Zebras beweisen beim 31:28-Arbeitssieg gegen den ThSV Eisenach Geduld

Bundesliga

Zebras beweisen beim 31:28-Arbeitssieg gegen den ThSV Eisenach Geduld

Viel Kampf, Geduld, Leidensfähigkeit und hoher Aufwand: Diese vom Gegner erzwungenen Tugenden brachten den THW Kiel im Hinspiel beim 40:32 in Eisenach auf die Siegerstraße. Und auch beim Rückspiel in der heimischen Wunderino Arena forderte der Aufsteiger aus Thüringen alle Kräfte und Tugenden der Zebras. 20 Minuten lang lag der ThSV Eisenach in Führung, bevor die Zebras das Zepter Schritt für Schritt in die Hand bekamen. Die Gäste wurden im wahrsten Sine des Wortes niedergerungen, und am Ende entschied der THW Kiel das Geduldsspiel in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga mit 31:27 (14:13) für sich.

Ekberg erzielt sein 100. Bundesliga-Saisontor

Es war ein wahrhaftig schweres Stück Arbeit für den Deutschen Meister, bei dem Eric Johansson mit neun Treffern bester Torschütze war. Für den ThSV Eisenach stach erneut Manuel Zehnder hervor, der zehnmal für seine Farben traf. Eine herausragende Leistung bot auch Kiels Rechtsaußen Niclas Ekberg. Der Schwede bejubelte in der 44. Minute beim 22:19 sein 100. Tor in der laufenden Bundesliga-Punktrunde. "Ja, ich habe es in meiner Zeit beim THW geschafft, viele Tore zu werfen. Ich hoffe, es werden noch ein paar mehr", sagte Ekberg. Für den Gegner fand er viel Lob. Eisenach habe es sehr gut gemacht, analysierte der 35-Jährige, "vor allem in der ersten Halbzeit. Aber dass es schwer wird gegen diesen Gegner, das wussten wir vorher. Wir mussten uns gegen diese Deckung viel ohne Ball bewegen. Das ist uns dann in der zweiten Halbzeit besser gelungen. wir hatten dann mehr Ruhe, standen in der Abwehr besser und machen vorne unsere Tore."

Frühe Auszeit von Filip Jicha

Die Gäste starteten selbstbewusst und frech, überraschten die Zebras und ihre über 10 000 Fans in der Wunderino Arena gleich beim ersten Angriff mit einem Kempa-Trick, den Moritz Ende zur 1:0-Führung in die Kieler Maschen drosch. Die Gäste-Abwehr agierte zudem von Beginn an offensiv und aggressiv, erzwang Kieler Ballverluste und legte durch den aktuellen Bundesliga-Torschützenkönig, Manuel Zehnder, die 2:0-Führung vor. Kiels Antworten gab zunächst nur Eric Johansson, der die ersten drei Treffer allein erzielte, jeweils mit viel Wucht aus dem Rückraum zum 1:2, 2:3 und 3:3. THW-Trainer Filip Jicha, der weiterhin auf Torhüter Tomas Mrkva (Gehirnerschütterung) verzichten musste, haderte mit seinen Akteuren, die sich gegen die erwartet offensive Deckung nicht gut genug bewegten: Nach fünf Minuten nahm er die frühe Auszeit, um seine Zebras wachzurütteln.

Erster Ausgleich nach 19 Minuten

Ein Ergebnis der lautstarken Ansprache an seine Akteure ließ noch ein wenig auf sich warten. Nikola Bilyk und Magnus Landin scheiterten an ThSV-Keeper Spikic. Vorne waren Zehnder per Siebenmeter und der nur 172 Zentimeter große israelische Wirbelwind Lumbroso zur Stelle, erhöhten auf 5:3 in der zehnten Minute. Und die Kieler? Johansson und Harald Reinkind stemmten sich mit Toren aus dem Rückraum gegen einen höheren Rückstand, der THW agierte im Angriffsspiel erfolgreich mit der Variante "Sieben gegen Sechs", verschlampte allerdings ein ums andere Mal den Rückwechsel und kassierte Gegentreffer ins leere Gehäuse. Auf den Ausgleichstreffer mussten die THW-Fans bis zur 19. Minute warten: Magnus Landin war von Linksaußen zur Stelle, traf zum 9:9, forderte die erste Auszeit vom Schweizer Gästecoach Kaufmann heraus.

Zebras kommen gut aus der Kabine

Kaufmanns Ansprache blieb ohne Erfolg, vielmehr schaffte Harald Reinkind in der 22. Minute mit einem Rückraumkracher die erste Führung für den THW:10:9. Ende glich ein letztes Mal für die Gäste aus, dann waren Ekberg per Siebenmeter und Patrick Wiencek zum 12:10 erfolgreich. Johansson hatte Wiencek großartig angespielt. Bis zum Pausenpfiff blieb es aber eng. Reinkind war noch einmal zur Stelle, dann traf Walz zum 14:13-Halbzeitstand ins leere Kieler Tor. "Wir müssen besser im schnellen Rückzug werden, außerdem eine bessere Abwehr hinstellen", forderte Reinkind im Dyn-Interview vor dem Gang in die Kabinen. Aus der meldete sich dann tatsächlich ein engagierter THW Kiel auf dem Parkett zurück. Rune Dahmke setzte sich energisch auf Linksaußen durch, traf sehenswert zum 15:13. Eisenach-Torhüter Kornecki verkürzte mit seinem Treffer ins leere Tor dann ein letztes Mal auf einen Ein-Tore-Rückstand, ehe Ekberg, Johansson, Dahmke und Reinkind bis zur 37. Minute für die 19:15-Führung sorgten.

THW Kiel nimmt den Kampf der Gäste an und zieht davon

THW-Kapitän Domagoj Duvnjak war mehrfach mit tollem Auge glänzender und öffnender Passgeber für die Treffer seiner Mitspieler, war auch in der Abwehr herausragende Kraft und kämpferisches Vorbild. Die Kieler stürzten sich jetzt mehr und mehr in die Zweikämpfe. Wiencek wälzte sich am Boden, genau wie Duvnjak oder Dahmke, der den Ball zudem mehrfach mit sehenswerten Flugeinlagen eroberte. Der THW hatte längst den Kampf der Gäste angenommen. Die Gäste verkürzten zwar noch einmal auf 19:21. Doch dann bediente Johansson seinen Landsmann mit glänzendem Anspiel, Ekberg erzielte das 100. Saisontor. Hendrik Pekeler verwertete die glänzende Vorarbeit von Steffen Weinhold, und als Duvnjak nach langem Anlauf um die ThSV-Abwehrmauer in der 47. Minute zum 24:19 einnetzte, hatten die zuvor zunehmend ungeduldiger werden THW-Fans wieder Grund zum Jubeln. Die Gäste ließen dennoch nicht locker, forderten den Zebras bis zum Schlusspfiff volle Konzentration sowie Kampfbereitschaft ab. Und dann gab es noch ein Schmankerl am Ende: Dahmke erhechtete den Ball, bediente im Flug Johansson, und der schickte den Ball auf eine lange Reise quer über das Spielfeld zum 31:17-Endstand. 

Auswärtstour nach Szeged voraus

Nach zuletzt zwei Heimspielen in Folge gehen die Zebras wieder auf Reisen: Bereits am Mittwoch sind sie beim heimstarken ungarischen Weltklasse-Club Pick Szeged gefordert. Das Viertelfinal-Finale in der ausverkauften Szeged Arena wird um 18:45 Uhr angepfiffen, Dyn und DAZN übertragen live. Für die Kieler, die in der Machineseeker EHF Champions League die Gruppe A anführen, wird es die nächste Top-Begegnung – in einer Halle, in der sie noch nicht gewinnen konnten. "Wir geben alles dafür, das endlich zu ändern", sagt THW-Linkshänder Harald Reinkind, und fügt hinzu: "Dafür muss bei uns aber alles passen. Szeged ist enorm heimstark, hat viel mannschaftliche und individuelle Klasse." Bereits am Samstag ist der THW Kiel dann wieder in heimischen Gefilden: Um 19 Uhr empfangen die Zebras HBW Balingen-Weilstetten. Tickets für dieses Heimspiel gibt’s bei CITTI, unter www.thw-tickets.de und in der THW-FANWELT. Weiter geht’s in Szeged, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

LIQUI MOLY Handball-Bundesliga, 23. Spieltag: THW Kiel – ThSV Eisenach 31:27 (14:13)

THW Kiel: Bierfreund (1 Siebenmeter, keine Parade), Bellahcene (1.-60., 6 Paraden); Duvnjak (1), Reinkind (5), Landin (1), Øverby, Weinhold (1), Wiencek (1), Ekberg (7/3), Johansson (9), Dahmke (2), Gurbindo (n.e.), Wallinius (n.e.), Bilyk, Pekeler (1), á Skipagøtu (3); Trainer: Jicha
ThSV Eisenach: Spikic (1.-26., 46.-60., 7 Paraden, 1 Tor), Kornecki (26.-46., 4 Paraden, 1 Tor), Plaue (n.e.); Reichmuth, Zehnder (10/4), Walz (2), Mengon (1), Grgic (2), Ende (3), Meyer (2), Lumbroso (3), Donker, Kraus, Kurch, Snajder (2), Saul; Trainer: Kaufmann

Schiedsrichter: Martin Thöne / Marijo Zupanovic
Siebenmeter: THW: 3/3 / Eisenach: 4/4
Zeitstrafen: THW: 0 / Eisenach: 3 (Zehnder (22.), Walz (38.), Meyer (48.))
Spielfilm: 1. Hz.: 0:2, 1:3 (4.), 3:3 (8.), 3:5, 5:7 (14.), 6:8, 8:8 (18.), 8:9, 10:9 (22.), 12:10 (24.), 14:12 (29.). 14:13;
2. Hz.: 15:14 (32.), 17:14 (35.), 19:15 (37.), 21:17 (41.), 21:19 (43.), 24:19 (46.), 24:21 (49.), 26:21 (51.), 28:23 (54.), 30:25 (58.), 30:27 (59.), 31:27.
Zuschauer: 10.112 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Wir wussten, dass es eine sehr intensive Aufgabe werden wird, bei der selbst tagelange Vorbereitung gegen diese Abwehr wenig hilft. Deshalb war unser Motto: Erwarte das Unerwartete. Dann hat uns Eisenach trotzdem überrascht, weil wir für diese Aufgabe überhaupt nicht bereit waren. Deshalb habe ich diese sehr frühe Auszeit genommen. Mich hat es wütend und traurig gemacht, weil jeder bei uns weiß, in welch schwieriger Saison wir stecken. Jeder einzelne in jeder Sekunde muss zeigen, dass er unbedingt das Tor erzielen möchte, der Mannschaft damit helfen möchte. Das habe ich heute bei einigen nicht gesehen. Wir hätten dieses Spiel handballerisch schlauer lösen können. Aber es hat mich gefreut, dass wir diesen ThSV mit Arbeitsmoral und mehr Kampf denn mit Schönheit besiegen konnten. Das Gute ist: Jetzt weiß jeder Bescheid, dass jeder einzelne Angriff, jede einzelne Aktion wichtig ist. Wir haben jetzt unser ganz persönliches Spiel des Jahres, und das wieder im Drei-Tage-Rhythmus. Wir reisen jetzt mit neuem Mut und breiter Brust nach Szeged.

Eisenachs Trainer Misha Kaufmann: Wir haben in der ersten Hälfte ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht. Wir standen kompakt, haben im Gegensatz zum Hinspiel den Rückzug gut hinbekommen. Leider haben wir es verpasst, mit einer Führung in die Halbzeit zu gehen. Dann kam die zweite Halbzeit, in der wir alles in den ersten zehn Minuten nicht gut lösen. Vor allen Dingen hat Kiel unseren nicht mehr so guten Rückzug eiskalt bestraft. Trotzdem kommen wir noch einmal heran, machen aber insgesamt in der zweiten Halbzeit zu viele technische Fehler. Das hat uns die Möglichkeit auf zwei Punkte genommen.