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KN: Wiencek machte den Weg frei

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KN: Wiencek machte den Weg frei

Wien. Die deutsche Handball-Nationalmannschaft hat gestern Abend einen großen Schritt in Richtung Qualifikation zur Europameisterschaft im Januar 2016 in Polen gemacht. Nach dem verdienten 28:24 (12:11)-Sieg in Wien gegen Österreich hat das Team von Dagur Sigurdsson nach zwei Partien 4:0-Punkte auf dem Konto.

Der Isländer, der im Sommer als Bundestrainer auf Martin Heuberger folgte, saß wenige Augenblicke vor Spielbeginn auf der Bank der Deutschen, als wäre er nur einer der Zuschauer in der Albert-Schultz-Halle in Wien. Die Arme lagen locker auf der Stuhllehne und der Blick ging ins Nirgendwo. Der Schein trog jedoch, denn im Spiel war Sigurdsson deutlich engagierter bei der Sache als bei seinen bisherigen drei Auftritten als Chef der deutschen Handballer. „Wir waren in Abwehr und Tor über 60 Minuten sehr stabil“, erklärte Sigurdsson später und ernannte dies zum Hauptgrund für den Erfolg in der wichtigsten Partie seiner bisherigen Amtszeit. Auf dem Feld war zuvor erkennbar, was der Isländer von seinen Spielern fordert. Aggressiv und präsent waren die Deutschen in der Defensive und konzentriert im Angriffsspiel. Sigurdsson bewies schon bei der Benennung der Startformation, dass Erbhöfe und Leistungen der Vergangenheit für ihn keine Bedeutung haben, wenn sie nicht mit der Gegenwart übereinstimmen. Überraschend stand Carsten Lichtlein im Tor, Silvio Heinevetter blieb der Platz auf der Bank. Sigurdsson, bei den Berliner Füchsen Vereinstrainer von Heinevetter, zog seinen Spielplan ohne Rücksicht durch und wurde durch die Leistung des Torhüters des VfL Gummersbach bestätigt. „Das war ein Bauchgefühl“, sagte der Bundestrainer später. Es hatte Sigurdsson nicht getrogen, denn Lichtlein wurde in der zweiten Halbzeit zum Matchwinner, als er just in der Phase, in der die Begegnung hätte kippen können, sein Tor vernagelte. Als die Österreicher innerhalb von zwei Minuten aus einem 12:15 ein 15:15 gemacht hatten, die Halle tobte und die Heimsieben erneut in Ballbesitz kam, nagelte Lichtlein seinen Kasten zu. Drei Paraden in Serie sorgten für das Ende des österreichischen Sturmlaufs, die DHB-Auswahl führte wieder mit 17:15 (41.) und nutzte diesen Vorsprung, um den Sieg unter Dach und Fach zu bringen. Insgesamt 16 Paraden von Lichtlein verhalfen den Deutschen zum Sieg. „Ich war schon etwas überrascht, dass ich angefangen habe“, gab Lichtlein zu, der bei der Teambesprechung erfuhr, dass er den Vorzug vor Heinevetter erhielt. „Es ist schön, dass ich die Chance bekommen habe“, sagte der Schlussmann, der einzig verbliebener Weltmeister von 2007 im Kader von Sigurdsson ist. Beim WM-Triumph war er nicht zum Einsatz gekommen und bis gestern stand er auch bei keinem richtig wichtigen Spiel in der Startaufstellung der deutschen Mannschaft. Endgültig gesichert wurden die zwei Punkte, als Patrick Wiencek zwei Minuten vor Schluss zum 27:23 einnetzte. Der Kreisläufer des THW Kiel war als Turm im Innenblock und siebenfacher Torschütze neben Lichtlein Matchwinner, was überraschte, denn Wiencek war erst in Wien zum Team gestoßen, nachdem er am Freitag in Kiel bei der Geburt seiner Tochter Lotta dabei war. „Das war eine richtig tolle Woche“, sagte der Kreisläufer, der beim 30:18 am Mittwoch zum „Quali“-Auftakt gegen Finnland noch gefehlt hatte. Zufrieden war auch Steffen Weinhold. Der Rückraumrechte vom THW Kiel trat mit einem Treffer nicht als Torschütze in Erscheinung, war aber in der Abwehr ein Garant für den Sieg und sorgte im Angriff dafür, dass die Deutschen flüssig und mit der nötigen Ruhe spielten. „Wir haben nicht den Kopf verloren“, sagte Weinhold und sah darin den entscheidenden Entwicklungsschritt der DHB-Sieben. „In der Vergangenheit haben wir in der Qualifikation im November immer Punkte liegen lassen, die uns am Ende gefehlt haben“, sagte der Linkshänder. Die deutschen Handballer mitsamt Weinhold haben gestern einen großen Schritt gemacht, um sich nach zwei Jahren mal wieder aus eigener Kraft für ein Turnier zu qualifizieren. Und das konnte man von dem Team im Vorfeld nicht erwarten. (von Michael Wilkening, aus den Kieler Nachrichten vom 03.11.2014)