THW gewinnt Top-Spiel gegen Melsungen
Der THW Kiel hat im Topspiel der DKB Handball-Bundesliga die MT Melsungen deklassiert: Nach 60 einseitigen Minuten, in denen sich die Zebraherde wie aus einem Guss präsentierte, feierten 10.285 frenetische Zuschauer in der ausverkauften Sparkassen-Arena einen 37:20 (19:10)-Erfolg der Gastgeber. Mit einer fulminanten ersten Hälfte, in der die Schwarz-Weißen ihre Fans gleich mehrfach aus den Sitzen rissen, hatte der THW den Grundstein für die zwei wichtigen Punkte gelegt. Torhüter Niklas Landin hielt hinter einer bärenstarken offensiven Abwehr der Kieler 16 Bälle. Bester Torschütze der Partie war Niclas Ekberg (8/2), Nikola Bilyk traf sieben Mal für die zeitweise wie entfesselt aufspielenden Zebras.
Kiel war heiß auf das Spiel
Weltklasse: Domagoj Duvnjak machte ein überragendes Spiel
Die Zebras hatten sich für das Top-Spiel gegen die nach Minuspunkten gleichauf liegende MT Melsungen die berühmte "weiße Wand" gewünscht - und die Fans erfüllten den Schwarz-Weißen diesen Wunsch: Von Beginn an war richtig Feuer unter dem Hallendach. Das beflügelte offenbar den THW, der von der ersten Minute an Tempo und Druck machte. Vor allem in der offensiven Abwehr: Mit schnellen Beinen und ganz viel Leidenschaft wurden die Nordhessen sofort unter Druck gesetzt. Als "Zerstörer" jeglichen geordneten MT-Angriffsspiels fungierte Domagoj Duvnjak auf der Spitze der 3-2-1-Variante: Weltklasse, wie der THW-Kapitän hinten störte und vorn die Akzente und seine Mitspieler in Szene setzte. In seinem Rücken wusste Duvnjak einen ganz starken Block - und Niklas Landin, der wie seine Teamkollegen richtig heiß auf die Begegnung und sofort im Spiel war.
Zebras reißen die Fans aus den Sitzen
Sieben Treffer erzielte Nikola Bilyk
Beinahe fünf Minuten dauerte es, bis die MT durch Reichmann zum ersten Mal jubeln konnte. Zuvor hatte der THW ein 3:0 vorgelegt - und ließ sich auch vom Anschlusstreffer nicht aus der Fassung bringen. Duvnjak mit einem Schlagwurf, Bilyk mit einem Hüft-Geschoss und wenige Sekunden später nach feinem Weinhold-Steal per Gegenstoß: 6:1! Die Arena stand Kopf, nach 9:01 Minuten nahm MT-Coach Heiko Grimm die erste Auszeit, setzte fortan auf den siebten Feldspieler, um die Kieler Abwehr bezwingen oder an den Kreis zurückdrücken zu können. Doch die "Zebras" taten ihm diesen Gefallen nicht: Sie arbeiteten weiter gemeinsam, verschoben, dass es eine Freude war, kämpften um jeden Zentimeter und raubten den Melsungern so ihre Emotionen: Duvnjak bediente den an den Kreis eingelaufenen Magnus Landin zum 7:1, Niklas Landin hielt gegen den frei vor ihm auftauchenden Michael Müller, und Duvnjak traf von der Mittellinie in den verwaisten MT-Kasten zum 9:3. Kurzzeitig entwickelte sich eine ausgeglichene Begegnung, in der Melsungen den THW zumindest nicht weiter abreißen lassen wollte - stoppen konnten sie die Kieler aber nicht.
Neun-Tore-Führung
Drei Tore, schöne Vorlagen: Steffen Weinhold
Weil die Schwarz-Weißen im Angriff die richtige Mischung aus Spielfreude und Geduld aufbrachten, konnten die Hessen nicht zur Aufholjagd blasen: Lukas Nilsson jagte den Ball mit 100 km/h ins Netz zum 12:6, ehe der Name "Landin" gleich doppelt durch die Arena schallte: Niklas hielt gegen Kühn, über Weinhold und Patrick Wienceks Hinter-dem-Rücken-Pass landete der Ball bei Magnus, der zum 13:6 einschoss. Grimm nahm die zweite Auszeit nach 22 Minuten - doch ohne nennenswerten Ertrag: Zwar gelang Reichmann direkt nach Wiederanpfiff das 8:13, doch Ekbergs Siebenmeter und Duvnjaks Steal mit folgendem Ekberg-Gegenstoß aufs leere Tor brachten das 15:8 - eine Siebentore-Führung, die bis zur Pause sogar noch ausgebaut werden sollte: Weinhold drehte sich um Danner herum zum 17:10, die folgende Überzahl veredelte Duvnjak mit einem sensationellen Herausspitzeln des Balles aus Kühns Händen und dem 18:10 ins leere Tor, ehe der Melsunger Goalgetter mit einem Pass ins Nirwana die komplette Verunsicherung der MT in einer Aktion unter Beweis stellte: Der THW kam noch einmal in Ballbesitz, die Fans huldigten einer ganz starken ersten Hälfte moit Ovationen, und Weinhold markierte Sekunden vor der Sirene das 19:10. Wahnsinn!
La Ola und Begeisterungsstürme
Acht sehenswerte Tore und viel Leidenschaft: Niclas Ekberg
Wer geglaubt hatte, die "Zebras" würden es angesichts des klaren Vorsprungs etwas ruhiger angehen lassen, sah sich nach elf Sekunden eines Besseren belehrt: Überfallartig hatte der THW den Ball nach Wiederanpfiff Richtung MT-Tor getragen, und Weinhold mit einem fantastischen Dreher die erste Zehn-Tore-Führung des Spiels erzielt. Weil Landin dann gegen Allendorf parierte und Nilsson es mit 106 km/h krachen ließ, waren alle gute Halbzeitvorsätze der Melsunger schnell Makulatur. Egal, was die MT auch versuchte: Der THW Kiel war an diesem Abend wacher, schneller und kompromissloser. Wie bei Pekelers Schneller Mitte zum 22:11, wie Nilssons Geschoss bei angedrohtem Zeitspiel zum 23:12, wie bei Bilyks Hüftknaller zum 24:13. Aus dem mehr als gebrauchten Abend wurde für die Gäste nun ein Alptraum: Magnus Landin jagte den Ball in den Winkel, Duvnjak eroberte einmal mehr den Ball, Bilyk traf im Gegenstoß zum 26:13. In der 40. Minuten zog Grimm die letztmögliche grüne Karte: Beantwortet wurde dies mit einem Weinhold-Pass auf Duvnjak, der den Ball spektakulär per Kempa zum 27:13 verwandelte. Als kurz darauf Nilsson gefühlvoll per Dreher (!) den 5:0-Lauf der Kieler vollendete, kreiste bereits die "La Ola" durch das weite Rund: Kieler Spaßhandball mit Traumparaden von Landin, Reinkinds Durchbrüchen, toll abgeräumten Angriffen wie bei Ekbergs 34:18, Nilssons Zuckerpässen auf Wiencek und Pekelers Anwurf-Tor zum 37:20-Endstand sorgte für Begeisterung auf den Rängen: Zwei ganz wichtige Punkte blieben an diesem Abend in Kiel - und das "Wie" machte Lust auf mehr!
Am Sonntag Heimspiel gegen Erlangen
Harald Reinkind setzte sich mehrmals gut in Szene
Weiter geht es für die "Zebras" am Sonntag mit Teil zwei des Heimspiel-Doppelpacks: Um 16 Uhr gastiert der HC Erlangen in der Sparkassen-Arena. Die Partie gegen die Franken hätte eigentlich am ersten Spieltag stattfinden sollen, weil aber die Kieler Arena Ende August durch ein Konzert nicht zur Verfügung stand, wird der ursprüngliche Saisonauftakt jetzt nach fünf absolvierten Begegnungen gefeiert. Für das Spiel zur familienfreundlichen Anwurfzeit gibt es noch Sitz- und Stehplätze an allen bekannten Vorverkaufsstellen - unter anderem bei CITTI, in den famila-Märkten, bei den Kieler Nachrichten und im Ticketcenter der Sparkassen-Arena-, im Online-Ticketshop des THW Kiel unter www.thw-handball.de/tickets sowie unter der telefonischen Hotline 01806 / 300 234 (gebührenpflichtig: 0,20 Euro/Anruf aus dem dt. Festnetz, max. 0,60 Euro/Anruf aus dem dt. Mobilfunknetz). Kapitän Niklas Landin richtete gleich nach dem tollen Erfolg gegen Melsungen den Blick nach vorn: "Die zwei Punkte heute waren wichtig, aber Sonntag können wir uns für die 17 Tore Vorsprung nichts kaufen. Da starten wir wieder bei 0:0!" Weiter geht's am Sonntag, Kiel!
Statistik: DKB Handball-Bundesliga, 7. Spieltag, 27.09.18: THW Kiel - MT Melsungen: 37:20 (19:10)
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 16 Paraden), Wolff (n.e.); Duvnjak (4), Reinkind (2), M. Landin (3), Firnhaber (n.e.), Weinhold (3), Dissinger (n.e.), Wiencek (2), Ekberg (8/2), Rahmel (n.e.), Dahmke (n.e.), Zarabec (n.e.), Bilyk (7), Pekeler (3), Nilsson (5); Trainer: Gislason
MT Melsungen: Sjöstrand (12.-30., 47.-60., 6 Paraden), Simic (1.-12., 30.-47., 3/1 Paraden); Maric (1), Kühn (3), Lemke (1), Reichmann (5/1), Ignatow, Kunkel (3), Mikkelsen (2), Danner (2), P. Müller, Allendorf (2), Birkefeldt (1), M. Müller, Pavlovic; Trainer: Grimm
Schiedsrichter: Lars Geipel / Marcus Helbig
Zeitstrafen: THW: 1 (Weinhold (5.)) / MT: 6 (3x Kühn (4., 52., 58.), 2x Danner (24., 29.), Lemke (53.))
Rote Karte: Kühn (3. Zeitstrafe (58.))
Siebenmeter: THW: 3/2 (Simic hält Ekberg und den Nachwurf (42.)) / MT: 1/1
Spielfilm: 3:0 (3.), 3:1 (5.), 7:1 (11.), 8:3 (13.), 9:4 (14.), 11:6 (18.), 13:6, 13:8 (24.), 15:8 (25.), 16:10 (28.), 19:10;
21:10 (32.), 23:12 (36.), 24:13 (37.), 28:13 (45.), 30:15, 32:17, 34:19 (57.), 36:19 (59.), 37:20.
Zuschauer: 10.285 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Alfred Gislason: Wir standen heute sehr unter Druck, weil wir auswärts zuletzt zwei Mal nicht punkten konnten. Wir haben heute mit einer sehr starken Leistung reagiert. Die 3-2-1 war überragend, und wenn dahinter Niklas Landin beinahe 50 Prozent der Würfe hält, bringt das Selbstvertrauen und Druck nach vorn. Einige meiner Spieler haben heute gegen einen Gegner, der zuletzt sehr stark war, überragend gespielt. Riesen-Kompliment an meine Mannschaft. Das war ein Spiel, auf dem wir aufbauen können.
MT-Trainer Heiko Grimm: Glückwunsch an den THW Kiel zum verdienten Sieg. Wir sind mit der 5-1-Deckung nicht zurecht gekommen, haben uns komplett verunsichern lassen, was dieser Variante zugute kommt. Darauf waren wir nicht vorbereitet. Wir hatten eher mit der 6-0-Variante gerechnet. Wie dann aber ein kompletter Blackout der gesamten Mannschaft zustande kommt, kann ich nicht erklären. Das war unangenehm.
Viktor Szilagyi, Sportlicher Leiter THW Kiel: Ich bin unglaublich froh, das war ein toller Abend. Man hat unserer Mannschaft angesehen, dass sie sehr gut gearbeitet hatte. Wir waren spritzig, schneller auf den Beinen und haben die gute Mannschaftsleistung bis zum Schluss durchgezogen. Wichtig war auch: Unsere Fans waren ab der 1. Minute für uns da. Das hat einen Riesenspaß gemacht!
MT-Geschäftsführer Axel Geerken: Ich habe zur Pause sehr viele Menschen in der Halle gesehen, die sich über das Spiel gefreut haben. Ich habe mich geschämt. Ich bin überrascht darüber, wie wir gespielt haben und maßlos enttäuscht. Solch eine Nicht-Leistung habe ich ziemlich selten gesehen. Keiner war in der Lage, etwas zu verhindern oder uns zu helfen. Wir müssen jetzt zusehen, dass wir den kollektiven Blackout aus den Köpfen bekommen. Keiner macht solch ein Spiel mit Absicht. Aber das war rundum ein Sch...-Tag.