31:29-Heimsieg: Erster Liga-Erfolg gegen Melsungen seit zweieinhalb Jahren

Bundesliga

31:29-Heimsieg: Erster Liga-Erfolg gegen Melsungen seit zweieinhalb Jahren

Sechsmal haben der THW Kiel und die MT Melsungen in der vergangenen Saison ihre Kräfte gemessen, in beiden Punktspielen der DAIKIN Handball-Bundesliga zogen die Zebras zweimal den Kürzeren. Überhaupt waren die Kasseler zuletzt einer der härtesten Liga-Brocken für die Zebras, der letzte schwarz-weiße Sieg in der "stärksten Liga der Welt" gegen Melsungen war im März 2023. Am Sonnabendabend drehten die Zebras vor einer begeisterten Kulisse in der mit 10285 Fans ausverkauften Wunderino Arena endlich wieder den Spieß um, gewannen nach einer überzeugenden Gesamtleistung mit 31:29 (17:12) und überzeugten vor allem in der ersten Halbzeit mit einer grandiosen Abwehrleistung.

Dahmke: "Das sind zwei sehr wichtige Punkte für uns"

Ein männlicher Handballspieler in einem weiß-schwarz gestreiften Trikot schreit während eines Spiels leidenschaftlich und zeigt nach vorne, während ein anderer Spieler in Rot und die Zuschauer im Hintergrund verschwommen zu sehen sind.Wichtig für den Kieler Sieg war auch die Nervenstärke von Lukas Zerbe, der sämtliche dem THW zugesprochenen Siebenmeter verwandelte: Er traf sechsmal von der Straflinie, insgesamt sieben Tore erzielte der Rechtsaußen. Genauso oft war Eric Johansson erfolgreich. Bester Kieler Schütze war aber erneut Elias Ellefsen á Skipagötu, der achtmal ins Schwarze traf. "Wir haben die Negativserie ausgelöscht, verdient gewonnen und sind sehr selbstbewusst aufgetreten", analysierte THW-Linksaußen Rune Dahmke den überzeugenden Auftritt seiner Mannschaft. "Die Basis für den Sieg war unsere starke Abwehr, vor allem in der ersten Halbzeit standen wir großartig. Den Vorsprung haben wir dann gut verteidigt, das sind zwei sehr, sehr wichtige Punkte für uns."

Gäste liegen anfangs vorn

Eine Gruppe von Männern in passenden schwarzen Sportuniformen sitzt eng beieinander, konzentriert sich und spricht, möglicherweise um eine Strategie für ein Sportereignis zu entwickeln. Der vorderste Mann scheint ein Trainer oder Mannschaftsführer zu sein.Die Zebras werden allerdings weiterhin von Personalproblemen geplagt. Neben Hendrik Pekeler (Achillessehne), Emil Madsen (Knorpelschaden) und Torhüter Gonzalo Perez de Vargas (Kreuzbandriss) war gegen Melsungen auch Abwehr-Spezialist Petter Överby nach einem im Training erlittenen Pferdekuss nur Zuschauer. Auch die Gäste reisten trotz ihres riesigen, 26 Mann starken Kaders ersatzgeschwächt an die Förde, haben weiterhin mit Verletzungssorgen zu kämpfen. Und dennoch wurde es der erwartet schwere Gang gegen das auf einigen Positionen neuformierte Team aus Nordhessen. Beide Abwehrreihen dominierten zunächst die Gangart. Zwar war Johansson schnell zum 1:0 aus dem Rückraum erfolgreich, Elias Ellefsen á Skipagötu brachte die Zebras nach dem Sipos-Ausgleich erneut in Front. Dann aber sorgte Drosten für die erste Gästeführung,  Johansson unterlief ein Fehlpass, Harald Reinkind warf neben das Tor und der färingische Kieler Mittelmann traf nur den Pfosten. So hatten die Gäste bis zur neunten Minute durch Drosten und Arnasson bis zum 5:4 knapp die Nase vorn.

Wolff zeigt starke Paraden

Ein Handballspieler in einem blauen Trikot mit der Nummer 33 ist von hinten zu sehen, wie er auf einem Hallenplatz jubelnd die Faust hebt, während die Zuschauer und gegnerischen Spieler im Hintergrund verschwimmen.Die Abwehr der Zebras hatte indes einen Sahnetag erwischt, wurde vor allem in der ersten Halbzeit um den Mittelblock mit den Neuzugängen Veron Nacinovic und Lukas Laube zum Bollwerk gegen die Zwei-Meter-Riesen um 2,15-Mann Dainis Kristopans. Und dahinter steigerte sich auch Andreas Wolff im Tor der Kieler. Er stoppte nacheinander Ntanzi, Forsell Schefvert und Darmoul. Großartig, wie sich der Torwart nach seiner Verletzung (Rückenblockade) aus dem Spiel in Montpellier in den Dienst der Mannschaft stellte, zum starken Rückhalt wurde. "Da sind natürlich ein paar Schmerzen", erklärte der Nationaltorhüter, "das ist aber nicht so schlimm, es ist eben Handball. Allen im Team zwickt es irgendwo. Aber wir haben eine großartige medizinische Abteilung, die haben es wieder einmal prima hinbekommen. In ein paar Tagen werde ich wieder komplett fit sein." 

Riesen-Abwehr ist die Basis

Ein männlicher Handballspieler in einem roten Trikot springt, um den Ball zu werfen, während zwei Gegner in weißen Trikots versuchen, ihn während eines Spiels in einer Halle mit einem verschwommenen Publikum im Hintergrund zu blockieren.Vorne liefs jetzt auch runder. Harald Reinkind schmetterte seine Würfe in den Winkel, á Skipagötu war kaum zu stoppen, und Johansson drehte ebenfalls auf: Mit einem 4:0-Lauf führten die Kieler nach 15 Minuten erstmals mit drei Toren, lagen mit 8:5 vorne. Die starken Gäste hielten erst einmal - wie erwartet - dagegen. Drosten und Darmoul trafen, brachten die MT wieder heran. Ein Raunen ging dann durch das begeisterte THW-Publikum, als Johansson den Ball mit einem fantastischen "Hammer" - aus der Hüfte abgezogen - zum 10:7 in die Gästemaschen drosch. Die Zebras glänzten weiter in der Abwehr, warfen sich den Rückraum-Riesen um Kristopans in den Weg. Und als Zerbe per Siebenmeter, Lukas Laube nach einem unfassbaren à Skipagötu-Pass über die Hände von Kristopans hinweg vom Kreis und  Johansson aus dem Rückraum für einen weiteren 3:0-Lauf sorgten, hatten sich die Kieler in der 27. Minute auf einen beruhigenden Fünf-Tore-Vorsprung abgesetzt: 14:9.

Kieler gießen Vorsprung in Beton

Ein Handballspieler in einem weißen Trikot springt, um den Ball zu schießen, während ein Verteidiger in einem roten Trikot versucht, ihn während eines Spiels zu blockieren, mit einer verschwommenen Menschenmenge im Hintergrund.Doch das war es noch nicht in Halbzeit eins: Forsell Schefvert und Marchan trafen für die konsequent im Sieben-gegen-Sechs spielenden Hessen, nur noch 14:11 für den THW. Die Kieler aber drehten kurz vor dem Pausenpfiff noch einmal auf: Rune Dahmke veredelte einen Ballklau von Kapitän Domagoj Duvnjak, Lukas Zerbe setzte den Tempogegenstoß in letzter Sekunde der ersten Halbzeit in die leeren MT-Maschen. 17:12. Kristopans läutete dann den Torreigen der zweiten Halbzeit ein, traf zum 17:13. Die Antwort kam von Harald Reinkind, der zum vierten Mal traf. Nach seiner nahezu einjährigen Verletzungspause wird er wieder zum Faktor, bestritt sein bisher bestes Spiel im THW-Trikot nach seiner Leidenszeit. Es ging jetzt hin und her. Zumeist legten die Zebras vor, Melsungen antwortete. Wichtig, dass Andreas Wolff in dieser Phase den Siebenmeter des ansonsten sicheren Strafwurfschützen Florian Drosten abwehrte. So gossen die Zebras ihren Fünf- oder Vier-Tore-Vorsprung in Beton. 

Á Skipagötu schraubt den Deckel drauf

Ein Handballspieler in einem weiß-schwarz gestreiften Trikot springt und wirft den Ball in Richtung Tor, während ein gelb gekleideter Torwart sich darauf vorbereitet, den Ball abzublocken, während die Zuschauer im Hintergrund aufmerksam zusehen.Sie mussten jetzt allerdings um jeden ihrer Torerfolge kämpfen. Elias Ellefsen á Skipagötu machte in der Mitte Tempo, wurde häufig unsanft gebremst, traf aber immer dann, wenn Melsungen auf Tuchfühlung herankam. Verantwortlich für die Aufholjagd war vor allem Drosten, der seine Strafwürfe jetzt eiskalt verwandelte und auch per Tempogegenstoß mehrfach erfolgreich war. So traf der MT-Rechtsaußen in der 48. Minute zum 20:24. Gut, dass Wolff dann gegen den frei vor ihm auftauchenden Timo Kastening rettete. Es blieb bei der Vier-Tore-Führung. Zerbe sorgte dann nach 53 Minuten für Jubel, als er auch seinen fünften Siebenmeter (nach Foul an Johansson) sicher im MT-Tor unterbrachte. Als á Skipagötu dann zwei Minuten vor dem Schlusspfiff mit energischem Solo zum 30:26 traf, war die Partie entschieden. Der verdiente Kieler Sieg geriet nicht mehr in Gefahr.

Europa-Heimauftakt am Dienstag

Für die Zebras steht am kommenden Dienstag endlich das erste Heimspiel in der EHF European League auf dem Plan: Nach dem erfolgreichen Auftakt und dem 30:28-Erfolg in Montpellier will der THW Kiel gegen den im ersten Spiel ebenfalls siegreichen Rebud KPR Ostrovia nachlegen. Die Mannschaft aus der zentralpolnischen Stadt Ostrow Wielkopolski wurde im vergangenen Jahr sensationell Dritter der polnischen Liga und belohnte sich nicht nur mit Bronze, sondern auch der Club-Premiere in der EHF European League. Trainiert wird das Team vom Dänen Kim Rasmussen, der als Coach bereits einmal die Champions League der Frauen gewann. Für das erste Europapokal-Heimspiel der neuen Saison sind bereits mehr als 5.000 Tickets verkauft, Karten gibt es unter www.thw-fanshop.de, bei CITTI und in der THW-FANWELT, die am Dienstag durchgehend von 10 Uhr bis zum Anpfiff um 18:45 Uhr geöffnet haben wird. Weiter geht’s gegen Rebud KPR Ostrovia, Kiel!

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

DAIKIN Handball-Bundesliga, 9. Spieltag: THW Kiel – MT Melsungen: 31:29 (17:12)

THW Kiel: Nowottny (n.e.), Wolff (1.-60., 9/1 Paraden); Duvnjak, Reinkind (5), Landin (n.e.), J. Dahmke (n.e.), Laube (1), Johansson (7), Ankermann (n.e.), R. Dahmke (3), Zerbe (7/6), Bilyk, á Skipagötu (8), Imre (n.e.), Nacinovic; Trainer: Jicha
MT Melsungen: Palasics (1.-30., 4 Paraden), Bartucz (31.-60., 6 Paraden); Marchan (1), Enderleit (2), Sipos, Kristopans (5), Ignatow, Drosten (11/6), Kulesh, Arnarsson (4), Calvacanti, Forsell Schefvert (2), Eickhoff, Darmoul (2), Kastening (1), Ntanzi (1); Trainer: Parrondo

Schiedsrichter: Marcus Hurst / Mirko Krag
Zeitstrafen: THW: 2 (Laube (45.), Duvnjak (58.)) / MT: 2 (Darmoul (33.), Sipos (50.))
Siebenmeter: THW: 6/6 / MT: 7/6 (Wolff hält Drosten (41.))
Spielfilm: 1:0, 2:1, 2:3 (4.), 4:5 (9.), 8:5 (14.), 10:7, 11:9 (22.), 14:9 (27.), 14:11 (28.), 17:12;  
2. Hz.: 17:13, 19:13 (34.), 19:15, 21:17 (43.), 24:19 (46.), 26:21, 28:23 (53.), 28:25 (55.), 30:26 (58.), 31:27, 31:29.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Vielen Dank für die Glückwünsche, die wir heute sehr gerne und zum ersten Mal seit März 2023 entgegennehmen. Wir hatten viel Respekt vor der MT, und deshalb freue ich mich. Ich freue mich für die Jungs, ich freue mich, dass wir auf unserem Weg sind, und ich freue mich, dass meine Spieler, die eingesetzt werden konnten, heute den Sieg auch für diejenigen, die nicht spielen konnten, geholt haben. Das ist emotional sehr wichtig. Ich betone aber immer wieder, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben. Mir gefällt, welchen Weg wir gehen. Aber wir haben den Ansporn, uns weiter zu verbessern, noch stabiler und noch fitter zu werden. Ich habe eine starke erste Halbzeit meiner Mannschaft gesehen, in der wir nur 16 Würfe auf das Tor bekommen haben. Das spricht für unsere gute Abwehrarbeit. In der zweiten Halbzeit waren meine Jungs müde, weil uns die Wechselmöglichkeiten ausgingen. Dadurch kam Melsungen mit ihrer Qualität zu mehr Abschlüssen. Jetzt haben wir Dienstag die European League und am Donnerstag auswärts das schwere Spiel in Gummersbach, das wird eine große Hürde, die man nur mit viel Willen nimmt.

MT-Trainer Roberto Garcia Parrondo: Glückwunsch an Filip und die Mannschaft zum Sieg. Ich habe ein gutes Spiel meines Teams gesehen, wobei die erste Halbzeit etwas abfiel. Da haben wir nicht mit der richtigen Intensität gespielt und ich hatte das Gefühl, dass wir hätten mehr machen können. In der zweiten Halbzeit wurde es besser, die Jungs haben gekämpft. So war es ein gutes Spiel, aber nicht gut genug, um heute etwas Zählbares aus dieser Halle mitnehmen zu können. Wir sind eine gute Mannschaft, aber aktuell nicht so gut, wie wir eigentlich sein können. Die vielen Verletzten seit sieben, acht Monaten sind ein großes Problem. Diejenigen, die spielen, wollen unbedingt gewinnen, aber sie brauchen dafür auch die Extra-Hilfe der aktuell Verletzten.