KN-Interview mit Storm: "Ich werde auf die THW-Fans zugehen"
Kieler Nachrichten: Herr Storm, die Löwen sperren sich, der THW erwartet Sie sehnsüchtig. Wie fühlt sich das Leben zwischen den Stühlen an Thorsten Storm: Es ist nicht einfacher geworden, aber das war auch nicht zu erwarten. Kieler Nachrichten: Wann rechnen Sie denn damit, in Kiel anfangen zu können? Thorsten Storm: Im Moment rechne ich mit gar nichts und konzentriere mich auf meine Arbeit und das, was hier getan werden muss. Kieler Nachrichten: Sie sollen in Ihren Kompetenzen beschnitten worden sein. Wie sieht Ihr Alltag aus? Thorsten Storm: Ich habe genug zu tun. Morgens geht es los, abends wird Pause gemacht. Und die wichtigen Entscheidungen werden eng mit dem Aufsichtsrat abgestimmt. Wir haben viele Jahre erfolgreich zusammengearbeitet, das ist nun nicht anders. Kieler Nachrichten: Wie verhalten Sie sich beispielsweise in der Personalie Niklas Landin? An dem Torwart soll auch der THW sehr großes Interesse haben. Thorsten Storm: Das Interesse des THW hat mir Klaus Elwardt (Ex-Manager des THW, d. Red.) schon vor mehr als einem Jahr mitgeteilt. Das ist den Löwen bekannt. Niklas wird sich ganz alleine entscheiden, wohin die Reise für ihn nach dieser Saison geht. Er ist einer der besten Torhüter der Welt und gleichzeitig ein richtig guter Typ, der genau überlegt was er macht. Das wird er sicher nicht von mir abhängig machen. Kieler Nachrichten: Bei der Vorstellung der neuen Mannschaft wurden Sie von einigen Löwen-Fans ausgepfiffen, warum? Thorsten Storm: Jeder Fan hat seine Meinung und Wahrnehmung. Das muss man respektieren. Genauso wie meine Entscheidung, nach dem Auslaufen meines Vertrages hier ab 2015 eine neue Aufgabe beim THW anzugehen. Kieler Nachrichten: Wie haben die Spieler, die Sie alle nach Mannheim geholt haben, auf den Wechsel reagiert? Thorsten Storm: Sie wissen, dass ich immer 100 Prozent gebe. Egal, in welcher Situation und in welchen Momenten. Und hier herrschte in den vergangenen Jahren nicht immer eitel Sonnenschein. Ich habe diese Mannschaft in den zurückliegenden Spielzeiten zusammenstellen dürfen, deshalb gibt es auch Vertrauen. Gefreut hat sich keiner, aber wir sind alle Profis, und jeder Vertrag geht einmal zu Ende. Kieler Nachrichten: Wie hat Nikolaj Jacobsen, der neue Trainer, darauf reagiert? Thorsten Storm: Das ist natürlich kein guter Start für Nikolaj, aber er hat es verstanden, unsere Beziehung hat sich nicht verändert. Wir sind seit unserer gemeinsamen Zeit in Kiel befreundet. Man darf das alles auch nicht überbewerten. Das wird ihn in seiner Arbeit und auch die Leistung der Mannschaft nicht beeinflussen, wenn das Umfeld so ruhig bleibt wie in den letzten zwei Jahren. Kieler Nachrichten: Wurde der Verein von Ihrem Abschied überrascht? Oder warum ist es so schwierig, einen Nachfolger zu finden? Thorsten Storm: Es ist alles sauber gelaufen, und es wird auch viel zu viel Wirbel gemacht. Ich habe meinen Aufsichtsrat gerade deswegen rechtzeitig informiert, damit man hier planen kann. Mir liegt dieser Klub sehr am Herzen, und ich möchte, dass der positive Weg fortgeführt wird. Nach sieben Jahren intensiver Zusammenarbeit bin ich mit Daniel Hopp (Sohn von SAP-Gründer Dietmar Hopp, d. Red.) - der zwar nicht dem Aufsichtsrat der Löwen angehört, aber natürlich eine sehr wichtige Person für den Sport hier in der Region ist - befreundet. Und das möchte ich auch nach Beendigung meines Vertrages sagen können. Kieler Nachrichten: Glauben Sie, dass sich die ungeklärte Nachfolge auch auf den sportlichen Bereich auswirken wird? Oder sehen Sie die Löwen, die zuletzt Vizemeister wurden, trotzdem erneut auf Augenhöhe mit dem THW Kiel? Thorsten Storm: Es sind einige neue Spieler und ein neuer Trainer gekommen. Das alles muss sich erst ein bisschen finden. Zudem ist der Kader sehr jung, und viele Spieler gehen in ihre erste Bundesligasaison. Aber ich halte sehr viel von Nikolaj Jacobsen, und es ist trotz erneuter Etatreduzierung gelungen, die erste Sieben zu halten. Sie werden gut spielen. Davon bin ich überzeugt. Kieler Nachrichten: Am 6. September findet in Frankfurt der Tag des Handballs statt. Die Idee, die Löwen gegen den HSV in einem Fußballstadion antreten zu lassen, war Ihre. Wie stark können Sie sich denn jetzt noch um die Umsetzung kümmern? Thorsten Storm: Zunächst einmal ist es auch hier so, dass sich nicht alles um mich dreht. Es geht um den Handball, hier wirken viele Kräfte zusammen. Veranstalter sind die Commerzbank Arena und der Deutsche Handball-Bund, Kretzsche (Stefan Kretzschmar, d. Red.), Buschi (Frank Buschmann, d. Red.) oder die Landesverbände sind alle mit im Boot. Ich hoffe, dass noch viel mehr Fans nach Frankfurt kommen. Der Handball kann das gut gebrauchen. Kieler Nachrichten: Wird die Veranstaltung, die ein Fest für den Handball werden soll, durch die Situation bei den Löwen und dem Imageproblem des HSV - Stichwort Lizenz - beschädigt? Thorsten Storm: Es sind über 36000 Tickets verkauft. Es gab über 300 Bewerbungen für das Jugendturnier. Das wird ein Fest. Der HSV hat seine Lizenz bekommen, und es wird ein Punktspiel gegen die Löwen und ein tolles Promimatch (Team "Kretzsche" gegen Team "Buschi", d. Red.) geben. Sport1 wird über drei Stunden live übertragen. Kieler Nachrichten: In Kiel freuen sich die Verantwortlichen auf Ihren Dienstbeginn, die THW-Fans weniger. Wie gehen Sie damit um? Thorsten Storm: Ich werde mit meinen Kollegen auf die Fans zugehen, wir werden sprechen. Es geht immer nur ganz oder gar nicht. Und ich mache alles mit vollem Engagement und mit ganzem Herzen. Am Ende entscheidet die Leistung. Kieler Nachrichten: Auch Uwe Schwenker, einer Ihrer Vorgänger als THW-Manager, hat sich sehr negativ über Ihre Rückkehr geäußert. Inzwischen ist er HBL-Präsident und damit ein Vertreter der Vereine. Hat sich das Verhältnis wieder gebessert? Thorsten Storm: Ich werde jeden unterstützen, der den Handball weiterbringt. Das habe ich auch Uwe nach seiner Wahl gesagt. Es geht um den Handball. Nicht um einzelne Personen. Kieler Nachrichten: Stimmt es, dass Sie sich mit Ihrer Familie in Kiel schon nach einem Haus umsehen? Thorsten Storm: Ja, das stimmt. Unsere Tochter kommt in die fünfte Klasse, das ist für sie ein ganz wichtiger Schritt in ihrem jungen Leben. Deshalb werden meine Frau und die beiden Kinder so oder so bald in die Heimat zurückkehren. Kieler Nachrichten: Es war immer wieder zu hören, dass Sie sich auch einen Wechsel in den Fußball vorstellen können. Warum sind Sie letztlich doch Handballer geblieben? Das beste Image hat diese Sportart derzeit ja nicht... Thorsten Storm: Ich liebe diesen Sport, denn da steckt viel Leidenschaft drin. Vielleicht ist das der Grund. (Das Gespräch führte Wolf Paarmann, aus den Kieler Nachrichten vom 28.07.2014)