Jubelstürme und Freudentänze: Der THW Kiel gewinnt das Derby!
Jubelstürme auf den Rängen, Freudentänze auf dem Parkett: Der THW Kiel lief beim 105. Nordderby gegen die SG Flensburg-Handewitt in der Wunderino Arena gemeinsam mit seinen Fans zur Hochform auf, zauberte, kämpfte, warf Tore am Fließband und ließ der ersatzgeschwächten SG nie eine Chance. Am Ende einer berauschenden Partie in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga siegten die Zebras klar mit 33:23 (18:14) und setzten sich nach dem Zehnerpack gegen den ewigen Nordrivalen an die Spitze der "stärksten Liga der Welt".
9000 enthusiastische Fans
La Ola mit den Fans - die Zebras bedankten sich für eine unfassbare Atmosphäre
Es war der 63. Kieler Sieg gegen Flensburg. 9000 enthusiastische Fans in der "weißen Wand", die nach der gefühlt nie enden wollenden Pandemie-Leere ein Freudenfest in der ausverkauften Arena feierten, begeisterten auch die Spieler. "Sensationell", staunte Kiels mit 15 Paraden überragender Torhüter Niklas Landin, "wenn ich drüber nachdenke, warum wir Handball spielen, dann liegt das ganz sicher auch an den vollen Hallen und die geile Stimmung, die die Fans hier machen." Bester Torschütze in Reihen des Siegers war Sander Sagoren mit sieben Treffern, Harald Reinkind traf fünfmal ins Schwarze, je viermal waren Steffen Weinhold und Niclas Ekberg erfolgreich. Flensburg hatte seine besten Schützen in Linksaußen Hampus Wanne (6/4) und Mads Mensah Larsen (6).
Flensburg mit Sorgen
Kampf bis zum Umfallen: Die Zebras zogen der SG auch mit ihrem Einsatz den Zahn
Während die Zebras nach 60 Tempo-Minuten, großen Einsatz und unbändigem Willen noch mit der La Ola gemeinsam mit ihren Fans den Derbysieg feierten, schlichen die Spieler des Nordrivalen merklich geknickt vom Parkett der Wunderino Arena. Nach der klaren Heimniederlage vor drei Tagen in der Champions League gegen Barcelona blieb das Team von Trainer Maik Machulla auch in der Landeshauptstadt angesichts der Kieler Stärke ohne Chance. Zweifellos spielt das Verletzungspech dabei ebenfalls eine maßgebliche Rolle: In Kiel fehlten mit Semper, Roed, Lasse Möller und Sögard vier Stammkräfte, die nicht zu ersetzen waren. Machulla ließ in der zweiten Halbzeit seinen A-Jugendlichen Oscar von Oettingen voll durchspielen. Der 18-jährige Linkshänder machte ein gutes Spiel, erzielte sogar zwei sehenswerte Treffer.
THW-Express rauscht davon
Hendrik Pekeler erzielte zwei Treffer
In der Anfangsphase ging es Schlag auf Schlag. Niclas Ekberg traf per Siebenmeter zum 1:0, Golla glich aus. Dann waren es vor allem Harald Reinkind und Sander Sagosen, die das Tornetz von SG-Keeper Benjamin Buric ausbeulten. Absetzen konnten sich die Zebras zunächst aber nicht, weil auch Golla und Co. trafen. Kiel war stets knapp vorn. Als dann SG-Linksaußen Hampus Wanne beim Stand von 7:7 (12.) mit einem Siebenmeter am rechten Fuß von Niklas Landin scheiterte, war die erste SG-Chance auf eine Führung dahin - und Kiel übernahm das Zepter der Partie. Magnus Landin traf zum 8:7, Harald Reinkind zum 9:7, zwar verkürzte Wanne per Siebenmeter noch einmal auf 8:9, doch der THW-Express war nun nicht mehr aufzuhalten, rauschte davon. Reinkind traf zum 9:7, Ekberg per fantastischem Gegenstoß-Dreher zum 11:8, und Weinhold erzielte Kiels Tor Nummer zwölf - wuchtig, mit Entschlossenheit und viel Dampf.
Vier-Tore-Führung zur Pause
Nicht zu stoppen: Sander Sagosen erzielte sieben Treffer
Sander Sagosen und Magnus Landin bescherten den Zebras in der 24. Minute erstmals eine Sechs-Tore-Führung zum 15:9. Dass nicht bereits beim Halbzeitpfiff der Unparteiischen Schulze/Tönnies eine Vorentscheidung zu notieren war, verdankten die Gäste dem starken Torhüter Kevin Möller und dem aus seinen Paraden resultierenden 3:0-Lauf durch Wanne und zweimal Mensing. Rune Dahmke setzte dem Flensburger Aufbegehren noch vor der Halbzeit ein Ende und war von der Linksaußenposition schließlich für den 18:14-Pausenstand verantwortlich.
6-0-Lauf zur Vorentscheidung
Niklas Landin war im zweiten Durchgang kaum zu bezwingen
Torhüterparaden bestimmten dann den Auftakt von Halbzeit zwei. Landin parierte gegen Mensah, auf der anderen Seite hielt Kevin Möller, der schon in der 17. Minute für Buric ins Flensburger Tor gerückt war, gegen Sander Sagosen. Jim Gottfridsson verkürzte zum 15:18, Sagosen hielt mit seinen beiden Toren gegen die Treffer von Oettingen und Svan dagegen, ehe die Zebras richtig Fahrt aufnahmen und schließlich davon galoppierten. Mittendrin im Geschehen: Niklas Landin, der sieben Minuten lang seinen Kasten komplett zunagelte. Der Sechs-Tore-Lauf zum 26:17 (46.) von Hendrik Pekeler nach Traum-Anspiel von Miha Zarabec, Patrick Wienceks Gegenstoß, Niclas Ekberg Konter, Rune Dahmkes Gegenstoß, Miha Zarabec' Hammer und Nikola Bilyks Gewaltwurf nach Landin-Parade gegen Golla war dann eine echte Handball-Demonstration. Sie versetzte die Zuschauer in einen Rausch, raubte den Flensburgern alle Chancen und Hoffnungen. Die Halle kochte, THW-Rufe ließen das Dachgebälk erzittern.
Sagosen: "Die 'weiße Wand' war ein Traum!"
Traf per Kempa-Tor zum Endstand: Sven Ehrig
Trainer Machulla und seine überforderten Schützlinge waren fortan nur noch um Schadensbegrenzung bemüht, zum besten und wirkungsvollsten Akteur auf SG-Seite avancierte Torhüter Kevin Möller, der bei jetzt schwindenden Kräften im ausgezehrten SG-Kader eine noch höhere Niederlage verhinderte. Die Zebras indes zauberten: So klaute Patrick Wiencek hinten den Ball und vollendete den Gegenstoß mit einen so noch nie gesehenen Dreher zum 27:18, so wollten die Schwarz-Weißen bis zum Schlusspfiff noch weiter Spaß mit ihren Fans haben. Das Kieler Sahnehäubchen zauberte schließlich der junge Sven Ehrig auf einen berauschenden Derbysieg: Glänzend von Miha Zarabec angespielt, traf Kiels Rechtsaußen per Kempatrick zum 33:23-Endstand. Sander Sagosen schüttelte später ungläubig den Kopf: "Die volle Halle, diese Stimmung von unserer 'weißen Wand' war ein Traum."
Mittwoch erstes Königsklassen-Heimspiel
Die Zebras wollen am Mittwoch in der Königsklasse nachlegen
Am kommenden Mittwoch (20:45 Uhr) kehrt die EHF Champions League zurück nach Kiel - und das gleich mit einer Premiere: Zum ersten Mal überhaupt trifft der THW Kiel auf internationaler Ebene auf Elverum Handball. Das norwegische Top-Team wird trainiert von Ex-Zebra Börge Lund und ist mit einem 27:27-Unentschieden gegen den HC Vardar in den Wettbewerb gestartet. "Wir freuen uns auf die Unterstützung unserer Fans auch in diesem Spiel", sagt THW-Rückraumspieler Sander Sagosen, "endlich können wir auch in der EHF Champions League wieder vor Zuschauern in unserer Arena spielen!" Der freie Ticketverkauf für die Begegnung läuft bereits, es gibt - unter anderem online unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT - noch Karten in allen Kategorien. Weiter geht's in der Königsklasse, Kiel!
LIQUI MOLY HBL; 3. Spieltag: THW Kiel - SG Flensburg-Handewitt: 33:23 (18:14)
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 15/1 Paraden), Quenstedt (n.e.); Ehrig (2), Duvnjak, Sagosen (7), Reinkind (5), M. Landin (2), Weinhold (4), Wiencek (2), Ekberg (4/2), Ciudad (n.e.), Dahmke (3), Zarabec (1), Bilyk (1), Horak, Pekeler (2); Trainer: Jicha
SG Flensburg-Handewitt: Buric (1.-17., 1 Parade), Möller (17.-60., 12 Paraden); Helmersson, Golla (3), Hald, Svan (2), von Oettingen (2), Wanne (6/4), Steinhauser, Mensah (6), Gottfridsson (2), Jakobsen, Mensing (2), Lindskog; Trainer: Machulla
Schiedsrichter: Robert Schulze / Tobias Tönnies
Zeitstrafen: THW: 4 (2x Weinhold (7., 51.), M. Landin (27.), Duvnjak (35.)) / SG: 2 (Svan (14.), Lindskog (26.))
Siebenmeter: THW: 2/2 / SG: 5/4 (Landin hält Wanne (14.))
Spielfilm: 2:2 (3.), 4:2 (4.), 5:3 (6.), 5:5 (9.), 7:7 (12.), 9:8 (16.), 13:8 (21.), 15:9, 17:11 (27.), 17:14 (29.), 18:14;
19:15, 20:17 (37.), 26:17 (45.), 27:20 (49.), 30:23 (57.), 33:23.
Zuschauer: 9.000 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Am allermeisten freue ich mich, dass wir mit den Zuschauern wieder eine echte Derby-Stimmung erleben durften. Das hat uns allen gefehlt! Wir haben heute ein tolles Spiel gemacht. Wir waren sofort präsent und hatten viele gute Ansätze. Was mir am besten gefallen hat: Wir haben uns vollkommen auf unser Spiel fokussiert. Mitte der ersten Halbzeit hatten wir aber einen kleinen Bruch im Spiel. Wir waren da vielleicht zu früh zufrieden mit unserem Start, und das bestraft Flensburg sofort. In der zweiten Halbzeit sind wir rausgekommen und wollten unbedingt schnell gewinnen - das darfst Du gegen Flensburg nicht machen, und da hat uns dann etwas die Lockerheit gefehlt. Das war keine leichte Phase, aber wir das gut gelöst. Den Zahn haben wir den Flensburgern mit unserer Abwehrarbeit gezogen. Wir waren sehr flink auf den Beinen und im Eins-gegen-Eins. Und wenn du gegen Mannschaften wie Flensburg gewinnen willst, dann musst du in den Zweikämpfen da sein. Und dazu waren wir bereit. Wir waren sehr fleißig. Der Sieg heute ist eine schöne Momentaufnahme, die aber morgen schon wieder vergessen ist. Wir müssen uns weiterentwickeln - aber heute können wir uns erst einmal freuen. Und meine Spieler bekommen morgen einen freien Tag.
SG-Trainer Maik Machulla: Wir waren in vielen Bereichen nicht konkurrenzfähig. Der THW hat uns in der zweiten Halbzeit deutlich geschlagen. Wir hatten die Möglichkeit, auf zwei Tore heranzukommen, wo wir unsere Chancen verwerfen. Und dann überlaufen sie uns. Dann ist bei uns die Moral so ein bisschen gebrochen. Am Ende wird es dann so deutlich. Insgesamt haben wir die Dinge nicht so konsequent umgesetzt, wie wir uns das vorgestellt haben. Am Ende fehlt dann auch ein Stück weit die Kraft, noch dagegen zu halten. Diese Niederlage tut weh - auch in der Höhe. Denn das ist nicht der Anspruch, den wir an uns haben. Die Art und Weise dieser Niederlage stört mich sehr, aber wir sind derzeit nicht auf Augenhöhe mit dem THW Kiel. Wir müssen jetzt aus dieser schwierigen Situation das beste machen, und wenn wir das schaffen, bin ich optimistisch, dass wir dann den Handball spielen können, den wir uns vorgenommen haben.
SG-Spieler Jim Gottfridsson: In der ersten Halbzeit und bis zur 40. Minuten haben wir eigentlich gut gespielt. Dann haben wir etwas den Glauben verloren, und so war es am Ende nicht genug. Und dann ist es schwer mit diesem kleinen Kader zurückzukommen. Wir haben alles versucht, aber es hat nicht gereicht. Wir haben zurzeit einen kleinen Kader und müssen in jedem Spiel kämpfen.
THW-Toptorschütze Sander Sagosen: Die Atmosphäre war der Wahnsinn, ein echter Traum. Für diese Kulisse arbeiten wir das ganze Jahr. Wegen dieser Kulisse haben wir mit zehn Toren gewonnen. Wir haben super gespielt. Wir wissen, dass die Flensburger auch dezimiert noch eine sehr gute Mannschaft haben. Wir mussten von Anfang an kämpfen, aber das haben wir gemacht. Wir haben unfassbar gut gespielt.
THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Insgesamt war der Auftritt überwältigend. Wir waren von Beginn an gut eingestellt und auf alles vorbereitet. Gerade in der ersten Halbzeit hatten wir eine zehnminütige Phase, in der wir auf allerhöchstem Niveau decken, Bälle erobern. Und wenn ein Flensburger mal durchkam, war Niklas Landin zur Stelle. Und das war dann auch die entscheidende Phase in diesem Spiel. Wir genießen die Momentaufnahme, aber wir wissen auch, welchen Monat und Spieltag wir haben und was noch alles auf uns zukommen kann. Trotzdem muss man den heutigen Tag auch mal genießen. Vor dieser Kulisse gegen Flensburg mit zehn Toren zu gewinnen ist schon unglaublich besonders, und das müssen die Jungs auch mal genießen.
SG-Geschäftsführer Dierk Schmäschke: Ein Derby mit zehn Toren zu verlieren ist nie schön. Aber uns fehlt auch der komplette Rückraum. So eine Niederlage zu Beginn der Saison müssen wir erstmal wegstecken. Die Saison ist noch lang, aber das wir gleich mit so vielen Verletzten anfangen müssen, ist schon hart. Wir müssen jetzt ruhig bleiben und hoffen, dass möglichst bald der ein oder andere Spieler wiederkommt. Oder wir vielleicht sogar noch in irgendeiner Form reagieren. Wir machen uns aber in jede Richtung intensiv Gedanken.