Vier Tage nach dem Pokalsieg: THW Kiel feiert wichtigen Sieg gegen die HSG Wetzlar

Bundesliga

Vier Tage nach dem Pokalsieg: THW Kiel feiert wichtigen Sieg gegen die HSG Wetzlar

Leidenschaftlicher Tanz auf dem bunten Parkett der Weltbühne des Handballs und/oder aufopferungsvoller Kampf im ebenso spannenden "Alltag" der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga: Der THW Kiel ist überall zu Hause, gibt sein Bestes. Nach dem glorreichen 28:21-Pokaltriumph vor den Augen der Handballwelt am Sonntag in Hamburg gegen Bundesliga-Spitzenreiter SC Magdeburg bissen sich die Zebras am Donnerstag auch in der Kieler Wunderino Arena gegen die HSG Wetzlar durch. Sie bezwangen die nicht gerade als ihre Lieblings-Gegner bekannten Hessen mit einer erneut engagierten Leistung hochverdient mit 27:24 (13:8) Toren, schafften die Revanche für die 27:29-Hinspiel-Niederlage und festigten Tabellenrang zwei, der die Teilnahme an der kommenden EHF Champions League sicherstellen würde. Die Saison-Rekordkulisse von 9613 Fans in der nahezu ausverkauften Wunderino Arena feierte ihre Pokalhelden bereits vor der Partie, huldigte Kapitän Domagoj Duvnjak und seinen Kollegen mit Standing Ovations für die bravouröse Handball-Show in der Hamburger Barclays-Arena, und sie stand von Beginn an lautstark hinter der eigenen Mannschaft. Die „Weiße Wand“ war wieder einmal ein zusätzlicher Mann auf dem Spielfeld.

Torhüter prägen die Partie

Ausgerechnet die HSG Wetzlar – die zurückliegende Bilanz der Zebras gegen die Mittelhessen sorgte vor der Partie für Falten im Gesicht bei so manchem THW-Fan: Dreimal hatten die Kieler in den vergangenen vier Spielen dieser beiden Teams das Parkett als Verlierer verlassen müssen. Und: Der Bundesliga-Spielplan schenkte HSG-Trainer Benjamin Matschke einen Zusatz-Bonus: 17 lange Tage durfte der 39-Jährige seine Mannschaft auf das Duell beim Deutschen Rekordmeister einstimmen. Zuletzt warfen die Grünhemden am 10. April Bälle in der Handball-Bundesliga, bei der hart umkämpften 26:29-Niederlage gegen jene Magdeburger, die der THW im Pokalfinale bezwungen hatte.

Youngster Sven Ehrig war mit vier Treffern bester Torschütze der Kieler

Für den THW trafen trafen fast alle Spieler ins Schwarze, der junge Sven Ehrig hatte mit vier Toren die Nase vorn, Wetzlar bester Schütze war Stefan Cavor mit fünf Toren. Überragender Rückhalt der Kieler Abwehr aber war erneut Torhüter Niklas Landin, der mit insgesamt 20 Paraden glänzte, dabei vor allem Wetzlars sonstigen Haupttorschützen, dem Schweizer Lenny Rubin die Nerven raubte. Elfmal versuchter der Rückraum-Riese, bester Feldtorschütze der Bundesliga, sein Glück gegen Landin, elfmal mutierte der dänische Weltklassemann zur Wand. Rubin wird diesen Tag wohl nie vergessen. Überzeugende Leistungen zeigte aber auch Landins Gegenüber, Wetzlars Jung-Nationalspieler Till Klimpke, der mit insgesamt elf Paraden glänzte.

Führung zur Halbzeit

In Kiel aber nahmen die Zebras von Beginn an das Heft in die Hand, das erste grandiose Anspiel von Sander Sagosen setzte Patrick Wiencek zum 1:0 in die Wetzlarer Maschen, die einzige Führung der Gäste erzielte Olle Schefvert nach vier Minuten zum 1:2, dann legten die Zebras eine höhere Gangart ein, galoppierten vor allem dank Landins Paraden davon. Patrick Wiencek vom Kreis, Sven Ehrig per Tempogegenstoß, Nikola Bilyk aus dem Rückraum, noch einmal Sven Ehrig per frechem Heber nach einem weiteren Tempogegenstoß sorgten für einen 4:0-Lauf, brachten den THW in der 19. Minute mit 10:6 in Front. Sehenswert dann der Hammer von Duvnjak, der Klimpke in der 25. Minute zum 11:7 überwand. Wenig später wälzte sich der THW-Kapitän am Boden, niedergestreckt von Kreisläufer Adam Nyfjäll. Die Folge: Rot für den Schweden, Wetzlar musste auf einen wichtigen Abwehrspieler verzichten. Einen Siebenmeter verhängten die Unparteiischen zusätzlich, Niclas Ekberg verwandelte gewohnt sicher zum 12:8, und als Magnus Landin fast mit dem Pausenton zum 13:8 einnetzte, schickten die Zebras ihren Gegner mit fünf Toren Rückstand zum Pausentee.

Bis auf die Schlussphase souverän gestalteter Erfolg

Und die Kieler kehrten torhungrig zurück, Hendrik Pekeler erzielte nach feinem Sagosen-Anspiel das 14:9, Nikola Bilyk war nach erneutem Sagosen-Pass und überraschender Drehung um die eigene Achse in der 34. Minute zum 15:9 erfolgreich. Steffen Weinhold, Rune Dahmke und noch einmal Steffen Weinhold, dieses Mal ins leere Wetzlarer Tor, sicherten dem THW dann per 3:0-Lauf nach 37 Minuten das 18:10 und die höchste THW-Führung im gesamten Spiel. Filip Jicha fand trotzdem das eine oder andere Haar in der Suppe. "Jungs, wir müssen konzentrierter durchspielen", ermahnte er seine Spieler in der Auszeit Mitte der zweiten Halbzeit.

Niklas Landin drückte dem Spiel erneut seinen Stempel auf

Derweil kassierte Wetzlars Felix Danner seine dritte Zeitstrafe, mit Rot folgte er Nyfjäll auf die Sitzplätze hinter den Toren: Wetzlars Trainer Matschke hatte keinen Kreisläufer mehr. Als Hendrik Pekeler und Sven Ehrig dann zwei großartige Anspiele von Harald Reinkind sicher verwandelten, Rune Dahmke in der 54. Minute zum 24:18 traf, schien die Partie endgültig gelaufen. Kieler Flüchtigkeitsfehler in der Schlussphase erlaubten den Gästen dann aber noch einen 3:0-Lauf zum 25:23 und eine klitzekleine Hoffnung auf eine Überraschung, ehe Sander Sagosen mit seinen beiden Treffern in den Schlusssekunden letzte Zweifel beseitigte. Die HSG Wetzlar war besiegt.

Sonntag gegen Melsungen

Weiter geht's für den THW Kiel bereits am Sonntag mit dem zweiten Teil des "langen Hessen-Wochenendes": Zu Gast in der Wunderino Arena ist um 16:05 Uhr die MT Melsungen. "Das wird wieder ein extrem wichtiges und extrem schweres Spiel für uns", blickt Kiels Torwart Niklas Landin im Arena-Magazin "ZEBRA" voraus auf den Sonntag, und ergänzt: "Melsungen ist immer ein richtig gefährlicher Gegner, der jedes Team in der Liga schlagen könnte - auch auswärts." Deshalb setzten die Zebras am Sonntag auch auf die Unterstützung von den Tribünen. Für die Begegnung gibt es in der THW-FANWELT und online unter www.thw-tickets.de noch einige Eintrittskarten. Weiter geht's am Sonntag, Kiel! 

Text: Reimer Plöhn / Fotos: Sascha Klahn

LIQUI MOLY HBL, 26. Spieltag: THW Kiel – HSG Wetzlar 27:24 (13:8)

THW Kiel: N. Landin (1.-54., 20 Paraden), Quenstedt (54.-60., 1 Parade); Ehrig (4), Duvnjak (1), Sagosen (2), Reinkind (1), M. Landin (2), Weinhold (3), Wiencek (3), Ekberg (3/3), Ciudad (n.e.), Dahmke (2), Zarabec, Horak, Bilyk (3), Pekeler (3); Trainer: Jicha
HSG Wetzlar: T. Klimpke (1.-60., 11 Paraden, 1 Tor), Komok (1 Siebenmeter, keine Parade); Srsen, Nyfjäll (1), Boczkowski, O. Klimpke, Mirkulovski (1), Danner (3), Weissgerber (1), Holst (2/2), Fredriksen (2), Forsell Schefvert (4), Mellegard (3), Rubin (1), Novak, Cavor (5); Trainer: Matschke

Schiedsrichter: Steven Heine / Sascha Standke
Zeitstrafen: THW: 0 / HSG: 4 (3x Danner (38., 42., 47.), Forsell Schefvert (43.))
Disqualifikationen: Nyfjäll (grobes Foulspiel, (29.)), Danner (3. Zeitstrafe (47.))
Siebenmeter: THW: 3/3 / HSG: 2/2
Spielfilm: 1:0, 1:2 (5.), 3:2 (7.), 6:6 (13.), 10:6 (19.), 11:7 (25.), 11:8 (26.), 13:8;
13:9, 15:9 (33.), 15:10, 18:10 (37.), 18:12 (37.), 19:14 (43.), 20:14, 20:16 (46.), 22:16 (52.), 24:18, 24:20 (56.), 25:20, 25:23 (59.), 27:24.
Zuschauer: 9613 (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel: 

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin richtig froh, dass wir Wetzlar besiegt haben. Nach diesem Highlight am vergangenen Wochenende solch eine schwere Aufgabe zu meistern – dafür möchte ich meiner Mannschaft im Großen und Ganzen ein Lob aussprechen. Das war richtig wichtig heute. Ich bin stolz auf meine Jungs, die heute wieder einmal Unmenschliches geleistet haben. Niklas Landin hatte einen Sahne-Tag, er hat uns mit seinen Paraden Ruhe gegeben. Wenn Klimpke nicht auch einen guten Tag gehabt hätte, hätten wir das Polster noch größer werden lassen können. Mit dem siebten Feldspieler, den Wetzlar brachte, wurde es noch schwieriger. Da muss man sehr geduldig sein und trotzdem versuchen, zu agieren. Das ist aber sehr schwer, wenn Beine und Kopf müde sind. Ich habe dann selbst den siebten Feldspieler gebracht, weil ich bei meinen Jungs gesehen habe, dass sie sich zunehmend schwerer bewegt haben. Da ist dieses taktische Mittel ein wenig wie Schachspielen, was Kräfte spart, weil man nicht permanent draufgehen muss. Wenn mir aber einer vorm Spiel gesagt hätte, dass wir gegen Wetzlar, das definitiv nicht zu unseren Lieblingsgegnern gehört, fast das gesamte Spiel über führen würden, hätte ich das nach diesem Pokal-Highlight am Wochenende direkt unterschrieben.
Wir freuen uns auf die nächste Aufgaben in drei Tagen. Ich hoffe, dass wir morgen ein bisschen regenerieren und Kräfte tanken können, dann geht es weiter für uns. Ich möchte mich bei den Zuschauern bedanken, dass war ein tolles Spiel mit so vielen Zuschauern in der Wunderino Arena.

HSG-Torhüter Till Klimpke: Irgendwie kann ich gar nicht sagen, was da am Ende los war. Wir hatten irgendwie das Gefühl, dass wir zumindest noch ein Unentschieden rausholen können. Wir hatten ein bisschen Pech mit unserer Chancenverwertung, sonst hätten wir das Spiel vielleicht noch ein bisschen offener gestalten können. Wir haben schlechte Würfe gewählt, Niklas macht ein überragendes Spiel, und die Kieler Abwehr hat wie am Wochenende ein sehr gutes Spiel gemacht.  

HSG-Trainer Benjamin Matschke: Glückwunsch an den THW Kiel zum sensationellen Wochenende und zum heutigen Sieg. Ich kann mir vorstellen, dass Filip zuletzt etwas unruhig geschlafen hat, weil es immer schwierig ist, die Mannschaft nach solch einem Erfolg wieder einzufangen. Aus unserer Sicht ist das Spiel schnell erzählt: 23 Fehlwürfe plus die Zeitstrafen. Das ist eine Hypothek, die du dir nicht erlauben kannst, wenn du hier ein Spiel eng gestalten möchtest. Ich bin aber ein Stückweit froh, dass wir nach den beiden Disqualifikationen unserer Kreisläufer das Ergebnis noch einigermaßen repariert haben. Für uns ist dieser Rhythmus schwer, wir hatten das dritte Spiel in sieben Wochen. Das macht der THW Kiel in vier Tagen. Deswegen war es gut, mal wieder in den Wettkampf zu kommen. Ich wünsche dem THW Kiel und Filip, den ich sehr schätze, das Beste, dass Ihr Eure Ziele erreicht und gesund durch die heiße Endphase kommt.

THW-Torhüter Niklas Landin: Ich war ganz schön müde. Das Wochenende hat viel Kraft gekostet. Aber ich habe immer daran gedacht, dass wir wieder vor fast ausverkaufter Halle spielen werden, dann ging es wieder. Mit den 20 Paraden bin ich sehr zufrieden. Aber ich war beim Laufen vielleicht nicht so schnell wie ich gern wäre. Vor allem aber bin ich unzufrieden damit, dass wir das Spiel nicht früher entschieden haben.