Es war das erwartet harte Stück Arbeit, an dessen Ende der THW Kiel aber einen weiteren Schritt in Richtung 20. deutscher Meisterschaft gemacht hat: Beim VfL Gummersbach gewannen die Kieler nach einer deutlichen Leistungssteigerung im zweiten Durchgang mit 32:26. Zur Pause hatten die "Zebras", die zunächst nicht in Tritt kamen, noch mit 13:15 zurückgelegen. Bester Werfer auf Seiten des THW Kiel war Joan Canellas (7/4), eine klasse Leistung in einer im zweiten Durchgang überragenden Kieler Mannschaft zeigten auch Andreas Palicka (16 Paraden) und Rune Dahmke (5).
Der THW Kiel musste beim ersten Pflichtspiel nach 23 Tagen Pause gleich auf eine Reihe seiner Spieler verzichten: Neben den Langzeitverletzten Johan Sjöstrand und Dominik Klein fehlten in Gummersbach auch Steinar Ege, der zur Konfirmation seiner Tochter in Kopenhagen weilte, und Henrik Lundström (Wadenprobleme). Dafür konnten Kapitän Filip Jicha und Domagoj Duvnjak wieder mitwirken: Beide Rückraumspieler waren in den Testspielen zuletzt geschont worden.
7:0-Lauf sorgt für klare Verhältnisse
Nach dem Wechsel war es soweit: Julius Kühn wuchtete den Ball zum 16:13 ins Kieler Tor. Doch die Pause hatte dem Rekordmeister offenbar gut getan. Mit einer ganz anderen Körpersprache machten die "Zebras" nun Druck, gingen in der Abwehr konsequenter zu Werke. Die Folge: In nicht einmal vier Minuten machte der THW aus dem 13:16 eine 17:16-Führung: Angeführt von Palicka und dem immer stärker werdenden Canellas ging es rund in der Schwalbe-Arena. Toft Hansen blockte einen Wurf, Weinhold traf. Palicka hielt Santos Freien, Weinhold traf. Palicka entschärfte einen Kühn-Wurf, Ekberg vollstreckte zum 17:16. Und weiter ging die Reise: Palicka hielt erneut, Canellas bediente Dahmke, und der Youngster zeigte, was ein Handgelenk zur richtigen Zeit bewirken kann. Dahmke bediente Jicha, der ins kurze Eck traf. Und schließlich vollstreckte Weinhold aus dem Positionsspiel. In sieben Minuten hatten die Kieler mit einem 7:0-Lauf zum 20:16 für klare Verhältnisse gesorgt.
Eine Halbzeit lang mühten sich die "Zebras", nach der langen Pause wieder in den Rhythmus zu kommen. Das lag auch an Carsten Lichtlein: Der Nationaltorhüter vereitelte zahlreiche THW-Chancen, parierte Würfe von Außen, vom Kreis, aus dem Rückraum. Einzig Rune Dahmke schien zu Beginn des Spiels ein Mittel gegen Lichtlein gefunden zu haben. Trotzdem: An der Leistung des VfL-Keepers baute sich die junge Gummersbacher Mannschaft auf, machte wenig Fehler und nutzte diejenigen der Kieler konsequent. So ging der VfL beim 5:3 erstmals mit zwei Toren in Führung, die der in dieser Phase starke Filip Jicha zum 7:7 ausglich. Doch weil die "Zebra"-Fehlerquote hoch blieb, bekam der THW das Spiel nicht in den Griff. Viel mehr noch: Angetrieben von Raul Santos zogen die Gastgeber von 8:8 auf 12:8 davon, Canellas beendete die sechsminütige Torflaute mit seinem verwandelten Siebenmeter (24.).
Gut, dass Andreas Palicka einen starken Tag erwischt hatte. Er hielt den THW im Rennen. Canellas' Anschluss zum 10:12 ließ die rund 200 lautstarken Kieler Fans wieder in Jubel ausbrechen, und als Steffen Weinhold kurze Zeit später mit seinem ersten Tor zum 12:13 traf, schienen die "Zebras" in der Spur. Doch die Gastgeber konterten immer wieder. So auch nach Canellas' Traumpass auf Ekberg: Mit dem Rücken zum an den Kreis eingelaufenen Außenspieler stehend, bediente der Spanier den Schweden durch die eigenen Beine zum 13:14. Postwendend fiel aber das 13:15, und wenn "Palle" Palicka nicht den finalen Gegenstoß pariert hätte, wäre der Rückstand beim Seitenwechsel gar noch auf drei Tore angewachsen.
Nächstes Endspiel am Mittwoch gegen Minden
Für die Kieler ging es nach der Partie mit dem Mannschaftsbus direkt zurück an die Förde. Dort wartet am kommenden Mittwoch bereits das nächste Endspiel auf die "Zebras": Um 20.15 Uhr erwarten sie in der ausverkauften Sparkassen-Arena den hart um den Klassenerhalt kämpfenden Traditionsverein GWD Minden zum Duell um zwei weitere Punkte auf dem Weg zur 20. Deutschen Meisterschaft. Sport1 wird dieses Spiel live übertragen, sodass auch Fans ohne Karte den "Zebras" die Daumen drücken können. Auf geht's, Kiel!
Eindrucksvolle zweite Hälfte
Die Gastgeber reagierten nicht geschockt, waren aber doch beeindruckt von diese THW, der wie verwandelt aus der Kabine gekommen war und nun keinen Zweifel mehr daran ließ, zwei Punkte aus Gummersbach mitnehmen zu wollen. Auch, als Santos zum 21:24 (49.) verkürzte, blieben die "Zebras" ruhig. Canellas per Siebenmeter und Wiencek mit Kraft erhöhten wieder auf fünf Tore Abstand, und in der Schlussphase wurde es dann noch richtig deutlich: Der VfL machte Fehler, der THW bestrafte jeden einzelnen eiskalt. Binnen 80 Sekunden wurde so aus dem 29:25 ein 32:25, das der junge Jäger vom Siebenmeterstrich in den Endstand verwandelte. Trotzdem feierten Gummersbacher und Kieler Fans gemeinsam: Sie hatten ein starkes Spiel gesehen, dem die "Zebras" erst nach dem Wechsel ihren Stempel aufdrücken konnten. Das dann aber eindrucksvoll.