Weltklasse-Duell am Donnerstag: THW trifft auf Paris
Paris ist der Mega-Favorit
Höchster Etat im Clubhandball
Das Ziel in Paris ist der europäische Titel - nicht weniger. Dafür hat der katarische Investor bei Paris St. Germain, PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi von "Qatar Sports Investment", vor dieser Spielzeit die Taschen noch einmal weit geöffnet. Mit einem Etat von 17 Millionen Euro, dem höchsten im europäischen Clubhandball, soll in dieser Spielzeit das klappen, woran die favorisierten Franzosen zuletzt zweimal scheiterten: zunächst die Qualifikation für das "VELUX EHF Final4" in Köln, und dann der ganz große Griff nach dem Pokal. Hierfür holte man sich Titel-Erfahrung: Noka Serdarusic folgte auf Philippe Gardent und soll dem Star-Ensemble von der Seine Struktur geben. Für Serdarusic, der 25 seiner 28 Titel seiner Trainerlaufbahn zwischen 1993 und 2008 mit dem THW Kiel feierte, wird das Spiel am Donnerstag die erste Pflichtspiel-Rückkehr in die Sparkassen-Arena.
Nationaltrainer Olsson ist jetzt "Co"
Als Unterstützung holte sich Serdarusic einen seiner ehemaligen Spieler an seine Seite: Staffan Olsson, von 1996 bis 2003 an der Förde und aktuell noch schwedischer Nationaltrainer, wurde als "Co" verpflichtet. "Noka hat sich bei mir gemeldet, und wir waren uns schnell einig", erzählt Olsson über seine Verpflichtung. "Paris ist ein spannendes Projekt, das auf Langfristigkeit ausgelegt ist." Der Rückkehr in die Sparkassen-Arena sieht Olsson mit gemischten Gefühlen entgegen: "Ich habe dort die sieben tollsten Jahre meiner Sportkarriere erlebt, weiß aber, wie schwer es ist, in Kiel zu gewinnen." Olsson erwartet für Donnerstag ein hochkarätiges Spiel: "Das werden 60 Minuten, die man nicht vergisst."
Mikkel Hansen ist Top-Torjäger
Dass in der Hammer-Gruppe A der "VELUX EHF Champions League" auch Paris Saint-Germain zu kämpfen hat, zeigte sich gleich zu Beginn: In Flensburg verlor die Serdarusic-Mannschaft nach einer unglaublichen Tempojagd der Gastgeber mit 32:39 - allerdings blieb dies die bisher einzige Niederlage der Pariser, die seit dem vergangenen Spieltag an der Spitze thronen: MVM Veszprem (HUN), das Team um die Ex-"Zebras" Momir Ilic, Aron Palmarsson und Christian Zeitz, musste den Platz an der Sonne nach einer 27:29-Auswärtsniederlage bei Paris Saint-Germain (FRA) räumen und an die Franzosen abgeben. Überragender Akteur in diesem Spiel war einmal mehr Mikkel Hansen: Der Shooter erzielte elf Treffer gegen die Ungarn und steht mit 54 Toren in sechs Partien an der Spitze der Königsklassen-Torjägerliste.
Auch Mollgaard und Onufryenko kamen
Für Marko Kopljar, der nach Barcelona ging, holte man den wurfgewaltigen Sergiy Onufryenko von HC Motor Zaporoschje. Im linken Rückraum wurde Mladen Bojinovic durch den dänischen Nationalspieler Henrik Mollgaard ersetzt, der sich die Position mit Karabatic, William Accambray und Mikkel Hansen teilt. "Den linken Rückraum kann man kaum besser besetzen als Paris", staunt auch Sky-Experte Henning Fritz über die Möglichkeiten, die Serdarusic in seinem 16-Mann-Kader vorfindet. Nur zwei Spieler haben keine Länderspiel-Erfahrung, weitere Weltmeister und Olympiasieger wie Xavier Barachet, Igor Vori oder Luc Abalo stehen Seite an Seite mit erfahrenen Akteuren wie Robert Gunnarsson oder Fahrudin Melic. Sie alle sollen nun helfen, den Mega-Favoriten PSG zu europäischen Ehren zu verhelfen.
Siebtes Spiel gegeneinander
Bisher traf der THW Kiel sechs Mal auf die Mannschaft aus Paris - alles sechs Begegnungen entschieden die "Zebras" für sich (siehe auch Gegnerstatistik im THW-Archiv). In der vergangenen Saison trafen Kiel und Paris schon einmal in der Gruppenphase aufeinander, in beiden Spielen ging es hoch her. Am Ende gewann der THW in der französischen Hauptstadt mit 27:25 (siehe Spielbericht) und in der Sparkassen-Arena mit 33:29. "Wir wollen am Donnerstag unbedingt zwei Punkte holen", sagt THW-Kapitän Rene Toft Hansen. "Wir brauchen dafür unbedingt unsere Fans: Die Halle muss von Beginn an kochen!" Schiedsrichter des Top-Duells sind die beiden Slowenen Nenad Krstic und Peter Ljubic, als EHF-Delegierter reist der Schwede Peter Olsson nach Kiel. Auf geht's, Zebras!
Noch Tickets erhältlich
Die Vorfreude auf das Spiel ist in Kiel riesig: "Nikola Karbatic ist einer der größten Spieler, die der Handball je gesehen hat. Daniel Narcisse und Thierry Omeyer können ein Spiel ebenfalls allein entscheiden", sagt Rune Dahmke. "Aber wir sind gut drauf, werden uns gut auf die Partie vorbereiten und spielen gemeinsam mit unseren Fans auf Sieg!" Für die Partie am Donnerstag gibt es noch einige hundert Sitz- und Stehplatztickets an allen bekannten Vorverkaufsstellen, im Ticketcenter, bei CITTI, in den famila-Märkten und im Online-Ticketshop des THW Kiel. Dort kann man sich bis zum Anpfiff mit der "Print@Home"-Variante eine Karte zum Selbstausdrucken ohne Schlangestehen sichern, die "Abendkasse" im Ticketcenter hat am Donnerstag ab 9 Uhr bis zum Anpfiff geöffnet. Einlass in die Arena ist ab 16.45 Uhr.
Karabatic mal zwei
Serdarusic und Olsson wissen, wie man Titel holt. Und Paris Saint-Germain tut alles, um dieses Wissen in die Tat umzusetzen. Serdarusic wünschte sich seinen "Ziehsohn" Nikola Karabatic an die Seine, und der Club erfüllte ihm seinen Wunsch: Geschätzte zwei Millionen Euro überwies PSG für die Dienste von Karabatic an den FC Barcelona. Natürlich die höchste Ablösesumme, die je im Handball gezahlt wurde. Jetzt wirbelt der Welthandballer Nikola Karabatic mit dem dänischen Superstar und Welthandballer Mikkel Hansen und seinen Weltmeister-Kollegen Daniel Narcisse und Thierry Omeyer - ebenfalls Welthandballer - in der französischen Hauptstadt, in der auch Karabatic-Bruder Luka, er kam von Aix en Provence, seine neue Heimat hat.
KN: Kampf der Titanen
Kiel. Es kursieren viele Umschreibungen, vom "Spitzenspiel" über das "Duell der Giganten" bis zum "vorgezogenen Finale". Ohne Frage ist die Partie des THW Kiel gegen Paris St. Germain ein Highlight für alle Beteiligten - für einige sogar ein ganz Besonderes: Fünf ehemalige Zebras kehren mit dem französischen Meister zurück an alte Wirkungsstätte. "Ich freue mich, wieder in dieser Halle spielen zu dürfen", sagt Thierry Omeyer. Der 39-Jährige trug von 2006 bis 2013 das THW-Trikot, gewann mit Kiel zweimal das Triple, insgesamt sechs Meistertitel, sechsmal den DHB-Pokal und dreimal die Champions League. Nachdem er 2013 nach Montpellier gewechselt war, schloss er sich ein Jahr später dem ambitionieten PSG an. Der französische Klub will unbedingt auf Europas Thron, hat seinen Jahresetat mithilfe der Investitionen aus Katar auf etwa 17 Millionen Euro erhöht. "Wir haben ein großes Ziel, das ist genau, was ich brauche", sagt der Torhüter. "Ich bin immer noch der Gleiche wie in Kiel, will immer auf Sieg spielen - sehr ehrgeizig", fügt er lachend hinzu. "Titi" fühlt sich wohl in Paris, nicht nur sportlich. Mit seiner Familie hat er sich in Frankreichs Hauptstadt gut eingelebt und seinen Vertrag im Mai um ein weiteres Jahr bis Sommer 2017 verlängert. Auf die Rückkehr nach Kiel für das Duell mit dem THW hat er sich dennoch gefreut: "Es ist jedes Mal schön, hier zu sein. Auch um Freunde wiederzutreffen", erzählt er. Alte Weggefährten hat Omeyer mittlerweile auch in Paris um sich. Neben Daniel Narcisse und Nikola Karabatic hat auch sein Trainerteam überdeutliche Zebra-Fußstapfen hinterlassen. Seit Sommer dieses Jahres ist Alfred Gislasons Vorgänger "Noka" Serdarusic Trainer in Paris, an seiner Seite arbeitet seit September Staffan Olsson. Kein Wunder also, dass das Los THW Kiel in der Champions League für besondere Gefühle sorgt. "Wir sprechen natürlich über Kiel, alle haben gute Erinnerungen", beschreibt Omeyer. Und lenkt den Fokus gleich wieder auf das Spiel. "Das wird sehr schwer gegen diese Mannschaft und eine volle Halle." Das mit Stars gespickte PSG-Team rangiert nach sechs Spielen auf Platz eins der Champions-League-Gruppe A, zwei Punkte vor dem THW. "Das Spiel in Kiel ist sehr wichtig, der THW spielt mit um den Gruppensieg", sagt Omeyer. "Aber wir denken nicht an eine Vorentscheidung. Durch den neuen Modus ist nichts sicher, es sind noch so viele Spiele und so starke Gegner." Dass es für deutsche Mannschaften generell nicht leicht ist, in der Champions League zu bestehen, will er nicht bestätigen. "Die Belastung ist natürlich sehr hoch, in der Bundesliga hast du kein leichtes Spiel", sagt er. "Aber auch die französische Liga ist besser geworden, die Vereine verstärken sich von Jahr zu Jahr." Das letzte Ligaspiel verlor Paris knapp in Montpellier. In der Champions League setzte es für PSG im ersten Spiel eine überraschend deutliche Niederlage in Flensburg, danach hielt sich das Team schadlos. "Diese Niederlage lag vor allem an Paris selbst", sagt THW-Trainer Alfred Gislason. "Sie waren zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison noch weit weg von ihrer Normalform. So ein Spiel ist ihnen seitdem nicht wieder passiert." Für den Isländer ist die "überragende Mannschaft, die in der Breite unwahrscheinlich gut besetzt ist" der Top-Favorit auf den Titel. Umso schwerer wiegt der Ausfall von Patrick Wiencek, vor allem im Mittelblock der THW-Abwehr gegen einen Rückraum um Karabatic, Narcisse, Mikkel Hansen und William Accambray. Immerhin: Gislason kann wohl wieder auf den zuletzt verletzten Christian Dissinger und erstmals auch in der Champions League auf Kreisläufer Igor Anic bauen. "Ich freue mich sehr auf die Partie gegen eine super Mannschaft in einer vollen Halle", sagt der Coach. "Wir müssen sehr gut spielen." Gelingt das, winkt dem THW sogar die Tabellenführung (Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 12.11.2015)
KN: Die Arena spricht ihre eigene Sprache
Kiel. Kurz vor 17 Uhr hält der Mannschaftsbus des THW Kiel am Mittwoch an der Sparkassen-Arena. Heraus treten aber nicht die Zebras – sondern die Spieler von Paris St. Germain, im herbstlichen Nieselregen von Kapuzen geschützt. Trainer Noka Serdarusic hat zur letzten Trainingseinheit vor dem Kracher in Kiel geladen. Vor leeren Rängen in der kühlen Arena spulen die Stars um die Ex-Kieler Nikola Karabatic, Daniel Narcisse und Thierry Omeyer ihr Programm ab. Zwischendurch immer wieder Ansagen des Coaches, gut zu verstehen im beinahe gespenstischen Rund - im doppelten Sinne: Serdarusic spricht deutsch, "Titi" übersetzt ins Französische. Ohnehin scheint Deutsch bei PSG die "Lingua franca" zu sein, auch die Spieler plaudern in der Sprache ihrer Ex-Vereine: Omeyer mit dem Kroaten Igor Vori, bis 2013 beim HSV unter Vertrag, Robert Gunnarsson - sieben Jahre in Gummersbach und Mannheim - mit Daniel Narcisse. 90 Minuten lang trainieren sie in der Halle des Gegners. Richtig fremd fühlen sich viele wohl nicht. Serdarusic wirkt bei seiner erstmaligen Rückkehr, als kenne er immer noch jeden Zentimeter, Co-Trainer Staffan Olsson lässt den Blick schweifen, über die Platte, die Ränge, die Portraits an der Hallendecke. Erinnerungen in der Stille, bevor heute Abend mehr als 10 000 Fans die Arena in einen Hexenkessel verwandeln. (Von Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 12.11.2015)