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Harte Arbeit: Zebras gewinnen gegen die Löwen

Bundesliga

Harte Arbeit: Zebras gewinnen gegen die Löwen

Die unglückliche wie verdiente EHF-Champions-League-Niederlage vom Donnerstag in Szeged sowie die anstrengende Reise nach Ungarn und zurück machten den Spielern des THW Kiel am Sonntagnachmittag gegen die Rhein-Neckar Löwen nur zu Beginn der Partie zu schaffen. Mit zunehmender Spieldauer kämpften sich die Zebras hinein ins Spiel, drehten die anfänglichen Rückstände in die 18:14-Halbzeitführung und gewannen am Ende verdient mit 32:29 Toren. Bester Kieler Torschütze war einmal mehr Rechtsaußen Niclas Ekberg, der neunmal ins Schwarze traf, dabei fünfmal von der Siebenmeterlinie. Überragender Mann bei den Gästen war der am Saisonende scheidende Löwen-Anführer Andy Schmid, ein großartiger Spielmacher und mit zehn erzielten Toren auch erfolgreichster Schütze bei den Mannheimern. 

9000 BEJUBELN STEFFEN WEINHOLD

Steffen Weinhold erzielte drei wichtige Tore

Es war wegen der neuen Pandemie-Verordnungen vorerst das letzte Spiel vor nahezu vollem Haus in der Wunderino Arena. Höchste (Handball-)Prominenz saß zudem auf der Tribüne: Neben Ministerpräsident Daniel Günther und Holstein-Geschäftsführer Wolfgang Schwenke war auch Ex-Zebra und Jahrhundert-Welthandballer Magnus Wislander extra aus Göteborg gekommen, um seine Nachfolger unter die Lupe zu nehmen. Bereits vor dem Anpfiff feierten die rund 9000 Fans aber nicht nur die Ehrengäste, sondern vor allem zwei überragende Handballer: Kiels Steffen Weinhold, der auf dem Video-Würfel der Arena die Zahl 2023 auf einen Zettel schrieb. Sollte heißen: Der Linkshänder verlängert seinen Vertrag beim Rekordmeister um weitere zwei Jahre, Riesen-Jubel im Publikum.

KIELER FANS FEIERN ANDY SCHMID

Viktor Szilagyi überreichte dem gefeierten Andy Schmid ein Abschiedspräsent

Bewegende "standing ovations" erntete zudem Gäste-Kapitän Andy Schmid. Der Schweizer kehrt nach Abschluss der Saison und zwölf Jahren im Löwen-Dress in seine Heimat zurück, macht seine Abschiedstournee durch die Liga und wurde von den THW-Fans gefeiert, als wäre er einer von ihnen. "Das war für mich ein großer Moment, eine wunderbare Geste des THW Kiel und des Kieler Publikums", sagte der 38-jährige Schweizer. "Schade, wir hätten gerne was geholt, aber es geht vielen Mannschaften in Kiel so. Du wirfst drei, vier Bälle weg und schon ist der THW davongezogen. Wir spielen momentan leider in einer anderen Sphäre als der THW."

ERSTEN MINUTEN GEHÖREN DEN LÖWEN

Das Topspiel des Sonntags war ein großer Kampf zweier starker Teams

Die ersten Minuten einer wiederum packenden, höchst intensiven und unterhaltsamen Partie standen dann auch im Zeichen von Andy Schmid, der das 1:0 per Siebenmeter erzielte, diesen selbst herausgeholt hatte. Vor dem Wechsel traf Schmid insgesamt sechsmal. Kiels Abwehr hatte große Probleme mit dem Löwen-Chef, der letztlich aber auch nicht verhindern konnte, dass die Zebras besser und besser ins Spiel hineinfanden, ihre anfängliche Fehlerquote reduzierten. Kieler Toren stand zunächst vor allem aber Torhüter Nikolas Katsigiannis im Weg: Der ehemalige Kieler zeigte insgesamt 10/1 Paraden, blieb vor allem im ersten Durchgang stark im Eins-gegen-Eins und war auch der Garant dafür, dass die Gäste bis zur 20. Minute den Ton angaben und zwischenzeitlich mit zwei Toren führten. 

THW KIEL ZÜNDET DEN TURBO

Miha Zarabec ließ es reihenweise krachen

Gut für den THW, dass Niclas Ekberg und Miha Zarabec eiskalt blieben. Ekberg verwarf lediglich einen Siebenmeter, brachte Kiel mit sieben Toren bis zum Halbzeitpfiff auf Siegkurs, vier großartige Stemmwürfe von Zarabec sorgten ebenfalls für Jubel auf den Rängen. Die Kieler zündeten nach dem 9:11 (20.) den Turbo: Ekberg  traf zum Anschluss, Quenstedt hielt geen Kirkelökke, Magnus Landin jagte den Ball zum Ausgleich ins Netz. Ekberg erzielte in der 23. Minute die erste THW-Führung und war nach einem fantastischen Steal des ansonten vor allem als Assist-Geber glänzenden Sander Sagosen auch zum 13:11 erfolgreich. Die taktische Umstellung von Trainer Filip Jicha, der seine Abwehr ab der 20. Minute offensiv ins Rennen schickte, zeigte Wirkung. So rannten sich die Mannheimer im dichten THW-Abwehrgestrüpp immer wieder fest. Die letzten Minuten der ersten Hälfte gingen dann komplett an den THW. Ekberg, der starke Patrick Wiencek, Steffen Weinhold und Miha Zarabec waren die Schützen zur klaren Kieler 18:14-Halbzeitführung. 

INTENSIVE UND SEHENSWERTE PARTIE

Glänzte als Anspieler und Torschütze: Sander Sagosen

Beste Handball-Unterhaltung boten beide Teams dann auch im zweiten Abschnitt: Zarabec machte mit seinem Treffer zum 19:14 den Anfang im munteren Torereigen, und nachdem Löwen-Nationalspieler Uwe Gensheimer drei Treffer von außen in Folge erzielte, die Gäste auf 20:17 heranbrachte, antwortete Domagoj Duvnjak mit zwei Toren zum 22:17. Spannung ließen die Zebras dank einer aufmerksamen, aggressiven Abwehr dann nicht mehr wirklich aufkommen, hielten den Gegner stets mit vier, fünf Toren auf Distanz, wenngleich einige Fahrkarten und Unkonzentriertheiten im Abschluss doch noch zum Haareraufen einluden. Intensiv blieb`s indes weiterhin - und sehenswert. Das Sahnehäubchen setzte schließlich Sander Sagosen auf das kleine Handballfest, der das Anspiel von Ekberg per Kempa-Trick verwandelte. Und der Norweger war es auch, der mit dem 31:26 in der 56. Minute alle Zweifel am Kieler Triumph beseitigte. 

MITTWOCH K.O.-SPIEL IN HANNOVER

Erzielte fünf Tore und machte ein starkes Spiel: Patrick Wiencek

Die nächste Partie der Kieler ist das letzte K.o.-Spiel im Jahr 2021: Am Mittwoch sind die Zebras bei der TSV Hannover-Burgdorf im Achtelfinale des DHB-Pokals gefordert. "Das Spiel in Hannover wird keine leichte Aufgabe, die Niedersachsen haben zuvor verletzte Spieler zurückbekommen und zuletzt einen starken Eindruck gemacht", sagt THW-Kapitän Patrick Wiencek, "aber wir alle wollen nach Hamburg - besonders, da das REWE Final4 dort zum letzten Mal ausgetragen wird." Anwurf in der ZAG Arena in Hannover ist um 19:05 Uhr, Livebilder werden von dieser Partie nicht zu sehen sein. Weiter geht's in Hannover, Kiel! 

LIQUI MOLY HBL, 15. SPIELTAG: THW KIEL - RHEIN-NECKAR LÖWEN: 32:29 (18:14)

THW Kiel: N. Landin (1.-21., 48.-60., 5 Paraden), Quenstedt (21.-48., 5 Paraden); Ehrig (n.e.), Duvnjak (2), Sagosen (3), Reinkind (1), M. Landin (2), Weinhold (3), Wiencek (5), Ekberg (9/5), Ciudad (n.e.), Dahmke (1), Zarabec (5), Horak, Bilyk (n.e.), Pekeler (1); Trainer: Jicha
Rhein-Neckar Löwen: Grupe (55.-60. und 1 Siebenmeter, 2 Paraden), Katsigiannis (1.-55., 10/1 Paraden); Schmid (10/6), Gensheimer (6), Zacharias, Kirkelökke (4), Diocou, Patrail, Knorr (1), Ahouansou (1), Abutovic, Horzen, Gislason, Nilsson (4), Kohlbacher (3); Trainer: Gärtner

Schiedsrichter: Ramesh Thiyagarajah / Suresh Thiyagarajah
Zeitstrafen: THW: 4 (2x Weinhold (7., 45.), Pekeler (9.), Wiencek (15.)) / RNL: 6 (Gislason (12.), Kirkelökke (12.), 2x Kohlbacher (17., 34.), Diocou (18.), Bankstrafe (47.))
Siebenmeter: THW: 6/5 (Katsigiannis hält Ekberg (18.)) / RNL: 6/6
Spielfilm: 1:2, 3:4 (6.), 5:4 (8.), 5:7 (15.), 7:9, 9:11 (20.), 13:11 (24.), 14:13, 16:13 (28.), 18:14;
19:16 (34.), 20:17, 22:17 (37.), 24:19, 26:21 (46.), 26:23 (48.), 28:23 (53.), 31:26 (55.), 32:27 (58.), 32:29.
Zuschauer: 9000 (Wunderino Arena, Kiel)

STIMMEN ZUM SPIEL:

THW-Trainer Filip Jicha: Wir haben bis zur 46. Minute und der zweiten Auszeit von Sebastian in der zweiten Hälfte sehr geduldig gespielt und fleißig gearbeitet. Beides braucht man gegen BHC. In den letzten 15 Minuten habe ich bei meinen Jungs ein bisschen Angst gespürt, aber diese Angst gehört nicht in unser Spiel. Aber auch das ist ein Prozess, in dem wir uns befinden. Wenn wir uns einige "blöde" Fehler nicht leisten, bekommen wir das Spiel gut hin. Wir spielen dann auch die Chancen heraus, aber dann was Tomas (Mrkva) mit seiner präsenten Art da und hat uns unter anderem Tempogegenstöße und Siebenmeter weggenommen. Insgesamt war unsere Angriffseffektivität in der zweiten Halbzeit nur bei kmnapp über 30 Prozent, das ist eigentlich viel zu wenig, um ein Spiel zu gewinnen. Deshalb waren meine Jungs in der Kabine auch geknickt, ich habe ihnen aber mit auf den Weg gegeben, dass wir 46 Minuten gute Arbeit abgeliefert und zwei Punkte geholt haben. Das war wichtig, zumal Peke und Miha aufgrund von Infekten kaum spielen konnten. Aber auch das ist eine der Herausforderungen, denen wir uns stellen. Ich freue mich auf unser nächstes Spiel und habe neben einem Dank eine große Bitte an unsere Zuschauer: Die Jungs brauchen Euch in dieser schwierigen Phase mehr denn je. Auch am Sonntag gegen Hannover!

BHC-Trainer Sebastian Hinze: Wir sind ganz gut in dieses Spiel gekommen, haben die zweite Welle, die Schnelle Mitte und die erweiterte Angriffsphase der Kieler mit zwei Kreisläufern gut verteidigt und zunächst auch gegen die 3-2-1 gute Lösungen gefunden. Einige einfache Ballverluste haben dann den Unterschied zur Pause ausgemacht. In die zweite Halbzeit starten wir wieder mit guten Entscheidungen, bis Landin starke Paraden gegen die Außen und die Halbpositionen hatte. Über eine sehr starke Torwartleistung von Mrkva haben wir dann in die Partie zurückgefunden und in den letzten Minuten überragend gedeckt. So haben wir die Chance auf einen Punkt bekommen, der natürlich super gewesen wäre. Aber dass wir hier nach minus sieben zurückgekommen sind, kann ich meinen Jungs hoch anrechnen.

Sander Sagosen bei Sky: Wir hatten alles unter Kontrolle und waren nach 45 Minuten mit sieben Toren vorne. Dann haben wir nur noch ein Tor in den letzten 15 Minuten gemacht, das ist natürlich nicht gut genug. Wir haben dennoch weitergearbeitet, und Niklas hält den letzten Ball stark. Wir haben die zwei Punkte, das ist entscheidend. Wir müssen arbeiten und weitermachen, einfach im Training weiter Gas geben. Die Zuschauer haben uns heute gegen Ende sehr geholfen.

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin mit den zwei Punkten zufrieden. Spiele gegen die Löwen sind immer Spitzenspiele - egal, was die Tabellenkonstellation sagt. Man hat meinen Jungs heute angesehen, dass sie nicht ganz frisch waren. Dann hat sich Niko vor dem Spiel noch mit Magenkrämpfen abgemeldet. Meine Jungs wollten heute trotzdem alles auf dem Feld lassen. Nach 18, 19 Minuten konnten wir gegen die starken Löwen in Führung gehen, und uns ein bisschen befreien. Dann hat man gesehen, dass meine Jungs wollten, es aber nicht immer schön anzuschauen war. 

Löwen-Trainer Klaus Gärtner: Das ist das dritte Mal in Folge, dass sich meine Mannschaft nicht für eine starke Leistung belohnen konnte. Glückwunsch an den THW Kiel zu diesem verdienten Heimsieg. Und großen Respekt an den THW und seine Fans für diese große Geste gegenüber Andy. Ich habe heute kämpferische und emotional gute Löwen gesehen. 12, 13 Minuten vor dem Ende waren wir auf drei Tore an den THW Kiel herangerobbt, konnten das aber nicht mehr drehen. Ich bin stolz auf die Leistung meiner Spieler in dieser personell schwierigen Situation.

THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi bei Sky: Wir haben es am Ende der ersten Halbzeit sehr gut gemacht. Was nicht so gut war, waren die einfachen Fehler, die wir uns kurz vor dem Ende erlaubt haben. Für das Programm, was wir jetzt noch vor uns haben, können Kleinigkeiten entscheidend werden. Das war ein bisschen zu leichtfertig und ärgert uns.
zum Abschiedsgeschenk für Löwen-Spieler Andy Schmid: Es ist nicht das erste Mal, dass wir verdiente Spieler ehren. Man hat es an der Reaktion der Zuschauer gesehen: Andy ist hier immer als Konkurrent hergekommen, man hat aber großen Respekt vor dem, was er geleistet hat. Es gibt nicht so viele Spieler, die auch ihre Mitspieler besser machen können, er war über viele Jahre der dominierende Spieler der Liga. Es ist ein Verlust, dass er die Bundesliga verlässt.
… zur Vertragsverlängerung mit Weinhold: Keiner musste irgendwen überreden. Wir arbeiten schon länger zusammen und ich habe schon ab dem ersten Gespräch im Sommer sehr optimistisch, dass wir das hinbekommen werden. Heute konnten wir es offiziell verkünden. Er war fein mit einer Verlängerung um ein Jahr, das schließt ja auch nicht aus, dass wir noch länger zusammenarbeiten.

Löwen-Spielmacher Andy Schmid bei Sky: Heute war es eine Zusammenfassung, wie es hier in Kiel immer gelaufen ist. In der ersten Halbzeit waren wir richtig gut im Spiel, doch dann dreht Kiel das Spiel in vier oder fünf Minuten. Das Abschiedsgeschenk des THW Kiel war eine 'brutale' Geste. Ich bin auch nah am Wasser gebaut. Und dann bekommt man von einem Verein, mit dem wir in den letzten zwölf Jahren so harte Spiele hatten, diesen Respekt gezollt. Ich muss mich bedanken bei dem Verein und den ganzen Fans, die geklatscht haben. In diesem Moment denke ich mir: ‚Fuck, vielleicht sollte ich doch länger in der Bundesliga spielen.‘ Aber die Entscheidung steht, es ist zu spät.

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