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Spielbericht zur Partie beim HC Meshkov Brest

Champions League

Spielbericht zur Partie beim HC Meshkov Brest

Der THW Kiel hat in der VELUX EHF Champions League die ersten Auswärtspunkte erkämpft: Nur knapp 44 Stunden nach dem Liga-Erfolg gegen Ludwigshafen siegten die "Zebras" nach einer absoluten Energieleistung mit 25:24 (12:14) beim HC Meshkov Brest im fernen Weißrussland. Verlassen konnten sie sich bei dem Thriller, der bis in die Schlussminute einen dramatischen Verlauf hatte, auf ihre starke Defensive und auf Torhüter Niklas Landin: Der Kieler Kapitän hielt insgesamt 17 schwere Bälle und erzielte einen Treffer selbst.. In Abwesenheit von Top-Torschütze Niclas Ekberg übernahmen andere Verantwortung vor dem Kasten: Nikola Bilyk und Marko Vujin (je 6 Treffer) waren dabei für die leidenschaftlich kämpfenden Zebras die erfolgreichsten Werfer. 

Schwierige Ausgangslage

Die Ausgangslage für die "Zebras" vor dem wichtigen Spiel in der mit 3.500 Zuschauern ausverkauften "Victoria Sports Hall" hätte schwieriger kaum sein können: Nicht einmal elf Stunden nach dem Bundesliga-Sieg gegen die Eulen Ludwigshafen hatten sich die Kieler mit dem Mannschaftsbus wieder auf den Weg gemacht. Von Hamburg ging es dann mit dem Flieger nach Frankfurt, von Frankfurt in die weißrussische Hauptstadt Minsk und von dort wieder mit dem Bus in das knapp 400 Kilometer entfernte Brest. Nach mehr als 16 Stunden Reise erreichte der THW-Tross Samstagmorgen um 1:30 Uhr Ortszeit das Hotel - allerdings ohne Lukas Nilsson und Niclas Ekberg. Nilsson hatte direkt nach dem Eulen-Spiel Fieber bekommen, der THW-Haupttorschütze Ekberg musste aufgrund eines Magen-Darm-Infektes auf die zeitlich wohl längste Tour der Saison verzichten. Verzichten musste Trainer Alfred Gislason auch auf eine - eigentlich obligatorische - Trainingseinheit zwischen den beiden Spielen: Statt des Abschlusstrainings in der Arena blieb lediglich noch Zeit für ein Videostudium.

Starker Kieler Start

Trotzdem hatten sich die Kieler für das "Spiel des Jahres" aus Sicht der Gastgeber natürlich eine Menge vorgenommen. Und das stellten sie auch früh unter Beweis: Niklas Landin war von Beginn auf Betriebstemperatur und gab der Abwehr mit seinen Paraden Sicherheit. Zudem war er wieder Vorlagengeber, bediente Ole Rahmel zum 3:3-Ausgleich (10.) und läutete damit eine starke Phase der "Zebras" ein: Miha Zarabec wirbelte durch die Brester Abwehr-Wand zum 4:3, hinten sorgte der stark verteidigende Toft für einen neuerlichen Ballbesitz, den erneut Rahmel veredelte. Als kurz darauf der starke Bilyk zum 6:4 traf, und sich auch Weinhold nicht stoppen ließ, wurde es kurzzeitig etwas still in der "Victoria Sports Hall". Erst Recht, als Toft eine Ãœberzahl-Situation zum 8:5 nutzte (20.). Doch die Kieler versäumten es, nachzulegen. 

Bittere 60 Sekunden vor der Pause

Dafür hielt aber die Drei-Tore-Führung bis zur 22. Minute, als Rahmel seinen dritten Treffer erzielte. Doch Stück für Stück steigerte sich nun auch Pesic im Tor der Gastgeber - und ließ bis zum Wechsel nur noch drei Kieler Treffer zu. Zudem steigerte sich die Brester Abwehr, errichtete einen wahren Defensiv-Riegel, gegen den der THW kaum noch Mittel fand. Beim 10:10 durch einen Shurinskiy-Heber glichen die Blau-Weißen erstmals wieder aus (26.), und dennoch hatte der THW die Möglichkeit, mit einer Führung in die Pause zu gehen. Was nach Bilyks 12:12 in Unterzahl, Toft musste zwei Minuten abbrummen, geschah, war bitter: Shylovich traf zur Führung für Meshkov Brest, die "Zebras" spielten einen grandiosen Angriff, der Bilyk frei vor Pesic auftauchen ließ. Doch der Schlussmann hielt, und Shylovich warf den Ball zum 14:12 in den verwaisten Kieler Kasten: Ein 1:4 in Unterzahl brachte die Kieler um einen verdienten Halbzeitlohn, während unter dem Hallendach längst der ohrenbetäubende Hexenkessel entfacht worden war.

Starker Neubeginn

Abwehrchef: Rene Toft Hansen liefert sich mit Rastko Stojkovic rassige Duelle

Die letzte Spielminute vor dem Wechsel wirkte nach: Die Kieler kamen mir ordentlich Dampf und der offensiven Abwehr aus der Kabine. In dieser spielte der angeschlagene Christian Dissinger auf der Spitze einen wichtigen Part bei der Aufholjagd des THW: Sieben Minuten lang kassierten die Kieler mit dieser Formation keinen Gegentreffer. Auch, weil Niklas Landin aufdrehte - und vorne die Chancenverwertung besser wurde: Bilyk, Landin mit einem Wurf ins leere Tor, Vujin mit Wucht und erneut Bilyk machten aus dem ärgerlichen 12:14 ein 16:14 (35.). Doch erneut verpassten die Zebras die Möglichkeit, sich abzusetzen. Auch, weil Pesic im Kasten der Brester viele freie Bälle parierte und vor allem Steffen Weinhold zeitweise mit seinen Paraden entnervte. Nach dem 16:16, das Shkurinskiy aus arg Stürmerfoul-verdächtiger Aktion erzielte, musste Ole Rahmel mit Rückenproblemen behandelt werden. Und die nächsten drei Angriffe laut Reglement zuschauen. Christian Zeitz ging auf die Außenbahn, und machte nach einem Fehlwurf gleich das wichtige 18:17. Wichtig, weil die "Zebras" stets vorlegten - und so die Gastgeber und ihre euphorischen Fans unter Zugzwang brachten.

Dramatik in den Schlussminuten

Ãœberragend: Niklas Landin

Nun wurde es ein noch intensiverer Fight, ein leidenschaftlich geführtes Ringen um jeden Ball. In diesem machte Weinhold mit dem letzten Ballkontakt vor dem Zeitspiel das 20:19 (48.), markierte Vujin von halblinks und mit ein wenig Glück das 22:19 (52.). Basis dieses 3:0-Laufes waren unglaubliche Landin-Paraden gegen Igropulo, Shkurinskiy und letztlich auch gegen den bisher so überragenden Shylovich. Der Däne wurde zum Matchwinner - auch wenn diese Begegnung einmal mehr in Dramatik enden sollte: Nach Vujins Fackel zum 24:20, vier Minuten vor dem Ende, schien sich die Waagschale in Richtung der Zebras geneigt zu haben. Doch Pech, wie bei Bilyks Pfostenschuss, und Pesic-Paraden brachten die Gastgeber 90 Sekunden vor Schluss wieder auf 23:24 heran. Ein Nervenspiel, in dem der Youngster genau diese behielt: Zeitspiel war angezeigt, fünf Pässe bereits gespielt. Bilyk musste abschließen - und machte genau das: Sein Wurf in den Winkel beendete 32 Sekunden vor dem Ende letzte Zweifel am Sieg, noch einmal verkürzte Brest, doch weitere 15 Sekunden lang behielt Kiel kühlen Kopf und spielte diese herunter. Eine unglaubliche Energieleistung endete mit genau dem Ergebnis, mit dem die Zebras bereits vor drei Jahren aus Brest nach Hause fuhren. Dieses Mal schmeckte der Erfolg angesichts der Strapazen und der ersten Auswärtspunkte auf dem Konto aber besonders gut.

Donnerstag in Stuttgart, Sonntag in Kiel

Direkt nach der Partie machten sich die Kieler auf Teil eins der langen Rücktour in die Landeshauptstadt: Mit dem Bus ging es nach Minsk, von wo aus die "Zebras" Sonnntagmorgen den zweiten Teil via Frankfurt und Hamburg antreten werden. Sonntagabend endet dann die Auswärtsreise in heimischen Gefilden. Dann beginnt bereits die Vorbereitung auf das nächste schwere Spiel in der Bundesliga: Am Donnerstag (19 Uhr, live auf Sky) empfängt der TVB 1898 Stuttgart die "Zebras" zum Duell um Liga-Punkte. Dann endlich können die Schwarz-Weißen wieder auf ihre Fans bauen: Am Sonntag (17 Uhr) empfangen sie den slowenischen Rekordmeister RK Celje Pivovarna Lasko in der Sparkassen-Arena. Gegen die Mannschaft von Ex-Zebra Igor Anic sollen weitere Königsklassen-Punkte geholt werden. Für diese Partie gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen und online im THW-Ticketshop noch Karten (ab 14,50 Euro). Der Marathon-Monat November nimmt jetzt richtig Fahrt auf: Auf geht's, Kiel! 

VELUX EHF Champions League, Statistik, 6. Spieltag, 4.11.17: HC Meshkov Brest (BLR) - THW Kiel: 24:25 (14:12)

HC Meshkov Brest: Pesic (1.-60., 15 Paraden), Mijatovic (n.e.); Rutenka (1), Kulak (1), Shkurinskiy (3), Poteko, Nikulenkau (3), Stojkovic (3/3), Shumak, Vukic (1), Prodanovic (1), Horak (1), Razgor, Igropulo (1), Djordjic, Shylovich (6); Trainer: Bebeshko

THW Kiel: Landin (1.-60., 17 Paraden, 1 Tor), Wolff (2 Siebenmeter, 0 Paraden; Firnhaber (n.e.), R. Toft Hansen (2), Weinhold (2), Dissinger, Wiencek, Zeitz (1), Frend Öfors, Rahmel (3), Dahmke (3), Zarabec (1), Vujin (6/1), Bilyk (6); Trainer: Gislason

Schiedsrichter: Vaidas Mazeika / Mindaugas Gatelis (LTU)

Strafzeiten: Brest: 3 (Horak (18.), Vukic (31.), Poteko (43.)) / THW: 3 (Rahmel (15., Toft (29.), Wiencek (58.))

Siebenmeter: Brest: 3/3 / THW: 2/1 (Vujin überweg (38.))

Spielfilm: 0:1 (3.), 2:1 (6.), 3:2 (8.), 3:5 (13.), 4:5, 4:7 (18.), 5:8, 6:9 (23.), 8:9 (24.), 9:10, 10:10 (26.), 12:12 (30.), 14:12;
14:13 (32.), 14:16 (35.), 16:16 (40.), 17:17, 19:19, 19:22 (52.), 20:24 (57.), 23:24 (59.), 23:25 (60.), 24:25

Zuschauer: 3.150 (Victoria Sports Hall, Brest (BLR))

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason in den KN: Wir hatten in beiden Halbzeiten einen guten Start, kurz vor der Pause haben uns viele Paraden von Ivan Pesic eine Führung gekostet. In der zweiten Hälfte hatten wir eine gute Abwehr und haben gute Entscheidungen getroffen. Ich denke, es ist ein verdienter Sieg.

Brests Trainer Sergej Bebeshko in den KN: Am Anfang standen wir gut in der Abwehr, aber im Angriff funktionierte nur wenig, wir mussten schnell viele Anpassungen vornehmen. Aber der THW gewinnt von Spiel zu Spiel an Selbstvertrauen und Stärke, das war heute deutlich zu sehen.

Brests Torhüter Ivan Pesic in den KN: Ich denke, jeder hat einen Thriller gesehen. Wir waren im Angriff nicht gut, haben unsere Würfe nicht gut vorbereitet, so konnte Niklas Landin viel halten. Vielleicht hätte ich beim letzten Ball besser reagieren müssen.

THW-Linkshänder Marko Vujin in den KN: In den letzten zwei Minuten war es sehr schwer, weil Patrick Wiencek fehlte. Du spielst dann anders, weil du bei leerem Tor auf keinen Fall technische Fehler machen darfst. Aber wir haben ruhig gespielt und Niko hat das wichtige Tor gemacht.

THW-Geschäftsführer Thorsten Storm: Ich freue mich für die ganze Mannschaft. Sie hat in Brest einen klasse Kampf gezeigt, der endlich auch einmal belohnt wurde.