Kieler mit hart erkämpftem Auswärtserfolg beim Bergischen HC
Auch im dritten Auswärtsspiel seiner Fünfer-Serie in Gegners Hallen blieb der THW Kiel am Sonntag bei den Bergischen Löwen ungeschoren, gewann nach aufopferungsvollem Kampf mit 26:24 (13:13) und festigte in der Tabelle der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga Rang zwei. "Wir haben uns zwar in einigen Phasen schwergetan", analysierte Rechtsaußen und THW-Toptorschütze Niclas Ekberg nach dem Spiel, "aber immer klaren Kopf bewahrt." Die Löwen laufen weiterhin vergeblich einem Punktgewinn gegen die Zebras hinterher. "Das war unglaublich bitter", zeigte sich deren überragender Torhüter Christopher Rudeck nach der Partie untröstlich. "Wir haben einen Riesenjob in der Abwehr gegen diese unglaublich starken Kieler Angreifer gemacht, auch vorne gut gespielt, aber dann leider auch ein, zwei Fehler zu viel gemacht."
Hochverdienter Erfolg
Unterm Strich war der THW-Sieg allerdings hochverdient. Kiels frischgebackener Europameister Niclas Ekberg traf siebenmal für den Meister, Domagoj Duvnjak viermal, dabei machte der THW- Kapitän in der Abwehr einen großartigen Job als Speerspitze der offensiven 3:2:1-Variante und war immer dann zur Stelle, wenn seine Tore gebraucht wurden. Schlitzohrig traf er allein dreimal ins leere Tor des Gegners, und als der Gastgeber in den Schlussminuten noch einmal Hoffnung schöpfte, entschied "Dule" die Partie nach einem Einläufer vom Kreis, traf zum 26:23. Das überragende Anspiel lieferte Sander Sagosen, auch der Norweger lieferte in der Offensive eine starke Partie, war über 60 Minuten überragender Ideen- und Passgeber für seine Mitspieler.
Zweites HBL-Spiel mit Trainer Christian Sprenger
An der Seitenlinie des Rekordmeisters schwang wie drei Tage zuvor beim 42:29-Kantersieg in Stuttgart Co-Trainer Christian Sprenger das Zepter, vertrat seinen Chef Filip Jicha, der die Partie wegen einer Corona-Infektion vom heimischen Sofa in Kiel verfolgen musste. Abwehrchef Hendrik Pekeler fehlte aus denselben Gründen ebenfalls. Allerdings hatten die Kieler ihren Stammtorhüter Niklas Landin wieder dabei, der, freigetestet und nach den internistischen Untersuchungen, aus Kiel nachgereist war, zunächst aber im PSD Bank Dome von Düsseldorf auf der Bank Platz nahm, Dario Quenstedt stand beim Anpfiff zwischen den THW-Pfosten.
Kieler kämpfen sich zum Halbzeit-Remis
Tore mussten sich beide Teams wie schon im Hinspiel beim 24:23 in der Wunderino-Arena mit hohem Aufwand erspielen. Das Spiel in Düsseldorf war nahezu eine Kopie der Partie aus dem November. Die Bergischen Löwen kamen deutlich besser aus den Startlöchern. Niclas Ekberg brachte den THW anfangs zwar zweimal in Front, doch nach elf Minuten lagen die Gastgeber vor 2500 Zuschauern mit 6:2 Toren vorn, die Fans waren aus dem Häuschen. Dabei hatte vor allem BHC-Torhüter Christopher Rudeck seine Hände im Spiel, machte den THW-Angreifern mit großartigen Paraden das Handball-Leben schwer. Doch die Kieler blieben ruhig, zogen ihr Spiel über Sander Sagosen und Nikola Bilyk auf, tasteten sich Tor um Tor heran. Patrick Wiencek, zweimal phantastisch von Sagosen in Szene gesetzt, traf ins BHC-Tor, Steffen Weinhold dreimal vor der Pause, und als Niclas Ekberg seinen zweiten Siebenmeter in der 22. Minute verwandelt hatte, stellte die Zebras beim 10:10 den ersten Gleichstand her. Wenige Minuten hatte Christian Sprenger Niklas Landin ins THW-Tor beordert, zudem die Abwehr auf die offensive 3:2:1-Formation umgestellt. Die Bergischen wankten, fielen aber noch nicht. Niclas Ekberg erzielte per Einläufer fast mit dem Pausenpfiff das 13:13-Halbzeit-Remis.
Wilder Wiederbeginn
Die zweite Hälfte war zunächst von einem Fehlerfestival der Heimmannschaft geprägt, die Mannschaft von Trainer Hinze produzierte Stürmerfouls und viele technische Fehler. Der THW reagierte eiskalt, zog mit dem 3:0-Lauf durch Sagosen, Ekberg und Wiencek auf 16:13 davon. Immerhin behielt BHC-Kreisläufer Tom Kare Nikolaisen klaren Kopf, hielt mit insgesamt fünf Toren in der zweiten Halbzeit gegen die Kieler Übermacht gegen. Der Norwegen war auch Initiator des 3:0-Laufs, der die Bergischen in der 44. Minute zum 18:18 gleichziehen ließ. Doch die Zebras zahlten mit gleicher Münze zurück: Ekberg mit zwei verwandelten Siebenmetern und Harald Reinkind mit zwei schnellen Toren in Folge brachten den THW in der 50. Minute auf 22:18 nach vorn. Als Sander Sagosen ein sehenswertes Solo in der 54. Minute zum 24:20 abschloss, war die Vorentscheidung gefallen. Trainer Hinze ließ seine Mannen zwar noch einmal mit Sieben gegen Sechs angreifen, riskierte alles - aber ohne Erfolg. Denn die Kieler blieben cool, und hatten allen voran ihren Kapitän Domagoj Duvnjak…
Text: Reimer Plöhn / Fotos: afi-Fotodesign Wuppertal
LIQUI MOLY HBL, 20. Spieltag: Bergischer HC – THW Kiel: 24:26 (13:13)
Bergischer HC: Rudeck (1.-60., 15/1 Paraden), Klaama (n.e.), Mrkva (n.e.); Darj (2), Schönningsen (3), Weck (4), Gunnarsson (2), Fraatz, Babak (1), Damm, Arnesson (2/1), Bergner, Nikolaisen (6), Boomhouwer (4), Hansson, Stutzke, Schmidt; Trainer: Hinze
THW Kiel: Landin (20.-60., 6 Paraden), Saggau (n.e.), Quenstedt (1.-20., 1 Parade); Ehrig (n.e.), Duvnjak (4), Sagosen (4), Reinkind (2), M. Landin, Weinhold (2), Wiencek (5), Ekberg (7/4), Ciudad (n.e.), Dahmke, Zarabec, Horak, Bilyk (2); Trainer: Sprenger
Schiedsrichter: Julian Köppl / Dennis Regner
Zeitstrafen: BHC: 4 (Schönningsen (21.), 2x Darj (22., 35.), Nikolaisen (52.)) / THW: 1 (M. Landin (10.))
Siebenmeter: BHC: 1/1 / THW: 5/4 (Rudeck hält Ekberg (47.))
Spielfilm: 1:2 (4.), 6:2 (11.), 6:4 (13.), 8:5 (15.), 9:6, 10:8 (20.), 10:10 (22.), 11:11 (23.), 12:11 (28.), 13:13;
13:16 (36.), 15:18 (39.), 18:18 (45.), 18:22 (51.), 20:24 (54.), 22:24 (56.), 23:26 (60.), 24:26.
Zuschauer: 2563 (PSD Bank Dome, Düsseldorf)
Stimmen zum Spiel:
THW-Toptorschütze Niclas Ekberg: Das war ein richtig hartes Stück Arbeit. Der BHC hat eine sehr disziplinierte Mannschaft, die die Spielzüge einfach durchspielt. Wenn man da nicht zu einhundert Prozent dabei ist, hat der BHC eine sehr gute Quote damit. Heute haben wir uns in einigen Phasen ein bisschen schwergetan, gehen aber zum Glück als Sieger vom Platz. Wir haben auch zu Beginn einen überragenden Angriff gespielt, haben die freistehenden Würfe aber nicht reingemacht. Aber so ist Handball. Manchmal ist der Torwart gut drauf und hält die alle – das war heute so. Wir wollten einfach ruhig bleiben und unser Spiel spielen. Das haben wir dann getan und nehmen die Punkte mit. Wir wollen immer mit dabei sein, wenn es einen Titel zu vergeben gibt. Das ist die DNA des THW Kiel.
BHC-Torwart Christopher Rudeck: Es ist unglaublich bitter, dass wir heute wieder nichts Zählbares mitnehmen konnten. In den sieben Jahren, die ich beim BHC bin, haben wir vielleicht nur zweimal hoch verloren. Alle anderen Spiele liefen so wie das heute. Ich bin sehr enttäuscht, wir wollen den Bock einfach mal umstoßen. Gegen alle anderen Mannschaften haben wir schon gepunktet, wenn man immer wieder so nah dran ist wie heute, tut das sehr weh. Wir haben einen Riesen-Job in der Abwehr gemacht, vorn haben wir leider gegen die Kieler Defensiv-Qualität ein, zwei Bälle zuviel weggegeben und Würfe aufs leere Tor kassiert. Dennoch: Unser Matchplan geht auf, Kleinigkeiten und die individuelle Qualität auf Kieler Seite haben letztlich den Ausschlag gegeben.