Spitzenspiel am Sonntag: Weltstar-Treffen in Paris
Topmotivierte "Zebras"
Rückspiel bereits am 22. November
Final 4 ist das PSG-Ziel
In der Tat trifft der THW Kiel mit seinen Handballstars am Sonntag auf eine ebenso prominent besetzte Weltauswahl: Mit einem geschätzten Etat von über 13 Millionen Euro investieren die katarischen PSG-Geldgeber so viel wie kein zweiter Club in Europa in den sportlichen Erfolg. Dabei hat sich die PSG-Weltauswahl in diesem Jahr vor allem die Teilnahme am "VELUX EHF Final4" zum Ziel gesetzt: "Das Final4 bleibt der große Traum von mir und unserer Mannschaft", sagt der inzwischen 34-jährige PSG-Kapitän Daniel Narcisse. Bruno Martini, Manager von PSG, ärgert sich noch immer über das letztjährige Viertelfinal-Aus gegen MKB Veszprem: "Letztes Jahr standen wir vor den Toren Kölns, dieses Mal wollen wir auch hinein." Der Angriff auf die europäische Spitze - er ist längst gestartet.
Prominente Neuverpflichtungen
Deshalb konnte und wollte Jean-Claude Blanc, Geschäftsführer von Paris Saint Germain Handball, Mitte April seine Freude nicht verbergen. Soeben hatte der französische Club, der sich in den vergangenen zwei Jahren durch eine ganze Reihe von spektakulären Verpflichtungen zu einer mit Stars gespickten Adresse im Welthandball gemausert hatte, die Vertragsunterschriften der beiden Weltmeister Thierry Omeyer und William Accambray bekannt gegeben. "Wir sind ganz besonders erfreut, zwei großartige französische Spieler begrüßen zu dürfen", sagte Jean-Claude Blanc. "Die Ankunft von Thierry und William zeigt unseren Anspruch, Paris Saint Germain zu einem der angesehensten und erfolgreichsten Teams in Europa zu machen."
Ziele im vergangenen Jahr nicht erreicht
Startprobleme in der Liga
Mit Accambray, Omeyer und dem dritten Neuzugang Xavier Barachet soll nun endgültig der Angriff auf Europas Spitze erfolgen. "Ich hoffe, dass wir auf dem Briefkopf mehrere Zeilen hinzufügen können. In der Liga kämpfen wir wieder um den Titel, in der Champions League wollen wir das Final4 erreichen und unseren Titel im Coupe de France verteidigen", nennt Torhüter Patrice Annonay die Ziele beim Namen. Allerdings: Auch in dieser Saison läuft es zumindest auf nationaler Ebene noch nicht rund bei PSG. Zwar gewann das Starensemble aus der Hauptstadt mit einem deutlichen 34:23 über Meister US Dunkerque die "Trophee des Champions", die französische Ausgabe des Supercups, in der Liga aber musste die Mannschaft von Trainer Philippe Gardent bereits mehrfach Federn lassen. In Dunkerque gab es eine 26:27-Niederlage, bei der selbst 14 Treffer von Rückraumshooter Mikkel Hansen nicht zum Punktgewinn reichten. Weil es zuvor auch Niederlagen in Saint-Raphael (31:32) und Chambéry (32:33) gegeben hatte, steht PSG in der Meisterschaft als Tabellenvierter mit vier Zählern Rückstand auf den Tabellenführer Montpellier bereits nach neun Spieltagen unter Druck.
Bisher weiße Weste in der Königsklasse
In der "VELUX EHF Champions League" holten die Franzosen aus den ersten vier Spielen hingegen das Maximum heraus: In Skopje sowie gegen Zagreb und La Rioja wurde deutlich gewonnen, beim 29:28-Erfolg in Brest musste sich die Starauswahl allerdings genauso strecken wie der THW Kiel bei seiner erfolgreichen Reise nach Weißrussland (25:24). In Paris hat man eben auch auf europäischer Ebene Großes vor: "Das Final4 ist der Heilige Gral des Handballs, da wollen wir hin", definiert Philippe Gardent das Saisonziel – um nicht weniger selbstbewusst anzufügen, dass man "am besten wieder mit der Trophäe heimkehren" möchte.
Weltauswahl in Paris
Der Titel ist das also das Ziel: Kein Wunder, liest sich der Kader von Paris Saint Germain doch wie ein "Who is Who" des Welthandballs. Mit dem ehemaligen Kieler und heutigen PSG-Kapitän Daniel Narcisse, Omeyer und dem dänischen Rückraumlinken Mikkel Hansen spielen in Paris gleich drei ehemalige Welthandballer. Neben den französischen Nationalspielern Omeyer, Accambray, Barachet und Luc Abalo kämpfen unter anderem das kroatische Trio aus Kreisläufer Igor Vori, Abwehrspezialist Jakov Gojun und Linkshänder Marko Kopljar, der Isländer Robert Gunnarsson, der Montenegriner Fahrudion Melic, der Serbe Mladen Bojinovic und der ungarischen Mittelmann Gabor Csaszar um Titel.
N'Diaye ist zurück
Doch nicht die vielen großen Handball-Stars des französischen Vizemeisters sorgten zuletzt für Schlagzeilen an der Seine, sondern ein bis dato wohl nur noch Insidern bekannter 30-Jähriger: 26 Monate lang konnte Zachari N’Diaye nach einer schweren Verletzung am Knie nur zusehen. Jetzt endete sein Leidensweg mit einer fulminanten Rückkehr und im September mit der Wahl zum "Spieler des Monats": "Zwei Jahre weg zu sein, ist im normalen Leben schon lang. Im Leben eines Profisportlers ist das eine Ewigkeit", erklärte der Rückraumspieler nach seinem Comeback, das er – ohne Wechsel – in einem völlig neuen Club absolvierte, denn in der Zwischenzeit wurde aus "Paris Handball" eben "Paris Saint Germain": "In meinem letzten Spiel habe ich gegen den Abstieg gespielt, nun komme ich in einem neuen Trikot in ein Team zurück, das in der Champions League spielt", berichtete er von seinem ganz persönlichen "Zeitensprung".
Live-Erlebnis in vielen Kieler Sky-Bars
Mannschaft reist Sonnabend an
In der Saisonvorbereitung verloren die Kieler in der eigenen Arena gegen Paris mit 28:31 (siehe Spielbericht). Doch inzwischen hat sich die THW-Mannschaft gefunden, weswegen das Spitzenspiel am Sonntag die Handball-Fans in Europa elektrisiert. Rund 40 schwarz-weiße Fans werden den THW Kiel nach Paris begleiten. Die Mannschaft reist am Sonnabend von Hamburg nach Paris. Nach dem Spiel am Sonntag geht es für die "Zebras" im Bus direkt nach Göppingen, wo am Mittwoch bereits das nächste Topspiel stattfindet. Zuerst richten sich die Augen der Handballwelt aber auf die französische Hauptstadt, wenn Weltklasse auf Weltklasse trifft. Schiedsrichter der Partie sind die beiden Rumänen Sorin-Laurentiu Dinu und Constantin Din, als EHF-Delegierter wird der Tscheche Jiri Konecny vor Ort sein. Auf geht's, Kiel!
KN: Geschundene Zebras vor harter Probe
Kiel. Auch zwei Tage nach dem 23:22 (11:11)-Heimsieg gegen den HC Erlangen hatte Alfred Gislason, Trainer des Handballmeisters THW Kiel, noch keinen Frieden mit den Unparteiischen Nils Blümel und Jörg Loppaschewski geschlossen. Würde deren Regelauslegung der Maßstab werden, wäre „der Handball bald ruiniert“, meinte Gislason. Hinter Erlangen wird der Kieler Coach wohl erst heute Nachmittag einen Haken setzen können. Dann fliegt sein Team nach Paris, zum Spitzenspiel in der Champions-League-Gruppe A (Morgen, 19.30 Uhr/Sky) – ohne Aron Palmarsson. „Das war Handball aus den Achtzigern“, schimpfte Gislason nach dem Erlangen-Drama, dem Joan Canellas mit seinem 14. Tor immerhin ein spätes Happy-End beschert hatte. Damals, so Gislason, sei es Standard gewesen, Gegner mit der Faust zu stoppen. „Greifen die Schiedsrichter konsequent durch, muss Erlangen nach einer Viertelstunde die Gangart ändern.“ Doch dieses Gespann hätte tatenlos zugesehen, wie besonders seine Kreisläufer Rene Toft Hansen und Patrick Wiencek in Sandsäcke verwandeln wurden. „Mir ist das während des Spiels gar nicht so klar geworden“, schimpfte Gislason. „Das ganze Ausmaß ist mir erst bei der Nachbereitung aufgefallen.“ Sei es dem Gegner gestattet, den Kreisläufer, die Schlüsselfigur im Kieler Spiel, derartig ungestraft umzureißen, werde dieses nachhaltig gestört. So war es im Duell mit dem Aufsteiger in erster Linie der Klasse von Canellas zu verdanken, dass die Zebras den zehnten Liga-Sieg in Serie feiern konnten. Im Umgang mit Handballern, die den Nahkampf pflegen, habe, so Gislason, zuletzt das Gespann Immel/Klein eine vorbildliche Leistung abgeliefert. Beim 34:22-Heimsieg gegen den SC Magdeburg eine Woche zuvor hätten diese ähnliche Übergriffe der Gäste konsequent geahndet – mit entsprechenden Konsequenzen für den Spielverlauf. Er würde ernsthaft darüber nachdenken, seiner Mannschaft ebenfalls einen raueren Umgang zu empfehlen. „Wir bemühen uns, eine technisch und taktisch saubere Abwehr zu spielen, doch dafür werden wir nur bestraft.“ In Paris, so seine Hoffnung, stehe nun wieder der Handball im Mittelpunkt. Wovon auszugehen ist, hat der verlustpunktfreie Tabellenführer der Gruppe A doch nicht weniger als drei Welthandballer in seinen Reihen. Neben dem Dänen Mikkel Hansen spielen auch die Ex-Kieler Daniel Narcisse (Kapitän) und Thierry „Titi“ Omeyer für den Verein, dem Investoren aus dem Emirat Katar einen stolzen Etat von angeblich 13 Millionen Euro ermöglichen. In der Königsklasse ist das Team des in der Kritik stehenden Trainers Philippe Gardent auf dem besten Weg, das Final4 (Gardent: „Der Heilige Gral“) in Köln zu erreichen. Doch in der Liga hat die Weltauswahl, die sich zu Saisonbeginn mit den französischen Nationalspielern Omeyer, William Accambray und Xavier Barachet verstärkte, nach drei Niederlagen bereits vier Punkte Rückstand auf Spitzenreiter Montpellier AHB. Gislason hat dennoch großen Respekt: „Der Kader ist noch einmal breiter geworden und mit Titi hat er an Stabilität gewonnen.“ Während die Gastgeber aus dem Vollen schöpfen, müssen die Zebras neben Filip Jicha (Reha nach Knöcheloperation) auch auf Palmarsson verzichten. Der Isländer, der wegen eines Faserrisses im Gesäßmuskel vier Wochen pausiert hatte, wollte gegen Erlangen sein Comeback geben. „Ich konnte im Abschlusstraining alles mitmachen und hatte ein gutes Gefühl“, sagte der 24-Jährige, der sich zu Beginn der zweiten Halbzeit einwechseln ließ. „Aber dann bin ich genau auf die gleiche Stelle gefallen. Das nervt mich gerade unheimlich“, sagte Palmarsson, der auf einen Einsatz im Rückspiel gegen Paris (Sonnabend, 21 Uhr) hofft. Mannschaftsarzt Dr. Detlev Brandecker ist weniger optimistisch. „Aron hat den Belastungstest nicht bestanden. Ich gehe davon aus, dass er noch zwei Wochen brauchen wird.“ (von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 15.11.2014)