Klarer Heim-Erfolg gegen Nordhorn-Lingen zum Abschluss der Wahnsinns-Wochen

Bundesliga

Klarer Heim-Erfolg gegen Nordhorn-Lingen zum Abschluss der Wahnsinns-Wochen

Die Favoritenrolle war am Sonnabendabend in der Wunderino Arena deutlich verteilt. Meister THW Kiel brachte bis auf Rekonvaleszent Nikola Bilyk sein komplettes Aufgebot auf die Platte, Außenseiter HSG Nordhorn-Lingen, derzeit auf Rang 17 der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga und in akuter Abstiegsnot, hätte dagegen mit dem Kleinbus anreisen können, vom ohnehin dünn besetzten Kader fehlten Trainer Daniel Kubes vier Stammkräfte aus Verletzungsgründen. Die Kieler kämpften sich zuletzt bravourös durch ein extrem schwieriges Programm, absolvierten das siebte Spiel innerhalb von 13 Tagen. Dennoch hätten die Gäste ein kleines Wunder benötigt, um die Sensation beim den deutschen Rekordmeister zu schaffen. Das Wunder blieb aus, die Kieler unterstrichen auch dank eines überragenden Niklas Landin ihre Favoritenrolle mit einem dicken Filzstift, führten schon bei Halbzeit mit 18:7 Toren, wechselten dann munter durch und setzten sich am Ende hochverdient mit 32:22 Toren durch.

Patrick Wiencek in Tor-Laune

Kreisläufer Patrick Wiencek war mit acht Treffern erfolgreichster Kieler Schütze vor Niclas Ekberg, der sechsmal traf, fünfmal dabei vom Siebenmeterpunkt. Bei den Gästen war Dominik Kalafut mit vier Toren am erfolgreichsten, dessen Foul an Steffen Weinhold aus dem Hinspiel zwar noch in allen Köpfen war, in der Wunderino Arena aber keine Nachwehen auf beiden Seiten nach sich zog. Patrick Wiencek zeigte sich nach dem Handball-Marathon der vergangenen Tage erleichtert und "stolz, dass wir die meisten Spiele in den letzten Tagen gewonnen haben und vor allem alle Spieler gesund geblieben sind." Der Trainer habe das Team vor dem Spiel gegen Nordhorn, das letzte vor der Nationalmannschaftspause, noch einmal heiß gemacht: "Wir haben uns seine Worte zu Herzen genommen. Jetzt sind wir glücklich über diesen Sieg."

THW-Feuerwerk direkt nach Anpfiff

Großes Stoppschild: Niklas Landin präsentierte sich in Galaform

Trainiert habe die Mannschaft in den Tagen zwischen den Spielen überhaupt nicht, sagte Kiels Mannschaftskapitän. "Das zeigt auch, welche Qualität wir im Team und auf der Bank haben, in unserer Mannschaft stehen überragende Typen." Das sah man auch gegen die HSG Nordhorn-Lingen: Die Kieler brannten gleich nach dem Anpfiff ein Feuerwerk ab. Zweimal Sagosen und Ekberg und einmal Magnus Landin brachten Kiel bereits nach fünf Minuten mit 5:1 in Front, 7:2 stand es nach sieben Minuten, 10:4 nach 15. Zunächst war es nur Nordhorns Torjäger Robert Weber, der ein wenig dagegenhielt, der Österreicher traf dreimal in der ersten Halbzeit, scheiterte jedoch schon früh mit seiner eigentlichen Spezialiät, dem erfolgreichen Abschluss vom Siebenmeterpunkt. 

Vorentscheidung bereits zur Pause

Niclas Ekberg blieb ohne Fehlversuch und traf sechs Mal

Denn für Furore sorgten nicht nur Kiels Angreifer, auch Niklas Landin im THW-Tor zeigte einmal mehr seine Extraklasse. Der Welthandballer hielt in den 60 Minuten insgesamt 19 Bälle an, und für Nordhorns Siebenmeterschützen wurde der dänische Weltmeister gar zum Albtraum. Sechs Strafwürfe verhängte das Schiedsrichtergespann gegen den THW, viermal stoppte Landin den Ball, die HSG-Spieler hatten zuletzt schon zittrige Finger, wenn der Siebenmeterpfiff ertönte. Seine Vorderleute nutzten die Steilvorlage ihres Welthandballers und ließen es krachen: Pavel Horak hämmerte einen Gegenstoß aus elf Metern unter die Latte, Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek profitierten von Zauber-Anspielen aus dem Rückraum. So hatten die Zebras schon bei Halbzeit und einer Elf-Tore-Führung den Großteil ihrer Arbeit erledigt.

Zeit zum Durchwechseln

Hendrik Pekeler traf vier Mal

Trainer Filip Jicha nutzte die Gunst der klaren Führung, wechselte in den zweiten 30 Minuten quer durch den Kader und gab auch den jungen Leuten wie Oskar Sunnefeldt, Sven Ehrig oder Malte Voigt die Gelegenheit, sich für weitere Aufgaben zu qualifizieren. So litt der Spielfluss, auch, weil Jicha im Wissen des klaren Erfolges taktische Varianten ausprobierte, sich aber unter anderem weiter auf Landin und Miha Zarabec verlassen konnte: Der quirlige Slowene spielte der gegnerischen Deckung Knoten in die Beine und fand immer wieder eine Lücke für seine präzisen Anspiele. Und Nordhorn? Der Abstiegskandidat hielt dagegen, gestaltete die Partie jetzt nicht nur ausgeglichen, sondern feierte sogar einen kleinen Sieg: Halbzeit zwei ging mit 15:14 an die Männer von der holländischen Grenze. Kleiner Trost nach einer Lehrstunde in der ersten Halbzeit und der bevorstehenden rund 600 Kilometer langen Busreise zurück nach Hause durch die dunkle Märznacht.

Kieler mit den Nationalmannschaften im Einsatz

Geschafft: Spiel sieben in 13 Tagen siegreich absolviert

Nach dem Spiel zerstreute sich die Zebraherde in alle Himmelsrichtungen. Bis auf Rune Dahmke, Sven Ehrig, Dario Quenstedt und Pavel Horak sowie die Youngsters, die sich auf vier freie Tage freuen können, reisten alle Kieler Handballer zu ihren Nationalmannschaften. Gemeinsam mit Steffen Weinhold und Hendrik Pekeler packte Wiencek gleich nach dem Spiel die Taschen, um nach Berlin zum DHB-Team und seinem ehemaligen Vereinstrainer Alfred Gislason zu fahren. Die drei Kieler hatten aufgrund der schwierigen Familien-Situation im Corona-Lockdown auf die Weltmeisterschaft in Ägypten verzichtet, wurden von Bundestrainer Gislason jetzt aber für die Olympia-Qualifikation am kommenden Wochenende nominiert. Wiencek: "Ich bin froh und stolz, wieder bei der Nationalmannschaft spielen zu dürfen, aber es wird ein schweres Wochenende gegen drei Teams, die alle in der Lage sind, Olympia zu erreichen."

LIQUI MOLY HBL, 20. Spieltag: THW Kiel - HSG Nordhorn-Lingen: 32:22 (18:7)

THW Kiel: N. Landin (1.-60., 19/4 Paraden), Quenstedt (n.e.); Ehrig, Duvnjak (2), Sagosen (4), Reinkind (2), M. Landin (1), Sunnefeldt, Weinhold (2), Wiencek (8), Ekberg (6/5), Dahmke (1), Zarabec (1), Voigt, Horak (1), Pekeler (4); Trainer: Jicha
HSG Nordhorn-Lingen: Ravensbergen (24.-60., 4 Paraden), Buhrmester (1.-24., 3 Paraden); Torbrügge (1), Leenders,  Weber (4/1), Mickal (4), Miedema (2), Stegefelt (2), Terwolbeck (1), de Boer (1), Visser (1), Possehl (2), Kalafut (4/1); Trainer: Kubes

Schiedsrichter: Steven Heine / Sascha Standke
Zeitstrafen: THW: 2 (Pekeler (39.), Sunnefeldt (55.)) / HSG: 3 (2x de Boer (7., 32.), Torbrügge (18.))
Siebenmeter:   THW: 5/5 / HSG: 6/2 (N. Landin hält 2x Weber (5., 15.), Mickal (28.) und Stegefelt (54.))
Spielfilm: 1:1 (2.), 5:1 (5.), 7:2, 8:4 (12.), 10:4, 12:5 (22.), 15:7 (26.), 18:7;
20:8 (33.), 22:11 (36.), 24:11 (38.), 25:13, 26:15 (43.), 28:15 (46.), 28:18 (50.), 29:20 (52.),, 30:21 (56.), 32:22.
Zuschauer: keine (Wunderino Arena, Kiel)

Stimmen zum Spiel:

Glückliche Trainer: Filip Jicha und Christian Sprenger

THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin sehr froh, dass wir dieses Etappenziel mit sieben Spielen in 13 Tagen hinter uns haben. Ich ziehe meinen Hut vor den Jungs und zolle ihnen größten Respekt, wie sie diese 13 Tage nach der Quarantäne so souverän durchgezogen haben. Ich bin froh, dass alle diesen Wahnsinn überlebt haben und bin sehr stolz auf sie, das habe ich den Jungs auch eben in der Kabine gesagt. Unsere fokussierte und bewegliche Teamleistung in der ersten Halbzeit hat mich sehr gefreut, aber wir waren im Flow, während Nordhorn erst das vierte Spiel in 2021 hatte. Das wollten wir nutzen, und es ist uns gelungen, durch die 2. Welle viel Selbstvertrauen aufzubauen. In der zweiten Halbzeit habe ich die Möglichkeit gehabt, viel durchzuwechseln – insgesamt bin ich sehr zufrieden. Jetzt ist erst einmal Nationalmannschafts-„Pause“…

Nordhorns Trainer Daniel Kubes: Gratulation an Filip zum Sieg. Wir sind in einer schwierigen Phase hierhergekommen, haben viele Verletzungen zu beklagen. Trotzdem haben wir im ersten Durchgang relativ gut im Angriff gespielt, aber Niklas Landin war einfach phänomenal. Leider Gottes war die Partie dann zur Pause schon entschieden. Gut war, dass wir in der zweiten Halbzeit im Angriff einen Tick effektiver agiert haben, so dass wir das Resultat noch einigermaßen in Grenzen halten konnten.