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KN: Falsche Kragenweite

Champions League

KN: Falsche Kragenweite

Kiel. Irgendwann schlägt der Blitz in der Sparkassen-Arena ein. Das Licht wird dunkler, die Hallenuhr versagt nach der Pause zunächst ihren Dienst. Die Zebras des THW Kiel standen beim Auftakt in die neue Saison der Handball-Champions-League auch zuvor schon unter Strom. Fehlende Spannung kann den Akteuren von Trainer Alfred Gislason wirklich keiner vorwerfen. Dennoch schaffen sie es zu keinem Zeitpunkt, das Millionenensemble von Paris Saint-Germain auch nur in die Nähe einer Niederlage zu bringen. Der vom ehemaligen Kieler Erfolgstrainer Noka Serdarusic betreute Gast setzt sich schließlich mit 25:22 (12:10) durch.

Der THW Kiel macht zu viele Fehler

Zwei Zahlen belegen, warum nicht möglich wird, was die Kieler so sehr wollen: 17 Fehlwürfe und zwölf technische Fehler. "Wenn du gegen die beste Mannschaft der Champions League gewinnen willst, darfst du höchstens vier oder fünf solcher Fehler machen. Mit zwölf hast du keine Chance", sagt Gislason. Seine Mannschaft läuft im neuen Königsdress auf, ganz in Weiß, beginnt wie zuletzt mit Christian Dissinger, Miha Zarabec und Steffen Weinhold im Rückraum. Passt nicht! Dissinger und Weinhold müssen früh raus, Marko Vujin auf Halbrechts kommt gut ins Spiel, spielt sich frei. Lukas Nilsson agiert gefährlich, bleibt zugleich aber mit am Ende vier Toren aus zehn Versuchen auch der Mann mit den vielen Fahrkarten. Apropos Fahrkarten: Gislason und sein Team haben einen guten Plan. Weil der Weg durch die Mitte von den fantastischen Karabatic-Brüdern Nikola und Luka versperrt ist, muss mehr Spielwitz her. Immer wieder laufen die Außen ein, schaffen Räume, werden gefunden - aber Niclas Ekberg (21.) oder der für ihn eingewechselte Ole Rahmel (25.) treffen zunächst nicht, scheitern frei vor PSG-Neuzugang Rodrigo Corrales, der an diesem Tag den Vorzug vor Thierry Omeyer bekommt.

Beim 12:7 für Paris (27.) sieht alles nach einem eintönigen Nachmittag aus. Aber Geschichte wiederholt sich nicht, abgeschlachtet werden war gestern - vergiss Paris! Jetzt ist Kieler Kampf. Endlich trifft Nilsson (8:12/27.), Vujin mit dem Halbzeitpfiff per Siebenmeter (10:12). Es wird zugepackt. Hart, härter, Patrick Wiencek. Und Niklas Landin im Kieler Gehäuse hat auch einen guten Tag erwischt, so dass Andreas Wolff wieder 60 Minuten auf der Bank schmoren muss. Noch einmal trifft Ole Rahmel, feiert ein tolles Champions-League- und Heimdebüt. Dann dauert es nur drei Minuten, und die Partie ist verloren. Drei Minuten, die sich in der Chronologie so lesen: Fehlwurf Nilsson, Gegenstoß Uwe Gensheimer, 12:15 (36.), Fehlwurf Nilsson, Gegenstoß Gensheimer, 12:16 (37.), Missverständnis zwischen Nilsson und Vujin, Gegenstoß Gensheimer, 12:17 (38.), Christian Zeitz über das Tor, Treffer Sander Sagosen, 12:18 (39.).

Rahmel, Zeitz, Wiencek, Steffen Weinhold in der Mitte - es bleibt ein illustrer Schlagabtausch, bei dem die Franzosen jedoch nie in die Bredouille geraten. Sander Sagosen, dieses norwegische Mega-Talent, zieht 60 Minuten die Fäden, Nedim Remilis Wurfkraft kriegen die Zebras kaum in den Griff. Und: PSG macht einfach weniger Fehler, spielt mit taktisch überschaubarem Konzept und individueller Gigantenklasse. Wechselfehler Firnhaber, Parade Corrales - da ist der Wurm drin. Landins gehaltener Siebenmeter gegen Superstar Mikkel Hansen (52.) bleibt der letzte Hoffnungsschimmer. Am Ende beweist Alfred Gislason Größe in der Niederlage: "Momentan müssen wir eingestehen, dass Paris nicht ganz unsere Kragenweite ist."

(Von Tamo Schwarz, aus den Kieler Nachrichten vom 18.09.2017, Foto: Sascha Klahn)