Der THW Kiel hat sich mit einer tollen Moral aus Köln verabschiedet: Im Spiel um Bronze beim "VELUX EHF Final4" kämpften sich die "Zebras" vor allem im zweiten Durchgang aus dem Enttäuschungs-Loch nach dem knappen Halbfinal-Aus gegen Veszprem. Die müden Kieler boten dem Topfavoriten Paris Saint Germain die Stirn, holten einen zwischenzeitlichen Fünf-Tore-Rückstand auf, um dann am Ende doch mit leeren Händen dazustehen: Mit 27:29 (11:15) verloren die Kieler das Spiel um Platz drei. Sie hatten in Niklas Landin (18/3) Paraden) einen überragenden Rückhalt, und Christian Dissinger meldete sich mit acht Toren zurück.
Verschnaufspausen für Dauer-Spieler
Das 56. Saisonspiel der Kieler war das sicherlich schwierigste: Nach den unglaublich intensiven 70 Halbfinal-Minuten gegen Veszprem und der Enttäuschung nach dem Halbfinal-Aus gab THW-Trainer Alfred Gislason zunächst einigen seiner besonders geforderten Spieler eine Verschnaufpause: Er begann zunächst ohne Marko Vujin und Niklas Landin (beide 56 Spiele), Domagoj Duvnjak (54 Spiele), dem erst vor kurzem von einem Kreuzbandriss genesenen Patrick Wiencek und Niclas Ekberg (52. Saisonspiel). Auf der anderen Seite musste PSG-Trainer Noka Serdarusic auf den verletzten Nikola Karabatic und den wegen seiner Roten Karte am Vortag gesperrten Igor Vori verzichten.
Trotzdem starteten beide Teams mit Tempo in die Partie: Nach vier Minuten waren bereits sechs Treffer gefallen, die Franzosen führten mit 4:2. Aktivposten beim THW: Christian Dissinger. Der junge Rückraumspieler nahm das Spiel in seine Hände und traf aus allen Lagen. Allerdings: Auch er fand seinen Meister in Ex-Zebra Thierry Omeyer, der dem THW Kiel mit seinen Paraden das Leben schwer machte. So auch zwischen der siebten und neunten Minute, in der ein wahres Gegenstoßgewitter über die Kieler hereinbrach und Paris sich von 4:4 auf 8:4 absetzte. Doch die "Zebras" blieben in Kontakt, denn auch Niklas Landin erwischte einen Sahnetag: Gleich drei Siebenmeter entschärfte der Däne, nach sechs Minuten für den glücklosen Nikolas Katsigiannis gekommen, bis zum Wechsel.
Paris zur Pause vier Tore vorn
Allerdings musste der THW den Gegner etwas ziehen lassen: Vor allem Linkshänder Sergyi Onufryienko und Mikkel Hansen ließen die Fans in Blau jubeln. Nach Dissingers Anschluss zum 7:9 waren es Hansen und Daniel Narcisse, die PSG mit 12:7 in Führung brachten (19.). In der Abwehr packten die Franzosen resolut zu, was auch Rune Dahmke zu spüren bekam: Bei einem Gegenstoß holte ihn Mikkel Hansen gefährlich von den Beinen - zum Glück für den Youngster ohne Verletzungs-Konsequenzen. Mit dem Halbzeitpfiff gelang Onufryienko das Tor zum 15:11 - eine Vorentscheidung?
Nächster Halt am Mittwoch: Eisenach
Der THW Kiel reist Montagvormittag zurück in die Landeshauptstadt. Dort wird vor allem die medizinische Abteilung gefordert sein: Nach zwei intensiven Auftritten beim "VELUX EHF Final4", bei dem die "Zebras" auch ihre letzten Kraftreserven mobilisierten, haben sie nur wenige Stunden Zeit, um sich auf ihr nächstes Bundesliga-Spiel vorzubereiten: Am Mittwoch erwartet der ThSV Eisenach die Kieler zum Duell. Die Gastgeber wollen sich mit einem Heimsieg gegen die Schwarz-Weißen von ihren Fans verabschieden, der THW unbedingt den einen Punkt für die Sicherung von Platz drei in der Liga holen. Weiter geht's, Kiel!
Nein, denn der THW Kiel kam mit einem Ziel zurück: Sie wollten den Top-Favoriten noch einmal richtig ärgern. Und das taten die "Zebras" dann auch: Längst war Duvnjak zurück auf der Platte, hatte sich Wiencek in den Dienst der Mannschaft gestellt, und auch Vujin machte Dampf. Die Abwehr hatte endgültig die müden Beine abgelegt, und Landin machte dort weiter, wo er vor der Pause aufgehört hatte: Mit Paraden am Fließband. So pirschten sich die "Zebras" auf 15:17 (Dissinger, 36.) und 16:18 (Vujin, 38.). Nach einer zweifelhaften Stürmerfoul-Entscheidung gegen Dissinger brachte Hansen wieder drei Tore zwischen Schwarz-Weiß und PSG - dann schlug die große Stunde des THW: Duvnjak markierte das 17:19, Landin hielt einen Hansen-Wurf, Duvnjak traf zum 18:19. Landin trieb erneut Hansen in den Wahnsinn, und Wiencek jagte den Ball zum 19:19 in Omeyers Maschen. Die Halle stand Kopf - der THW Kiel war tatsächlich noch einmal zurückgekommen!
THW erarbeitet sich Führung
Nach 43 Minuten schafften die "Zebras" die erste Führung: Wieder hatte Wiencek getroffen, Duvnjak legte das 22:20 nach (44.). Jetzt waren es Hansen und Daniel Narcisse, die für Paris Saint Germain die Kohlen aus dem Feuer holten: Sie suchten die Lücken, und sie fanden sie. Beim 24:24 (52.) war wieder alles ausgeglichen, und Christian Sprenger zeigte, dass die Kieler noch einmal alles gaben: Nach seinem 26:25 blieb der Rechtsaußen von Krämpfen geplagt liegen, kehrte später aber wieder zurück auf das Feld. Und auch noch als Wiencek in Unterzahl einen Ball klaute, Duvnjak Klein zum 27:26 bediente, konnten die Fans von einem kleinen Happyend träumen.
Mikkel Hansen macht alles klar
Doch einmal mehr war die Schlussphase nicht die des THW: M'Tima traf zum Ausgleich, Vujin wurde ungeahndet gefoult, den Ballbesitz nutzte Paris durch Hansen zum 28:27, Wiencek wurde am Kreis ungeahndet umgerissen, diesen Ballbesitz verwertete erneut der Däne mit seinem zehnten Treffer zum 29:27. Als Omeyer dann zwei Duvnjak-Würfe entschärfte, war diese Partie entschieden. Trotz der Niederlage wurden die "Zebras" von ihren Fans für zwei unglaublich couragierte Auftritte gefeiert, verließen mit erhobenem Haupt die Lanxess-Arena. Einen besonderen Abschied bereiteten die Zuschauier Dominik Klein: Der Linksaußen ging als letzter in die Kabine und wurde nach seinem letzten Final4-Auftritt im THW-Trikot mit stehenden Ovationen verabschiedet.