Champions League: THW startet am Sonntag in Zagreb
Zagreb Dauergast in der Champions League
Rechtsaußen mit Torgarantie: Kapitän Zlatko Horvat.Keine Mannschaft qualifizierte sich in der 22-jährigen Geschichte der Handball-Champions-League so häufig wie der kroatische Hauptstadtclub, der dank neuem Hauptsponsor in dieser Saison offiziell als „RK Prvo plinarsko drustvo Zagreb“ firmiert. Nur ein einziges Mal (2001/02) verpasste der Verein die Königsklasse. Es war eine Zeit, in der die ansonsten national konkurrenzlosen Zagreber mit RK Metkovic einen Gegner auf Augenhöhe besaßen, der zweimal Pokal und Meisterschaft gewann. Es war aber auch eine wilde Zeit der Handballskandale am Balkan, in der sich RK Zagreb – offiziell einziger kroatischer Titelträger mit 23 Regentschaften in Folge zwischen 1992 und 2014 – erst nachträglich am grünen Tisch wieder an Metkovic vorbei schlich. Während der THW Kiel in dieser Saison „erst“ zum 18. Mal an der VELUX EHF Champions League teilnimmt, ist es für RK Zagreb bereits der 21. Anlauf. Die großen internationalen Erfolge liegen indes schon eine Weile zurück: Von Mitte bis Ende der Neunziger galten die Kroaten als „Kronprinzen“ des europäischen Handballs, erreichten sie doch zwischen 1995 und 1999 gleich viermal das Endspiel, doch scheiterten sie jedes Mal am ruhmreichen FC Barcelona. Seit dem Millennium ging es langsam bergab – vor allem, weil der RK Zagreb finanziell nicht mehr mit den Platzhirschen mithalten konnte und der Verein seine vielen Talente oftmals ziehen lassen musste.
Personelle Aderlässe Jahr für Jahr
Routinier Josip Valcic gewann 2011 mit dem VfL Gummersbach den Pokal der Pokalsieger.Bildete Zagreb einst das Grundgerüst der kroatischen Nationalmannschaft, so musste der Verein im Januar für die Europameisterschaft im Januar in Dänemark mit Rechtsaußen Zlatko Horvat sowie den Rückraumspielern Josip Valcic und Stipe Mandalinic nur drei Spieler abstellen. Allerdings: Zehn weitere aus dem 17er-Kader, der im Spiel um Bronze knapp Weltmeister Spanien unterlag, trugen einst das Trikot des Rekordmeisters, darunter klangvolle Namen wie Venio Losert, Marko Kopljar, Igor Vori oder Manuel Strlek. Und natürlich THW-Neuzugang Domagoj Duvnjak, der von 2006 bis 2009 bei RK Zagreb spielte, ehe es ihn nach Hamburg zog. Von dessen einstigen Mannschaftskameraden sind nur noch Horvat und die erfahrenen Valcic-Brüder mit dabei. Dennoch steht für Duvnjak am Sonntag eine besondere Partie an, etablierte er sich doch in Zagreb als Nationalspieler.
Viele zukünftige Nationalspieler
Torhüter Filip Ivic ist eines der vielen Talente Zagrebs.Dieses Ziel besitzen auch viele Spieler des aktuellen Kaders, denn die drei EM-Vierten sind keineswegs die einzigen Leistungsträger einer Mannschaft, die ausschließlich aus Kroaten besteht. Über Länderspielerfahrung verfügen auch der 22-jährige Torhüter Filip Ivic, Linksaußen Lovro Sprem (jüngerer Bruder des ehemaligen Bundesligaspielers Goran Sprem) und 2,01m-Linkshänder Luka Stepancic. Vielen weiteren Akteuren wird eine große Zukunft prophezeit, unter ihnen Rechtsaußen Lovro Mihic (20), Kreisläufer Teo Coric (22) oder die Rückraumspieler Domagoj Pavlovic (21) und Mario Vuglac (22). Letzterer versuchte bereits vor drei Jahren den Sprung in die deutsche Bundesliga, doch Verletzungen warfen den Linkshänder bei HBW Balingen-Weilstetten und dem TV Hüttenberg immer wieder zurück. Über den Umweg Slovan Ljubljana landete Vuglac im vergangenen Winter bei RK Zagreb, wo er zuletzt aufsteigende Form zeigte: Beim 29:28-Auswärtssieg am vergangenen Wochenende in der SEHA-Liga bei Meshkov Brest – ebenfalls Gruppengegner des THW und Zagrebs in der Königsklasse – erzielte Vuglac vier Treffer aus vier Versuchen.
Bislang zehn Duelle mit dem THW
Wurfgefahr von Halbrechts: Luka Stepancic.Mit dieser Mannschaft will RK Zagreb die K.O-Runde erreichen, nachdem in den beiden vergangenen Saisons jeweils bereits in der Gruppenphase Schluss war. “Wir haben eine sehr junge Truppe. Unsere Stärke ist, dass wir jetzt seit drei Jahren zusammen spielen. Deshalb glaube ich wirklich, dass wir uns für das Achtelfinale qualifizieren werden“, so Kapitän Zlatko Horvat. Zuletzt gelang dies in der Saison 2011/12. Damals waren die Überflieger des THW Kiel Endstation für die Kroaten im Viertelfinale, obwohl die „Zebras“ vor 11.000 Zuschauern in der Arena Zagreb beinahe eine Bruchlandung hingelegt hätten. Mit 15:22 lagen die Kieler nach 38 Minuten hinten, dank einer Energieleistung reichte es schließlich noch zu einem 31:31-Remis – eines von nur drei Pflichtspielen, die der THW in der Spielzeit 2011/12 nicht gewinnen konnte. Da Filip Jicha und Co. Im Rückspiel beim 33:27 in der Sparkassen-Arena aber nichts anbrennen ließen, war schließlich der Weg frei für die legendäre Kieler Triple-Saison. Von bislang zehn Champions-League-Duellen der beiden Teams konnte der THW vier gewinnen, dreimal gewann der kroatische Serienmeister.
Vujovic als neuer Trainer
Auf geht's, „Zebras“!
Den THW Kiel erwartet am Sonntag nicht nur ein ambitionierter Gegner, den Alfred Gislason als „Zukunft des kroatischen Handballs“ bezeichnet. Auch auf eine heißblütige Atmosphäre müssen sich die „Zebras“ einstellen, denn die riesige Arena fasst 15.200 Plätze und wird voraussichtlich ausverkauft sein. Durch die rechtzeitigen Comebacks von Steffen Weinhold und Christian Sprenger aber scheint der THW bereit für den Königsklassen-Auftakt, die ersten 60 von 840 Spielminuten auf dem Weg zum „VELUX EHF Final4“ in Köln. Die Kieler reisen am Sonnabendmittag von Hamburg via München nach Zagreb, wo am Abend noch eine Trainingseinheit stattfinden wird. Nach dem Spiel geht es am Montag zurück – dann beginnt bereits die Vorbereitung auf die Champions-League-Heimpremiere am kommenden Donnerstag (Anwurf 19.30 Uhr) gegen den spanischen Vizemeister Naturhouse La Rioja. Tickets hierfür sind noch an allen bekannten Vorverkaufsstellen erhältlich.
KN: Heißblütige Kroaten erwarten THW Kiel zum CL-Auftakt
Kiel. Domagoj Duvnjak darf sich auf einen großen Empfang gefasst machen – und der THW Kiel auf einen heißen Tanz. Wenn der deutsche Handballmeister am Sonntag (19.30 Uhr, live auf Sky HD 2) im ersten Spiel der Champions-League-Vorrunde beim 22-maligen Champions-League-Rekordteilnehmer RK Zagreb antritt, dann erwartet die Mannschaft von Trainer Alfred Gislason die hitzige Atmosphäre von bis zu 15200 enthusiastischen Zuschauern in der voraussichtlich voll besetzten Zagreb Arena. Für Duvnjak, der von 2006 bis 2009 das RK-Trikot getragen hatte, bevor er zum HSV Hamburg wechselte, ist das Spiel gegen seinen Ex-Klub mehr als die Rückkehr an alte Wirkungsstätte. Für den 26-jährigen Kroaten ist es ein bisschen wie Heimkehr. „Zagreb liegt zwei Stunden von meinem Heimatort entfernt. Als bei der Auslosung Zagreb in unsere Gruppe gelost wurde, war ich unglaublich glücklich. Mit dem HSV war ich auch schon vor zwei Jahren dort, und daher weiß ich, dass es sehr schön für mich wird. Außerdem werden meine Eltern in der Halle sein. Ich hoffe, dass es mir gelingen wird, sie für einen Moment zu treffen. Aber der Fokus liegt ganz klar auf dem Spiel“, sagt Duvnjak, der über RK Zagreb via TV-Übertragungen gut informiert ist, alle Spieler zumindest kennt und mit etlichen auch in der Nationalmannschaft immer mal wieder zusammenspielt. „Das wird für uns nicht einfach“, ist sich Duvnjak daher sicher. „Die Mannschaft ist eine gute Mischung aus jungen hungrigen und einigen erfahrenen Spielern. Und die Atmosphäre wird unglaublich sein bei 15000 Zuschauern in der Halle.“ Er selbst habe sehr schöne Momente in der Zagreb Arena erlebt – unter anderem das WM-Finale 2009 (das allerdings 19:24 gegen Frankreich verloren ging), sagt der Kroate in Diensten des THW. Auch sein ehemaliger Arbeitgeber freut sich auf die Rückkehr des großen Sohnes. „Die Halle wird wohl ausverkauft sein – und der Hauptgrund dafür ist Domagoj. Wir sind uns sicher, dass unsere Fans ihm einen großartigen Empfang bereiten werden, denn er war einer von uns und wird es immer bleiben“, sagt Pressesprecher Goran Roknic. Auf Freundlichkeiten auf dem Spielfeld werden die Kieler aber verzichten müssen, denn Zagreb sieht sich zwar in der Außenseiterrolle, hat aber die überraschenden Bundesliga-Siege von Balingen und Lemgo gegen den THW registriert und hofft auf einen ähnlichen Coup. Kapitän Zlatko Horvat sowie die Brüder Josip und Tonci Valvic haben die größte Erfahrung in dem Team und bilden eine starke Rückraum-Achse. Daneben gibt es große Talente, die den Club in Zukunft an die großen Zeiten anknüpfen lassen sollen, als RK Zagreb zwischen 1995 und 1999 viermal im Finale der Champions League stand. Mit Spannung wird zudem erwartet, welchen Schub der neue Trainer Veselin Vujovic dem Team geben kann. Am Mittwoch saß er das erste Mal auf der RK-Bank und feierte einen 29:24-Sieg über den serbischen Meister Vojvodina. „Wir hoffen, dass er den Teamspirit auf ein neues Niveau hieven kann. Er war selbst ein großer Spieler und kann sein Wissen an die Spieler weitergeben“, sagt Roknic. „Mit seinem Charisma kann er gerade in den kritischen Momenten des Spiels etwas bewirken.“ Auch Domagoj Duvnjak ist überzeugt, dass Vujovic dem Team gut tut: „Er ist ein super erfahrener Trainer und mag mit jungen Spieler arbeiten. Das wird ein positiver Schock für die Mannschaft sein.“ Alfred Gislason spürt vor dem Spiel in der Zagreb Arena Freude und Respekt: „Es ist schön hier zu spielen, RK Zagreb hat eine große Tradition. Und hier liegt auch die Zukunft des Handballs auf dem Balkan. RK hat viele Talente. Deshalb kann es gefährlich werden, wenn man sie spielen lässt.“ An Motivation mangelt es den Kielern vor dem Duell im Hexenkessel nicht: „Vor diesen heißblütigen Fans zu spielen, ist ein Superstart in die Champions League“, sagt Dominik Klein. (von Ralf Abratis, aus den Kieler Nachrichten vom 26.09.2014)