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KN: EM-Aus nach Kreuzbandriss

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KN: EM-Aus nach Kreuzbandriss

Kiel. Am Montagmorgen wurde Gewissheit, was sich am Sonnabend längst abgezeichnet hatte. Diagnose: Kreuzbandriss! Patrick Wiencek, Kreisläufer des Handball-Rekordmeisters THW Kiel, hatte sich die schwere Verletzung im Derby gegen die SG Flensburg-Handewitt bei einer Abwehraktion gegen seinen ehemaligen Mitspieler Rasmus Lauge zugezogen. Am Montag konnte Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker nach der MRT-Untersuchung keine guten Nachrichten überbringen: "Es ist ein vorderer Kreuzbandriss im rechten Knie, zum Glück ohne nennenswerte Begleiterscheinungen."

THW-Kreisläufer Patrick Wiencek fehlt mindestens sechs Monate

Schon heute wird Wiencek bei Mannschaftsarzt Dr. Frank Pries im Mare Klinikum operiert. Dem 26-jährigen 2,01-Meter-Kreisläufer, der sich in dieser Saison bereits mit 33 Toren und zudem als Schwerstarbeiter in der Abwehr auszeichnete, drohen im Anschluss laut Brandecker mindestens sechs, eher sieben Monate Pause. "Das ist richtig traurig für Patrick. In dieser Saison rechne ich nicht mehr mit ihm", sagte THW-Coach Alfred Gislason am Montag. Kein Wunder, dass Wiencek selbst gestern am Boden zerstört war. Sofort habe er - bisher in seiner Karriere von schweren Verletzungen verschont - auf dem Feld ein "eigenartiges Gefühl" gehabt. "Das gehört im Sport eben dazu. Ich werde stärker zurückkommen", sagte Wiencek. Im Moment tue ihm alles gleichermaßen weh: "Dass ich der Mannschaft nicht helfen kann und dass ich die Europameisterschaft im Januar verpassen werde." Im Rest der Zebraherde war der Schock über den Ausfall eines weiteren Schlüsselspielers noch immer spürbar, und bei Nationaltrainer Dagur Sigurdsson, dem der Nationalspieler vom THW bei der EM in Polen fehlen wird, herrschte Ernüchterung. "Ich wünsche Patrick gute Besserung und, dass er fit zurückkommt und möglichst schnell wieder beim THW und bei uns bei der Nationalmannschaft ist", sagte der Isländer, der nun ohne seinen erfahrensten Kreisläufer (80 Länderspiele, 188 Tore) zum Umplanen gezwungen ist. "Bei der Belastung in Bundesliga, Champions League und Nationalmannschaft muss man wohl mit so etwas rechnen", gab Sigurdsson weiter zu Protokoll und befeuerte so zusätzlich die Diskussion über die hohe Belastung in der deutschen Bundesliga, in der immer wieder eine Verkleinerung der Liga und der Einsatz von 16 statt 14 Spielern pro Partie gefordert werden. Da auch Jacob Heinl (Flensburg-Handewitt) verletzt ist, bleiben Sigurdsson derzeit nur der zuletzt ebenfalls lange ausgefallene Hendrik Pekeler (Rhein-Neckar Löwen, 37 Länderspiele), Manuel Späth (Göppingen, 33) sowie Erik Schmidt (Burgdorf, 20). Bis zu den Nominierungen für den Supercup im November will sich Sigurdsson zu seinen Planungen allerdings nicht äußern. THW-Geschäftsführer Thorsten Storm zeigte sich geknickt: "Die Verletzung tut mir sehr leid für Patrick. Er hängt sich immer voll rein und wird uns sehr fehlen. Er wird sicher gestärkt zurückkommen." Nach dem Ausfall Wienceks reist der THW am Mittwoch mit nur einem Kreisläufer nach Mannheim zum Spitzenspiel gegen die Rhein-Neckar Löwen: Kapitän René Toft Hansen. Kreisläufer Nummer drei, der Brasilianer Rogerio Ferreira, weilt mit der brasilianischen Mannschaft bei den Militär-Weltspielen in Südkorea, kommt über den Status des Perspektivspielers bislang aber ohnehin noch nicht hinaus. "Er spricht kaum Deutsch, spielt erst seit drei Jahren Handball - das wird nicht reichen", sagte THW-Coach Alfred Gislason am Montag und schloss eine weitere Nachverpflichtung nicht aus: "Natürlich schauen wir auf den Markt, die Frage ist aber immer, was so kurzfristig auch sinnvoll ist." Auch Thorsten Storm zog einen weiteren Transfer in Betracht: "Wir prüfen alle Möglichkeiten." Nach Abschluss der "Hinrunde" in der Gruppe A der Champions League im November könnten die Zebras einen Akteur für die Königsklasse nachmelden, der bis dahin in dieser Saison noch nicht Champions League gespielt hat. Schon im Triple-Jahr 2007 war der THW aufgrund einer schweren Verletzung von Marcus Ahlm in einer vergleichbaren Situation, verpflichtete damals den zu dem Zeitpunkt 41-jährigen "Handball-Rentner" Andrei Xepkin - ein Urgestein des FC Barcelona. Ein Zufall? In der vergangenen Woche hat der weißrussische Kreisläufer Siarhei Rutenka - nicht eben ein Publikumsliebling in Kiel - seinen Vertrag mit den Katalanen nach sechs Jahren aufgelöst. (Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 06.10.2015, Foto: Sascha Klahn)