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KN: Dänen unter Druck, Lauge in der Verantwortung

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KN: Dänen unter Druck, Lauge in der Verantwortung

Doha. Damit hatte die dänische Nationalmannschaft nicht gerechnet: Für sie entscheidet sich bereits am dritten Spieltag, ob der angepeilte Gruppensieg noch ein realistisches Ziel ist. Nach dem überraschenden Remis gegen Argentinien (24:24) hilft dem Team um die Kieler Rene Toft Hansen und Rasmus Lauge heute Abend (19 Uhr) nur ein Sieg gegen die mit vier Punkten glänzend in das Turnier gestarteten Deutschen. "Wir haben noch immer alles in der Hand", sagt Lauge, der mit seinen Kollegen am Sonntag Saudi-Arabien entspannt mit 38:18 besiegte. "Wenn wir die nächsten drei Spiele gewinnen, sind wir Erster."

"Der Welpenspeck ist weg"

Der 23-Jährige blickt auf ein turbulentes Jahr zurück. Die Europameisterschaft im eigenen Land erlebte der Mittelmann nur als Zuschauer. Trainer Ulrik Wilbek hatte ihn, der sich noch nicht vollständig von einem Kreuzbandanriss erholt hatte, im letzten Moment aus dem Kader gestrichen. Lauge trainierte mit dem Team, doch die Feiertage in der stets mit 14000 Zuschauern ausverkauften Arena in Herning erlebte er auf einem Sitzplatz hinter der Bank. Zurück in Kiel schien er gerade den Anschluss geschafft zu haben, als ihm im Punktspiel bei der MT Melsungen im März das Kreuzband im rechten Knie riss. Lauge pausierte sechs Monate lang und arbeitete verbissen im Kraftraum daran, sich noch besser auf die extreme Belastung in der Bundesliga vorzubereiten. Sein Gewicht, 99 Kilogramm, hat der extrem explosive Spieler zwar behalten, aber er verteilte seine Muskeln im Oberkörper neu. "Alfred (Gislason, THW-Trainer, d. Red.) hat gesagt, dass mein Welpenspeck jetzt weg ist." So fit wie in diesen Tagen hätte er sich seiner Karriere noch nie gefühlt. Lauge, der in seiner Spielweise an sein Vorbild Nikola Karabatic erinnert, schaffte diesmal sein Comeback so rechtzeitig, dass Wilbek-Nachfolger Gudmundur Gudmundsson ihn sogar als Mittelmann Nummer eins berief. Darüber gesprochen hätten sie über diese Rolle zwar nie, aber als er gegen Argentinien in der Start-Sieben stehen durfte, hätte er großen Stolz verspürt. "Dieser Moment hat mich für viele Monate harter Arbeit entlohnt. Ich kann mich nur bei allen bedanken, die mir geholfen haben." Lauge profitierte auch davon, dass mit Thomas Mogensen der etatmäßige Spielmacher der vergangenen Jahre seinen Rücktritt erklärte. Während seine Mannschaft sich auf die WM vorbereitete, twitterte der Flensburger Strandfotos aus Florida. "Mogensen wird Dänemark sehr fehlen", sagt Ex-Bundestrainer und TV-Experte Heiner Brand. "Ohne ihn gehören sie für mich nicht zu den ganz großen Favoriten." Gegen Deutschland will Lauge zeigen, dass er diese Lücke schließen kann. "Anders als gegen Argentinien müssen wir diesmal Charakter zeigen", sagt er, der großen Respekt vor dem deutschen Abwehrriegel hat. Bei den Siegen gegen Polen (29:26) und Russland (27:26) bildete er das Fundament. Besonderen Respekt hat Lauge vor seinem Kieler Vereinskollegen Patrick Wiencek. "Er ist der stärkste Kreisläufer der Deutschen und derzeit richtig gut drauf." Von Doha hat er bislang noch nicht viel gesehen, das Hilton-Hotel, in dem auch die deutsche Mannschaft lebt, verlässt er nur an spielfreien Tagen. "Die Stadt erinnert mich an Las Vegas, dort gibt es auch nur einen Strip, mehr nicht." Er würde eine Stadtmitte vermissen, eine Fußgängerzone. "Doha ist keine richtige Stadt, hier stehen nur viele Gebäude." Auch die Katari sind ihm bislang fremd geblieben. Wirklich von Bedeutung seien für einen Leistungssportler allerdings auch nur die Trainingsbedingungen. "Die sind perfekt, die Hallen auch. Nur leider sind weniger Zuschauer hier als ich erwartet habe." (Von Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 20.01.2015)