KN: Kiel muss sich entscheiden
Kiel. Michael Spiegel muss sich am Sonntag entscheiden. Einigen seiner Freunde und Bekannten geht es genauso. Einem Fan schmeckt das nicht. Aber am Sonntag kollidieren sie: Zebras und Störche. Der THW Kiel und die KSV Holstein. Erste Handball-Bundesliga und Zweite Fußball-Bundesliga. Die Zebras empfangen in der Sparkassen-Arena den SC Magdeburg im Titelrennen. Holstein hat Greuther Fürth im Holstein-Stadion zu Gast. Anpfiff: zeitgleich um 13.30 Uhr.
"Schade für die Fans"
Also hat sich der 62-jährige Kieler entschieden. Schweren Herzens. Für den Handball. Seit es Dauerkarten gibt, haben die Spiegels zwei für den THW. "Ich bin seit Ende der 70er Jahre in der Halle", sagt er, geht meist mit Ehefrau Karen zu den Spielen, hat aber eben auch seit zwei Jahren ein Abonnement für die Störche. Richtiger Ärger kommt bei ihm nicht auf über die Kollision. "Aber sehr schade ist es schon. Bisher ist eine solche Überschneidung ja zum Glück nicht vorgekommen. Und ich gönne beiden Mannschaften natürlich, dass sie zwischen den Spielen so viel regenerieren können wie möglich."
Auch aus den THW-Fanclubs "Schwarz-Weiß" und „Zebrasprotten“ ist eher Bedauern ob eines Einzelfalls als Groll zu vernehmen. Dem schließen sich Wolfgang Schwenke, kaufmännischer Geschäftsführer der KSV, und Viktor Szilagyi, Sportlicher Leiter des THW, an: "Für den Kieler Sportfan ist eine solche Terminierung natürlich sehr schade", sagt Schwenke, und Szilagyi meint: "Die Resonanz auf das Spiel gegen Magdeburg ist sehr hoch, Auswirkungen spüren wir durch die Terminkollision also keine. Ich finde es aber schade für die Fans. Beide Seiten - Holstein Kiel und auch wir - betonen ja zurecht, dass sie gemeinsam die Sportstadt Kiel repräsentieren. Ich bin selbst ab und zu im Stadion, treffe dort viele bekannte Gesichter, die für beide Seiten mitfiebern. Das macht es aus." Der Österreicher weist aber auch auf die vielen Punkte im Terminkalender hin, die im Handball in der Vergangenheit oft zu Konflikten geführt haben. "Es ist vielleicht schwierig, dann auch noch auf den Fußball-Kalender Rücksicht zu nehmen."
Sowohl in der Zweiten Fußball-Bundesliga als auch im Handball-Oberhaus ist der Sonntag als Spieltag verankert und bietet damit im Gegensatz zu Donnerstag (Handball), Freitag (Fußball), Sonnabend (Fußball, Handball selten am Abend) und Montag (Fußball) das einzige Konfliktpotenzial. Der Löwenanteil der Spiele in der Handball-Bundesliga (HBL) wird am Donnerstag um 19 Uhr und am Sonntag um 16 Uhr angepfiffen. Einzig für die Übertragung des "Topspiels" hat der Bezahlsender Sky den Sendeplatz ab 13.30 Uhr reserviert. An diesem Sonntag also just zeitgleich zur Partie Holsteins gegen Fürth. "Unser Medienpartner Sky hat das Spiel des THW Kiel gegen den SC Magdeburg aus gutem Grund als 'Topspiel' des Spieltages gezogen. Dies ist im Interesse der HBL. Dass es in diesem Fall zu einer regionalen Terminüberschneidung kommt, ist bedauerlich, aber im Einzelfall möglich und als solcher zu verkraften", sagt HBL-Sprecher Oliver Lücke. "Wichtiger ist uns die Umsetzung des Spielplans, auch unter Berücksichtigung der internationalen Verpflichtungen unserer Klubs."
Auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) erklärt, dass Einzelfälle nicht auszuschließen sind. "Bei den zeitgenauen Ansetzungen versuchen wir, auch in Abstimmung mit den jeweiligen Klubs, Überschneidungen zu vermeiden. Aufgrund der Komplexität der Spielplan-Gestaltung, in deren Rahmen wir auf möglichst viele Interessen und Bedürfnisse Rücksicht nehmen, gelingt es aber leider nicht immer, Spieltermine ohne jede Überschneidung zu Parallel-Veranstaltungen anzusetzen. In unsere Planung fließen Vorgaben von Kommunen, Sicherheitsorganen, der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS), von internationalen Fußballverbänden (Fifa/Uefa), von Fans, Klubs, Stadionbetreibern und Medienpartnern ein", teilte die DFL auf Anfrage mit.
Also musste sich Michael Spiegel entscheiden. Er, der sonst bei allen Spielen in der Halle und im Stadion ist, fiebert am Sonntag von seinem Platz aus dem zweiten Rang über dem Spielereingang mit den Zebras, weil es "für den THW gegen Magdeburg um mehr geht als für Holstein gegen Fürth". Auf die Störche freut sich Sohn Christopher, der aus Hamburg anreist, um Papas Dauerkarte zu nutzen. Der sagt: "Es wäre toll, wenn sich solche Überschneidungen für die Zukunft vermeiden ließen." Diesbezüglich gibt es gute Nachrichten: Eine erneute Kollision am 12. Mai, an dem die Zebras um 13.30 Uhr gegen die SG Flensburg-Handewitt antreten sollten und Holstein um 15.30 Uhr Dynamo Dresden empfängt, konnten die Vereine im Austausch mit den Liga-Verantwortlichen vermeiden. Das Landesderby wurde auf 18.30 Uhr verlegt. Und auch für die fernere Zukunft scheinen die Kieler Klubs gewahrschaut: "Wir werden uns künftig noch enger mit dem THW abstimmen und die DFL noch frühzeitiger auf eine mögliche Terminkollision hinweisen", sagt Schwenke.
(Von Von Tamo Schwarz und Niklas Schomburg, aus den Kieler Nachrichten vom 13.02.2019, Foto: Archiv/Sascha Klahn)