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Spielbericht Hüttenberg mit Comeback

Bundesliga

Spielbericht Hüttenberg mit Comeback

Der Kapitän ist zurück: 228 Tage nach seiner schweren Knie-Operation streifte Domagoj Duvnjak zum ersten Mal wieder das THW-Trikot über - mit stehenden Ovationen begrüßten ihn die 10.285 Zuschauer in der ausverkauften Sparkassen-Arena. Und feierten den Kroaten für drei Treffer. Bester Torschütze beim letztlich klaren 33:24 (17:13)-Sieg gegen den Aufsteiger TV Hüttenberg, der die Kieler eine Halbzeit lang gehörig ärgerte, war indes Miha Zarabec: 9/2 Treffer erzielte der THW-Spielmacher in der Partie. Diese endete mit zwei Paukenschlägen: Der 20-jährige U23-Torhüter Tim Wendt, der erst vier Stunden vor dem Anpfiff von seiner Rolle als Vertretung für den erkrankten Niklas Landin erfahren hatte, hielt zwei von zwei Würfen und riss damit die Fans von ihren Sitzen.

Personalsorgen bei den Zebras

Bester Torschütze: Miha Zarabec

Einmal mehr gingen die Schwarz-Weißen mit Personalsorgen in die Partie: Neben Raul Santos und Nikola Bilyk meldete sich kurzfristig auch Torhüter Niklas Landin erkrankt ab. Da Tom Landgraf aus dem Anschlusskader aufgrund einer Disqualifikation im letzten Punktspiel mit dem TSV Altenholz nicht spielberechtigt war, bekam U23-Keeper Tim Wendt am Nachmittag einen überraschenden Anruf von seinem Trainer Christian Sprenger: Der 20-Jährige aus der Oberliga-Mannschaft des Rekordmeisters rückte in den Bundesliga-Kader, in dem mit Steffen Weinhold, nach seinem Muskelfaser-Riss noch nicht wieder fit, ein weiterer etablierter Spieler nicht auflaufen konnte. Für ihn nahm Lucas Firnhaber aus dem Anschlusskader auf der Bank Platz.

Comeback von Duvnjak

Die Nummer 4 ist zurück!

Einen Gänsehaut-Moment gab es trotzdem schon beim Warmmachen: Als Domagoj Duvnjak 228 Tage nach seiner Knie-Operation zum ersten Mal wieder das Parkett der Sparkassen-Arena im Trikot betrat, brandete Applaus auf. Die Nervosität war dem Kapitän anzumerken - genauso wie die Vorfreude, nach mehr als sieben Monaten Leidenszeit endlich wieder Handball vor großem Publikum zu spielen. Und das erhob sich von seinen Sitzen, als Duvnjak sich nach 18:47 Minuten endlich die Trainingsjacke auszog: Die Nummer "4" ist zurück! 

Zebras nehmen langen Anlauf

Bejubelte vier Tore: Emil Frend Öfors

Bis die Fans das Comeback von Duvnjak und den klaren Erfolg mit vielen tollen "Zebra"-Momenten feiern konnten, mussten sie allerdings eine ganze Weile Handball im Zeitlupen-Tempo sehen. Die Gäste spielten ihre Angriffe mit einer Engelsgeduld aus und spielten so die anfangs nicht beweglich genug agierende Abwehr der Gastgeber müde. Die Folge: Immer wieder fanden die Hüttenberger eine Lücke am Kreis oder von Außen, und gegen die frei vor ihm auftauchenden Hessen hatte Derby-Held Andreas Wolff zunächst auch einen schweren Stand. Im Angriff lief es hingegen viel runder bei den Schwarz-Weißen, bei denen Alfred Gislason Emil Frend Öfors und Ole Rahmel das Vertrauen auf den Außenpositionen schenkte: Zarabec kurbelte und wirbelte, Wiencek, Vujin, Dissinger und eben Rahmel und Frend Öfors trafen. Allerdings dauerte es bis zur 16. Minute, ehe die Kieler erstmals in Führung gehen konnten: Wolff hielt gegen den freien Tim Stefan, Wiencek traf im Gegenstoß zum Ausgleich. Dann machte Dissinger kurzen Prozess, Zarabec wackelte die komplette TVH-Defensive aus, und als Rahmel nach einer erneuten Wolff-Parade zum 11:8 einnetzte (18.), schien es rund zu laufen beim THW.

THW gibt vor und nach der Halbzeit Gas

Doch Hüttenberg zeigte sich davon wenig beeindruckt, verkürzte mit einem Doppelschlag auf 11:10 und blieb ein unangenehmer Kontrahent, den man nicht abhängen konnte. Bis zur Schlussphase der ersten Halbzeit: Wernig hatte per Konter zum 12:13 und mit einem frechen Heber zum 13:14 getroffen, dann sorgten Rahmel, Wiencek und Frend Öfors mit einem 3:0-Zwischenspurt noch vor der Pausensirene für klarere Verhältnisse. Mit einem 17:13 wurden die Seiten gewechselt - und kurz nach Wiederanpfiff ging die wilde Fahrt weiter: Zarabec traf aus dem Rückraum, der nur kurz spielende Lukas Nilsson jagte ein 104-km/h-Geschoss in den Winkel - mit einem komfortablen Sechs-Tore-Vorsprung starteten die Zebras in die zweite Hälfte. Diesen bauten sie nach Zarabec' feinem Rückhand-Anspiel auf Wiencek und dem anschließenden Frend-Öfors-Gegenstoß sogar auf 22:15 aus (37.), und auch Andi Wolff machte mit einer Doppel-Parade und einem gehaltenen Konter richtig Alarm. Weil aber der Angriff kurzfristig den Fahrkartenschalter öffnete, kamen die Gäste wieder auf 18:22 (42.) heran.

Finale furioso

Oberliga-Torhüter Tim Wendt feierte sein Bundesliga-Debüt

Davon ließen sich die "Zebras" allerdings wenig beirren, weil Zarabec das Ruder herumriss: Der Slowene traf vom Siebenmeterstrich, setzte sich über halbrechts im Eins-gegen-Eins durch und sah den an den Kreis eingelaufenen Duvnjak: Nach 47:57 Minuten erzielte der "Comebacker" sein erstes Saison-Tor, was die 10.285 Fans zu einem Jubelsturm verleitete. Duvnjaks 25:19 war der Auftakt zu einer Schlussphase, in der Vujin, in seinem 312. THW-Einsatz in Folge, zum Vorlagengeber wurde, Duvnjak seine Kollegen im Verbund mit Zarabec dirigierte, mit einem abgefälschten Wurf zum 30:22 traf, um dann mit einem fantastischen No-Look-Pass Rahmel zum 31:22 mustergültig anzuspielen. Das Spiel war entschieden, und doch warteten die Kieler noch mit einem "Finale Furioso" auf: Gislason bedankte sich bei Tim Wendt mit 138 Sekunden Einsatzzeit, und der Youngster dankte es dem Isländer mit gleich zwei Paraden. Nach dem gehaltenen freien Wurf von Fernandes riss es die Fans von den Sitzen, Gislason feierte mit den THW-Spielern auf der Bank. Im Gegenzug netzte Duvnjak per Kempa ein, Wendt parierte einen Rückraumwurf und hielt damit seine 100-Prozent-Quote. Rahmel machte mit seinem sechsten Treffer das 33:24 - minutenlang feierten die THW-Fans dieses Spiel, das so viele tolle Geschichten schrieb.   

Sonntag gegen Flensburg

Gut gelaunte Zebras nach dem Schlusspfiff

Für die angeschlagene "Zebraherde" ist nach der Partie gegen den Aufsteiger erst einmal Regeneration angesagt: Zum ersten Mal in dieser Spielzeit wird der Drei-Tages-Rhythmus unterbrochen, weiter geht es für den THW Kiel erst am 10. Dezember - dann aber mit einem absoluten Hammer: Wieder reisen sie nach Flensburg, dieses Mal geht es im 96. Derby um wichtige Liga-Punkte. Sky wird das Spiel wie gewohnt ab 15 Uhr live übertragen, auch das NDR-Fernsehen zeigt erstmals ein Bundesliga-Spiel live im frei empfangbaren Fernsehen. Das nächste Mal zu Hause müssen die Kieler dann am Donnerstag, 14. Dezember, ran: Zu Gast ist dann GWD Minden, für dieses Spiel gibt es noch Karten an allen bekannten Vorverkaufsstellen und online im THW-Ticketshop. Weiter geht's durch den Dezember, Kiel! 

Statistik, 15. Spieltag, 02.12.17: THW Kiel - TV 05/07 Hüttenberg: 33:24 (17:13)

THW Kiel: Wolff (1.-58., 10 Paraden), Wendt (58.-60., 2 Paraden); Duvnjak (3), Toft Hansen, S. Firnhaber, Dissinger (2), Wiencek (6), Ekberg, Zeitz, Frend Öfors (4), Rahmel (6), Dahmke (n.e.), Zarabec (9/2), L. Firnhaber (n.e.), Vujin (2), Nilsson (1); Trainer: Gislason

TV Hüttenberg: Ritschel (1.-19., 54.-60. und 1 Siebenmeter, 3/1 Paraden), Schomburg (19.-54., 5 Paraden); Stefan (2), Sklenak (3), Lambrecht, Wernig (5/3), Rompf (1), Zörb (2), Fernandes (1), Johannsson, Roth, Mappes (4), Hofmann (2), Hahn, Lipovina (4); Trainer: Kurtagic

Schiedsrichter: Colin Hartmann / Stefan Schneider
Strafzeiten: THW: 0 / TVH: 1 (Zörb (9.))
Siebenmeter:  THW: 4/3 (Ritschel hält Ekberg (9.)) / TVH: 3/3
Spielfilm: 0:1, 1:2 (4.), 3:4, 5:6 (11.), 7:8 (13.), 11:8 (18.), 11:10 (20.), 13:12 (23.), 14:13 (25.), 17:13;
19:13 (33.), 20:15, 22:15 (37.), 22:18 (42.), 23:19, 25:19 (48.), 27:20 (42.), 28:22 (53.), 31:22 (57.), 31:24 (58.), 33:24.
Zuschauer: 10.285 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

THW-Trainer Alfred Gislason: Uns war klar, dass wir nach dem Flensburg-Spiel unsere Konzentration finden müssen. Der TV Hüttenberg spielt einen schlauen, geduldigen Handball. Und wir hatten dagegen in den ersten 20 Minuten unsere Probleme, weil wir unsere Geduld verloren haben, Bälle klauen wollten und dann einfache Gegentore bekommen haben. Hüttenberg hat viel mit Schlagwürfen agiert, die Andi Wolff sehr spät gesehen hat, deshalb kam er erst spät ins Spiel. Ich habe mich riesig über die Rückkehr von "Dule" gefreut. Man hat anfangs gemerkt, dass er ein wenig eingerostet zu sein scheint. In der zweiten Halbzeit habe ich dann phasenweise bereits den "alten" Duvnjak gesehen, der immer in Bewegung ist. Und auch die Spielfreude war bereits da. Heute haben auch die beiden Außen Emil Frend Öfors und Ole Rahmel stark gespielt. Und dann hat Tim Wendt noch zwei Bälle gehalten. Ich denke, der Junge wird eine Woche lang nicht mehr schlafen. Insgesamt war das heute eine gute Leistung meiner Mannschaft.

TVH-Trainer Emir Kurtagic: Glückwunsch an den THW Kiel zu diesem verdienten Sieg. Wir wollten geduldig spielen und auf unsere Chancen warten. Das hat meine Mannschaft super gemacht, sie hat den Ball laufen lassen. Der Fortschritt aus dem Minden-Spiel war auch gegen eine der besten Mannschaften Europas zu sehen. Wir machen vieles richtig, aber leider auch wieder Fehler, sodass wir mit vier Toren Rückstand in die Pause gehen. Ein bis zwei kleine Fehler - und schon ist das Kieler Tempo da, und der THW kann sich absetzen. Aber: Wir geben nie auf, und so ist das Ergebnis vielleicht auch drei bis vier Tore zu hoch ausgefallen.

Hüttenbergs Sportlicher Leiter Torsten Menges: Unsere Zielsetzung war eine gute Leistung, und die haben wir geboten. Wenn wir geduldig unsere Angriffe ausspielen, können wir zu Erfolgen kommen. Mit einer besseren Chancenverwertung hätte das Ergebnis heute freundlicher aussehen können.

THW-Geschäftsführer Thorsten Storm: Nach dieser Schlacht und dem Coup von Flensburg ist es schwierig, solch ein Spiel gegen einen schlauen Gegner zu gewinnen. Das hat unsere Mannschaft heute hervorragend gelöst. Riesig ist die Rückkehr von Duvnjak, ich möchte mich bei unserer medizinischen Abteilung und Jörn-Uwe Lommel für die hervorragende Arbeit bedanken. Es ist wichtig, dass er wieder zurück ist. Und Tim Wendt? Angesichts einer 100-Prozent-Quote müsste man ihm eigentlich nahelegen, heute sofort die Karriere zu beenden (er lacht).

Domagoj Duvnjak: Ich hatte heute den ganzen Tag überall Gänsehaut, vielen Dank an unsere Fans für die überragende Begrüßung. Ein bisschen habe ich mich gefühlt, als würde ich erst zwei Tage Handball spielen. Die Beine haben gezittert - aber: Das Knie hat es gut überstanden, und ich freue mich auf weitere Fortschritte.

Christian Zeitz: Vielleicht war es für Tim gut, dass er erst kurz vorher informiert wurde. So hatte er nicht viel Zeit, um nervös zu werden. Tim Wendt wird die Saison lang die Statistik in der Handballwoche anführen: 100 Prozent Quote - das schafft nicht einmal Andi Wolff (er lacht).

THW-Kreisläufer Rene Toft Hansen in den KN: Es war streckenweise ein schwieriges Spiel, weil Hüttenberg so lange Angriffe gespielt hat. Wir standen gut in der Abwehr, aber wir standen eben auch sehr lange in der Abwehr. Und wir haben einige leichte Gegentore bekommen, wenn Hüttenberg über das Stoßen kam. Jetzt freuen wir uns auf ein paar freie Tage.