfolg bei der TSV Hannover-Burgdorf lieferten die Kieler eine blitzsaubere erste Halbzeit ab und kamen am Ende zu einem kontrollierten Sieg, der ihnen zwei weitere wichtige Auswärtspunkte bescherte. Bester Torschütze der Partie vor nur 500 erlaubten Zuschauern war Niclas Ekberg (9/7). Fünf Auswärtsspiele - fünf Siege: Eine beeindruckende Serie, die jetzt auch in der Heimat fortgeführt werden soll!
Jicha ist zurück
Wegen Corona mussten die Kieler zuletzt auf ihr Trainer-Duo, außerdem auf Torhüter Dario Quenstedt und Hendrik Pekeler verzichten. In Hannover hatte Cheftrainer Filip Jicha dann wieder das Zepter in der Hand, ihm zur Seite stand „Pitti“ Petersen, der die Mannschaft im norwegischen Elverum gecoacht hatte, und in seiner Geburtsstadt Hannover ein weiteres Mal, jetzt als Co-Trainer, aushalf. Außerdem ist Abwehrchef Pekeler wieder fit, hat seine Corona-Infektion überstanden, stellte in der ZAG-Arena vor nur 500 zugelassenen Fans einen starken Mittelblock an der Seite von Patrick Wiencek. Die schwarz-weiße Defensive war es auch, die die Heim-Mannschaft des ehemaligen Bundestrainers Christian Prokop von Beginn an chancenlos wirken ließ. Die TSV lag bereits nach zehn Minuten mit 1:8 Toren hinten. Grund genug für Prokop, seine zunächst völlig überforderten und ideenlosen Spieler bereits zu diesem frühen Zeitpunkt, gespielt waren noch nicht einmal zehn Minuten, zur zweiten Auszeit um sich zu versammeln. Es war ein Weckruf, der half, dass Hannover nicht völlig aus der Bahn geriet, der THW hatte jedoch nur wenig Mühe, die Partie sicher über die Zeit zu bringen und Tabellenplatz zwei in der LIQUI MOLI Handball-Bundesliga zu festigen.
Starker Niklas Landin
Garant des THW-Erfolges in Hannover war einmal mehr auch Torhüter Niklas Landin, der die gegnerischen Angreifer mit insgesamt 11 Paraden verzweifeln ließ. "In der ersten Halbzeit hat bei uns nahezu alles geklappt", analysierte THW-Kapitän Domagoj Duvnjak. „Da stand die Abwehr, klappte die zweite Welle, und im Angriff lief es ebenfalls. In der zweiten Halbzeit hatten wir dann einige Probleme, aber zum Glück hat Niklas Landin weiter gut gehalten.“
THW Kiel wie aus einem Guss
Kiels Abwehrmauer mit Niklas Landin als "Versicherung" war Grundstein für den Traumstart der Zebras. Sander Sagosen traf ohne große Bedrängnis zum 2:0, Hansen verkürzte zwar auf 1:2, aber Landins Glanzparaden gegen Martinovic, Heise und der gehaltene Siebenmeter gegen Hansen, setzten Kiels Offensive prompt in eigene Treffer um. Magnus Landin, Duvnjak und Niclas Ekberg sorgten für das 5:1 in der siebten Minute und die erste Auszeit von TSV-Trainer Prokop. Seine mahnenden Worte verhallten ungehört. Nikola Bilyk mit einem Rückraumkracher und Tempogegenstöße über Patrick Wiencek und Sander Sagosen besiegelten Hannovers 1:8-Rückstand nach zehn Minuten. "Ihr müsst die Köpfe einschalten!", zürnte der TSV-Coach. Und fortan kehrte tatsächlich mehr Linie ins Spiel des Tabellen-14 ein.
Klare Pausenführung
Hansen und Fischer verkürzten auf 3:8, Sagosen erhöhte aus dem Rückraum, und als Patrick Wiencek zwei glänzende Anspiele von Steffen Weinhold und Nikola Bilyk sicher im TSV-Tor versenkt hatte, führte der THW nach 16 Minuten mit 11:5. Bezeichnend für die Leichtigkeit des Kieler Handball-Seins in den ersten 30 Minuten war auch, dass Hannovers Torhüter Domenico Ebner in der 20. Minute zum ersten Mal überhaupt einen Ball stoppte. So galoppierten die Zebras weiter in Richtung klare Halbzeitführung, Harald Reinkind sorgte in der 30. Minute mit seinem Kracher aus neun Metern für das 18:10 und den Pausenstand.
THW kontrolliert zu zwei Punkten
Und die zweite Halbzeit? Stand aus Kieler Sicht vor allem im Zeichen von Kontrolle. Die Gastgeber drehten den Spieß ein wenig um, legten durch Cehte und Hansen zunächst vor und verkürzten auf 12:18, Sander Sagosen antwortete mit Kiels Tor Nummer 19, und als Feise schnell das 13:19 erzielte, griff Filip Jicha zur Grünen Karte, rief seine Männer zur Auszeit. "Wir dürfen unsere Struktur nicht verlieren", mahnte der THW-Trainer. Worte, die zur rechten Zeit erfolgten. Die Zebras hielten die jetzt energischer und ideenreicher agierenden Gastgeber ständig auf einen Abstand von fünf oder sechs Toren. Auch, weil Niclas Ekberg an der Siebenmeterlinie gewohnt cool blieb, alle sieben Strafwürfe verwandelte. Und auch, weil Niklas Landin immer dann zur Stelle war, wenn Hannover Hoffnung schöpfte, ein kleines Handballwunder wahr werden zu lassen. Den 3:0-Lauf durch Hansen (2) und Heise, der in der 57. Minute zum 24:27 führte, konnte allerdings auch Kiels Weltklassemann nicht verhindern. Steffen Weinhold sorgte schließlich im Gegenzug in unnachahmlicher Art für das 28:24, als er sich durch die TSV-Abwehr tankte und die Vorentscheidung herbeiführte.
Erstes Heimspiel 2022 am kommenden Mittwoch
Nach fünf Auswärtsspielen in Folge freuen sich die Kieler, am kommenden Mittwoch endlich ihr erstes Heimspiel 2022 bestreiten zu können. Und das ist gleich ein Spitzenspiel: Zu Gast in der EHF Champions League ist Tabellenführer Montpellier HB, der den Zebras im Hinspiel beim 37:30 keine Chance ließ. Im Kampf um die ersten beiden Plätze in der Gruppe ist die Partie gegen die Franzosen das erste von noch drei Endspielen. Nur maximal 3435 Zuschauer dürfen den THW Kiel laut Corona-Landesverordnung unterstützen, nur durch Ticketstornierungen alle gekauften Einzeltickets und dem freiwilligen Verzicht einiger Champions-Card-Inhaber konnte diese Zahl erreicht werden. Für das nächste Liga-Heimspiel gegen den HC Erlangen am Sonntag, 27.2. (16 Uhr), gibt es unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT noch Karten in allen Kategorien. Weiter geht’s zu Hause, Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Oliver Vosshage
LIQUI MOLY HBL, 21. Spieltag: TSV Hannover-Burgdorf - THW Kiel: 26:29 (10:18)
TSV Hannover-Burgdorf: Ebner (10.-, Lesjak (1.-10. und 2 Siebenmeter, keine Parade); Cehte (4), Roscheck, Martinovic, Mävers (3), Hansen (8/6), Pevnov, Kuzmanovski, Böhm (1), Krone, Edvardsson (1), Fischer (3), Brozovic, Feise (6), Büchner; Trainer: Prokop
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 11/1 Paraden), Saggau (n.e.); Ehrig, Duvnjak (2), Sagosen (5), Reinkind (1), M. Landin (3), Weinhold (1), Wiencek (5), Ekberg (9/7), Ciudad (n.e.), Dahmke, Zarabec, Horak, Bilyk (2), Pekeler (1); Trainer: Jicha
Schiedsrichter: Robert Schulze / Tobias Tönnies
Zeitstrafen: TSV: 6 (Cehte (23.), Edvardsson (24.), Fischer (27.), Feise (39.), Brozovic (44.), Martinovic (45.)) / THW: 2 (Sagosen (3.), Dahmke (50.))
Siebenmeter: TSV: 7/6 (Landin hält Hansen (5.)) / THW: 7/7
Spielfilm: 0:2 (2.), 1:2, 1:8 (10.), 3:8 (11.), 5:10 (14.), 6:12, 8:12 (22.), 8:15 (24.), 9:17 (27.), 10:18;
12:18 (32.), 12:19, 14:19 (37.), 15:21, 17:21 (44.), 17:23 (45.), 21:27 (53.), 24:27 (56.), 26:28 (60.), 26:29
Zuschauer: 500 (ZAG Arena, Hannover)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich habe mich heute freigetestet und konnte noch nachreisen. Mir geht es gut. Es waren turbulente Tage, großer Respekt für meine Jungs. Ich hatte beim ersten Spiel klare Symptome, da war ich froh, dass ich im Bett war. Die Spiele danach waren echt heftig, sie zu Hause zu erleben. Die Vorbereitung war natürlich komisch: Die taktische Besprechung über Video-Meetings zu machen, war ungewohnt. Aber Sprengi und Pitti haben es gut gelöst.
THW-Kapitän Domagoj Duvnjak: Wir haben in der ersten Halbzeit perfekt gespielt, da hat alles geklappt: Abwehr, zweite Welle, Niklas im Tor, Angriff – das war wie fliegen. In der zweiten Hälfte waren wir nicht so aggressiv wie in der ersten Halbzeit, unsere Abwehr hatte einige Probleme. Wir haben Glück gehabt, dass Niklas auch in der zweiten Halbzeit gut gespielt hat. Wir haben trotzdem verdient gewonnen. Es war sehr wichtig für uns, dass Filip zurück aus der Quarantäne ist. Es ist nicht leicht, ohne unsere beiden Trainer zu spielen. Danke an Pitti, für ihn war es auch nicht leicht bei so einem wichtigen Spiel wie in Elverum. Jetzt ist unser Filip zurück, und wir arbeiten weiter. Magdeburg spielt eine überragende Saison, aber wir wollen bis zum Schluss jedes Spiel gewinnen. Wir müssen Zweiter werden, auch das ist noch ein großer Kampf.
TSV-Kreisläufer Justus Fischer: Wir haben die Anfangsphase komplett verschlafen. Wir hatten uns viele Dinge vorgenommen, die wir dann aber nicht umsetzen konnten. Das haben wir in der zweiten Halbzeit besser gemacht. So kann man dann auch mal den THW Kiel ein bisschen nervös machen. Wir haben aber zu viele Chancen liegen gelassen, so reicht es gegen den THW Kiel dann eben nicht. Das waren zwei unterschiedliche Halbzeiten.