THW Kiel gewinnt Kraftakt in Göppingen
Der THW Kiel hat sich am zehnten Spieltag der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga zwei ganz wichtige Auswärtspunkte geholt: Bei Frisch Auf! Göppingen verwarfen die Zebras am Sonntagnachmittag fünf Siebenmeter, ließen die Gastgeber nach einem zwischenzeitlichen Sechs-Tore-Vorsprung wieder gefährlich nah an sie herankommen, um schließlich den wahren Kraftakt mit 31:28 (15:12) für sich zu entscheiden. Am Ende waren es wichtige Paraden von Niklas Landin und Domagoj Duvnjaks beherzter Wurf zum 30:28, die den Widerstand der Gastgeber endgültig brachen. Bester Torschütze der Kieler war Sander Sagosen mit 9/1 Treffern.
Kieler erwischen guten Start
Neun Treffer: Sander Sagosen war erfolgreichster Torschütze der Kieler
Die Kieler starteten stark in die Partie: Ein Doppelschlag von Sagosen und einige tolle Paraden von Niklas Landin sorgten für das 2:0, das die Zebras in der Folge einer extrem hektischen und harten Begegnung ausbauen konnten. Auch, weil Frisch Auf! erst nach elf Minuten das erste Feldtor gelang, die THW-Abwehr sicher stand. Sagosens Pass auf Magnus Landin bedeutete das 7:3, nach Göppingens Zwischenspurt zum 6:8 machten Reinkind und Landin kurzen Prozess und erhöhten wieder auf 10:6 (18.), trafen viele richtige Entscheidungen. Wie Steffen Weinhold, der in Überzahl vom eigenen Kreis zum 11:7 einwarf.
Wiencek mit starken Aktionen
Patrick Wiencek traf fünf Mal
Doch die Gastgeber blieben gefährlich, weil der THW Kiel es zuließ: Ein Fehlpass beim Anwurf, ein Fehlpass im Aufbauspiel... Mit einem 3:0-Lauf war FAG beim 10:11 wieder in der Partie - und ließ das die Kieler auch spüren. Knüppelhart, wie Bagersted und Kozina in der Abwehr ackerten, eiskalt, wie vor allem Schiller in der ersten Halbzeit einnetzte. Gut, dass der starke Patrick Wiencek seinen Groll über harte Abwehraktionen der Gastgeber in positive Energie umwandeln konnte: Im Nachsetzten traf er zum 13:11, holte dann einen Siebenmeter heraus, den Sagosen zum 14:12 verwandelte, um dann nach Sagosen-Pass kurz vor der Sirene auch zum 15:12 zu treffen. Die ersten 30 Minuten in der "Hölle Süd" - ein Auf und Ab der Gefühle auf beiden Seiten.
Zebras wieder mit dem besseren Start
FAG ließ sich nicht abschütteln
Auch zum Start der zweiten Hälfte waren die nach fünf Spielen in 14 Tagen müden Kieler wacher als die Gastgeber: Duvnjak beendete seine Torflaute beim 16:13, Sven Ehrig legte per Gegenstoß nach: 17:13. Sagosen schraubte den Ball zum 18:14 in den Winkel, Duvnjak traf mit einem fulminanten Schlagwurf zum 19:15. Dann stahl Pekeler in der Abwehr einen Ball, und Ekberg verwandelte den Gegenstoß zum 20:15. Ein Kunststück, das dem Duo wenige Sekunden später noch einmal gelang: Steal Pekeler, Gegenstoß Ekberg: 21:15 (39.). Auch spielerisch lief es nun: Sagosen zu Ekberg, Ekberg zurück zum fliegenden Sagosen - 23:18 mit dem Kempatrick, der einst von Bernhard Kempa in Göppingen erfunden wurde. Die Zebras waren am Drücker, ließen diesen jedoch wieder los. Gleich dreimal scheiterten sie in fünf Minuten mit einem Siebenmeter an Rebmann im FAG-Tor, verpassten damit einmal mehr die frühzeitige Belohnung für einen couragierten Auftritt. Trotzdem blieben sie bis zur 46. Minuten mit vier Treffern vorn, bis Frisch Auf! eine Zeitstrafe gegen Steffen Weinhold zum 23:25-Anschluss nutzte.
Duvnjak fasst sich ein Herz
Duvnjak trifft von Halbrechts - die Entscheidung!
Jetzt entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, in dem Niklas Landin für die Zebras nun eine Hauptrolle einnahm: Erst verhinderte er gegen Rentschler das 25:26, dann hielt der Welthandballer wenig später aus kürzester Distanz auch noch einen Kempa-Versuch von Ellebaek - Sagosen stellte auf 27:24! Doch diese Partie blieb nun heiß umkämpft, weil Zelenovic Lücken in der Kieler Defensive fand, weil die Göppinger Abwehr die Schwarz-Weißen unerbittlich bearbeitete. Zwar besiegte Ekberb mit einem unter die Latte "genagelten" Strafwurf seinen Siebenmeter-Fluch, doch als Bagersted zum 27:28 traf und Rebmann hielt, schien das Pendel in Richtung der Gastgeber auszuschlagen. Gut, wenn man in dieser Phase einen wie Domgoj Duvnjak hat: Erst klaute er den Ball vor Wienceks 29:27 (58.), dann fasste er sich nach Schillers 28:29-Anschluss und drohendem Zeitspiel ein Herz, kreuze auf Halbrechts und vollstreckte ins lange Eck: 68 Sekunden vor dem Ende hatte der THW Kiel den Kopf aus der Schlinge gezogen, dann hielt Landin noch gegen Schiller und Sagosen traf zum Endstand - ein Kraftakt in Göppingen mit Happy-end!
Mittwoch in Veszprem
Für die Zebras, die sich direkt nach der Partie auf die Rückreise nach Kiel machten, steht am Mittwoch bereits die nächste große Herausforderung auf dem Plan: Mit einem Sieg beim ungarischen Weltklasse-Team Telekom Veszprem könnte der THW Kiel dichter an Platz zwei in der Vorrundengruppe B der EHF Champions League heranrücken. Das Spiel bei den Ungarn, von denen man sich im Hinspiel 31:31 trennte, wird um 18:45 Uhr angepfiffen. DAZN zeigt das Topspiel, das gleichzeitig die Generalprobe für das Halbfinale beim VELUX EHF Final4 am 28. Dezember ist, live. Weiter geht's in der Königsklasse, weiter geht's in der Stadt der Königinnen, Kiel!
Fotos: Bernd Dunstheimer
LIQUI MOLY HBL, 10. Spieltag: Frisch Auf! Göppingen - THW Kiel: 28:31 (12:15)
THW Kiel: N. Landin (1.-60., 14/1 Paraden), Quenstedt (1 Siebenmeter, keine Parade); Ehrig (1), Duvnjak (3), Sagosen (9/1), Reinkind (3), M. Landin (2), Sunnefeldt, Weinhold (1), Wiencek (5), Ekberg (5/1), Dahmke (n.e.), Zarabec (n.e.), Horak, Pekeler (2); Trainer: Jicha
Frisch Auf! Göppingen: Rebmann (1.-60., 13/4 Paraden), Kastelic (n.e.); Neudeck, Kneule (1), Heymann (5), Bagerstedt (1), Ellebaek (1), Smarason, Schiller (9/5), Rentschler (4), Goller, Hermann, Zelenovic (5), Kozina (1); Trainer: Mayerhoffer
Schiedsrichter: Marcus Hurst / Mirko Krag
Zeitstrafen: Göppingen: 7 (2x Bagersted (13., 31.), Smarason (20.), 3x Kozina (29., 43., 53.), Kneule (42.)) / THW: 6 (2x Wiencek (15., 41.), Pekeler (26.), Ehrig (35.), Weinhold (47.))
Rote Karte: Kozina (FAG, 3. Zeitstrafe (53.))
Siebenmeter: Göppingen: 6/5 (Landin hält Schiller (15.)) / THW: 7/2 (Ekberg an den Pfosten, verwandelt Nachwurf (4.), Rebmann hält 2x Ekberg (20., 43.), Sagosen (42.), Reinkind (48.))
Spielfilm: 0:2 (3.), 1:2, 1:4 (8.), 3:5 (11.), 3:7 (13.), 4:8, 6:8 (16.), 6:10 (18.), 7:11 (21.), 10:11 (23.), 12:13 (27.), 12:15;
13:15, 13:17 (34.), 15:18 (37.), 15:21 (39.),18:22 (42.), 19:23, 21:25 (46.), 23:25 (48.), 24:26 (49.), 25:28 (54.), 27:28 (56.), 28:29 (58.), 28:31.
Zuschauer: keine (EWS-Arena, Göppingen)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Wann ist es in Göppingen einmal nicht spannend? Bei der Qualität, die Frisch Auf! hat, war es uns klar, dass das heute eine enorme Aufgabe bei unserem Wahnsinnsprogramm sein würde. Und ich lasse mir von niemandem einreden, dass man hier mit zehn Toren Unterschied gewinnen müsse. Ich habe einen Riesen-Respekt vor der Leistung meiner Mannschaft, die seit Wochen kaum trainiert und gefühlt nur im Flieger sitzt. Das einzige, was ich heute hätte besser machen wollen, wären verwandelte Siebenmeter und ein Wurf in Überzahl ins statt über das Tor gewesen. Keiner Mannschaft wird es gelingen, in der Liga wird ein Durchmarsch gelingen, und ich bin deshalb froh und erleichtert, dass wir heute zwei Punkte mit zurück nach Kiel nehmen können. Wir werden unseren Mut und unsere Visionen nicht verlieren. Jetzt geht es weiter, immer weiter: Morgen steht ein leichtes Training an, Dienstag das Abschlusstraining und Mittwoch fliegen wir nach Ungarn, wo abends bei Veszprem das nächste Wahnsinns-Spiel ansteht.
FAG-Trainer Hartmut Mayerhoffer: Ich war zufrieden, dass wir dem THW Kiel einen derart großen Kampf geliefert haben. Wir haben auch gegen diese Mannschaft die Moral, nach einem Sechs-Tore-Rückstand zurückzukommen. Wir haben immer daran geglaubt, haben unsere Chancen herausgespielt. Beim 24:26 haben wir es zweimal freistehend nicht geschafft, auf Unentschieden zu stellen. Deshalb sind wir letztlich auch ein bisschen enttäuscht.
THW-Kreisläufer Patrick Wiencek: Es war von Vornherein klar, dass das heute ein Kampfspiel werden wird. Auch Göppingen hat eine schwierige Zeit mit Reisestrapazen hinter sich. Heute haben wir einen Sieg der Moral geholt, und man ist immer glücklich, wenn man ein solches Spiel gewinnt - auch wenn wir es uns selbst etwas einfacher hätten machen können. Dass wir - wie zuletzt - einen hohen Vorsprung herauswerfen und dann den Gegner wieder herankommen lassen, müssen wir ansprechen und verbessern. Aber wenn dann nicht viel läuft, kann man glücklich sein, einen wie Dule im Team zu haben, der sich den entscheidenden Wurf nimmt und trifft.
FAG-Torhüter Daniel Rebmann: In der Schlussphase hat man gesehen, warum der THW Kiel eine Top-Mannscnaft ist. Wir lassen zwei freie Würfe bei 24:26 liegen, und dann ist der THW eiskalt - wie man auch bei Duvnjak gesehen hat. Wir hatten Chancen für uns gesehen, weil der THW eine anstrengende Woche mit dem Spiel in Barcelona hatte. Diese Niederlage tut weh, weil wir wirklich gekämpft haben.