KN: Der lange Weg des Käpt’n

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KN: Der lange Weg des Käpt'n

Herzogenaurauch/Köln. Domagoj Duvnjak war im zurückliegenden Trainingslager des THW Kiel vielleicht der traurigste und glücklichste Mensch zugleich. Die Traurigkeit aus seinen Augen darüber, beim Training nur dabei, aber nicht mittendrin zu sein, sprach Bände. "Das war schwer", sagt der 29-Jährige, der im April am Knie operiert wurde. "Aber ich bin glücklich, mit der Mannschaft unterwegs zu sein." Den Saisonbeginn wird der Kroate verpassen und voraussichtlich erst im Oktober wieder auf dem Feld stehen.

Domagoj Duvnjak arbeitet hart für sein Comeback

"Im Optimalfall Oktober", lautete zu Wochenbeginn die aktuelle Prognose von THW-Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker. Schon von den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro war der kroatische Nationalspieler und Zebra-Kapitän gehandicapt zurückgekehrt, hatte sich in der Saison - insbesondere im Pokal-Final-Four oder im Champions-League-Achtelfinale gegen die Rhein-Neckar Löwen - für den THW aufgeopfert. Nach dem Pokalfinale war eine Operation unumgänglich, abgestorbene Teile der chronisch entzündeten Patellasehne im linken Knie mussten entfernt werden. "Das war meine erste OP überhaupt. Danach war ich wirklich nicht locker", sagt "Dule" heute, vier Monate später.

Freundin Lucija musste ihren (manchmal ungeduldigen) Domagoj aufbauen - mit Erfolg: "Ich war sehr glücklich, dass sie da war. Sie hat mir geholfen in dieser nicht so leichten Zeit. Und ich muss sagen, dass die ersten drei Monate echt schnell vorbeigegangen sind. Aber ganz ehrlich: Jetzt kommt es mir sehr, sehr langsam vor." Die Entdeckung der Langsamkeit hätte sich der ehemalige Welthandballer lieber gespart, quälte sich mit den Physiotherapeuten Stephan Lienau und Maik Bolte in Herzogenaurach immer wieder durch Behandlungen, legte mit Athletiktrainer Lasse Bork Sonderschichten im Kraftraum ein, während seine Teamkollegen in der Trainingshalle am taktischen Feinschliff für die kommende Saison arbeiteten. Duvnjak nimmt das Auf und Ab guter und schlechter Tage klaglos hin. "Einige Tage sind richtig gut, wenn ich ein bisschen mehr Gas gebe, habe ich schon Schmerzen. Dann lege ich eben einen Tag Pause ein."

So traurig sein Blick auch durch die Halle schweift, so sehr ihm seine größte Leidenschaft auch fehlt - "Es ist so wichtig für mich, im Trainingslager und auch sonst bei der Mannschaft zu sein. Für den Kopf, für das Gefühl." Also war Duvnjak da, nah dran, auch und besonders für die jungen Spieler, die zu ihrem Kapitän aufschauen. "Wenn jemand einen Rat braucht, bin ich da." Lange Gespräche am Abend führte Duvnjak hauptsächlich mit Miha Zarabec. Der 25-jährige Slowene, der sich mit seinem Kapitän auf Kroatisch unterhalten kann, soll die Lücke schließen, die durch die Verletzung des Kroaten entstanden war. Und gibt dabei momentan eine sensationelle Figur ab, verleiht dem THW-Spiel neue Tempoqualitäten. Konkurrenzgefühle? Die sind Duvnjak fremd. "Nein, nein, er ist ein überragender Spieler. Wir werden so viel Spaß mit ihm haben. Er ist schon gut integriert, es könnte nicht besser sein. Und übrigens: Die beiden Außen sind auch richtig gute Jungs."

So richtig dabei ist er noch nicht, aber Duvnjak hält den Laden zusammen, hat ein feines Gespür, strahlt Ruhe aus. "Die Stimmung ist super, diese zehn Tage haben uns allen ein gutes Gefühl gegeben. Ich glaube an diese Mannschaft." Die Meisterschale möchte der Handball-Weltstar "nach Hause holen". Darum kämpft er auf seinem Weg. Seinem langen Weg zurück.

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 14.08.2017, Foto: Sascha Klahn)