THW Kiel erkämpft sich gegen Leipzig wichtige Heim-Punkte
In der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga bleibt der THW Kiel dem Tabellenführer auf den Fersen: Am Sonntagnachmittag erkämpften sich die Kieler einem spannende Duell mit dem SC DHfK Leipzig zwei ganz wichtige Punkte. In einer Partie mit vielen Fehlern und wechselnden Führungen schafften es die Zebras, die letzten 21 Sekunden Leipziger Angriff unbeschadet zu überstehen und jubelten am Ende über einen knappen 27:26 (12:11)-Erfolg. Beste Torschützen auf schwarz-weißer Seite waren die zuletzt angeschlagen fehlenden oder nur Siebenmeter werfenden Nikola Bilyk (7) und Niclas Ekberg (7/4), die sich wie der Langzeitverletzte Steffen Weinhold vor der Begegnung einsatzbereit zurückmeldeten und sich in den Dienst der Mannschaft stellten.
Viele Fehler zu Beginn
Traf auch wieder aus dem Feld: Niclas Ekberg
Die Partie gegen Leipzig, die zur erweiterten Spitzengruppe der Liga gehören, war von der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga als Topspiel auserkoren. Gut, dass sich beim THW Kiel rechtzeitig vor der Begegnung gegen zuletzt stark auftrumpfende Leipziger mit Niclas Ekberg, Nikola Bilyk und auch Steffen Weinhold gleich drei angeschlagene oder verletzte Spieler nach Rücksprache mit der ärztlichen Abteilung des Rekordmeisters einsatzbereit meldeten. Die Kategorie "Topspiel" war für die Partie in der Anfangsphase aber deutlich zu hoch gegriffen: Beide Mannschaften erlaubten sich viele Fehler, nur fünf Treffer in den ersten acht Minuten waren die Folge. Das Leipziger 2:0 hatte Miha Zarabec mit einem Doppelschlag ausgeglichen, Rahmel das 3:2 für den THW erzielt. Dieser scheiterte in der Folge aber an Birlehm im SC-Tor oder an der massiv wie aggressiv auftretenden Leipziger Verteidigung, und die Gäste konnten ihrerseits wieder auf 5:3 davonziehen.
Zebras gehen "All In"
Machte Tempo und sieben Tore: Nikola Bilyk
Die Zebras gingen "All In": Zunächst kam Ekberg für Rahmel, Bilyk für Zarabec, später dann Weinhold in der Defensive für Horak. Diese Wechsel stabilisierten das Kieler Spiel, Bilyk sorgte für Tempo im Angriff, bediente Landin mit einem genialen Pass hinter dem Rücken zum 4:5, Ekberg erzielte nach einem Monsterblock von WIencek gegen Mamic sein erstes Feldtor nach drei Spielen, und als Niklas Landin einen Semper-Wurf festhielt und sein Bruder Magnus zum 6:5 traf, schienen die Zebras auf Spur. Leipzig reagierte mit der Auszeit, und die stoppte den Kieler Lauf. Mit Bilyks 8:7 startete der THW seine stärkste Phase in der ersten Hälfte, kassierte fünf Minuten kein Gegentor und ging durch Ekberg, Bilyk und Wienceks Gegenstoß mit 11:7 in Führung. Doch genauso schnell war Leipzig wieder dran, profitierte von technischen Fehlern des THW und verpassten Großchancen. Auf ein Tor schmolz der Kieler Vorsprung zusammen - und mit diesem ging es auch in die Pause.
Pekeler entschlossen
Verbissen kämpften beide Teams um jeden Ball
Mit Macht stemmten sich die Kieler in den ersten Minuten des zweiten Durchgangs in Unterzahl dem Leipziger Druck entgegen. Der THW legte vor, Leipzig zog nach. Allerdings fehlte dem Kieler Spiel weiterhin die Lockerheit, in doppelter schwarz-weißer Überzahl verhinderte Birlehm gegen Landin die Zwei-Tore-Führung - es blieb beim Kopf-an-Kopf-Rennen. Nach Wiesmachs 18:18 schien es urplötzlich aber rund zu laufen beim THW: Bilyk traf zum 19:18, Wiencek stahl hinten den Ball, was mit Ekbergs Siebenmeter zum 20:18 veredelt wurde, und dann setzte Landin das 21:18 (47.) - was die Fans erstmals von den Sitzen riss. Doch wieder dauerte es nur kurze Zeit, bis Leipzig wieder dran war. Semper war kaum noch zu stoppen, beim 21:22 war der SC DHfK wieder in Reichweite. Was folgte, war vielleicht die Szene des Spiels: Nach Ekbergs 23:21 verzog Semper, vorne hielt Vortmann gegen Ekberg, der Ball flog in hohem Bogen zurück ins Feld. Gleich drei Leipziger streckten sich nach dem Abpraller, den holte sich aber Pekeler, pflügte anschließend durch die Abwehr und traf mit aller Entschlossenheit zum 24:21.
Dramatik bis zum Schluss
Peke gegen die grüne Wand: Mit aller Entschlossenheit setzte Pekeler die entscheidenden Nadelstiche
Eine Szene, die die Fans endgültig aufweckte: Sie unterstützten die Zebras fortan in ihrem unermüdlichen Kampf, der nach einem 3:0-Lauf der Sachsen zum 24:24 aber wieder vollkommen auf des Messers Schneide stand. Bilyk traf, Pekeler klaute den Ball und schickte erneut Bilyk: 26:24! Pekeler kassierte bei Sempters 25:26 eine Zeitstrafe, Zarabec bediente Wiencek: 27:25! Sekunden später drehte der ehemalige Kieler Raul Santos den Ball an Landin vorbei zum 26:27 ins Kieler Netz - drei Minuten waren noch zu spielen. Landin hielt großartig gegen Gebala, vorn kümmerten sich gleich drei Leipziger um Pekeler, der am Ende des ungleichen Vierkampfes noch die Hand von Müller ins Gesicht bekam - ungesühnt. Die Sekunden verstrichen, der THW hatte 38 Sekunden vor Ultimo den Ball, aber Vortmann machte es mit seiner Parade gegen Zarabec wieder richtig spannend. 21 Sekunden verblieben dem SC DHfK für den letzten Angriff - und in diesen schmissen sich die Kieler mit allem, was sie noch hatten: Am Ende war es Pekeler, der mit aller Entschlossenheit den Ball herausspielte, hinterherhechtete. Schlusssirene, noch ein Freiwurf: Als dieser im vielhändigen Kieler Block landete, jubelte Kiel über zwei ganz wichtige Heim-Punkte!
45-Stunden-Doppelpack voraus
Die Emotionen müssen raus: Kiel jubelt über wichtige Heim-Punkte!
Für die Zebras ist der Hammer-Monat November vor dem Hammer-Monat Dezember noch lange nicht beendet: Am Donnerstag geht es für sie ab 19 Uhr in der Nürnberger Arena beim HC Erlangen um wichtige Zähler in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. Direkt nach dem Spiel fliegt der THW mit einer Chartermaschine von Ingolstadt zurück in die Landeshauptstadt, denn nicht einmal 45 Stunden später steht das Spitzenspiel in der VELUX EHF Champions League an: Am Sonnabend, 30. November, empfängt der Tabellenführer der Gruppe B aus Kiel seinen direkten Verfolger, den Champions-League-Sieger 2018: Für die Begegnung gegen Montpellier HB, die Samstag um 17:30 Uhr angepfiffen wird, gibt es an allen bekannten Vorverkaufsstellen, in der THW-FANWELT, im Ticketcenter der Arena, bei CITTI und in allen famila-Märkten mit Ticketservice noch Eintrittskarten ab 14,50 Euro. Karten in allen Kategorien gibt es rund um die Uhr und dank Print@Home und Mobile-Ticket auch noch bis kurz vor Anpfiff zudem im Online-Ticketshop des THW Kiel: Weiter geht's, Kiel!
LIQUI MOLY HBL, 14. Spieltag, 24.11.2019: THW Kiel - SC DHfK Leipzig: 27:26 (12:11)
THW Kiel: N. Landin (1.-35., 54.-60., 5 Paraden), Quenstedt (35.-54., 1 Parade); Ehrig (n.e.), Reinkind (1), M. Landin (3), Weinhold, Wiencek (3), Ekberg (7/4), Rahmel (1), Dahmke, Zarabec (2), Horak, Bilyk (7), Pekeler (2), Nilsson (1); Trainer: Jicha
SC DHfK Leipzig: Vortmann (49.-60. und 1 Siebenmeter, 5 Paraden), Birlehm (1.-49., 6 Paraden); Semper (9), Wiesmach (4), Witzke (2), Krzikalla (1/1), Binder, Janke, Müller, Roscheck, Weber (3), Mamic, Remke, Gebala (1), Milosevic (1), Santos (5);Trainer: Haber
Schiedsrichter: Fabian Baumgart / Sascha Wild
Strafzeiten: THW: 3 (M. Landin (30.), 2x Pekeler (32., 56.)) / Leipzig: 6 (Roscheck (15.), 2x Mamic (23., 41.), Weber (37.), Wiesmach (37.), Gebala (46.))
Siebenmeter: THW: 4/4 / Leipzig: 2/1 (Krzikalla überweg (9.))
Spielfilm: 0:2 (4.), 3:2 (8.), 3:5 (13.), 6:5 (18.), 7:7 (21.), 11:7 (26.), 11:10 (29.), 12:10, 12:11;
12:12, 14:13, 15:14 (35.), 18:18 (42.), 21:18 (47.), 21:20 (49.), 22:21, 23:21 (51.), 24:22, 24:24 (54.), 26:24 (55.), 27:25 (57.), 27:26 (57.).
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr froh über den Sieg. Wie vor dem Spiel angekündigt, ist Leipzig hier mit ganz breiter Brust aufgelaufen. Und wir wussten auch, dass sie gerade gegen Top-Gegner auch Top-Leistungen gebracht haben. Wir waren also gewarnt. Heute ging es nur über Kampf und Leidenschaft, wenn wir spielerische Lichtblicke hatten, waren die Leipziger Abwehr oder die Torhüter da. Bis Jahresende werde wir keinen Schönheitspreis mehr gewinnen, wir müssen auf die Zähne beißen und uns jeden Punkt hart erarbeiten. Solche Spiele wie heute gegen Leipzig sind die schwersten der Saison, und wir haben dieses mit großem Willen nach Hause gebracht. Darüber bin ich sehr stolz. Meine Spieler sollen jetzt heute den Augenblick genießen und sich im Kopf für solch einen Kampf gegen solch einen Gegner belohnen. Ab morgen widmen wir uns dann der nächsten schweren Aufgabe.
Leipzigs Coach Andre Haber: Beide Seiten haben vorher ein Kampfspiel heraufbeschworen, und die Kieler Spieler haben sich sehr respektvoll über uns geäußert. Wir haben daran geglaubt, hier punkten zu können. Der Zeitpunkt war angesichts des Programms, das die Kieler abzuspulen haben, günstig für einen außergewöhnlichen Moment. Wir haben dann das Spiel offen gestaltet und selbst beim 18:21 an uns geglaubt. Wir haben die Einstellung, wir hatten Einzelakteure, die uns toll geholfen haben, und wir haben als Mannschaft toll gekämpft. Es ist daher bitter und einmal mehr tragisch, dass man aus vier Spielen gegen Topteams nur zwei Punkte mitnimmt, aber eine Tordifferenz von 0:0 aufweist. Und es war nahezu dusselig, dass wir es nicht geschafft haben, bei 21 Sekunden Restzeit einmal den Ball wenigstens aufs Tor zu bringen. Für die Minuten davor muss ich meiner Mannschaft viele Komplimente aussprechen, aber ich bin enttäuscht und traurig über den Ausgang.
Leipzigs Geschäftsführer Karsten Günther: Es tut unfassbar weh, so nah waren wir noch nie an einem Punktgewinn in Kiel. 99 Prozent des Spiels waren positiv, wir haben uns immer wieder zurückgekämpft und auf Augenhöhe agiert. Ich freue mich für Raul, der uns sehr geholfen hat, und Franz, der stark gespielt hat. Heute hatten wir – anders als bei den knappen Niederlagen zuletzt – die letzte Aktion in unserer Hand. Den Unterschied macht für mich heute Hendrik Pekeler: Wie er mit aller Macht nach dem Abpraller das Tor macht und wie er sich in den letzten Zweikampf schmeißt – dieser „Killerinstinkt“ hat uns heute vielleicht gefehlt. Die vielen Komplimente und Schulterklopfer haben sich die Jungs verdient, aber sie nützen unter dem Strich wenig.
THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Das war ein eindrucksvoll erkämpfter Sieg in einem sehr umkämpften Bundesliga-Spiel. Wir sind nicht ins Laufen gekommen, die Leichtigkeit ist es uns zuletzt ein wenig abhanden gekommen. Positiv war, wie wir uns daraus wieder hinausgekämpft haben, wie sich die Mannschaft selbst aus diesen Phasen herausgezogen hat. Niko war ein wichtiger Faktor, ich fand es stark, wie er und die anderen zuletzt angeschlagen oder verletzt Ausgefallenen sich heute in den Dienst der Mannschaft gestellt haben. Jetzt können wir ein bisschen regenerieren, bevor drei weitere richtungsweisende Spiele anstehen.
THW-Rückraumspieler Nikola Bilyk bei Sky: Es war ein sehr harter Kampf für uns. Wir haben alles reingelegt und wollten unbedingt gewinnen. Allerdings haben wir uns das Leben selber schwer gemacht und haben Leipzig immer wieder herankommen lassen. Aber am Ende haben wir die letzte Abwehrsituation gut gelöst. Jeder Einzelne hat die Verantwortung übernommen. Angesichts der vielen Spiele müssen eher wie Maschinen agieren. Man muss immer seine Leistungen bringen. Das ist sehr schwer, aber wir sind beim THW Kiel, und es ist unser Anspruch, Bundesliga, Champions League und Pokal lange und möglichst erfolgreich zu spielen. Man muss immer alles geben, wenn man um alle Titel mitspielen will. Das dies nicht immer funktioniert, ist natürlich auch klar. Aber so ist einfach unser Sport.
Leipzigs Franz Semper bei Sky: Wenn wir in Kiel spielen und in eine so starke Endphase kommen, dann wollen wir dieses Spiel natürlich gewinnen. Wir haben zum Ende eine Chance zum Ausgleich, aber es ist dann einfach nur schade, dass wir nicht zum Wurf gekommen sind. Es war ein sehr kampfbetontes Spiel und ich persönlich habe einen guten Tag erwischt. Da lief im Angriff viel über mich und wenn man dann in der Abwehr viel arbeiten muss, dann ist es sehr kräftezehrend.