Müde Zebras erkämpfen sich Sieg gegen die Eulen
55 Stunden nach der Rückkehr vom IHF Super Globe in Saudi-Arabien haben sich die Zebras zwei wichtige Punkte in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga erkämpft: Mit müden Beinen und Köpfen siegte der THW Kiel mit der Unterstützung von 10285 Fans in der ausverkauften Sparkassen-Arena gegen starke Eulen aus Ludwigshafen mit 30:27 (15:14). In einer Partie, in der sich die Kieler nie richtig absetzen konnten und 18 Minuten vor dem Ende noch in Rückstand lagen, waren Niclas Ekberg mit 7/5 Treffern und der Ludwigshafener Alexander Falk (6) die erfolgreichsten Torschützen.
Sechstes Spiel in neun Tagen
Leidenschaftliche Unterstützung auch von der Bank
Das sechste Spiel in neun Tagen, dazwischen noch mehr als 10.000 Reise-Kilometer: Dass die Aufgabe gegen die Eulen für die Kieler angesichts der Anstrengungen und den leidenschaftlichen Auftritten beim IHF Super Globe nicht einfach werden würde, war den Zebras schon vor dem Anpfiff klar. Auch nach Domagoj Duvnjaks 102-km/h-Hammer zum 3:1 wollte bei den müden Kielern keine Sicherheit ins Spiel kommen. Reihenweise scheiterten sie an Hanemann im Eulen-Tor, leisteten sich Fehler im Spielaufbau oder waren zu ungenau bei den Pässen. Auch den Gästen gelang in der Anfangsphase nicht alle, trotzdem waren sie nach dem Doppelschlag von Bührer nach 20 Minuten beim 7:7 wieder im Rennen. Als nach 25 Minuten Wagner den Ball zur 11:10-Führung in Netz wuchtete, Rune Dahmke mit einem unfassbaren Rückhandwurf aber pompt ausgleichen konnte, wusste auch der letzten auf den Rängen: Heute brauchten die Zebras die Unterstützung von den Tribünen.
Mit Tempo lief es
Erneut bester Torschütze: Niclas Ekberg
In Überzahl sorgten Hendrik Pekeler und Lukas Nilsson mit Treffern auf das leere Tor für ein wenig Entlastung. Und immer dann, wenn es schnell ging, hatten die Ludwigshafener Probleme: Sie konnten die Zebras meist nur regelwidrig bis rustikal stoppen. Die Konsequent war eine Flut an Strafwürfen für die Schwarz-Weißen, die aber auch vom Strich einiges liegenließen. Gleich vier Siebenmeter fanden in den 60 Minuten nicht den Weg ins Ziel, doch vor der Pause hielt sich Ekberg schadlos. Doch auch seine zwei Treffer von der Linie sollten nicht zu einer komfortablen Halbzeitführung reichen. Mit der Schlusssirene traf der Junioren-Nationalspieler Jannek Klein zum 14:15-Anschluss der Gäste, die über jede gelungene Aktion jubelten und auch mit ihrer Körpersprache klar machten, dass dies kein einfacher Abend für den THW Kiel werden würde.
Gäste legen vor
Lukas Nilsson erzielte drei Treffer
Der Neustart nach der Pause gehörte dann auch den Ludwigshafenern: Mit einer Doppelparade gegen Harald Reinkind und Ekberg ermöglichte Hanemann seiner Mannschaft die erneute Führung: Dippe traf bei drohendem Zeitspiel zum 16:15 - fortan waren die Zebras im Hintertreffen. Ließen zwei Strafwürfe liegen. Leisteten sich Fehler, die von den Eulen direkt bestraft wurden. Jicha stellte die Abwehr um, ließ die Zebras offensiver decken. Der Erfolg stellte sich nach Dietrichs 20:19 ein: Steffen Weinhold glich postwendend aus, Zarabec verwandelte nach Dietrichs dritter Zeitstrafe den Siebenmeter zur ersten THW-Führung im zweiten Durchgang, und obwohl die Kieler mit Würfen aufs leere Tor einige Male weit daneben lagen, ging nun ein Ruck durch die Mannschaft und ihre Fans. Diese halfen dem Team zurück in die Spur.
5:0-Lauf zur Vorentscheidung
Duvnjak schickt Bilyk zum 24:20 auf die Reise
Urplötzlich schien die Müdigkeit aus den Beinen zu verschwinden, mit der beweglichen Formation sorgten die Zebras für Druck auf den Eulen-Angriff. Und der machte Fehler: Landin traf per Gegenstoß zum 22:20, klaute danach hinten spektakulär den Ball, was Zarabec' 23:20 per Siebenmeter ermöglichte. Die Eulen setzten auf den siebten Feldspieler, um ihrerseits die Schwarz-Weißen vor Probleme zu stellen. Doch das wurde bestraft: Duvnjak spitzelte erneut den Ball heraus und schickte Bilyk zum Konter auf das leere Tor: 24:20! In sechs Minuten hatten die Zebras mit einem 5:0-Lauf die Partie gedreht, rissen die Fans von den Sitzen und sollten fortan nicht mehr in große Bedrängnis kommen - auch wenn die Gäste nach Ekbergs 29:24 noch mit einer Dreier-Serie verkürzen konnten. Am Ende feierte Kiel den 30:27-Erfolg und verabschiedete danach Marko Vujin. Dieser bedankte sich in einer langen, emotionalen Rede bei den Verantwortlichen und Fans: "Ich werde immer ein THW-Fan bleiben. Das waren tolle Jahre!"
Weiter geht's in Magdeburg
Freut sich auf das besondere Spiel: Dario Quenstedt
Die Kieler stehen jetzt vor einer Mammutaufgabe: Am Samstag müssen sie im Topspiel der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga beim SC Magdeburg antreten. "Die Getec Arena wird brennen, für die Magdeburger ist es das Spiel des Jahres", weiß Sky-Experte Stefan Kretzschmar. "Es wird eine der schwersten Auswärtshürden, die Kiel zu bewältigen hat - vielleicht sogar die schwerste." In der Tat warten die Kieler seit mehr als zwei Jahren auf einen Liga-Erfolg gegen die Magdeburger, auswärts gewannen sie zuletzt im April 2015 zwei Punkte in der Börde (siehe auch Gegnerstatistik im THW-Archiv). Anwurf in der Getec-Arena ist Samstag um 18:10 Uhr, geleitet wird die Begegnung von Christoph Immel und Ronald Klein. "Es wird ein packendes Match, in dem beide Mannschaften alles für den Erfolg geben werden", sagt THW-Kreisläufer Patrick Wiencek. "Wir wollen endlich wieder in Magdeburg gewinnen - dafür muss Samstag alles passen!" Alle Handball-Fans in Deutschland können den Kracher zwischen dem SCM und den Schwarz-Weißen kostenlos im Free-TV verfolgen: Neben Sky überträgt nämlich auch die ARD-Sportschau ab 18:10 Uhr live. Auf geht's nach Magdeburg, Kiel!
Statistik: LIQUI MOLY HBL, 3. Spieltag, 03.09.19: THW Kiel - Die Eulen Ludwigshafen: 30:27 (15:14)
THW Kiel: N. Landin (25.-56., 3 Paraden), Quenstedt (1.-25., 56.-60., 3 Paraden); Duvnjak (2), Reinkind (3), M. Landin (3/1), Kristjansson, Weinhold (3), Wiencek (1), Ekberg (7/5), Rahmel (n.e.), Dahmke (2), Zarabec (3/3), Horak, Bilyk (1), Pekeler (2), Nilsson (3); Trainer: Jicha
Eulen Ludwigshafen: Tomovski (7 Siebenmeter, 3/3 Paraden), Hanemann (1.-60., 9 Paraden); Stüber (1), Dietrich (2), Scholz (2), Haider, Remmlinger (1), Falk (6), Hofmann (1), Durak, Bührer (3), Mappes (1), Müller (2), Wagner (5), Dippe (2), Klein (1); Trainer: Matschke
Schiedsrichter: Martin Thöne / Marijo Zupanovic
Zeitstrafen: THW: 2 (2x Wiencek (34., 50.)) / Eulen: 6 (3x Dietrich (13., 22., 44.), 2x Wagner (25.), 49.), Hofmann (39.))
Siebenmeter: THW: 13/9 (Tomovski hält 2x Ekberg (19., 38.) und M. Landin (41.), Zarabec vorbei (58.)) / Eulen: 0
Spielfilm: 1:0, 3:1 (4.), 3:3 (9.), 5:3 (11.), 7:5 (15.), 7:7 (19.), 10:9 (23.), 10:11 (25.), 13:11 (27.), 15:13 (30.), 15:14;
15:16 (33.), 17:18 (38.), 18:19, 19:20 (42.), 24:20 (48.), 26:22 (51.), 27:24, 29:24 (54.), 29:27 (60.), 30:27.
Zuschauer: 10285 (ausverkauft) (Sparkassen-Arena, Kiel)
Stimmen zum Spiel:
THW-Trainer Filip Jicha: Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft. Es war sehr schwer, mit dieser Müdigkeit, mit der man Hand, Kopf und Beine nicht in Einklang bringen kann, dieses Spiel zu gewinnen. Meine Jungs haben einen unglaublichen Willen gezeigt. Schönen Handball konnten wir nach dem, was wir in der letzten Zeit geleistet haben, nicht erwarten. Ich freue mich jetzt darauf, morgen mit den Jungs in den Kraftraum gehen zu können um etwas Regeneration zu betreiben.
Eulen-Coach Benjamin Matschke: Glückwunsch an den THW Kiel zum verdienten Sieg. Filip wird sicherlich froh sein, dass es vorbei ist. Für den THW Kiel war es heute maximal schwer, nach den vielen Aufgaben in kurzer Zeit die Eulen zu bespielen. Ich habe viel durchgewechselt, wir wollten in Sequenzen dranbleiben, was wir weitestgehend geschafft haben. Mitte der zweiten Halbzeit leisten wir uns dann ein paar schwache Minuten, als Filip auf die 3-2-1-Abwehr umgestellt hat. Außerdem war die zweite Welle und die Schnelle Mitte der Kieler für uns nicht zu verteidigen. Dann kam auch die Halle: Die Fans hatten heute ein sehr gutes Gespür für die Situation der Kieler Mannschaft. Für uns bleibt es das Ziel, auch nächstes Jahr in Kiel spielen zu dürfen. Dann weiß man, dass man vieles richtig gemacht hat.
THW-Geschäftsführer Viktor Szilagyi: Wir hatten viele Unkonzentriertheiten, während die Eulen sehr konzentriert gespielt, uns mit ihrer 5-1-Abwehr vor Aufgaben gestellt und diszipliniert im Angriff agiert haben. Danke an unsere Fans, die im richtigen Moment, als das Spiel zu kippen drohte, da waren. Sie standen als weiße Wand hinter uns und haben uns sehr geholfen.
Eulen-Geschäftsführerin Lisa Hessler: Ich möchte dem THW Kiel abseits des Feldes zur wirklich gelungenen Verabschiedung von Marko Vujin gratulieren. Da hat man gespürt, dass der THW Kiel trotz aller Professionalität noch sehr, sehr menschlich ist. Zum Spiel: Wir haben zu viele Fehler gemacht, und haben die zweite Wellte nicht verteidigt bekommen. Als Resultat stehen dann 13 Siebenmeter gegen uns. Dass Gunnar Dietrich nach zuvor zwei wichtigen Treffern die dritte Zeitstrafe kassiert, konnten wir dann nicht mehr kompensieren. Für uns geht es jetzt im Bus zurück nach Ludwigshafen, weil wir Donnerstag mit dem Spiel gegen Leipzig die nächste schwere Aufgabe vor uns haben.