KN: Matchball verwandelt
Halle/Westfalen. Game, set and match Germany! Im Tennis-Stadion von Halle/Westfalen hat die deutsche Handball-Nationalmannschaft die Qualifikation für die Europameisterschaft 2020 am Sonnabend vorzeitig perfekt gemacht. Das Team von Bundestrainer Christian Prokop besiegte Polen in der Qualifikationsgruppe 1 mit 29:24 (16:16) und kann damit für die kontinentalen Titelkämpfe in Norwegen, Schweden und Österreich im Januar planen.
Deutschland gewinnt mit 29:24 gegen Polen und qualifiziert sich vorzeitig für die Europameisterschaft 2020
Es dauert 17 Minuten und 35 Sekunden, dann ist das erste Etappenziel des Tages erreicht. Kapitän Uwe Gensheimer erzielt per Siebenmeter das zwischenzeitliche 9:10. Es ist sein 823. Länderspiel-Tor, und damit überflügelt der 32-Jährige Ex-Nationalspieler Florian Kehrmann (822). In der ewigen Bestenliste stehen noch Christian Schwarzer (966) und Frank Michael Wahl (1412) vor Gensheimer.
Nach dessen insgesamt zehn Treffern im Gerry Weber Stadion ist Platz zwei nur noch eine Frage der Zeit. "Das ist eine schöne Auszeichnung", sagt der Linksaußen, dem sein Trainer eine "fantastische Leistung" attestiert.
Der Weg zum zweiten Etappenziel gestaltet sich holpriger. Auch weil den Deutschen - um in der Tennissprache zu bleiben - zu viele "unforced errors" unterlaufen. Die offensive 3:2:1-Deckung lässt die Aggressivität des Hinspiels am Mittwoch vermissen. Ausgerechnet die Kieler agieren unglücklich: Ballverlust Steffen Weinhold (9.), Stürmerfoul Weinhold (10.), Zeitstrafe Weinhold (11.), Patrick Wiencek scheitert zum wiederholten Mal frei am polnischen Keeper Mateusz Kornecki (12.), und Polen setzt sich auf 9:6 ab (16.).
"Wenn wir die Dinger aus sechs Metern nicht reinmachen, wird es natürlich schwer", erklärt Hannovers Fabian Böhm. Und Abwehrchef Hendrik Pekeler nimmt seine Kieler Kollegen in Schutz, verweist auf das Pokal-Final-Four am vergangenen Wochenende in Hamburg: "Es ist für uns das vierte Spiel in einer Woche, und wir standen bei allen Partien lange auf der Platte - so ein Knick ist normal." Der Bundestrainer stellt die Deckung also auf eine 6:0-Formation um, sieht den Ausgleich zur Pause (16:16) und zu Beginn der zweiten Halbzeit eine starke Phase bis zum 20:16 durch Patrick Wiencek (38.).
Der Knick nach unten wird zum Knick nach oben. Auch wenn Häfner, Böhm, Wiede zunächst an Kornecki scheitern, die Zahl der Fehlwürfe am Ende auf 13 nach oben schrauben, bleiben Passgeschwindigkeit, Spielwitz, Kreativität Merkmale des deutschen Spiels. Nur zu gern würde Prokop bis zur 50. Minute "den Deckel draufmachen", weiter rotieren. Doch Polen wehrt sich bis zum 25:23 (55.). Jetzt avanciert Steffen Weinhold - neben dem überragenden Silvio Heinevetter im Tor (16 Paraden) - zum Matchwinner. Nach sehenswertem Dreher (24:19/46.) und veredeltem Anspiel von Tim Suton (25:21/49.) erzielt der Kieler auch sein drittes (26:23/56.) und viertes Tor in Folge (27:23/58.) - die Entscheidung.
Was bleibt, ist die Freude über die vorzeitige EM-Qualifikation einerseits, Verbesserungsbedarf in einzelnen Bereichen andererseits. "Aus dem Rückraum möchte ich noch mehr Torgefahr sehen", sagt Prokop, der den Weg zum Superjahr 2020 mit Europameisterschaft und Olympischen Spielen längst in den Fokus genommen hat. "Die frühe Qualifikation gibt uns aber Planungssicherheit."
Den nächsten Lehrgang absolviert das DHB-Team im Juni und beschließt die EM-Qualifikation mit den abschließenden Partien gegen Israel am 12. Juni (19.30 Uhr) in Tel Aviv und gegen den Kosovo am 16. Juni (18 Uhr) in Nürnberg.
(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 15.04.2019, Foto: Sascha Klahn)