
1000. Wiencek-Tor zum Abschied: Zebras gewinnen nach Pekeler-Schock gegen Eisenach
Obwohl es im finalen Saisonspiel der DAIKIN Handball-Bundesliga "nur" noch um die Ehre und zwei Punkte ging, lieferten sich der THW Kiel und ThSV Eisenach den 10.285 Fans in der ausverkauften Wunderino-Arena am Sonntagnachmittag eine packende Auseinandersetzung, die bis zur letzten Minute spannend blieb. Die Zebras siegten schließlich knapp mit 36:35 (20:15) und schlossen die Saison als Tabellenvierter ab. "Wir bedanken uns für Eure Unterstützung", richtete sich THW-Kapitän Domagoj Duvnjak an die THW-Fans. "In der Bundesliga war es nicht leicht, aber es war besser als in der Saison davor." Und "Dule" blickte nach vorne: „Ich bin mir sicher, dass wir nächste Saison besser spielen werden. Wir haben Charakter und Moral, wollen im im Kampf um die Meisterschaft wieder angreifen. Auf jeden Fall! Jetzt freuen wir uns aber erst einmal darauf, Montag in der Forstbaumschule mit Euch den DHB-Pokalsieg zu feiern!
Ovationen für Grgic und Loppaschewski
Bester Torschütze beim Sieger war Emil Madsen mit acht Treffern, für Eisenach erzielte Marko Grgic neun Tore, ist mit insgesamt grandiosen 301 Toren neuer Torschützenkönig der DAIKIN Handball-Bundesliga. Der 21-Jährige wurde am Ende der Partie von HBL-Justiziar Andreas Thiel mit der Torjäger-Trophäe ausgezeichnet, bekam von THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi ein Präsent und wurde von den Zuschauern lange und lautstark gefeiert. Auch Schiedsrichter Jörg Loppaschewski rückte am Ende noch einmal in den Mittelpunkt. Nach 38 Jahren und 920 (!) Einsätzen für den Deutschen Handballbund hatte er sein letztes Spiel an der Pfeife bestritten, bekam langanhaltenden Applaus und ein Abschiedsgeschenk vom THW Kiel, während sein Gespannparter Nils Blümel, der seine Karriere mit Ex-HSV-Torwart Jens Vortmann fortsetzt, den großartigen Handball-Moment im Bild festhielt.
Gefeierter Patrick Wiencek erzielt sein 1000. Bundesliga-Tor
Der Abend stand im Zeichen großer Emotionen, war es doch für Torhüter Tomas Mrkva sowie die beiden Youngster Henri Pabst und Linus Kutz der letzte Auftritt im THW-Trikot. Das letzte Pflichtspiel seiner Karriere bestritt indes THW-Legende Patrick Wiencek - für ihn und ihre Fans wollten die Zebras unbedingt auch dieses letzte Spiel gewinnen. Und so wurde es für den 36-jährigen Kreisläufer ein schwerer Abend, der mit einer großartigen Geste seiner Mannschaftskollegen begann: Kapitän Domagoj Duvnjak ließ Wiencek die Zebras auf das Feld führen, wo bereits die Einlaufkids mit Wienceks Kindern Lotta und Paul warteten. Und dann wurde kollektiv die Daumen gedrückt, denn noch eine wichtige Marke sollte der Inbegriff der THW-Werte unbedingt noch knacken: Nach 58:21 Minuten war es soweit: Wiencek überwand nach zuvor zwei Fehlversuchen endlich Silvio Heinevetter im Kasten der Thüringer, das sechs Tor war gleichbedeutend mit seinem 1000. Bundesliga-Treffer der Karriere. Was folgte, war ein Jubel-Orkan, der auch weit nach dem Tor nicht verebbte, weil Gästetrainer Misha Kaufmann spontan eine Auszeit nahm. Die Spieler beider Mannschaften applaudierten Wiencek, der von seinen Teamkollegen in den Mittelkreis geschoben wurde, der vielleicht erst in diesem Moment wirklich begriff, dass die herausragende Karriere nun dem Ende mit dem Abschiedsspiel am 25. Juli entgegen geht.
Pekeler verletzt sich schwer
Zuvor hatten die Fans beider Lager beim Saisonabschluss ein Riesenspektakel erlebt. Auch, weil die Gäste sich nach dem Fünf-Tore-Halbzeit-Rückstand zu Beginn der zweiten Hälfte zurückarbeiteten, selbst in Führung gingen und erst in der Schlussphase den auf der letzten Rille um den Sieg kämpfenden Zebras den Vortritt lassen mussten. Die waren allerdings geschockt von der schweren Verletzung, die sich ihr Abwehrchef Hendrik Pekeler in der 19. Minute zugezogen hatte: Wenige Schritte nach einem Ballklau war er auf dem Parkett zusammengesackt, blieb liegen und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den linken Fuß. Wenig später humpelte der Kieler Kreisläufer, gestützt von Mrkva und Physiotherapeut Julian Poltrock, in die Kabinen. Befürchtet wird ein Achillessehnenriss. Sollte sich die Prognose bewahrheiten, wäre es bsonders bitter für den 33-Jährigen, der im vergangenen Jahr bereits einen Achillessehnenriss erlitten und fast ein Jahr Pause einlegen musste.
Kieler legen los wie die Feuerwehr
Gegen Eisenach lief sein kongenialer Mittelblock-Partner Patrick Wiencek zur Hochform auf, machte in der Abwehr im Mittelblock zunächst an der Seite von Hendrik Pekeler, später neben Petter Överby "dicht" und war auch im Angriff stets anspielbar, immer eine Torgefahr für die Thüringer. Emil Madsen erzielte den ersten THW-Treffer, glich die Führung von Attenhofer aus, "Bam-Bam" traf in der dritten Minute dann erstmals zum 2:2. Pekeler brachte die Zebras in Führung und Eric Johansson drosch die Kugel wenig später mit 116 km/h zum 4:2 in Gegners Maschen. Bundesliga-Torschützenkönig Grgic meldete sich mit seinem Premierentreffer für den ThSV zum 4:3 ins Torjägerrennen an. 5:4 stand es nach sieben Minuten, zwei starke Paraden von Tomas Mrkva waren dann die Basis für den ersten 3:0-Lauf der Zebras: Duvnjak, Madsen und Johansson brachten den THW nach zwölf Minuten mit 8:4 nach vorne.
Fünf-Tore-Führung zur Pause
Eisenach-Coach Kaufmann reagierte, stellte Heinevetter für Matija Spikic ins Tor und wurde prompt mit zwei Paraden am Stück von seinem Torhüter-Oldie belohnt: Reichmuth und Grgic brachten die Gäste auf 6:8 heran. Die Kieler hatten Antworten, zogen durch Madsen und Magnus Landin auf 10:6 davon. Fortan zauberten die Zebras immer weiter, schockten die Gäste mit einem weiteren 3:0-Lauf durch die Tore von Madsen, Landin und Överby, steckten auch den Schock über "Pekes" Verletzung zunächst gut weg. Grgic hatte Glück, nach einem Unterarmschlag in der Offensive gegen Överby und dem folgenden Videobeweis nur zwei Minuten auf die Strafbank musste. Wiencek erzielte derweil sein Bundesliga-Tor Nummer 997 zum 16:9 in der 24. Minute. 17:10 hieß es nach 25 Minuten und dem Siebenmetertor von Bence Imre, zwei Minuten später tankte sich Elias Ellefsen á Skipagötu zum 18:11 durch. Aber Eisenach ließ sich nicht hängen, fightete zurück. Wiencek erzielte Tor Nummer 998, trotzdem waren die Gäste zur Pause auf 15:20 herangerückt.
Eisenach nutzt Kieler Schockstarre
Emil Madsen begeistert vor allem durch seine Torgefährlichkeit, seine Wurfvarianten. Mit Beginn der zweiten Halbzeit gab's für den Dänen frenetischen Beifall, als er spektakulär vor dem eigenen leeren Tor mit einem Hechtsprung rettete, das mögliche Gegentor verhinderte. Dabei verletzte er sich allerdings, weil er gegen den Torpfosten prallte. Wieder biss der Däne auf die Zähne, konnte eigentlich nicht mehr werfen, machte aber einfach weiter. Imre eröffnete die Torejagd der zweiten Halbzeit mit seinem Treffer von Rechtsaußen zum 21:15, großartig dann auch der Kracher von Duvnjak in den Torwinkel zur 22:16-Führung. Dann aber war es plötzlich vorbei mit der Kieler Treffsicherheit: Wiencek verpasste, Madsen produzierte einen technischen Fehler, Johansson verzog. Außerdem krachten "Dule" und Överby mit ihren Köpfen zusammen, erholten sich aber, spielten weiter. Eisenach kam dennoch ins Laufen, holte Tor um Tor auf. Mengon erzielte in der 38. Minute den Anschluss zum 22:23, Heinevetter nagelte seinen Kasten zu, parierte gegen Eric Johansson, im Gegenzug traf Vistorop. 23:23!
Zebras bringen die Partie nach Hause
THW-Trainer Filip Jicha reagierte, brachte Andreas Wolff ins THW-Tor, Madsen glänzte mit dem Konter zur erneuten Führung, doch Eisenach erlaubte sich keine Fehler mehr, spielte schnörkellos im Angriff. Grgic erzielte nach 41 Minuten die 26:25-Führung, Attenhofer erhöhte gar auf 27:25. Gut, dass Patrick Wiencek hellwach blieb, sein 999. Tor zum 26:27 erzielte. Die "weiße Wand" wurde laut, wollte den Zebras zurück in die Partie verhelfen. Und die kamen auch zurück, antworteten mit einem weiteren 3:0-Lauf, gingen durch Tempomacher "Skippy" mit 29:28 in Front. Die Schlussphase war dann wieder einmal nichts für Fans mit schwachen Nerven. Es ging hin und her, allerdings stets mit knapper THW-Führung. Jetzt schwang sich vor allem Eric Johansson in die Torjägerrolle, erzielte wichtige Treffer. Dann traf Wiencek zum 1000. Mal in einem DAIKIN HBL-Spiel, brachte den THW mit 35:33 nach vorn. Donker ließ den THW-Anhang noch einmal zittern, ehe Madsen den Deckel auf den letzten THW-Saisonsieg schraubte. 36:34, Jubel, der letzte ThSV-Treffer von Attenhofer ging dann im Kieler Freudentaumel unter.
Saisonabschluss am Montag in der Forstbaumschule
Nach 53 Spielen des THW Kiel ist die Saison 2024/2025 nun Geschichte. Die Zebras feierten in Köln den DHB-Pokaltriumph, gewannen insgesamt 41 ihrer Spiele, dreimal endete eine Partie Unentschieden und neun Mal gewannen die Gegner gegen die Zebras. Die erfolgreiche Saison klingt am Montag in der Forstbaumschule aus, wenn sich die Zebras mit Unterstützung der Förde Sparkasse beim traditionellen Frühschoppen in Kiels größtem Biergarten bei ihren Fans, Partnern und Sponsoren für die Unterstützung bedanken. Das Programm mit Live-Musik und BOB!-Hallenmoderator Maschine startet um 11:30 Uhr. Wir sehen uns in der "Forsti", Kiel!
Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn
DAIKIN Handball-Bundesliga, 33. Spieltag: THW Kiel – ThSV Eisenach 36:35 (20:15)
THW Kiel: Mrkva (1.-39., 7/1 Paraden), Wolff (39.-60., 6 Paraden); Duvnjak (4), Landin (3), Överby (1), Wiencek (6), Pabst, Johansson (6), Dahmke (1), Zerbe, Kutz (n.e.), Madsen (8), Bilyk, Pekeler (1), á Skipagötu (3), Imre (3/1); Trainer: Jicha
ThSV Eisenach: Spikic (1.-12., keine Parade), Heinevetter (12.-60., 11 Paraden); Vistorop (5), Reichmuth (2), Hangstein, Attenhofer (6), Walz (1), Mengon (7), Grgic (9/2), Meyer, Maric, Donker (4), Kurch, Snajder (1), Saul; Trainer: Kaufmann
Schiedsrichter: Nils Blümel / Jörg Loppaschewski
Zeitstrafen: THW: 1 (Wiencek (45.)) / ThSV: 5 (2x Snajder (11., 41.), Walz (14., 18.), Grgic (23.))
Siebenmeter: THW: 1/1 / ThSV: 3/2 (Grgic scheitert an Mrkva, verwandelt aber den Nachwurf (6.))
Spielfilm: 1.Hz.: 0:1, 1:2 (3.), 4:2 (5.), 5:4 (7.), 8:4 (11.), 8:6, 10:6 (15.), 11:8, 14:8 (20.), 16:9 (23.), 18:11 (26.), 20:13 (29.), 20:15;
2. Hz: 22:16 (33.), 22:20 (36.), 23:23 (38.), 25:24, 25:27 (42.), 26:28, 29:28 (48.), 31:29 (50.), 33:31 (54.). 33:33 (57.), 35:33 (59.), 36:34 (60.), 36:35 .
Zuschauer: 10.285 (ausverkauft) (Wunderino Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Wir waren auf einer Welle, und dann passierte Pekes Unfall. Das schüttelst du nicht so einfach ab, das ist einfach brutal. Wir haben in dieser Saison nicht einmal mit kompletter Besetzung spielen können, und dann hast du am letzten Spieltag, die einfach noch einmal für sich, für die Zuschauer performen möchten. Mit allem Respekt vor allem und allen, was heute passiert ist: Pekes Verletzung ist ein schwarzer Schatten auf diesem Spieltag. Es war schwer für die Jungs, danach weiter zu performen. So etwas beschäftigt dich, egal, ob du das willst oder nicht. Das Ergebnis war daher zweitrangig, jetzt müssen wir alle erstmal diesen Schock verdauen. Jetzt geht’s in erster Linie um Hendrik, seine Frau, seine Kinder und seine Gesundheit. Das ist ein schwerer Moment.
THW-Kapitän Patrick Wiencek: Natürlich denke ich an Peke, das habe ich die ganze Zeit getan nach seiner Verletzung. Ich bin froh, dass wir dieses Spiel auch für ihn noch gewonnen haben. Die Momente nach meinem 1000. Bundesliga-Tor werden für mich immer unvergesslich bleiben, ich hatte wirklich Gänsehaut. Natürlich werden jetzt Fragen aufkommen, ob das wirklich mein letztes Spiel gewesen ist. Für mich war es das, ich werde das jetzt erst einmal genießen. Ich bin ja auch schon 36 Jahre alt und das Leben sieht für mich jetzt eine andere Rolle vor.