Ligastart am Sonnabend in Lemgo
Ruhiger Sommer in Lemgo
Abschiedssaison für Hendrik Pekeler: Das Ex-"Zebra" wechselt im nächsten Jahr zu den Rhein-Neckar Löwen.Nach turbulenten Jahren freute man sich in Ostwestfalen über eine Sommerpause, in der man endlich mal wieder keine Negativschlagzeilen lieferte. Dopingvergehen, Vergewaltigungsvorwürfe, eine vermeintlich lukrative China-Reise und eine Beinahe-Pleite gab es in der Vergangenheit. In diesem Sommer blieb es ruhig im Lipperland. Dies lag vor allem an einer starken Saison, die die Mannschaft von Trainer Niels Pfannenschmidt gespielt hatte. Nicht wenige Experten hatten beim verjüngten TBV einen sportlichen Existenzkampf befürchtet, doch die Mannschaft um die beiden Nationalspieler Finn Lemke und Hendrik Pekeler hatten mit dem Abstieg zu keinem Zeitpunkt etwas zu tun und schlossen die Spielzeit auf einem hervorragenden neunten Rang ab.
Fast unveränderter Kader
Tim Hornke ist der einzige "echte" Neuzugang beim TBV.Diese Platzierung möchte der zweimalige deutsche Meister gerne bestätigen. Und obwohl die Konkurrenz mittlerweile vor dem TBV mit seinem Tempohandball und seinen unbekümmerten Youngsters gewarnt sein dürfte, stehen die Vorzeichen dafür gar nicht schlecht. Pfannenschmidt kann auf einen eingespielten Kader zählen, denn die Mannschaft blieb bis auf eine Ausnahme komplett zusammen: Mit Florian Kehrmann beendete der letzte Spieler des ruhmreichen Meisterteams von 2003 nach 15 Jahren beim TBV seine aktive Karriere, doch der 37-Jährige bleibt seinem Verein als Trainer der Reserve sowie als neuer Co des Bundesligisten erhalten. Als Kehrmann-Ersatz wurde Tim Hornke vom SC Magdeburg verpflichtet. Der 24-jährige Rechtsaußen konnte sich dort gegen Robert Weber kaum Spielanteile erarbeiten, deutete in der Vorbereitung des TBV sein Potential aber bereits an.
Großes Entwicklungspotential
Lemgo-Spiele bedeuten großen Unterhaltungswert
Rückraumspieler Finn Lemke durfte bereits einige Länderspiele absolvieren.So stellten die Spiele der Lemgoer Mannschaft bereits in der letzten Saison oftmals ein Spektakel dar: 2.070 Tore fielen in den 34 Spielen des TBV, so viele wie bei keinem anderen Team. Dem fünftbesten Angriff stand die zweitlöchrigste Abwehr gegenüber, nur Absteiger TV Emsdetten kassierte noch zwölf Treffer mehr. „Wenn man sich unsere Spielertypen in der Mannschaft genauer anschaut, war klar, dass wir nicht die Betonabwehr stellen werden und unser Spiel anders ausrichten müssen. Mit Florian Kehrmanns Qualitäten bei der schnellen Mitte und Benjamin Herths Übersicht in der zweiten Phase war das Tempospiel ein passendes Mittel für uns. Wir haben immer wieder Variationen gefunden und pro Spiel dadurch mindestens zehn Tore erzielt. Gegen Mannschaften auf Augenhöhe hat unser Tempospiel sehr oft den Ausschlag zum Sieg gegeben“, analysierte Pfannenschmidt, der im Angriff gerne mal seinen Torhüter durch einen weiteren Feldspieler ersetzt, nach der Saison.
Durchwachsene Vorbereitung
Linkshänder Rolf Hermann trägt in dieser Saison die Kapitänsbinde.In der Vorbereitung gab es für den TBV Lemgo indes – ähnlich wie beim THW – Höhen und Tiefen, je nachdem wie stark vor den Testspielen gerade das Trainingspensum war. So setzte es unter anderem eine Niederlage beim Zweitligisten Eintracht Hildesheim und eine in der Höhe überraschende 25:32-Derbypleite gegen GWD Minden. Auf der Habenseite stand für das Team des neuen Kapitäns Rolf Hermann aber ein souveränes 32:28 gegen den VfL Gummersbach sowie Duelle auf Augenhöhe mit der TSV Hannover-Burgdorf und MT Melsungen bei Vorbereitungsturnieren, die erst im Siebenmeterwerfen verloren wurden. Das Pflichtspieldebüt in der ersten Runde des DHB-Pokals geriet am Mittwoch hingegen zu einer lockeren Trainingseinheit: Beim SV Langenweddingen, Landesmeister der Sachsen-Anhalt-Liga, feierten die Ostwestfalen einen 45:19-Kantersieg.
THW erstmals seit 2005 in der Lipperlandhalle
Links
- Homepage des TBV Lemgo
- Homepage der DKB Handball-Bundesliga
Kieler Nachrichten: Lemgo ohne Tunnelblick in den Italo-Western
Lemgo. 24:46 und 25:38. Der TBV Lemgo hat gegen den THW Kiel in der vergangenen Saison gewaltig Prügel einstecken müssen. Folglich werden vor dem frühen Wiedersehen zum Saisonstart am morgigen Sonnabend (19 Uhr) besondere Vorkehrungen getroffen. Geschäftsführer Christian Sprdlik steht auf dem Spielfeld der Lipperlandhalle vor einem Flipchart und zeichnet ein großes Rechteck auf. In die Mitte malt er schwungvoll einen Kreis, auf den strahlenförmig aus den vier Ecken Pfeile zulaufen. „Das sind die Laufwege der Spieler“, erläutert Sprdlik. Was aussieht wie eine geheimnisvolle Taktik, soll in Wirklichkeit ein fester Bestandteil der neuen „Hexenkessel“-Ideologie werden. Die Erläuterungen zur neuen Auflaufzeremonie werden von den 70 Lemgoer Handballfans staunend zur Kenntnis genommen. Statt hintereinanderweg durch einen Tunnel laufen die TBV-Spieler künftig aus den vier Ecken in die Lipperlandhalle ein und vereinen sich auf der Mittellinie zum Kreis. Dazu gibt es eine neue Vereinshymne, komponiert von Spielführer Rolf Hermann und seinem Musikpartner Kay Wiesekopsieker, der gleichzeitig als Fanbeauftragter fungiert. Schließlich lautet das Motto, mit dem der TBV Lemgo im Sommer auf Großflächenplakaten geworben hat: „Willkommen im Hexenkessel“. „Und wenn wir so werben, darf keine lauwarme Suppe dabei herauskommen“, setzt Sprdlik auf eine Atmosphäre „wie in einem Italo-Western“. Dass sich auch der TBV im Ballern versteht, hat er beim 44:19 in der 1.DHB-Pokalhauptrunde beim Oberligisten SV Langenweddingen bewiesen. Doch davor klang die Vorbereitung mit vier Niederlagen aus. Dass sieben von 13 Tests verloren gingen, darunter gegen die drei Zweitligisten Emsdetten, Großwallstadt und Hildesheim, beunruhigt Trainer Niels Pfannenschmidt nicht. Doch es sagt einiges über den aktuellen Zustand beim TBV aus, der nach dem Karriereende von Florian Kehrmann neue Anführer sucht. „Die Hierarchie muss schnell wachsen“, sagt Pfannenschmidt, der Rolf Hermann (33) zum Kapitän des jüngsten Teams der Liga (Durchschnittsalter 23,5 Jahre) bestimmt hat. Auf der Rechtsaußenposition scheint der TBV mit Tim Hornke eine gute Nachfolgeregelung gefunden zu haben. Der Junioren-Weltmeister von 2011 (zusammen mit Nils Dresrüsse und Hendrik Pekeler) drohte in Magdeburg hinter Torjäger Robert Weber zu versauern. Beim TBV ist der 24-jährige Hannoveraner als einziger externer Neuzugang sofort durchgestartet. „Mit Hornke haben wir einen Glückgriff getätigt. Er geht hohes Tempo, verfügt über gutes Timinig in der ersten Phase, deckt stabil und hat einen sicheren Abschluss“, sagt Pfannenschmidt. Neuzugang Nummer zwei ist Marke Eigenbau. Max Höning spielte vor zwei Jahren noch in der A-Jugend des ASV Senden. Nach der Lehre im Lemgoer Drittligateam soll der 20-jährige Linkshänder jetzt Rolf Hermann die nötigen Verschnaufpausen verschaffen. Den Supercupsieg des THW über die Füchse Berlin hat sich Niels Pfannenschmidt übrigens bewusst nicht angeschaut. Statt dessen guckte er sich in Minden live das Gastspiel des FC Barcelona an. „Die Kieler verfügen über eine unfassbare Qualität und können in dieser Saison ein noch höheres Tempo gehen. Aber auf dem Spielfeld stehen sie auch nur mit sieben Mann“, will Pfannenschmidt nicht vor Ehrfurcht erstarren. Doch eine spezielle Taktik verfolgt er gegen den THW nicht – im Gegensatz zu seinem Geschäftsführer. (von Jörg Hagemann, aus den Kieler Nachrichten vom 22.08.2014)
Kieler Nachrichten: Mit kühlem Kopf nach Lemgo
Kiel. Lipperlandhalle, 19 Uhr: Für Handballmeister THW Kiel beginnt die neue Saison an einem Ort, an dem er seit mehr als acht Jahren nicht mehr gespielt hat. Der TBV Lemgo, der sonst seine Top-Spiele gegen die Zebras im Gerry-Weber-Stadion in Halle austrägt, schließt für das Team von Alfred Gislason nun wieder seinen Hexenkessel auf. Gut, dass zumindest der Trainer mit einem extrem kühlen Kopf anreisen wird. Weil er in der Facebook-Welt nicht zu Hause ist, erfuhr der Isländer erst gestern Vormittag, dass die Sport1-Moderatorin Anett Sattler ihn für die „Ice Bucket Challenge“ nominiert hatte. Im Kern geht es dabei darum, sich entweder einen Eimer Eiswasser über den Kopf zu schütten, oder 100 Dollar an eine gemeinnützige Organisation zu spenden, die sich der Erforschung der seltenen Nervenkrankheit ALS widmet. Gislason zögerte nicht lange, spendete freiwillig 50 Euro und nahm als willkommene Unterbrechung seiner Videovorbereitung am Mittag ein Bad in der Kieler Arena. „Das war eher ein Hagelschauer“, sagte der 54-Jährige. Offenbar war das Mischungsverhältnis zwischen Wasser und Eis zu Gunsten der Würfel ausgefallen. Gislason bewies nicht nur einen entspannten Umgang mit der Kälte („das war sogar richtig angenehm“), er sorgte auch dafür, dass der Eiskübel in der Handballszene heimisch wird: Er nominierte Marcus Ahlm, seinen langjährigen Kapitän, Uwe Schwenker, den Ex-Manager des THW Kiel, und Thorsten Storm. Letzterer unterschrieb vor wenigen Wochen einen langfristigen Vertrag als Geschäftsführer der Zebras, was Schwenker als „Stich ins Herz“ empfand. Die Rhein-Neckar Löwen, deren Manager Storm schon damals war, hatten im März 2009 die Manipulationsaffäre ausgelöst, die für Schwenker zwar mit einem Freispruch endete. Die Tür zu seinem geliebten THW Kiel blieb ihm allerdings verschlossen. Die drei Gislason-Kandidaten haben nach ihrer Nominierung 24 Stunden Zeit, sich ebenfalls mit Eiswasser zu übergießen und dies der Netz-Gemeinde mit einem Video zu beweisen. Lehnen sie ab, wie beispielsweise US-Präsident Barack Obama, müssen sie spenden. Gislason reist heute mit einem klaren Kopf nach Lemgo, wie fit seine Mannschaft ist, wird sich erst am Abend zeigen. „Ich weiß nicht genau, wo wir stehen“, sagte Gislason. Die ersten Spiele einer neuen Saison könnten, so der THW-Trainer, durchaus „eigenartig“ verlaufen. „Ob ich mit der Saisonvorbereitung komplett falsch gelegen haben, werde ich in Lemgo erfahren.“ Er gehe auch fest davon aus, dass das Kräfteverhältnis ein anderes sein werde, als noch in der Schlussphase der vergangenen Saison. Damals siegten die Zebras im Gerry-Weber-Stadion gegen eine völlig überforderte Mannschaft von Niels Pfannenschmidt auch in der Höhe verdient mit 46:24. „Damals lief für den TBV alles schief“, erinnerte sich Gislason. Tatsächlich vergab die blutjunge Mannschaft in den ersten Minuten drei freie Würfe und lag schnell mit 0:4 zurück - das große Zittern begann. Es sollte nicht mehr aufhören. Am Dienstag lieferten die Zebras bereits beim 24:18-Sieg im Supercup gegen die Füchse Berlin eine über weite Strecken beeindruckende Vorstellung ab. Gefeiert, so Gislason, hätte die Mannschaft den Titel, den sie zum achten Mal gewann, aber nicht. „Es gab ein Bier zum Abendessen. Und nach dem Rückflug sind alle nur schnell nach Hause, um ihre Trainingsklamotten zu holen.“ Voraussichtlich wird erneut Aron Palmarsson (Zerrung) fehlen. Gestern stand noch ein Fragezeichen hinter dem Isländer, der womöglich erst am Dienstag wieder fit ist, wenn die SG Flensburg-Handewitt zum ersten Derby (20.15 Uhr) nach Kiel kommt. (von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 23.08.2014)